Branche kompakt | Österreich | Abfallwirtschaft
Branchenstruktur
Österreich besitzt viel Know-how und eine vergleichsweise gut organisierte Abfallwirtschaft, in der öffentliche und private Akteure kooperieren.
06.08.2024
Von Oliver Döhne | Bonn
Im Verband der österreichischen Entsorgungsbetriebe (VOEB) sind 250 private Branchenfirmen mit rund 43.000 Mitarbeitenden organisiert. Diese Firmen entsorgen etwa zwei Drittel des anfallenden Abfalls Österreichs und behandeln ihn in rund 1.100 Anlagen. Sie repräsentieren bei Umsatz und Mitarbeiterzahl jeweils etwa zwei Drittel der Branche und erwirtschaften pro Jahr einen Umsatz von etwa 4 Milliarden Euro. In der öffentlichen kommunalen Abfallwirtschaft liegt der Umsatz zusätzlich bei rund 1,2 Milliarden Euro.
Viel Know-how vorhanden
In der Abfalltechnik verfügt Österreich über zahlreiche international erfolgreiche Firmen. Dazu zählt Erema, ein Weltmarktführer für Kunststoffrecyclinganlagen. Erema lieferte und installierte im Sommer 2022 für den Versorger RCS im nordrhein-westfälischen Werne bereits die zweite Bottle-to-Bottle-Anlage zur Weiterverarbeitung von PET-Flakes (rPET-Granulat). Das Unternehmen Komptech baut Anlagen zur Trennung und Sortierung von Biomasse. Rubble Master ist ein Weltmarktführer für Aufbereitungsanlagen von Baurestmasse und -schutt. Die zum Alpla-Konzern gehörige Firma PET Recycling Team ist eines der führenden PET-Recycling-Unternehmen in Europa und arbeitet mit der übernommenen deutschen Texplast an der Recyclingoptimierung von PET-Flakes.
Auch ausländische Firmen machen in Österreich Geschäfte. Stadler aus Deutschland liefert Technik an das Sortierwerk von PreZero in Niederösterreich. Die Berliner Alba-Tochter Interzero und die hessische Reclay sind als Dienstleister zur Entpflichtung bei Haushalts- und Gewerbeverpackungen tätig. Die norwegische Firma Tomra, ein Spezialist für Sortiertechnik, ist beim automatischen Pfandrücknahmesystemen aktiv, das in Österreich ab 2025 auch für Aluminiumdosen und PET-Flaschen startet.
Partnerschaftliche Marktorganisation
Die Abfallwirtschaft ist ähnlich organisiert wie in Deutschland, allerdings gibt es zum Teil unterschiedliche Regelungen der Bundesländer und Kommunen. Siedlungsabfall (Restmüll) aus Haushalten sowie Kleingewerben und Dienstleistungsbetrieben (und prinzipiell auch der Siedlungsabfallanteil der Industrie) erfolgt in der Regel über den Holdienst der Müllabfuhr, die entweder von kommunalen Betrieben oder privaten Unternehmen im Auftrag von Gemeinden und Verbänden mehrerer Gemeinden ausgeführt wird.
Industriebetriebe müssen grundsätzlich ihre siedlungsmüllähnlichen Abfälle auch über die kommunale Müllabfuhr entsorgen, können aber je nach Bundesland und dem Anteil gemischter Gewerbeabfälle auch selbst verantwortlich sein. Biogene Abfälle werden überwiegend im Holsystem direkt von den Haushalten entsorgt. Sperrmüll, Problemstoffe, Altbatterien, Elektroaltgeräte, Altholz und sperrige Metalle werden in Altstoffsammelzentren beziehungsweise Kompostierungsanlagen im Bringsystem gesammelt.
Duales System für Verpackungen
Bei Verpackungen besteht nach EU-Regeln die erweiterte Verantwortung des Inverkehrsetzers, an entsprechenden Sammel- und Verwertungssystemen teilzunehmen. Den Endnutzern muss es dabei möglich sein, die Verpackungen unentgeltlich abgeben zu können. Seit 2023 ist hier für ausländische Firmen ein Bevollmächtigter in Österreich Pflicht, auch für Online-Händler. Die Abfuhr getrennt gesammelter Wertstoffe wie Papier, Metall, Glas und Kunststoffe übernimmt eine kleine Zahl von Unternehmen, die gemäß Verpackungsverordnung beim Non-Profit-Unternehmen ARA lizenziert sind. Diese Unternehmen übernehmen die Verarbeitung der Wertstoffe teilweise selbst, teilweise in Partnerschaft, oder vergeben die Verarbeitung an spezialisierte Dienstleister.
