Der größte Zubau wird in den kommenden Jahren in Nordseewindparks erfolgen. Bisher gibt es die meisten Anlagen auf dem Land.
Neu- und Ausbau eröffnet viele Lieferchancen
Ende 2021 waren in den Niederlanden Offshore-Windräder mit einer Gesamtleistung von 2.460 Megawatt in Betrieb. Auf dem Festland war die installierte Leistung mit 5.258 Megawatt mehr als doppelt so hoch. Der Nationale Klima- und Energieplan der Regierung sieht 2030 Onshore-Kapazitäten von insgesamt 6,1 Gigawatt vor. Dies entspricht einer Erhöhung um etwa 100 Megawatt pro Jahr.
In den Niederlanden haben 2019 im Schnitt 507 Menschen auf einem Quadratkilometer zusammengelebt. Dies ist die höchste Siedlungsdichte in Europa. In Deutschland zum Vergleich beträgt der Schnitt 235 Personen. Gerade in windreichen Provinzen wie Nord- und Südholland ist die Bevölkerungsdichte mit bis zu 1.292 Einwohnern besonders hoch. Daher sind Flächen für größere Windparks auf dem niederländischen Festland inzwischen knapp.
Ein Großteil der Kapazitätssteigerung zu Lande erfolgt daher dadurch, dass alte Windräder durch leistungsstärkere Rotoren ausgetauscht werden. So ist das größte 2022 laufende Projekt die Modernisierung des Windparks Zeewolde in Flevoland. Dieser bestand bisher aus 220 Windmühlen, wie die Rotoren auf Niederländisch genannt werden (windmolen). Künftig liefern dort 91 Windräder Strom. Ihre Gesamtleistung beläuft sich auf 320 Megawatt. Die abgebauten, etwa 20 Jahre alten Anlagen sollen insofern sie noch funktionieren in andere Länder verkauft werden und dort zum Einsatz kommen.
Weitere Großinvestitionen auf dem Festland sind der Windpark Groen in Flevoland mit bis zu 400 Megawatt, die Projekte De Drentse Monden und Ostermoer in der Provinz Drente (insgesamt 175,5 Megawatt) sowie der Windpark N33 in der Provinz Groningen mit 150 Megawatt.
Interessante Geschäftschancen eröffnet auch die Kombination von Windkraft- und Photovoltaikanlagen. Ein Beispiel ist die 2023 geplante Erweiterung des Windparks Krammer in der Provinz Zeeland. Dort liefern 34 Rotoren mit einer Gesamtleistung von 102 Megawatt Strom. Künftig kommen Photovoltaikanlagen mit einer Kapazität von 50 Megawatt auf einer Fläche von 40 Hektar hinzu.
Ijmuiden wird Zentrum für Nordseewindparks
Den stärksten Aufschwung werden in den kommenden Jahren jedoch Windkraftrotoren in den niederländischen Nordseegewässern nehmen. Deren Bau und Wartung soll zu großen Teilen von der Hafenstadt Ijmuiden in der Provinz Nordholland aus erfolgen. Dort mündet auch der Verbindungskanal zum Hafen Amsterdam in die Nordsee.
Bisher sind Offshore-Rotoren im Gebiet Borssele längs der Seegrenze zu Belgien in Betrieb. Die meisten von der Regierung genehmigten Entwicklungsareale befinden sich vor der Küste von Nord- und Südholland. Darüber hinaus ist das den westfriesischen Inseln vorgelagerte Gebiet Ten noorden van de Waddeneilanden ausgewiesen, um Windkraft zu nutzen. Diese Zonen bieten jeweils Platz für mehrere Windparks. Der niederländische Betreiber des Hochspannungsnetzes TenneT plant 9 Milliarden Euro ein, um all diese Anlagen bis 2030 anzuschließen.
Bereits in der Realisierung befindet sich das Gebiet Hollandse Kust Zuid. Hier sollen 2022 und 2023 Windparks in insgesamt vier Etappen ans Netz gehen. Das zweite große Areal heißt Hollandse Kust Noord V, das 2024 fertig sein soll. In der Zone Hollandse Kust West sollen 2025 oder 2026 zwei Windparkstandorte ihren Betrieb aufnehmen.
Noch in der Planung ist das Windparkgebiet Ten noorden van de Waddeneilanden. Hierzu soll es laut TenneT Ende 2022 Ausschreibungen geben. Der erste dortige Windpark soll 2027 Strom liefern.
Am weitesten von der Küste entfernt ist das Entwicklungsgebiet Ijmuiden ver, welches nicht mit der gleichnamigen Stadt zu verwechseln ist. Dieses hat mit einer prognostizierten Gesamtkapazität von 4 Gigawatt die stärkste Leistung. Hier sind die Pläne noch am wenigsten fortgeschritten. TenneT erwartet, dass in diesem Gebiet in den Jahren 2023 und 2025 insgesamt vier Windparks ausgeschrieben werden. Diese sollen 2028 und 2029 anfangen, Elektrizität zu produzieren.
Windstrom für grünen Wasserstoff
Die Niederlande planen auch, in großem Umfang grünen Wasserstoff mit On- und insbesondere Offshore-Windkraft zu erzeugen. Auch dies eröffnet deutschen Anbietern Geschäftschancen. Große Elektrolyseanlagen werden an vielen Standorten entstehen. Zentren sind dabei die Provinzen Südholland, Zeeland, Groningen, Nordbrabant, Geldernland und Limburg. Allein in Groningen sind Investitionen von 9 Milliarden Euro geplant.
Der Ausbau der Wasserstofferzeugung hilft der Provinz Groningen den Strukturwandel zu bewältigen, den das geplante schrittweise Ende der Erdgasförderung hervorruft. Die Region bildet das Hinterland der westfriesischen Küste und viele Arbeitsplätze sind dort von den Bohrinseln in der Nordsee abhängig. Zur Umstrukturierung stehen Gelder der Europäischen Union (EU) aus dem Fonds für einen gerechten Übergang zur Verfügung.
Hohe Förderungen durch neues Programm
Um Investitionen in erneuerbare Energie zu fördern, haben die Niederlande 2021 das neue Programm SDE++ (Stimulering Duurzame Energieproductie) aufgelegt. Dieses hat das vorherige Schema SDE+ abgelöst. Mit der Umsetzung von SDE++ ist die Wirtschaftsförderungsagentur RVO (Rijksdienst voor Ondernemend Nederland) beauftragt. Für SDE++ stehen viele Mittel zur Verfügung, allein 2022 sollen 13 Milliarden Euro fließen. Technologieoffene Vergaberunden finden in der Regel im Frühjahr und Herbst statt. Antragsteller benötigen eine Zertifizierung durch CertiQ.
Windprojekte in den NiederlandenProjektbezeichnung | Leistung (MW) | Status |
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Offshore-Windpark Hollandse Kust Zuid | 1.400 | Planung; Inbetriebnahme in vier Stufen bis 2024 geplant |
Offshore-Windpark Hollandse Kust West | 1.400 | Planung; Inbetriebnahme in zwei Stufen bis 2026 geplant |
Offshore-Windpark Ten noorden van de Waddeneilanden | 700 | Planung; Inbetriebnahme 2027 geplant |
Offshore-Windpark Ijmuiden ver | 4.000 | Planung; Inbetriebnahme in vier Stufen bis 2029 geplant |
Quelle: TenneT 2022
Von Torsten Pauly
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Berlin