Wirtschaftsumfeld | Peru | Global Gateway
Global Gateway fördert Infrastruktur in Peru
Europas Konnektivitätsinitiative soll die Infrastruktur in Peru stärken. Gleichzeitig baut China seine Präsenz im Land weiter aus. (Stand: 08.07.2024)
Von Janosch Siepen | Bogotá
In Peru versuchen die Europäische Union und China mit ihren jeweiligen Konnektivitätsinitiativen Infrastrukturprojekte voranzutreiben – und das Land enger an sich zu binden. Während China schon seit vielen Jahren in Großprojekte in Peru investiert, präsentierte die Europäische Union ihren 45 Milliarden Euro schweren Investitionsplan Global Gateway für Lateinamerika und die Karibik erst im Juli 2023. Nun soll mit Leuchtturmprojekten und anderen Vorhaben die Infrastruktur in Peru ausgebaut werden. Viele der Projekte waren allerdings bereits vor dem Start von Global Gateway in Planung und stehen teilweise kurz vor der Fertigstellung.
Projektname | Projektvolumen (in Millionen US-Dollar) | Beschreibung und Projektstand | Beteiligte Länder | Finanzierung |
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Ausbau des Flughafens in Lima (Leuchtturmprojekt 2024) | 2.000 | Projekt des deutschen Unternehmens Fraport AG zum Ausbau des Flughafens, (neuer Terminal, zweite Start- und Landebahn und ein Tower); Baufortschritt liegt bei 85 Prozent, Fertigstellung für Dezember 2024 geplant | k.A. | IDB, KfW |
Metrolinie 2 in Lima (Leuchtturmprojekt 2024) | 5.300 | Finanzierung des Ausbaus der Metrolinie, Transport von mehr als 2,3 Millionen Einwohnern vorgesehen, Reduzierung der Umweltbelastung; Bei zehn von elf Stationen der Etappe 1B sind Bauarbeiten zu 90 Prozent abgeschlossen; Bau der Station E-13 steht aus, da Genehmigung fehlen | k.A. | KfW, IDB, World Bank, CAF, AFD |
Team Europe Initiative Green Deal: Sicheres Trinkwasser und nachhaltige Wasserwirtschaft in städtischen Gebieten (Leuchtturmprojekt 2024) | k.A. | Aufnahme des Projekts in peruanisches Schuldengesetz 2025, Ausweitung des EUROCLIMA+ Programms zu Wassersicherheit auf Ayacucho | Deutschland, Spanien, Frankreich | IDB, CAF, Weltbank, IFC, AFD |
Team Europe Initiative Global Green Bond: Grüne Anleihen (Leuchtturmprojekt 2024) | 450 (insgesamt in der Region) | Technische Unterstützung für Ausgabe grüner Anleihen | k.A. | k.A. |
Investitionsvorschlag für Nationalparks und geschützte Gebiete, Förderung des nachhaltigen Tourismus und der wirtschaftlichen Entwicklung | k.A. | k.A. | Deutschland, Spanien | CAF |
Klimaschutzdarlehen: Investitionen in grüne Energie, einschließlich dezentraler Stromnetze in ländlichen Gebieten | k.A. | k.A. | Deutschland, Spanien | EIB, IDB, Weltbank, IFC |
Fondo MiVivienda, Phase 4: Nachhaltiger sozialer städtischer Wohnungsbau | 398 | k.A. | Deutschland, Frankreich | IDB |
Team Europe Initiative: Kreislaufwirtschaft und Wertschöpfungsketten (Leuchtturmprojekt 2023) | k.A. | k.A. | Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Niederland, Österreich | EIB, IDB, Weltbank, IFC |
Infrastruktur für die Stromübertragung in Peru-Ecuador, Stärkung der regionalen Energieintegration des Anden-Stromverbundsystems | 289 | Peruanische Umweltbehörde SENACE genehmigte den Bürgerbeteiligungsplan entsprechend der detaillierten Umweltstudie des Projekts | Spanien | IDB, CAF |
Plan für urbane Mobilität (Busschnellverkehr) in der Stadt Trujillo | 150 | Initiative läuft, um Projekt zu nationalem Interesse zu erklären | Deutschland, Frankreich | KfW, CAF |
Urbaner Mobilitätsplan Arequipa: Bau der Stadtbahn | 522 | Projektvorschlag vom Ministerium für Verkehr und Kommunikation (MTC), derzeit Planungsphase | Deutschland, Frankreich | CAF |
Die Infrastrukturmaßnahmen sind dringend notwendig. Laut dem Global Infrastructure Index 2023 des Marktforschungsunternehmens Ipsos gehört Peru zu den Ländern, in denen die Bevölkerung mit der lokalen Infrastruktur am unzufriedensten ist. Vor allem Straßen- und Schienenwege sind in den Augen der Bevölkerung unzureichend.
