Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Wirtschaftsumfeld | Nigeria | Arbeitskräfte

Fachkräfte

Der Pool an verfügbaren Arbeitskräften ist groß, das allgemeine Ausbildungs- und Qualifikationsniveau jedoch niedrig. 

Von Corinna Päffgen | Accra

Arbeitsplätze sind knapp - Kehrtwende ist nicht in Sicht

Auf den ersten Blick herrscht in Nigeria mit einer offiziellen Arbeitslosenquote von 5 Prozent fast Vollbeschäftigung (Stand Q3 2023), was bei einer Armutsquote von rund 40 Prozent widersprüchlich erscheint. Die geringe Arbeitslosenquote ist der Anwendung geänderter statistischer Methoden geschuldet. Im 4. Quartal 2020 meldete die Nigerianische Statistikbehörde noch eine Arbeitslosenquote von 33 Prozent. Mit 8 Prozent liegt die Jugendarbeitslosigkeit über der allgemeinen Arbeitslosenquote. Im Jahr 2020 betrug diese noch 35 Prozent. Nach dem "Nigerian Youth Employment Plan"-Report arbeiten von den 15- bis 34-Jährigen schätzungsweise 40 Prozent in einem Vollzeit-Arbeitsverhältnis. Hinzu kommt der Umstand, dass etwa 80 Prozent der erwerbsfähigen Nigerianer im informellen Sektor arbeiten, der statistisch nicht erfasst wird.

Die Schaffung von Arbeitsplätzen bleibt weiterhin eine große Herausforderung. Nigerias Bevölkerung wird sich nach Prognosen der Vereinten Nationen von derzeit 230 Millionen Menschen bis zum Jahr 2050 auf rund 400 Millionen etwa verdoppeln. Angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung ist nicht zu erwarten, dass ausreichend Arbeitsplätze entstehen, die zudem ein existenzsicherndes Einkommen generieren. Die ohnehin schon große Konkurrenz um Arbeitsplätze dürfte entsprechend weiter steigen.

Unternehmen investieren in Aus- und Weiterbildung

Trotz eines Überangebots an Arbeitskräften kann es je nach Sektor und Position eine Herausforderung für Unternehmen sein, qualifizierte Fachkräfte zu finden. So gibt es in Branchen wie Banken und Versicherungen grundsätzlich genug Fachkräfte. Beschäftigte im Verarbeitenden Gewerbe und Bausektor benötigen jedoch oft eine zusätzliche Ausbildung am Arbeitsplatz. 

Das liegt vor allem am niedrigen Bildungs- und Qualifikationsniveau. In Nigeria gibt es kein duales Ausbildungssystem wie in Deutschland. Berufliche Bildung ist zwar grundsätzlich ab der Primarstufe im nigerianischen Bildungssystem verankert, allerdings garantiert der Besuch der Primarstufe nicht, dass Schüler Lesen, Schreiben und Rechnen lernen. Die Analphabetenrate beträgt fast 30 Prozent.

Seit einigen Jahren engagieren sich Regierung und Privatsektor vermehrt, das Qualifikationsdefizit mit Berufsbildungs- und Unternehmerprogrammen zu beheben. Einen guten Überblick über das nigerianische Bildungssystem und die Bildungsträger bietet die iMove Marktstudie für den Export beruflicher Aus- und Weiterbildung.

Ein erfolgreiches Kooperationsprojekt mit deutscher Beteiligung ist das Ausbildungs- und Weiterbildungszentrum "Obajana Training Centre" der Stiftung Nachwuchs Maschinenbau des Verbands deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) und der Stiftung des nigerianischen Geschäftsmannes Aliko Dangote, auch bekannt als "reichster Mann Afrikas". Angeboten werden verschiedene Ausbildungs- und Weiterbildungskurse in den Bereichen Industriemechanik und Elektronik. Die Initiative stößt seit ihrer Eröffnung 2021 auf eine sehr hohe Nachfrage, sowohl auf Bewerber- als auch auf Unternehmensseite. Absolventen haben keine Probleme, eine Anstellung zu finden.

Japa trifft Gesundheitsversorgung

Aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Lage verlassen viele junge gebildete Nigerianer das Land, um im Ausland zu arbeiten, Dieses Phänomen wird als "Japa" bezeichnet (Bedeutung in der Yoruba-Sprache  "weglaufen, fliehen"). Je höher der Bildungsstand, desto besser sind die Chancen. Diejenigen, die es sich leisten können oder ein Stipendium bekommen, versuchen bereits im Ausland zu studieren. Beliebt sind vor allem die USA, Kanada oder das Vereinigte Königreich. Teilweise schließen sich an Studierendenvisa zeitlich begrenzte Arbeitsvisa an.

Kritisch ist der Braindrain vor allem im Gesundheitswesen. Der ohnehin schon unterversorgte Bereich verliert jedes Jahr Tausende von Ärzten und Krankenschwestern, die eine besser bezahlte Anstellung im Ausland antreten. Medienberichten zufolge sind in den vergangenen fünf Jahren 16.000 Ärzte emigriert. In Nigeria arbeiten durchschnittlich nur drei Ärzte pro 10.000 Einwohner.

Die Regierung versucht mit verschiedenen Mitteln die Abwanderung zu unterbinden. Bislang konnten Angestellte im Gesundheitssektor sich beurlauben lassen und für die Zeit der Beurlaubung im Ausland arbeiten. Dies ist seit März 2024  nicht mehr möglich. Zudem wurde 2022 ein Gesetzentwurf eingereicht, der eine obligatorische fünfjährige Arbeitszeit für neu approbierte Ärzte vorsieht.

Tech-Talente wecken weltweit Interesse 

Nigeria hat sich in den Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) schon lange einen Namen gemacht und ist bekannt für seine Start-up-Szene, die neben Südafrika, Ägypten und Kenia zu den "Big Four" in Afrika gehört. 

Das Land verfügt über eine gute IT-Infrastruktur, gute Universitäten und einen großen Talentpool. Die großen internationalen Tech-Unternehmen wie Alphabet, Meta und Amazon buhlen um diese Talente. Aber auch deutsche Unternehmen entdecken allmählich das Potenzial der nigerianischen Programmierer und Softwareentwickler, die vor Ort Lösungen für deutsche Auftraggeber entwickeln, wie zum Beispiel für das deutsche Unternehmen netspice

Nigeria im weltweiten Vergleich

Folgende Karte ermöglicht den Vergleich zwischen zahlreichen Ländern weltweit. Bitte beachten Sie, dass die Werte in der Karte aus international standardisierten Quellen stammen und somit ggf. von Angaben aus nationalen Quellen im Text abweichen können.

 

Dieser Inhalt gehört zu

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.