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Branchen | Polen | Schienenverkehr

Ausbauplan für den Schienenverkehr vorgestellt

Polens Bahnindustrie fehlen die Aufträge. Besserung ist in Sicht. Die Regierung kündigt Schienenprojekte an, Staatsfirmen wollen Züge kaufen. Ein Problem bleibt aber.

Von Christopher Fuß | Warschau

Von 2023 bis 2030 sollen über 20 Milliarden Euro in Polens Bahnnetz fließen. So steht es im neuen Landesschienenplan (Krajowy Program Kolejowy; KPK), den das Ministerium für Infrastruktur zur öffentlichen Beratung freigegeben hat. Drei Ziele stechen besonders hervor: Erstens sollen mehr Ortschaften einen Bahnanschluss erhalten. Zweitens sollen Züge schneller und in höherer Taktung fahren. Drittens soll der Schienenverkehr dank moderner Signaltechnik sicher bleiben.

In Zahlen bedeutet das: Polen will von 2023 bis 2030 mindestens 4.230 Schienenkilometer verlegen oder sanieren. Rund 275 Kilometer neue Schnellfahrstrecken werden Geschwindigkeiten von mindestens 160 Kilometern pro Stunde ermöglichen. Bislang sorgen Bahnübergänge an vielen Stellen dafür, dass Züge aus Sicherheitsgründen abbremsen müssen. Geplante Überführungen versprechen Abhilfe.

Investitionen sind über das ganze Land verteilt

Der KPK enthält eine lange Liste mit Projekten. Allein für den Ausbau zwischen dem Warschauer Ost- und Westbahnhof veranschlagt das Ministerium über 1,7 Milliarden Euro. Geht alles nach Plan, werden ab 2029 fast doppelt so viele Regional- und Fernzüge auf der Strecke fahren können wie heute. Auch neue Trassen zur Stadt Zakopane stehen im KPK. Bahnreisende aus Krakau oder Nowy Sącz sollen die Wintersporthochburg in Zukunft schneller erreichen. Polen will außerdem die Strecke zwischen der Hafenstadt Gdynia und der Kreishauptstadt Słupsk um ein zweites Gleis erweitern.

Die Woiwodschaft Warmińsko-Mazurskie könnte von neuen Verkehrswegen nach Nordeuropa profitieren. Der KPK beinhaltet Investitionen von knapp 870 Millionen Euro in die sogenannte Rail Baltica. Diese Bahnstrecke verbindet Polen mit den baltischen Ländern. 

Anbieter von Gleis- und Schienentechnik blicken gespannt auf den neuen Ausbauplan. Die Firmen haben eine längere Durststrecke hinter sich. Der staatliche Betreiber des Schienennetzes, PKP PLK, knauserte in den vergangenen Jahren bei den Aufträgen. Ein Beispiel: Im Jahr 2021 wollte das Infrastrukturunternehmen Projekte im Wert von 3,8 Milliarden Euro ausschreiben. Am Ende lag der Wert laut Tageszeitung Rzeczpospolita bei nur 680 Millionen Euro.

Finanzierung steht auf wackeligen Beinen

Der Grund: Polens Bahnindustrie ist auf EU-Mittel angewiesen, berichtet die Wirtschaftskammer der Transportunternehmen (Izba Gospodarcza Transportu Lądowego; IGTL). EU-Programme decken rund 52 Prozent der Kosten im KPK. Allerdings fließen aktuell keine neuen Gelder. Die Europäische Kommission will Mittel aus dem Wiederaufbaufonds erst freigeben, wenn Polen eine Justizreform umgesetzt hat. Das polnische Parlament brachte ein entsprechendes Projekt auf den Weg. Staatspräsident Andrzej Duda verweigerte aber die Unterschrift und schaltete das Verfassungsgericht ein. Auch Mittel aus den Töpfen der Kohäsionspolitik stehen laut Medienberichten auf der Kippe, weil Polen gegen die Grundrechtecharta der EU verstoße.

