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Branchen | Norwegen | Bauwirtschaft

Branchenstruktur

Die Dominanz regionaler Spieler wird zunehmend durchbrochen - wegen hoher Ansprüche, attraktiver Projektdimensionen sowie Personal- und Kapazitätsmangel.

Von Judith Illerhaus | Stockholm

Die norwegische Baubranche spielt eine wichtige Rolle im Land, denn sie trägt etwa zu 10 Prozent zur Bruttowertschöpfung Norwegens bei. Nichtsdestotrotz hat die Bauindustrie zuletzt erhebliche Einbußen hinnehmen müssen. Der Produktionsindex lag im März 2024 bei -2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Und eine deutliche Besserung ist für das aktuelle Jahr noch nicht in Sicht. 

Noch härter hat es den Bereich der Baustoffe getroffen. Der Verband der Baustoffindustrie, Byggevareindustriens Forening verweist auf einen ansonsten starken Sektor mit rund 220 Unternehmen, die zuletzt einen Gesamtumsatz von umgerechnet 1,78 Milliarden Euro erwirtschaftet haben.

Zeichen der Erholung ab 2025

Veidekke, einer der größten Akteure am Markt, rechnet für das laufende Jahr mit einem Produktionsrückgang von 13 Prozent. Für den Sektor Infrastruktur sieht es trotz allem deutlich besser aus. Dies nicht zuletzt auch aufgrund umfassender regierungsseitiger Maßnahmen: Große Verkehrsinfrastrukturprojekte werden voraussichtlich noch mehrere Jahre lang ein starkes Segment bleiben und durch einen Anstieg der Straßeninstandhaltung sowie durch höhere Investitionen in Wasserversorgungs-, Kanalisations- und Energieprojekte ergänzt werden.

Auch andere Faktoren sprechen dafür, dass sich die Situation ab nächstem Jahr deutlich bessern wird. Als Haupttreiber gelten die enorme Wohnungsnot, insbesondere im Großraum Oslo, verstärkter Zuzug auch aus dem Ausland als auch ein Ende steigender Zinssätze.

Neue Herausforderungen, neue Chancen

Das anspruchsvolle Klima, die Technologieaffinität und das Bemühen um - nicht nur nachhaltige - Vorzeigeprojekte machen ausländisches Know-how oft zum gefragten Gut - ob bei Architekten, Ingenieuren oder Baudienstleistern. Hier können vor allem die internationalen Wettbewerbe für prestigeträchtige Projekte einen guten Einstieg bieten, und zwar nicht nur in den Wirtschaftszentren im Süden und Westen. Die norwegische Politik ist bestrebt, die Attraktivität des Norden des Landes auszubauen. Nur sollten interessierte Büros auf der Höhe der Zeit sein: Norwegen ist bereits führend bei Building Information Modeling (BIM) und die staatlichen Auftraggeber sind bemüht, diese Stellung auszubauen. Mittlerweile kommen auch digitale Zwillinge oder künstliche Intelligenz immer breiter zum Einsatz.

Die Suche nach öffentlichen Aufträgen sollte über die Datenbank des sehr transparenten öffentlichen Ausschreibungswesens Doffin führen. Dort werden alle öffentlichen Beschaffungsmaßnahmen ab einem Schwellenwert von 1,1 Millionen Norwegische Kronen (aktuell rund 93.000 Euro) veröffentlicht. Eine kostenpflichtige Datenbank zu Bauprojekten in Norwegen bietet das Branchenportal Byggfakta an.

Etwas schwieriger ist die Gewinnung privater Auftraggeber. Wie in ganz Skandinavien ist auch in Norwegen die Wirtschaft stark vernetzt, Geschäftsbeziehungen bestehen oftmals bereits seit Jahrzehnten. Zudem priorisiert man auch in Norwegen einheimische Anbieter vor denen aus dem restlichen nordischen Raum und erst dann weiteren Konkurrenten. Referenzen und bestehende Kontakte können einen wichtigen Beitrag zum Auftragseingang leisten.

Spezialisten sind im Vorteil

Laut dem norwegischen Statistikamt SSB waren Anfang 2023 knapp 73.000 Unternehmen in der Baubranche tätig. Nahezu zwei Drittel von ihnen waren Einmannbetriebe, etwa 240 konnten eine dreistellige Mitarbeiterzahl vorweisen. Dabei verfügen fast ausschließlich die großen Firmen über nötiges Know-how, ausreichende Ressourcen und entsprechende technische Fähigkeiten zur Planung und Durchführung komplexer Bauvorhaben. Trotz der Verlangsamung im Hochbau bietet das weiterhin eine Einstiegschance für ausländische Konkurrenten: Diese kommen vor allem bei spezialisierten Arbeiten sowie Infrastrukturprojekten zum Zug.

Die meist großangelegten öffentlichen Projekte sind für internationale Anbieter zum Magneten geworden. Neben Baukonzernen aus Deutschland, Österreich oder Spanien wagen zunehmend auch chinesische Firmen einen Blick Richtung Norwegen.

Vor allem bei öffentlichen Aufträgen sollten die Technologie-Anforderungen genau beachtet werden. Kunden, wie Bane NOR, Nye Veier, Statsbygg, Statens Vegvesen oder die Kommunen verstehen sich als Innovationstreiber und Technologiemultiplikatoren, stellen hohe Ansprüche bezüglich Nachhaltigkeit und digitaler Lösungen. Dies kann eine gute Einstiegschance sein, die sich bei Erfolg in der stark vernetzen norwegischen Bauwirtschaft schnell herumspricht.

Wichtige Branchenunternehmen in Norwegen Umsatz in Milliarden Euro

Unternehmen

Sparte

Umsatz 2023*)

VeidekkeHoch- und Tiefbau

3,78

AF GruppenHoch- und Tiefbau, Immobilien, Energie

2,67

Skanska NorgeHoch- und Tiefbau, Immobilien

1,60

OBOSHoch- und Tiefbau, Immobilien

0,61

NRC GroupSchieneninfrastruktur

0,59

*) Umrechnung nach dem Jahresdurchschnittskurs der EZBQuelle: Recherchen von Germany Trade & Invest; Jahresberichte der Unternehmen 2023

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