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Kosmetikbranche erweist sich als krisenfest
Die polnischen Kosmetikhersteller sind global so gut aufgestellt, dass sie das Wegbrechen von Märkten im Osten kompensieren können. Auch die Inlandsnachfrage wächst.
21.11.2022
Von Beatrice Repetzki | Berlin
Die polnischen Exporte von Kosmetika waren in den ersten acht Monaten 2022 mit rund 2,6 Milliarden Euro sogar um 2,4 Prozent höher als in den ersten acht Monaten 2021 (2,5 Milliarden Euro). Der Branche gelang es schnell, die durch den Krieg in der Ukraine verursachten Absatzeinbrüche in den östlichen Nachbarländern auszugleichen und auf andere Märkte auszuweichen. Das ermittelte die polnische Sparkassenorganisation PKO Bank Polski (PKO BP) auf Basis der Angaben des Statistischen Hauptamtes GUS.
Östliche Nachbarmärkte brechen weg
Die polnischen Kosmetiklieferungen in die Russische Föderation waren von März bis August 2022 um 39 Prozent geringer als von März bis August 2021. Der Anteil Russlands an den Kosmetikexporten sank gleichzeitig auf 4,7 Prozent nach zuvor 8 Prozent. Die Ausfuhren in die Ukraine nahmen im Beobachtungszeitraum um ein Viertel ab, sodass sich der ukrainische Anteil an den polnischen Exporten auf 2,8 Prozent reduzierte (zuvor rund 4 Prozent). Besonders stark war jedoch mit einem Minus von 85 Prozent der Einbruch bei den Lieferungen nach Kasachstan, dessen Anteil auf 0,7 Prozent schrumpfte (vormals 4,9 Prozent). Hier wirkten sich die durch den Krieg erschwerten Transportbedingungen aus.
Der weitgehende Wegfall der Märkte in den östlichen Nachbarländern veranlasst die polnischen Produzenten dazu, neue internationale Abnehmer für ihre Waren zu suchen. Sie konzentrieren sich zudem stärker auf den Inlandsmarkt, wo für sie weiteres Wachstumspotenzial besteht.
Inlandsverkäufe überwinden Coronadelle
Nachdem sich durch die Coronapandemie die Nachfrage nach Kosmetika 2020 und 2021 abschwächte, erwartet PKO BP nun wieder Zuwächse. Das Vorkrisenniveau könnte 2023 überschritten werden. Der Trend eröffnet auch deutschen Anbietern neue Absatzchancen.
Nicht nur die Aufhebung der Corona-Beschränkungen kurbelt die Inlandsnachfrage an, sondern auch die zahlreichen Flüchtlinge aus der Ukraine, die Polen aufgenommen hat und weiterhin aufnimmt. PKO BP sieht außerdem Chancen für kleinere Hersteller von Nischenprodukten im wachsenden Onlinehandel, durch den sie leichter mehr Kundinnen und Kunden erreichen können. Rund 1.200 Betriebe produzieren in Polen Körperpflegemittel und Kosmetika.
Noch vor dem russischen Überfall auf die Ukraine untersuchte der Onlinehändler Minti Shop im 3. Quartal 2021 im Rahmen einer Umfrage das Kaufverhalten von 1.012 Frauen in zehn polnischen Großstädten. Demnach gaben 58 Prozent der Befragten an, monatlich mehr als 33 Euro für Kosmetika auszugeben. Am höchsten war dieser Anteil in Łódź (Lodsch) mit 84,5 Prozent und Wrocław (Breslau) mit 81 Prozent, am niedrigsten in Poznań (Posen) mit 42 Prozent. In Łódź (79 Prozent) und Wrocław (74 Prozent) besuchen auch anteilmäßig die meisten der befragten Frauen mindestens einmal pro Monat einen Schönheitssalon, in Gdańsk (Danzig) dagegen nur 28 Prozent.
Exporte steigen insgesamt
Als Zielmärkte für die polnischen Exporte geraten Länder des Nahen Ostens in den Fokus, wo sich insbesondere die Nachfrage aus den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) dynamisch entwickelt. Die VAE sind laut der Polnischen Agentur für Investitionen und Handel (PAIH) der größte Absatzmarkt für Halal-Produkte, wobei ökologische Erzeugnisse und Premium-Präparate an Bedeutung gewinnen. Diesen Anforderungen entspricht zum Beispiel der polnische Kosmetikhersteller Yope Sp. z o. o.
Im Verlauf von 2022 erhöhten sich laut PKO BP auch die Exporte in den Iran, Irak, nach Kirgisistan, Hongkong und Brasilien. Deutschland als mit Abstand größtes Abnehmerland, das Vereinigte Königreich, die Schweiz, China und Frankreich vergrößerten ebenfalls ihre Anteile an den polnischen Ausfuhren im 1. Halbjahr 2022. Die wachsende Nachfrage aus dem Ausland dürfte weitere Investitionen der polnischen Hersteller nach sich ziehen, die neuen Trends folgen, ihre Produktion ausweiten und den Marktanforderungen in den jeweiligen Ländern anpassen müssen.
Land | Anteil in Prozent* |
---|---|
Deutschland | 21 |
Vereinigtes Königreich | 8 |
Tschechische Republik | 7 |
Belgien | 7 |
Russische Föderation | 6 |
Frankreich | 5 |
Italien | 4 |
Übrige | 42 |
Im Gegensatz zur Inlandsnachfrage gingen die polnischen Exporte von Kosmetika während der Coronapandemie 2020 und 2021 nicht zurück, sondern legten sogar zu. Einschließlich Körperpflegemittel erreichten die Ausfuhren 2021 laut Bank Pekao SA, Santander Bank Polska und dem Branchenverband KosmetyczniPL 4,25 Milliarden Euro. Dabei dominieren Pflegepräparate wie Cremes mit 36 Prozent, gefolgt von Körperpflegemitteln und Kosmetika für die persönliche Hygiene (23 Prozent), Düften (16 Prozent), Haarpflegemitteln (14 Prozent) und dekorativer Kosmetik (11 Prozent).