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Japan punktet bei Beschaffung mit Qualität
Japan bietet als große Industrienation viele Produkte, die dort beschafft werden können. Attraktiv ist die Kombination aus hoher Qualität und zurzeit oft moderaten Preisen.
16.12.2024
Von Frank Robaschik | Tokyo
- Qualität und Zuverlässigkeit sind die größten Stärken
- Autonation Japan bietet Kfz-Teile
- Japan ist stark bei Elektronikteilen
- Chemieindustrie liefert vor allem Spezialchemikalien
- Spezielle Metalle und Metallerzeugnisse im Angebot
- Auch andere Bereiche kommen für Beschaffung in Japan in Frage
- Nur geringe Englischkenntnisse in japanischen Firmen
Japan zählt seit Langem zu den größten Industrieländern weltweit. Im Jahr 2023 war es die viertgrößte Volkswirtschaft der Erde und der fünftgrößte Exporteur von Waren.
Angesichts hoher Kosten stand Japan lange nicht im Fokus der Einkaufsabteilungen deutscher Firmen. Die Produktpreise haben sich mit der derzeitigen Yen-Schwäche jedoch relativiert. Gleichzeitig suchen Einkäufer in Unternehmen nach Alternativen zu China. Das rückt Japan wieder stärker in den Fokus. Dank des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Japan können industrielle Güter mit japanischem Ursprung in der EU und damit auch in Deutschland zollfrei importiert werden.
Qualität und Zuverlässigkeit sind die größten Stärken
Japan ist jedoch kein Billiglohnland. Wenn bei der Beschaffung primär der Preis im Vordergrund steht, kommen japanische Anbieter in der Regel nicht zum Zug. Japan ist vor allem dann interessant, wenn Qualität gefragt ist. Zudem gelten japanische Lieferanten in puncto Liefertreue als zuverlässig. Auch die Logistik im Land funktioniert gut.
Interessante Vorprodukte gibt es vor allem dort, wo Japan bei den Enderzeugnissen stark ist. Zu diesen Branchen zählen die Kfz-Industrie, der Maschinenbau, die chemische Industrie, die Elektronik-, die Elektrotechnik- und die Metallindustrie und die Herstellung optischer Instrumente und Kameras sowie technischer Textilien.
Autonation Japan bietet Kfz-Teile
Japan produziert mehr als doppelt so viele Autos wie Deutschland. Entsprechend groß ist die Zulieferindustrie. Zwar sind die Firmen vor allem Zulieferer für japanische Firmen im In- und Ausland. Dennoch beschaffen auch deutsche Firmen in Japan Kfz-Teile. Das Land liefert Produkte und Teile nach Deutschland wie Zündkerzen, Schaltgetriebe, Reifen, Batterien, Aufhängesysteme, Kupplungen, Airbags und Motorenteile.
Einige deutsche Zulieferer produzieren sogar in Japan. Beispielsweise fertigt Bosch in Japan Teile für Bremssysteme, Sensoren und Teile für Einspritzsysteme für Dieselmotoren. Mahle stellt auf der Insel unter anderem Filter, Kolben für Dieselmotoren und Klimasysteme her.
Japan ist stark bei Elektronikteilen
Die Position als weltgrößter Produzent von Halbleitern hat Japan schon vor längerer Zeit verloren. Dennoch hält das Land in der Endfertigung hohe Weltmarktanteile bei Bildsensoren, Leistungshalbleitern, NAND-Speichern und Microcontroller-Units. Nach Deutschland liefert Japan etwa Transistoren und Kondensatoren, vor allem mehrschichtige Keramikkondensatoren, sogenannte MLCC, und Aluminium-Elektrolytkondensatoren. Hinzu kommen Microcontroller-Units, lichtempfindliche Halbleiterelemente, Flachbildschirmmodule, LEDs und piezoelektronische Kristalle. Generell ist Japan in der Sensorik stark, was es hier interessant für die Beschaffung macht.