Megaprojekte in Lima mit Unterstützung der EU
Eines der größten Projekte von Global Gateway in Peru ist der Ausbau des Flughafens in der Hauptstadt Lima. Das deutsche Unternehmen Fraport ist Mehrheitsgesellschafter des Flughafens und wird den Bau eines neuen Terminals mitsamt Start- und Landebahn sowie eines neuen Towers für 2 Milliarden US-Dollar (US$) im Dezember 2024 fertigstellen. Laut Unternehmensaussagen wird der Flughafen dann zu den fünf Flughäfen mit der größten Passagierkapazität in der Region gehören. Weitere am Ausbau beteiligte Unternehmen sind unter anderem Steer aus England und Sacyr aus Spanien. Anfang 2023 hatte der Flughafenbetreiber LAP mit den Banken BBVA, IDB Invest, KfW IPEX, MUFG, Scotiabank, Société Générale und SMFG eine Finanzierungsvereinbarung über 1,3 Milliarden US$ für den Ausbau geschlossen.
Metro profitiert von europäischen Geldern
Ein weiteres Großprojekt ist der Ausbau der Metrolinie 2 in Lima (5,3 Milliarden US$). Global Gateway stellt die Mittel bereit: An der Finanzierung sind unter anderem die deutsche KfW und die französische Entwicklungsbank AFD beteiligt. Neben Hitachi aus Japan und lokalen Firmen sind auch italienische, spanische, französische und luxemburgische Unternehmen mit Baumaßnahmen beauftragt. Herrenknecht aus Schwanau liefert Tunnelbohrtechnik. Nach Fertigstellung soll die Linie täglich 660.000 Personen befördern und so die Umwelt entlasten. Fünf der 27 Stationen sind seit März 2024 in Betrieb, die Linie 2 soll erst 2028 voll funktionsfähig sein.
In der Vergangenheit kam es immer wieder zu Streitigkeiten wegen Bauverzögerungen. Cosapi, Teil des Konzessionärs der Metrolinie 2, hat im Rechtsstreit mit der Stadt Lima wegen Bauverzögerungen bereits 40 Millionen US-Dollar erhalten. Zudem droht ein Baustopp wegen fehlender Genehmigungen. Limas Bürgermeister Rafael López Aliaga lehnt den Bauplan ab, weil er ein Verkehrschaos befürchtet.
Gelder fließen in Nahverkehr in Trujillo und Arequipa
Chancen für deutsche und europäische Firmen gibt es auch außerhalb Limas. Auf der EU-Investitionsagenda steht ein Busschnellsystem in der Stadt Trujillo (150 Millionen US$), das von der deutschen Entwicklungsbank KfW finanziert wird. Das Projekt befindet sich in der Studienphase, 2026 soll der Bau beginnen. Projektträger sind die Provinz Trujillo und das peruanische Transportministerium. Benötigt werden unter anderem Busverkehrstechnik, Überwachungskameras und Ampelsysteme. Hinzu kommt eine Stadtbahn in Arequipa (522 Millionen US$). Das Vorhaben befindet sich in der Phase der Machbarkeitsstudien. Hier arbeitet die Provinz Arequipa mit dem Transportministerium als Projektträger zusammen.
Stromverbund soll Energiesicherheit gewährleisten
Ein weiteres wichtiges Projekt ist der Bau einer Stromleitung zwischen Peru und Ecuador (289 Millionen US$) im Rahmen des Andenverbundsystems SINEA. Das Projekt wird von der Europäischen Investitionsbank (EIB) und der Interamerikanischen Entwicklungsbank finanziert. Die Vergabe des ecuadorianischen Teils der Leitung wird 2024 vorbereitet und ist für Ende des Jahres vorgesehen. Die Vergabe für Bau und Betrieb des peruanischen Teils ging Mitte 2023 an das spanische Unternehmen Celeo Redes (Elecnor). Die Inbetriebnahme ist für 2027 geplant.
Die Übertragungsleitung wird die Energiesicherheit erhöhen. Derzeit nutzen beide Länder Wasserkraft zur Stromerzeugung. Dies macht sie anfällig für Engpässe, die durch Trockenheit während des Extremwetterphänomens El Niño verursacht werden. Der Interkonnektor wird überschüssige Energie aus Regenfällen in Ecuador übertragen, wenn es in Peru trocken ist. Dadurch sollen die Stromkosten in beiden Ländern sinken.
