Wirtschaftsumfeld | Niederlande | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten
Lohnkosten
Die niederländischen Arbeitskosten sind im europäischen Vergleich hoch, der Anteil der Lohnnebenkosten dagegen durchschnittlich.
13.07.2023
Von Inge Kozel | Berlin
Löhne und Gehälter
Die Arbeitskosten pro Stunde (Industrie, Bau und Dienstleistungen) betrugen laut Eurostat im Jahr 2022 in den Niederlanden 40,50 Euro. Das ist erheblich mehr als der Durchschnitt in der Europäischen Union (EU27: 30,50 Euro). In Deutschland lagen sie im gleichen Jahr bei 39,50 Euro, in Luxemburg und Belgien waren sie mit 50,70 Euro und 43,50 Euro noch höher.
Der Anteil der Lohnnebenkosten summierte sich 2022 auf 24,8 Prozent bei einem gleich hohen EU-Durchschnitt (24,8 Prozent; Luxemburg: 12,3 Prozent; Belgien: 23,1 Prozent; Deutschland: 22,3 Prozent). Die nominale Arbeitsproduktivität je Beschäftigtem in den Niederlanden lag laut Eurostat 2022 rund 7,6 Prozent über dem EU-Durchschnitt.
Angesichts der in den jüngsten Jahren deutlich gestiegenen Inflation unterstützt die Regierung die Haushalte mit umfangreichen Maßnahmen. So hat sie für 2023 eine Preisobergrenze für Strom und Gas eingeführt. Damit werden die Haushalte vor weiteren Energiepreissteigerungen bewahrt. Ferner wurden eine Senkung der Steuern auf Arbeitseinkommen und eine 10-prozentige Anhebung des Mindestlohns beschlossen. Allerdings tendiert die Inflation 2023 aufgrund des starken Rückgangs der Energiepreise wieder nach unten. Die EU-Kommission geht davon aus, dass die Energiestützungsmaßnahmen 2024 vollständig auslaufen.
In den Niederlanden erhalten Arbeitnehmer nicht automatisch einen Inflationsausgleich wie in Belgien oder Luxemburg. Lohnerhöhungen hängen von den Lohnverhandlungen der Sozialpartner oder von individuellen Verhandlungen ab.
2020 | 2023 | |
---|---|---|
nominal (in Euro) | 3.103 | 3.333 |
nominale Veränderung (in %) | 3,1 2) | 7,4 3) |
2023 | |
---|---|
Amsterdam | 3.408 |
Utrecht | 3.400 |
Den Haag | 3.514 |
Rotterdam | 3.247 |
Eindhoven | 3.187 |
Hochlohnregion (Noord-Holland) | 3.211 |
Niedriglohnregion (Flevoland) | 2.930 |
2022 | |
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Automotive | 2.000 - 3.500 |
Bauwirtschaft (Servicemonteur) | 2.000 - 3.500 |
Land-, Wald-, Fischereiwirtschaft (Landbautechniker) | 2.100 - 3.100 |
Verarbeitendes Gewerbe (Servicemonteur) | 2.000 - 3.500 |
Chemie, Öl, Energie (Servicemonteur) | 2.000 - 3.500 |
Engineering (Ingenieur) | 2.800 - 5.900 |
Handel (Sales Manager) | 2.500 - 6.500 |
Hotel und Gastronomie (Kellner) | 1.785 - 2.500 |
Finanzinstitute (Accountmanager) | 1.950 - 6.500 |
Transport und Lagerung (Teamleiter Logistik) | 2.500 - 4.500 |
Information und Telekommunikation (Software Developer) | 2.500 - 7.000 |
2022 (in Euro) 1) | |
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Geschäftsführerin einer großen Organisation 2) | 38.586 |
Geschäftsführerin einer mittelgroßen Organisation | 21.790 |
Kaufmännische Direktorin | 5.295 - 16.025 |
Ingenieurin (Hardware IT) | 5.076 |
Programmiererin | 4.795 |
Direktionssekretärin | 3.868 |
Buchhalterin | 4.184 |
Kraftfahrerin | 3.047 |
Weitere Lohnbestandteile
Neben dem Grundlohn erhalten Arbeitnehmer einen gesetzlich festgelegten Urlaubszuschlag von 8 Prozent des Bruttojahreslohns. Viele Arbeitgeber übernehmen die Reisekosten zwischen Wohnort und Arbeitsplatz, was häufig auch tarifvertraglich festgelegt ist. Arbeitgeber können für Fahrten zwischen Wohnort und Arbeitsstelle eine Kilometerpauschale steuerfrei gewähren, unabhängig vom genutzten Verkehrsmittel. Möglich ist auch die Erstattung der tatsächlich anfallenden Kosten, wenn der Arbeitnehmer ausschließlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln fährt.
