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Branche kompakt | Saudi-Arabien | Medizintechnik

Branchenstruktur

Der Staatssektor ist im Gesundheitswesen der dominierende Akteur. Aber private Investoren sollen übernehmen. Eine Ausweitung der lokalen Medizintechnikproduktion wird angestrebt.

Von Robert Espey | Dubai

Der Staat finanziert den Großteil der Gesundheitsausgaben. Die Weltbank gibt für 2021 (jüngste Daten) den staatlichen Anteil an den gesamten Gesundheitskosten mit 77 Prozent an. Auf die Leistungen privater Krankenversicherungen entfallen 13 Prozent, auf Eigenanteile der Patienten (Out of Pocket) 10 Prozent.

Nach den Plänen der Regierung soll das Gesundheitssystem bis 2030 weitgehend privatisiert sein. Viele bestehende staatliche Krankenhäuser und Gesundheitszentren sollen von privaten Betreibern übernommen werden. Neue Projekte sollen möglichst von privaten Investoren durchgeführt beziehungsweise auf PPP-Basis (Private Public Partnership) realisiert werden.

Rahmendaten zum Gesundheitssystem in Saudi-Arabien

Indikator

Wert

Einwohnerzahl (Jahresmitte 2023, in Millionen) 1)

33,4

Bevölkerungswachstum (2023, in Prozent) 1) 2)

3,7

Altersstruktur der Bevölkerung (2022, Zensus Daten)

 

 Anteil der unter 15-Jährigen (in Prozent)

24,5

 Anteil der über 64-Jährigen (in Prozent)

2,7

Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt (2022, in Jahren, nur Einheimische)

77,9

Durchschnittseinkommen (2023, in US-Dollar, Schätzung)

31.422

Gesundheitsausgaben pro Kopf (2021, in US-Dollar)

1.442

Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP (2021, in Prozent)

6,0

Ärzte/100.000 Einwohner (2023)

335

Zahnärzte/100.000 Einwohner (2023)

77

Pflegepersonal/100.000 Einwohner (2023)

629

Krankenhausbetten/100.000 Einwohner (2023), davon

240

 privat

55

 öffentlich

185

1 Schätzungen; 2 hohes Wachstum durch Arbeitskräftezuwanderung.Quelle: General Authority for Statistics 2024; Ministry of Health 2024; World Bank (World Development Indicators; 2024)

Privatisierungserfolge bislang noch begrenzt

Seit 2017 können auch Gesundheitseinrichtungen zu 100 Prozent in ausländischer Hand sein. Dadurch erhofft sich das Ministry of Investment (MISA) ein verstärktes Engagement internationaler Investoren. Interessierten ausländischen Unternehmen präsentiert das Ministerium zahlreiche mögliche Projekte. Die Vorschläge reichen vom Bau neuer Kinderkrankenhäuser über Polykliniken bis zur Errichtung ganzer "Medical Cities".

Die erste Privatisierung einer staatlichen Gesundheitseinrichtung konnte 2020 realisiert werden. Die 1970 gegründete Saudia Medical Services Company (SMS) wurde von der Dr. Soliman Abdel Kader Fakeeh Hospital Company übernommen. Die SMS versorgt über 140.000 Mitarbeiter (und deren Angehörige) der staatlichen Saudi Arabian Airline (Saudia; einschließlich Tochterunternehmen). Die Fakeeh Care Gruppe ist ein führender privater saudi-arabischer Anbieter von Gesundheitsdienstleistungen.

Für das Privatisierungsprogramm ist das 2017 gegründete National Center for Privatization & PPP (NCP) zuständig. Die Erfolge der NCP-Bemühungen sind aber noch begrenzt. Lediglich vier Gesundheitsprojekte sind bislang abgeschlossen worden. Dazu gehören das Al Ansar Hospital in Medinah (244 Betten) und das Radiology and Medical Imaging Services Project zur Versorgung von Krankenhäusern in Riad.

Im Januar 2022 hatte das NCP interessierte Firmen aufgefordert für das damals noch im Bau befindliche SABIC Behavioral Care Specialist Hospital (150 Betten und ambulante Behandlungsangeboten) EOI (Expression of Interest) abzugeben. Ende 2022 wurden fünf Unternehmen/Konsortien als Betreiber präqualifiziert: Bahwan Services & Trading Company, Dallah Health Company Alliance, Henry Ford Health Systems Alliance, Medical Specialist Company Alliance und die University of California San Diego Alliance. Informationen zum aktuellen Stand des Vergabeverfahrens liegen nicht vor.

Bei zwei weiteren NCP-Projekten gibt es ebenfalls wenig Bewegung. Ende 2021 wurde der EOI-Prozess für zwei Medical Cities gestartet. Es geht um die King Faisal Medical City (2. Phase; 1.024 Betten) in Abha und die Prince Mohammad bin Abdul Aziz Medical City (2. Phase; 442 Betten) in Sakaka.

Krankenversicherungspflicht im Privatsektor

Für Beschäftigte des Privatsektors besteht eine Krankenversicherungspflicht. Nach Angaben des staatlichen Council of Cooperative Health Insurance waren Mitte 2024 im Privatsektor 12,7 Millionen Beschäftigte und ihre Angehörigen versichert. Der Anteil der Ausländer lag bei 8,4 Millionen. Für die nicht pflichtversicherten, vor allem im Staatssektor beschäftigten Saudi-Araber sowie die relativ wenigen staatlich beschäftigten Ausländer und deren Angehörige übernimmt der Staat die Gesundheitskosten.