Sammel- und Verwertungssystem | Papier | Glas | Metalle | LVP * |
---|---|---|---|---|
Altstoff Recycling Austria AG | 65,8 | 0,0 | 87,8 | 71,5 |
Austria Glas Recycling GmbH | 0,0 | 78,6 | 0,0 | 0,0 |
Bonus Holsystem für Verpackungen GmbH & Co KG | 6,2 | 9,4 | 3,6 | 7,5 |
European Recycling Platform (ERP) Austria GmbH | 4,4 | 1,5 | 2,8 | 3,8 |
Interzero Circular Solutions Europe GmbH | 6,1 | 3,4 | 7,1 | 8,7 |
Reclay Systems GmbH | 17,6 | 7,1 | 1,7 | 8,5 |
Vom gesamten Müllaufkommen 2022 von rund 70,7 Millionen Tonnen Primärabfall entfiel ein Großteil auf Aushub und Bauabfälle in Zusammenhang großer Infrastrukturprojekte (Brenner-Basistunnel, Semmeringtunnel, Koralmbahn) und Aktivitäten im Hochbau.
Abfallart | Aufkommen |
---|---|
Siedlungsabfälle aus Haushalten | 4,5 |
Siedlungsabfälle anderer Herkunft | 2,1 |
Bau- und Abbruchabfälle | 11,5 |
Aushubmaterialien | 43,8 |
Sekundärabfälle | 3,2 |
Gefährliche Abfälle | 1,5 |
Restliche Abfälle | 7,3 |
Insgesamt | 73,9 |
Etwa 54 Prozent des österreichischen Primärmülls wurden im Jahr 2022 stofflich verwertet, darunter 34 Prozent recycelt und 20 Prozent verfüllt (beispielsweise im Straßenbau oder im Garten- und Landschaftsbau). 5 Prozent wurden thermisch verwertet, 38 Prozent deponiert und 3 Prozent auf andere Art entsorgt.
Art der Anlage | Anzahl |
---|---|
Anlagen/Einrichtungen für die Vorbereitung zur Wiederverwendung | 83 |
Vorbehandlungsanlagen (Sortier- und Aufbereitungsanlagen): für Metallabfälle (inklusive Elektro- und Elektronikaltgeräte und Altfahrzeuge), Kunststoffabfälle, Glasabfälle, Holzabfälle, Papierabfälle, Alttextilien sowie gemischte und spezielle Abfälle | 309 |
Recyclinganlagen und Anlagen zur sonstigen stofflichen Verwertung: für Altstoffe wie Glas, Metalle, Kunststoffe, Papier und Kartonagen und teils über die Vorbehandlung aufbereiteter Abfälle | 199 |
Thermische Behandlungsanlagen | 61 |
Mechanisch-biologische Behandlungsanlagen (MBA) | 13 |
Anaerobe biologische Behandlungsanlagen (Biogasanlagen) | 163 |
Aerobe biologische Behandlungsanlagen (Kompostierungsanlagen) | 416 |
Chemisch-physikalische Behandlungsanlagen | 47 |
Behandlungsanlagen für mineralische Bau- und Abbruchabfälle | 959 |
Deponien | 1.158 |
Müllbehandlung teils öffentlich, teils privat
Die meisten Behandlungsanlagen für gemischten Siedlungsabfall und Sperrmüll sind in öffentlicher Hand. Die Mehrheit der Anlagen zur thermischen Behandlung befindet sich entweder ganz oder teilweise in Form von Public-Private-Partnerships im Eigentum der Länder. Mechanisch-biologische Behandlungsanlagen sowie Reststoff- und Massenabfalldeponien gehören oft kommunalen Abfallwirtschaftsverbänden. Kleinere Deponien sind auch in privater Hand. Bei der Behandlung anderer Abfallarten ist der Anteil von Kommunen und Ländern deutlich geringer: Beispielsweise kompostiert die Landwirtschaft hauptsächlich biogene Abfälle. Sortier- und Aufbereitungsanlagen sowie chemisch-physikalische Behandlungsanlagen sind überwiegend in der Hand der privaten Entsorgungswirtschaft.
Für die Sortierung und Aufbereitung von Kunststoffabfällen waren 2022 in Österreich 13 Anlagen in Betrieb. Von der Jahreskapazität von 229.400 Tonnen schöpften diese etwa 144.000 Tonnen aus. Metallischer Müll kam in 170 stationären sowie 789 mobilen Anlagen in Vorbehandlung oder er landete in einem von 6 Großschreddern. 2 Millionen Tonnen gemischter Müll gelangten in 94 statische Sortieranlagen. Von den Recyclinganlagen waren 2 für Glas, 67 für Holz, 22 für Papier und 47 für Kunststoffrezyklate, davon 26 Styropormahlgut und 17 für Regranulate und Flakes, im Einsatz. 30 Anlagen bereiteten Kabel auf, ebenfalls 30 widmeten sich Elektroschrott. Etwa 2,5 Millionen Tonnen Siedlungsmüll wurden in 12 Müllverbrennungsanlagen entsorgt, deren Gesamtkapazität bei 2,8 Millionen Tonnen lag.
Unternehmen | Sparte | Umsatz 2022 |
---|---|---|
Loacker Recycling GmbH | Recycling von Wertstoffen, Containerservice | 1.094 |
FCC Austria Abfall Service AG | Entsorgungsdienstleistungen | 598 |
Saubermacher GmbH | Abfallentsorgung und -verwertung | 425 |
Erema Gruppe | Recycling-Technologie, Extruder | 355 |
Brantner Gruppe | Abfallentsorgung und -aufbereitung | 307 |
Müller Guttenbrunn GmbH | Recycling-Dienstleistungen | 276 |