Special | Portugal | Beschaffung
"Deutschland ist der Exportmarkt Nummer drei und wächst ständig"
Der Vizepräsident des Fachverbandes AIMMAP, Rafael Campos Pereira, spricht im Interview über die Lage des portugiesischen Metallsektors und sein Potenzial als Beschaffungsmarkt.
26.06.2023
Von Oliver Idem | Madrid
Portugiesische Metallunternehmen beliefern Kunden wie Bosch, Siemens, Volkswagen oder Mercedes-Benz. Der Fachverband AIMMAP vermarktet den Sektor unter der Marke Metal Portugal. Vice-Presidente Executivo Rafael Campos Pereira erläutert im Interview mit GTAI die Stärken der Unternehmen und warum er sie auch vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit für gut aufgestellt hält.
Dies ist ein eingebettetes Bild | © Paulo DuarteHerr Campos Pereira, wie groß sind die Unternehmen der portugiesischen Metallbranche und wo findet man sie?
Die meisten Unternehmen sind von kleiner bis mittlerer Größe. Obwohl die Vielfalt an Produkten und Dienstleistungen sehr breit ist, sind die einzelnen Unternehmen stark spezialisiert in ihrem Fachgebiet.
Der Fachverband AIMMAP vereint Mitglieder in ganz Portugal und fördert deren Internationalisierung. Geografisch gesehen sind die meisten im Norden und im Zentrum angesiedelt. Drei Zentren mit höherer Dichte stellen die Bezirke Porto, Aveiro und Braga dar.
Wie schätzen sie die Branchensituation kurz- und mittelfristig ein?
Die Aussichten für das Jahr 2023 sind verhalten angesichts der großen Ungewissheit, insbesondere im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine. Steigende Zinssätze, steigende Inflation, Schwierigkeiten bei der Einstellung von Arbeitskräften und die Instabilität der Energie- und Rohstoffpreise werden die industrielle Tätigkeit mit Sicherheit beeinträchtigen.
Dennoch glaube ich, dass der Sektor in den nächsten fünf Jahren auf traditionellen Märkten und in neuen Regionen weiter sehr stark wachsen wird. Die Strategie hierfür besteht darin, in einer zunehmend kreislauforientierten Wirtschaft die ökologische und soziale Nachhaltigkeit immer stärker zu berücksichtigen.
Welche Rolle spielt der Export für Metal Portugal?
Für die Exporte war 2022 das beste Jahr aller Zeiten mit einem Wert von 23.080 Millionen Euro. Der Sektor steht an der Spitze der Investitionen in Technologie, Ausbildung, Innovation und Design.
Die Unternehmen exportieren hauptsächlich Produkte mit hohem Mehrwert, wie Produktionstechnologien und technische Teile. Die Zweige, die am meisten zum Wachstum der Exporte beigetragen haben, waren die Metallurgie, Metallerzeugnisse und Maschinen und Ausrüstungen sowie Transportmaterial.
Ihre große Produktionselastizität befähigt die Unternehmen, kleine Serien mit hoher Qualität und Mehrwert zu wettbewerbsfähigen Preisen zu produzieren. Im Ergebnis sind die Exporte in die reiferen Märkte und in neue Regionen außerhalb der EU erheblich gestiegen. Es scheint, dass der Sektor die Kühnheit der portugiesischen Seefahrer symbolisiert.
Wie relevant ist der deutsche Markt für Ihre Branche?
Der deutsche Markt ist für die metallurgische und metallverarbeitende Industrie der drittwichtigste Exportmarkt, und er ist ständig gewachsen. Im Jahr 2022 stiegen die Exporte der Branche nach Deutschland nominal um rund 23 Prozent.
Angesichts des Anspruchsniveaus und der Nachfrage in Deutschland sind wir optimistisch für die Zukunft. Es zeigt sich, dass deutsche Kunden auf die Qualität unserer Dienstleistungen und Produkte vertrauen. Schließlich sind portugiesische Unternehmen seit langem zuverlässige und angesehene Lieferanten von Bosch, Siemens, Volkswagen oder Mercedes-Benz und vielen anderen.
Vor allem Produktionstechnologien, Maschinen und Anlagen sowie Metallerzeugnisse sind neben der Automobilindustrie Bereiche, in denen sich das Angebot der portugiesischen Metallurgie- und Metallbearbeitungsbranche auszeichnen kann.
Welche Eigenschaften nehmen Sie als Wettbewerbsvorteile besonders wahr?
Die Unternehmen von Metal Portugal sind sehr resilient und zuversichtlich. Diese Eigenschaften führen zu wichtigen Investitionen in Innovation, Technologie und Wissen. Die Unternehmen sind somit in der Lage, qualitativ hochwertige Produkte auf den Weltmarkt zu bringen, und das zu einem ausgezeichneten Preis-Leistungs-Verhältnis.
Neben der Qualität und der Technologie steht auch die Nachhaltigkeit im Fokus. Diese Themen werden von übergreifenden Zertifizierungen weitgehend abgedeckt, die die Unternehmen des Sektors seit langem vorlegen. Wir sprechen hier von ISO 14001 auf Umweltebene, ISO 9001 für Qualität, ISO 45001 für Sicherheits- und Gesundheitsmanagementsysteme am Arbeitsplatz oder ISO 50001 für Energiemanagementsysteme.
Damit sind unsere Mitglieder sehr gut positioniert vor dem Hintergrund der deutschen Gesetzgebung zu Lieferketten, die neue ethische und ökologische Regeln für große deutsche Unternehmen und folglich für Lieferanten in Portugal festlegt. Auch die Ausgangslage für die geplante europäische Sorgfaltspflicht-Richtlinie, die 2026 in Kraft treten soll, ist günstig.
Wie sieht es mit der Auslastung der Unternehmen und neuen Kapazitäten aus?
Die Unternehmen investieren systematisch, um ihr technologisches Niveau und ihre Produktionskapazitäten zu erhöhen, aber diese Aktivitäten brauchen Zeit. Darüber hinaus ist der Sektor mit einem Mangel an verfügbaren Arbeitskräften konfrontiert, der durch die Einschränkungen der Pandemiekrise auf dem Arbeitsmarkt noch verstärkt wurde. Zudem gibt es derzeit noch nicht gelöste Schwierigkeiten in den Lieferketten.
Unsere Mitgliedsunternehmen nutzen einen Großteil ihrer Kapazitäten, um die Nachfrage zu befriedigen. Sobald es ihnen möglich ist, werden sie ihre Produktionskapazitäten ausbauen.
Welche Rolle spielt die Teilnahme an internationalen Branchenveranstaltungen?
AIMMAP hat seit mehr als 20 Jahren Initiativen wie die kollektive Teilnahme von Metal Portugal gefördert. Bei der wichtigsten Weltmesse für Industrie und Technologie war Portugal bekanntlich Partnerland im Jahr 2022. Ich habe keinen Zweifel daran, dass die wiederholte Teilnahme an dieser Veranstaltung eine wichtige Startrampe auf dem deutschen Markt war.
Daher bin ich sicher, dass unsere Mitgliedsunternehmen auch 2023 und in den folgenden Jahren wichtige Aufträge gewinnen werden. Mittel- und langfristig wird die Teilnahme an den verschiedenen Initiativen sicherlich Aufträge in Höhe von Hunderten von Millionen Euro bedeuten.