Daneben ist das Land ein großer Hersteller von Elektrotechnik. Deutschland kauft vor Ort etwa Schalt- und Steuerungstechnik, Stromrichter, andere Drossel- und Selbstinduktionsspulen, Batterien und Akkumulatoren sowie Elektromotoren und elektrische Generatoren.
Chemieindustrie liefert vor allem Spezialchemikalien
Bei Chemikalien und Kunststoffen haben japanische Firmen in einzelnen Segmenten hohe Anteile an Deutschlands Importen. So stand Japan 2023 für rund 31 Prozent der von Deutschland eingeführten Chemikalien für die Elektronikindustrie.
Bei Nukleinsäuren und ihren Salzen liegt dieser Anteil bei 26 Prozent und bei Cellulose in Primärformen bei 29 Prozent. Bei Chemikalien für fotografische Zwecke beträgt er sogar 56 Prozent. Deutschland bezieht aus Japan auch Karbonfasern, Kunststoffplatten und -folien, synthetischen Kautschuk sowie Fluorelastomere und andere fluorierte Polymere.
Spezielle Metalle und Metallerzeugnisse im Angebot
Bei Metallen und Metallerzeugnissen importiert Deutschland aus Japan unter anderem Werkzeuge, Titan und Waren daraus, Schrauben und Muttern, Rollenketten und -teile vor allem für Fahrräder, Mopeds und Krafträder. Hinzu kommen Flacherzeugnisse aus Eisen, Walzdraht, Nickelbleche, -bänder und -folien, Drähte sowie Rohrform-, -verschluss- und -verbindungsstücke aus Kupfer. Höhere Anteile an den deutschen Einfuhren hat Japan daneben etwa bei Draht aus Schnellarbeitsstahl, Walzdraht aus Mangan-Silizium-Stahl und Drähten aus Wolfram.
Im Maschinenbau liefert Japan vor allem Pumpen und Kompressoren, Maschinen zur Fertigung von Halbleitern, Werkzeugmaschinen, Antriebstechnik (Lager, Wellen und Kurbeln) sowie Baumaschinen. Bei den Halbleitermaschinen entfiel 2023 rund ein Viertel der deutschen Einfuhren auf Japan. Bei Industrierobotern betrug der Anteil 32 Prozent.
Auch andere Bereiche kommen für Beschaffung in Japan in Frage
So exportierte Japan 2023 Fahrradteile im Wert von mehr als 200 Millionen US-Dollar nach Deutschland. Schwerpunkte waren Fahrradbremsen, Naben und Kurbelgarnituren. Weitere interessante Bereiche für Beschaffungen aus Japan sind etwa optische Erzeugnisse, technische Textilien und Flugzeugteile. Zudem gibt es in Japan immer wieder neue technologische Entwicklungen, beispielsweise bei Wasserstoff, Quantencomputern oder in der Telekommunikation. Insgesamt lag Japan bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung 2022 weltweit auf Rang 3.
Nur geringe Englischkenntnisse in japanischen Firmen
Ein Problem in der Zusammenarbeit mit japanischen Firmen sind oft fehlende Englischkenntnisse. Das ist insbesondere bei kleineren Firmen häufig der Fall. Zudem müssen in Japan Beziehungen immer aktiv aufgebaut werden. Das kostet Zeit. In der Regel ziehen japanische Partner jedoch eine langfristige Geschäftsbeziehung einem einmaligen, schnellen Geschäft vor.
Wünschen Kunden Änderungen in einem etablierten Produktionsverfahren, dann sind diese in Japan schwieriger durchzusetzen als etwa in China oder Südkorea. Auch wenn japanische Produkte für ihre gute und gleichbleibende Qualität bekannt sind, sind Qualitätskontrollen und Maßnahmen zur Sicherung der Qualität wichtig. Das raten Branchenkenner.