Chinas Konnektivitätsvorhaben in Peru weit fortgeschritten
Im Rahmen von Chinas Neuer Seidenstraße baut der Logistikriese Cosco den ersten von der Volksrepublik kontrollierten Hafen Südamerikas. Der 3,6 Milliarden-US$ teure Hafen von Chancay soll im November 2024 in Betrieb gehen. Dann wird der Tiefseehafen die größten Containerschiffe der Welt abfertigen, die in anderen südamerikanischen Häfen nicht anlegen können. Peru wird zu einem der wichtigsten Logistikhubs Südamerikas.
Das Megaprojekt ist nur eines in einer Reihe von Vorhaben, mit denen sich die Volksrepublik in Peru breiter aufstellen möchte. Dabei übernehmen chinesische Unternehmen immer mehr Teile der Wertschöpfungskette. In Lima liegt nach dem Kauf von Beteiligungen an Enel Perú durch China Southern Power Grid die Stromversorgung der Stadt in den Händen chinesischer Staatsunternehmen. Nach Angaben des Informationsdienstleisters BNamericas belaufen sich die chinesischen Projekte - in Betrieb oder in Planung - auf über 50 Milliarden US$. So ist Global Gateway auch als Antwort auf Chinas zunehmenden Einfluss in Peru zu verstehen. Die europäischen Investitionsvorhaben könnten für mehr Wettbewerbsfähigkeit für europäische Firmen gegenüber den kapitalstarken Unternehmen Chinas sorgen. Gleichzeitig kann Peru unabhängiger von chinesischen Geldern werden.
"Mit Global Gateway bietet die EU Investitionspakete für eine nachhaltige und hochwertige Infrastruktur"
Olivier Coupleux, Leiter der Wirtschafts- und Han, EU-Delegation in Peru, Global Gateway 08/11/23 Retratos al equipo de la Unión Europea, oficina de Perú.© Victor Idrogo / Icónica | © © Victor Idrogo / IcónicaOlivier Coupleux ist Leiter der Wirtschafts- und Handelsabteilung der EU-Delegation in Peru. Im Interview spricht er über die Chancen und Herausforderungen von Global Gateway in Peru.
Herr Coupleux, welche Rolle spielt Global Gateway in Peru?
EU-Unternehmen und -Mitgliedstaaten haben bereits in diversen wichtigen Sektoren wie Digitalisierung und Energie investiert. Allerdings verstärken auch andere internationale Partner Perus ihre Präsenz im Land – beispielsweise China mit Investitionen in den Hafen von Chancay. Ziel der Global-Gateway-Initiative ist es, Peru ein koordiniertes EU-Investitionsangebot zu unterbreiten. EU-Unternehmen werden so attraktive öffentlich-private Investitionspakete anbieten können, die nachhaltig sind und den höchsten Sozial- und Umweltstandards entsprechen.
Was sind weitere Ziele von Global Gateway?
Global Gateway ermöglicht es der EU und europäischen Unternehmen, mit Peru bei Fragen der Regulierung oder zur Investitionserleichterung zusammenzuarbeiten und mit einer europäischen Stimme zu sprechen. Global Gateway zielt zudem darauf ab, durch seine Investitionen europäische Werte zu fördern, zum Beispiel in Bezug auf Nachhaltigkeit, Umwelt und soziale Fragen.
Was ist dabei erfolgskritisch?
Es ist wichtig, dass das peruanische Wirtschafts- und Finanzministerium und andere Ministerien ihre Investitionsprioritäten so klar wie möglich definieren, ihre Projektportfolios ausgereift sind und sie ihre Finanzierungszusagen während der Projektdurchführung einhalten.
Und welche Herausforderungen bestehen?
Für die EU, ihre Mitgliedstaaten und die europäischen Unternehmen kann die Zusammenarbeit in Investitionsfragen manchmal kompliziert erscheinen. Aber es ist zu hoffen, dass die wirtschaftlichen Erfolge das Interesse an einer Zusammenarbeit verstärken.
Wie können deutsche Unternehmen von Global Gateway in Peru profitieren?
Mit Global Gateway will die EU gemeinsam mit der peruanischen Regierung neue öffentlich-private Investitionssektoren erschließen. Investitionsmöglichkeiten im Bergbau, Agrarexport, bei der Verkehrs- und Energieinfrastruktur, Wasserwirtschaft sowie Umwelt spielen eine Schlüsselrolle. Deutsche Unternehmen haben dabei mit Technologie und Know-how viel zu bieten. Daraus ergeben sich vielfältige Geschäftsmöglichkeiten für deutsche Unternehmen.