Es ist nicht das erste Mal, dass europäische Gelder ausbleiben. Wie IGTL berichtet, gab es auch in vergangenen Jahren Auftragsflauten - meistens in Übergangsphasen von einem mehrjährigen Haushaltsplan auf den nächsten. Die Folge: Entweder hatten die Unternehmen keine Bestellungen oder die Auftragsbücher platzten aus allen Nähten, weil freigegebene Gelder schnell investiert werden mussten. Fehlende Planungssicherheit ist für den Schienenbau seit Jahren ein Problem, das bis heute andauert.

Auf einer Wirtschaftskonferenz in Katowice erklärte PKP PLK, man wolle 2023 Ausschreibungen im Wert von bis zu 4,3 Milliarden Euro bekannt geben. Um Finanzierungsprobleme zu vermeiden, geht Polens staatlicher Entwicklungsfonds (Polski Fundusz Rozwoju; PFR) bei EU-Projekten in Vorleistung. Hierzu gehört beispielsweise die im KPK festgehaltene Sanierung der Eisenbahnlinie 104 ab Nowy Sącz.

PKP PLK ist nicht das einzige Unternehmen, das Investitionen in Schienennetze ankündigt. Die staatliche Betreibergesellschaft des geplanten Großflughafens CPK (Centralny Port Komunikacyjny) will ebenfalls Gleise modernisieren. Diese Projekte laufen außerhalb des KPK.

Neue Schienenfahrzeuge teurer als erwartet

Auf den Gleisen sollen moderne Züge fahren. Bereits 2021 verkündete PKP Intercity, der staatliche Anbieter von Fernverbindungen, 38 Wendezüge und 45 Lokomotiven einkaufen zu wollen. Bis Anfang 2023 fand sich ein einziger Bewerber. Das Konsortium der polnischen Schienenfahrzeugbauer Pesa und Newag verlangt knapp 1,7 Milliarden Euro für die Fahrzeuge. Der Preis liegt um 44 Prozent über dem Budget von PKP Intercity. Wie es weitergeht, ist offen.

Unabhängig davon will PKP Intercity 300 neue Waggons und 23 Triebzüge mit einer Spitzengeschwindigkeit von 250 Kilometern pro Stunde ausschreiben. Das nötige Geld soll laut Unternehmen aus eigener Tasche kommen. Auf der Einkaufsliste stehen außerdem 63 Elektrolokomotiven mit Spitzengeschwindigkeiten von mindestens 200 Kilometern pro Stunde. In einem Auswahlverfahren haben sich fünf Unternehmen erfolgreich als Lieferanten qualifiziert. Hierzu gehören die polnischen Firmen FPS, Newag und Pesa, die französische Alstom und die spanische Talgo. Diese Unternehmen können sich nun auf die Ausschreibungen rund um die 63 Fahrzeuge bewerben. Noch 2023 will PKP Intercity Angebote einholen.

Das Eisenbahnverkehrsunternehmen Polregio wiederum plant, die eigene Flotte um 200 Triebwagen zu erweitern. Das Unternehmen hat Rahmenverträge mit FPS, Pesa, Newag und Stadler aus der Schweiz unterschrieben. Um die Kosten von 1,5 Milliarden Euro zu stemmen, braucht der Personenbeförderer EU-Hilfen. Polregio beantragt Zuschüsse beim Zentrum für europäische Verkehrsprojekte (Centrum Unijnych Projektów Transportowych; CUPT), einer polnischen Verwaltungsstelle von EU-Mitteln. Die Frist läuft noch bis Ende Mai 2023. Danach entscheidet CUPT, wer Gelder bekommt. Die Zeit ist knapp. Polregio will 2025 erste Züge entgegennehmen. Industrieunternehmen in Polen interessieren sich für neue Schienenfahrzeuge für den Gütertransport.

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