Sozialversicherungsbeiträge
Das niederländische Sozialversicherungssystem besteht aus zwei Komponenten: den Volksversicherungen und den Arbeitnehmerversicherungen. Im Land Ansässige sind in Volksversicherungen pflichtversichert, unabhängig vom Einkommen. Hierzu gehören die Versicherung aufgrund des Gesetzes zur Langzeitpflege (WIz) sowie die Renten- (AOW) und Hinterbliebenenversicherung (ANW). Sie werden durch die Beiträge der versicherten Arbeitnehmer finanziert. Das Kindergeld (AKW, gehört zu den Volksversicherungen) wird aus Steuermitteln gezahlt.
Bei einem Bruttogehalt bis zu 73.032 Euro beträgt die Lohnsteuer 36,93 Prozent, darüber hinaus 49,5 Prozent.
Zu den Arbeitnehmerversicherungen zählen Arbeitsunfähigkeits- (WAO/WIA), Arbeitslosen- (WW) und Krankenversicherung (ZVW). Die Höhe der Beiträge finden Sie in der Tabelle Sozialbeiträge.
Bei der Arbeitsunfähigkeitsversicherung gelten unterschiedliche Sätze je nach Unternehmensgröße. Als kleine Arbeitgeber gelten 2023 Firmen mit einer Prämienlohnsumme unter 905.000 Euro, mittlere zahlen zwischen 905.000 und 3.620.000 Euro und große mehr als 3.620.000 Euro.
Die Whk-Versicherung (Arbeitgeberbeitrag für Erwerbsminderungsleistungen) sichert den Unternehmer gegen Ansprüche aus Arbeitsunfähigkeit ab. Der Beitrag ist branchenabhängig und wird im Einzelfall durch das Finanzamt festgelegt. Er besteht aus den Beiträgen für die ZW-Flex und die WGA zusammen. Eine Befreiung ist unter bestimmten Umständen möglich.
Die Arbeitslosenversicherung (WW) trägt ausschließlich der Arbeitgeber. Wurde ein schriftlicher, unbefristeter Arbeitsvertrag geschlossen, beträgt der Prozentsatz 2,64 Prozent. Sonst beträgt der Anteil 7,64 Prozent des sozialversicherungspflichtigen Bruttoentgelts. Die Prämie zur WW muss bis zu einem Bruttoeinkommen von 66.956 Euro gezahlt werden.
Der Beitrag zur Krankenversicherung (ZVW) besteht aus zwei Komponenten. Jeder im Land Ansässige muss die nominale Prämie (nominale premie) zahlen, die aus einem Basistarif und freiwilligen Zusatzversicherungen (wie Zahnersatz) besteht. Der Basistarif beträgt jährlich rund 1.657 Euro. Der einkommensabhängige Anteil (inkomensafhandelijke bijdrage) beläuft sich für den Arbeitgeber auf 6,68 Prozent, die Bemessungsgrenze beträgt maximal 66.956 Euro jährlich.
Detaillierte Angaben zum Sozialversicherungssystem und den Beiträgen bietet die Deutsch-Niederländische Handelskammer.
Arbeitgeberanteil (in %) | Arbeitnehmeranteil (in %) 1) | Bemessungshöchstgrenze | |
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Rentenversicherung (AOW) | - | 17,9 | 37.150 Euro pro Jahr |
Hinterbliebenenversicherung (ANW) | - | 0,1 | 37.150 Euro pro Jahr |
Versicherung aufgrund des Gesetzes zur Langzeitpflege (Wlz) | - | 9,65 | 37.150 Euro pro Jahr |
Krankenversicherung (ZVW) | 6,68 | 66.956 Euro pro Jahr | |
Arbeitsunfähigkeitsversicherung (WAO/WIA) Kinderbetreuungszuschlag | 5,82 (kleine Arbeitgeber) oder 7,11 (große Arbeitgeber) 0,5 | 257,52 Euro pro Tag | |
Arbeitslosenversicherung (WW, Arbeitgeberanteil) | 2,64 oder 7,64 2) | 257,52 Euro pro Tag | |
Arbeitgeberbetrag für staatliche Erwerbsminderungsleistungen (Whk) | je nach Branche | 66.956 Euro pro Jahr |