Die Niederlande fördern den Umbau der Energieversorgung, die Digitalwirtschaft und die Reduzierung der Stickstoffemissionen. Dies eröffnet auch deutschen Unternehmen Chancen.
Die Niederlande haben als letztes Land der Europäischen Union ihre konkrete Mittelverwendung aus der Aufbau- und Resilienzfazilität vorgelegt. Insgesamt 917 Millionen Euro stehen demnach für die Förderung von Nordseewindparks zur Verfügung. Entsprechende Turbinen müssen die Investoren importieren, da im Land selbst nur kleinere Hersteller für Spezialrotoren existieren.
Wasserstoff- und Windprojekte im Fokus
Die Niederlande forcieren den Umbau ihres Energiemix hin zu erneuerbaren Quellen stark. Bis 2030 sollen Windkraftkapazitäten von insgesamt 16,1 Gigawatt entstehen (2021: 7,7 Gigawatt). Davon sollen sich 10 Gigawatt in der Nordsee befinden. Einen noch stärkeren Ausbau auf 27 Gigawatt (2030) soll die Photovoltaik erfahren. Hierfür gibt es allerdings kein spezielles Förderprogramm, das aus der Aufbau- und Resilienzfazilität gespeist wird.
Sehr hohe Investitionen fließen auch in Wasserstoffanlagen. Große Elektrolyseprojekte gibt es in vielen niederländischen Provinzen. Allein in Noord Nederland mit dem Zentrum Groningen sind Investitionen von 9 Milliarden Euro geplant. Das niederländische Nationale Wasserstoffprogramm sieht für 2030 Kapazitäten zur Erzeugung von grünem Wasserstoff von bis zu 4 Gigawatt vor. Dies entspricht einem Zehntel aller dann EU-weit angestrebten Anlagen. Ein Zentrum für grünen Wasserstoff ist auch Rotterdam, wo sich Europas größter Hafen befindet. Aus der Aufbau- und Resilienzfazilität planen die Niederlande Wasserstoffförderungen in Höhe von 69 Millionen Euro ein.
Regierung packt Stickstoffproblematik an
Die Niederlande produzieren viel Stickstoff, auch weil die Agrarerzeugung sehr intensiv ist. Dies will die Regierung ändern und hat dazu unter anderem das Programm Natuur aufgelegt. Es läuft bis 2030 und hat ein Volumen von 2,9 Milliarden Euro, wovon 714 Millionen Euro aus der Aufbau- und Resilienzfazilität stammen. Auch dies bietet deutschen Unternehmen viele Chancen, denn neben der Pflege von Naturschutzgebieten geht es dabei hauptsächlich um weniger Stickstoffemissionen in der Landwirtschaft, der Industrie und dem Verkehrssektor.
Eigens 275 Millionen Euro stehen aus der Aufbau- und Resilienzfazilität bereit, um Landwirten mit Subventionen eine weniger intensive Schweinezucht zu ermöglichen. Auch dies soll die Stickstofferzeugung verringern. Die Regierung stößt aber seit Ankündigung der angestrebten Veränderungen auf teils erbitterten Widerstand von Landwirten. Die Proteste hatten im September 2023 sogar den Rücktritt des niederländischen Landwirtschaftsministers Henk Staghouwer zur Folge. Das Kabinett will die Stickstoffemissionen bis 2030 halbieren. In Naturschutzgebieten soll es sogar einen Rückgang um 70 Prozent geben.
Investitionen in die Digitalisierung
Im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) stehen im Programm Quantum Delta NL Fördermittel in Höhe von 278 Millionen Euro bereit. Das Geld ist gedacht für Investitionen in Quantencomputer, Quantensensoren und Quantennetzwerke. Mit weiteren 60 Millionen Euro sollen Vorhaben zur künstlichen Intelligenz unterstützt werden. Auch diese Programme eröffnen Geschäftsmöglichkeiten.
In die digitale Infrastruktur des Logistiksektors fließen 36 Millionen Euro aus der Aufbau- und Resilienzfazilität. Mit 96 Millionen Euro ist ein Programm für neuartige Signalgeber zur intelligenten Verkehrssteuerung ausgestattet. Dies soll unter anderem autonomes Fahren ermöglichen. Weitere 210 Millionen Euro gibt es für Digitalisierungsprojekte im Bildungswesen.
Ausbau des Bahnnetzes
Auch für die Entwicklung des Schienenverkehrs verwenden die Niederlande Gelder aus der Aufbau- und Resilienzfazilität. Insgesamt 149 Millionen Euro fließen in den Ausbau des europäischen Eisenbahnverkehrsleitsystems ERTMS (European Rail Traffic Management System). Der Hauptteil von 94 Millionen Euro kommt dabei der Anwendung des Sicherheitssystems CSS (Central Safety System) zugute.
Einen weiteren Schwerpunkt bilden der Wohnungsbau und eine nachhaltige Gebäudeumgebung. Im Jahr 2019 hat die Regierung das Programm Wohnungsbauimpuls (Woningbouwimpuls) aufgelegt. Dieses ist insgesamt mit 1,3 Milliarden Euro ausgestattet. Davon kommen 538 Millionen Euro aus der Aufbau- und Resilienzfazilität. Weitere EU-Fördergelder in Höhe von 849 Millionen Euro stehen zur Verfügung, um erneuerbare Energiequellen, Isolierungen und weitere nachhaltige Maßnahmen an Gebäuden zu unterstützen.
Von Torsten Pauly
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Berlin