Auf den Staat entfallen rund 19 Prozent der Gesamtbeschäftigung des Landes. Im öffentlichen Sektor arbeiten etwa 49 Prozent der Einheimischen, bei den Ausländern sind es weniger als 3 Prozent.

Lokale Medizintechnikproduktion soll steigen

Der Markt für medizintechnische Geräte und Ausrüstungen wird im Wesentlichen durch Importe versorgt. Zu den wichtigen ausländischen Anbietern gehören unter anderem GE Healthcare, Siemens Healthineers, Philips Healthcare, Roche, Medtronic, Abbott Laboratories, Boston Scientific, St. Jude Medical, Johnson & Johnson, Fresenius Medical, Gambro und Beckman Coulter.

Importe ausgewählter Medizinprodukte nach Saudi-Arabien und Anteil aus Deutschland 2023in Millionen US-Dollar; Anteil in Prozent

HS 1)

Bezeichnung

Import

Anteil Import aus Deutschland 2)

90.18

Medizinische Instrumente, Apparate und Geräte

1.625

16,4

90.18 13

Magnetresonanzgeräte

31

48,4

90.18 19

Elektrodiagnoseapparate und -geräte

256

30,1

90.18 39

Nadeln, Katheter, Kanülen für medizinische Zwecke

347

5,5

90.18 49

Zahnärztliche Instrumente, Apparate und Geräte

68

25,0

90.18 50

Geräte für augenärztliche Zwecke

59

18,6

90.18.90

Medizinische, chirurgische Instrumente, a.n.g.

708

16,8

90.19

Apparate für Mechanotherapie, Massageapparate

85

12,9

90.20

Andere Atmungsapparate und -geräte, Gasmasken

24

16,7

90.21

Orthopädische Vorrichtungen, Prothesen

434

8,3

90.22

Röntgenapparate, Geräte für Strahlentherapie

170

23,5

1 es liegen für die saudi-arabischen Einfuhren nur HS-Daten vor; 2 Daten der saudi-arabischen Statistikbehörde zu Einfuhren aus Deutschland sind nicht verfügbar. Die Angaben zum deutschen Anteil basieren auf Destatis Exportdaten.Quelle: General Authority for Statistics (2024), Destatis (2024)

Nach Angaben der für den Industriesektor zuständigen staatlichen Wirtschaftsförderungsgesellschaft (Industrial Investment Attraction & Industrial Development Organization/Industrial Clusters) gab es 2022 etwa 45 lokale Medizintechnikhersteller, die einen geschätzten Marktanteil von 6 Prozent hatten.

Der Organisation zufolge entfallen etwa 40 Prozent der saudi-arabischen Medizintechnikproduktion auf Verbrauchsartikel aus Plastik. Andere Produkte sind unter anderem chirurgische Instrumente, Reinigungsmittel und Lösungen, In-vitro-Diagnostika, Krankenhausmöbel sowie Produkte für die Dentalmedizin und die Ophthalmologie.

Saudi-Arabien: Führende lokale Branchenunternehmen

Unternehmen

Produkte (Auswahl)

Saudi Mais Company for Medical Products

Verbrauchsartikel

National Medical Products Company (DAMAD)

Verbrauchsartikel

United Medical Industries Company (Unimed)

Verbrauchsartikel

Arabian Medical Products Manufacturing Company (Enaya)

Verbrauchsartikel

Al Shifa Medical Syring Manufacturing Company

Spritzen, Verbrauchsartikel

Jamjoom Medical Solutions

Verbrauchsartikel

Kol Alhemaya Factory for Medical Products

Desinfektionsmittel, Infektionsschutzprodukte

Saudi Pharmaceutical Industries & Medical Appliances Corporation (SPIMACO)

Verbrauchsartikel, Pharmazeutika

Pharmaceutical Solutions Industry

Lösungen, Verbrauchsartikel

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2024

Die saudi-arabische Strategie, bei Medizintechnik die heimische Produktion kontinuierlich zu steigern, könnte mittelfristig auch bei technologisch anspruchsvolleren medizinischen Geräten zu einer wachsenden lokalen Wertschöpfung führen. Die ausländischen Hersteller müssen sich darauf einstellen, dass ein reines Liefergeschäft schwieriger werden dürfte und durch verschärfte "Local Content" Vorschriften zunehmend Druck ausgeübt wird.

Die vom MISA im Medizintechnikbereich vorgeschlagenen Investitionsprojekte beziehen sich unter anderem auf die lokale Produktion von Ultraschalldiagnosegeräten, Prothesen, orthopädischen Apparaten, Infusionssystemen und -pumpen, Glukose-Überwachungsapparaten, Anästhesieausrüstungen, Spektroskopiegeräten, Defibrillatoren, Ophthalmoskopen, Transfusionsgeräten, intravenösen Kathetern, Zahnarztstühlen, Zahnfüllungen, Kontaktlinsen, Spritzen und Krankenhausmöbeln.

Das MISA weist darauf hin, dass als Vorstufe zur lokalen Herstellung mit einer Montage in Saudi-Arabien begonnen werden könnte. Im Land hergestellte Medizintechnik wird bei staatlichen Ausschreibungen bevorzugt. Vielfach dürfen die Produkte um bis zu 10 Prozent teurer sein als die Importkonkurrenz.

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