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Wirtschaftsausblick | Schweden

Schwedens Wirtschaft erholt sich langsamer als erhofft

Pragmatische Lösungsansätze und zielgerichtete Maßnahmen der Regierung beginnen erste Früchte zu tragen. Trotzdem ist der Ausblick für Schwedens Wirtschaft getrübt.

Von Judith Illerhaus | Stockholm

Wirtschaftsentwicklung: Geringes Wachstum erwartet

Über eine leicht positive Entwicklung der schwedischen Wirtschaft sind sich die gängigen Institutionen einig. Je nach Quelle schwankt der Zuwachs des Bruttoinlandsproduktes (BIP) für das laufende Jahr 2024 zwischen 0,2 Prozent laut EU-Kommission und 0,7 Prozent laut schwedischer Regierung.

Die aktuellen Zinssenkungen der schwedischen Riksbank auf derzeit 3,75 Prozent sorgen für leichte Entspannung. Erst kürzlich haben sich Ministerpräsident Ulf Kristersson und die Finanzministerin Elisabeth Svantesson verhalten positiv zur derzeitigen wirtschaftlichen Entwicklung geäußert. Im Rahmen einer Pressekonferenz am 4. Juni 2024 konstatierten sie, dass viele Zeichen auf eine schrittweise niedrigere Inflation hindeuten. Nicht zuletzt haben auch die gesunkenen Rohstoff- und Energiepreise geholfen, den Preisindex zu stabilisieren.

Nichtsdestotrotz ist die konjunkturelle Lage angespannt: Mit einer Arbeitslosenquote von 8,4 Prozent und einer Inflationsrate von 3,7 Prozent im Mai 2024 liegen Schwedens Kennzahlen deutlich über dem europäischen Durchschnitt. Auch das von der schwedischen Regierung gesetzte Inflationsziel von 2 Prozent wird nicht erreicht. Zudem hemmt der Angriffskrieg auf die Ukraine das wirtschaftliche Wachstum.

Die schwedische Regierung handelt

Mit einer neuen Handelsstrategie, die im Dezember 2023 verkündet wurde, will die Regierung der Wirtschaft zu mehr Wachstum verhelfen. Durch gesteigerte Exporte und eine verstärkte Präsenz schwedischer Unternehmen im Ausland soll das Königreich als vorrangiger Partner für den grünen und digitalen Wandel wahrgenommen und in seiner Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden. Die Strategie sieht verschiedene Maßnahmen vor - unter anderem soll eine Produktivitätskommission eingesetzt werden. Aber auch die Aktualisierung diverser nationaler, branchenspezifischer Strategien sind Teil des Ansatzes. Die Regierung plant die angestrebten Ziele bis 2030 erreichen.

Auch die Benennung zweier Industriekoordinatoren auf Regierungsseite zeugt vom staatlichen Engagement, die noch immer andauernde Krise hinter sich zu lassen. Das neu eingerichtete Büro zur Beschleunigung des grünen Wandels soll die Transformation der Industrie und große Unternehmensinvestitionen erleichtern - unter anderem durch die Koordination zwischen öffentlichen und privaten Akteuren bei Zielkonflikten rund um die grüne Transformation. Das neue Accelerator-Büro soll nationale und EU-weite Finanzierungsformen prüfen, das Investitionsumfeld in Schweden verbessern und private Investitionen mobilisieren. 

Schwaches Konsumentenverhalten bleibt eine Herausforderung

Vorzeitige Zinssenkungen der Riksbank um 0,25 Prozent auf aktuell 3,75 Prozent, eine zaghaft sinkende Inflation sowie steigende Löhne sollten die wirtschaftliche Situation der privaten Haushalte sukzessive verbessern. Nichtsdestotrotz werden die hochverschuldeten schwedischen Haushalte auch im Jahr 2024 mit den bedeutenden Zinsausgaben zu kämpfen haben. Das bremst die Kaufkraftentwicklung, den privaten Konsum und somit voraussichtlich auch die Wohnungsbauinvestitionen. 

Top-Thema: Die Abwärtsspirale des Bausektors hält vorerst an

Die Bauwirtschaft bleibt Schwedens Sorgenkind. Im vergangenen Jahr 2023 gab es so viele Unternehmensinsolvenzen wie noch nie. Laut Tillväxtanalys, der schwedischen Behörde für Wachstumspolitik, stiegen die Insolvenzen in der Bauindustrie um 37 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bedeutend an. Während zwischen 2009 und 2022 die jährliche Anzahl der Insolvenzen bei etwa 1.000 bis 1.200 lag, wurden 2023 etwa 1.700 Unternehmenspleiten gemeldet. Der Trend scheint ungebremst: Laut Experten sind von Januar bis April 2024 rund 784 Bauunternehmen pleite gegangen, während es im Vorjahreszeitraum 492 waren.

Für 2024 prognostiziert der Verband der schwedischen Bauindustrie, Byggföretagen, einen weiteren Rückgang im Wohnungsbau um 15 Prozent. Für 2025 rechnet man aber mit einem leichten Aufschwung um 5 Prozent, nicht zuletzt aufgrund sinkender Zinsen und steigender Immobilienpreise sowie mehr verfügbarem Realeinkommen. Besonders stark werden die Veränderungen dem Verband nach im Segment der Neubauten zu spüren sein: Während die Prognose für 2024 einen Rückgang um 34 Prozent vorsieht, rechnet man für 2025 mit einem Zuwachs um 12 Prozent.

Deutsche Perspektive: Weiterhin enge Wirtschaftsverbindungen

Trotz konjunktureller Schwierigkeiten in beiden Ländern bleibt der deutsch-schwedische Handel weiterhin stabil. Deutschland ist unangefochten Schwedens Handelspartner Nummer 1. Insgesamt stammten 2023 knapp 17 Prozent aller Importe aus Deutschland. Knapp 11 Prozent aller schwedischen Exporte gingen in die Bundesrepublik. Aus Unternehmenskreisen hört man, dass Wechselkursschwankungen eine ernstzunehmende Erschwernis im Handel und Vertrieb seien. Seit einiger Zeit stehen die Schwedinnen und Schweden jedoch positiver zum Euro, auch wenn eine Einführung nicht zur Debatte steht. Innerhalb von zwei Jahren ist die Unterstützung für die EU-Währung von 23 auf 34 Prozent gestiegen, so das schwedische Statistikamt. 

Während der Fabrikbau des schwedischen Batterieherstellers Northvolt im norddeutschen Heide voranschreitet, strauchelt das Unternehmen in seiner Heimat. Laut eines Interviews in Schwedens Wirtschaftszeitung Dagens Industri waren die ersten neun Monate des Jahres 2023 mit einem Minus von umgerechnet knapp 1 Milliarde Euro ein massiver Verlust für das Unternehmen. Unter anderem sei die unerwartet deutlich schneller sinkende Nachfrage nach Autobatterien ein Teil des Problems.

Für den deutschen Windkraftanlagenbauer Skyborn Renewables hingegen sieht es besser aus. Erst kürzlich hat er sich bei der schwedischen Regierung um den Bau von Schwedens nördlichstem Offshore-Windpark beworben.

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