Branche kompakt | Slowakei | Bauwirtschaft
Branchenstruktur
Das Baugeschehen in der Slowakei ist ungleich verteilt, die Hauptstadtregion Bratislava dominiert. Viele ausländische Konzerne sorgen für einen intensiven Wettbewerb.
13.11.2024
Von Gerit Schulze | Bratislava
Die Baubranche gehört zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen in der Slowakei. Ihr Anteil am Bruttoinlandsprodukt erreichte 2023 fast 8 Prozent. Laut Statistikamt waren Mitte 2024 rund 27.600 Unternehmen im Baugewerbe tätig. Hinzu kommen über 100.000 selbständige Bauunternehmer, bei denen es sich häufig um Bauhandwerker mit Gewerbeschein handelt.
Die meisten Baufirmen sind sehr klein mit weniger als 50 Beschäftigten. Nur rund 150 Unternehmen haben zwischen 50 und 249 Mitarbeitende. Immerhin 14 Baufirmen kommen auf 250 und mehr Beschäftigte.
Jede vierte Baufirma sitzt in Bratislava
Etwa ein Viertel der Baufirmen hat ihren Sitz im Bezirk Bratislava. Im Großraum der Hauptstadt finden auch die meisten Bauaktivitäten statt. Laut Statistikamt entfielen 2022 auf Bratislava und sein Umland rund 27 Prozent der Bauproduktion (1,7 Milliarden Euro). Die meisten anderen Regionen des Landes kommen auf ein Volumen zwischen 500 Millionen und 700 Millionen Euro. Nur in Žilina und Prešov liegen die Bauleistungen deutlich höher. Das liegt vor allem an großen Infrastrukturbauten wie den Ausbau der Autobahn D1 in diesen Regionen.
Auch im Wohnungsbau sind die Hauptstadt und ihr Speckgürtel führend. Von den 80.000 Wohnungen, die sich Ende 2022 landesweit im Bau befanden, entfielen rund 16.000 auf den Bezirk Bratislava. Die Regionen Žilina und Trnava lagen mit rund 13.000 Wohnungen aber nicht weit entfernt davon. Nur halb so viel Wohnungen entstehen in den Bezirken Banská Bystrica und Košice.
Ausländische Akteure spielen wichtige Rolle
Sowohl bei der Bauausführung als auch bei der Produktion von Baustoffen sind viele ausländische Konzerne im Markt aktiv. Umsatzstärkstes Bauunternehmen war 2023 die slowakische Tochter von Strabag. Beim Bau großer Infrastrukturprojekte kommen aber auch einheimische Unternehmen häufig zum Zuge. Bekannte Firmen sind Doprastav und Váhostav. Das Ranking ändert sich häufig, da Aufträge für Infrastrukturprojekte wie den Višňové-Tunnel an der Autobahn D1 für große Verschiebungen beim Umsatz sorgen.
Bei komplizierten und umfangreichen Projekten schließen sich einheimische und ausländische Baufirmen oft zu Konsortien zusammen, um ihre Stärken zu bündeln.
Als wichtiger Generalübernehmer in der Slowakei hat sich die japanische Takenaka etabliert. Sie wickelt dort über ihre deutsche Tochterfirma schlüsselfertige Projekte für die Industrie ab, unter anderem die Werke von Kia, Sony und Mobis. Aktuell betreut Takenaka den Bau der Volvo-Fabrik bei Košice.
Unternehmen | Sparte | Umsatz 2023 |
---|---|---|
Danucem Slovensko | Zement, Beton und andere Baustoffe | 309,4 |
Strabag | Infrastrukturbau, Asphalt und Beton | 259,4 |
Doprastav | Tiefbau, Hochbau, Wasserbauten | 246,1 |
Eurovia SK | Infrastrukturbau, Hochbau, Wasserbauten | 174,6 |
Skanska SK | Tiefbau, Hochbau | 156,0 |
Váhostav | Infrastrukturbau, Industriebauten, Wasserbauten | 137,9 |
Carmeuse Slovakia | Asphalt, Beton, sonstige Baustoffe | 108,6 |
Metrostav Slovakia | Hochbau, Industriebauten | 108,4 |
TSS Grade | Infrastrukturbau | 100,7 |
Colas Slovakia | Infrastrukturbau | 100,6 |
Bauhandwerker händeringend gesucht
Zu den großen Hemmnissen des Baugewerbes gehört der angespannte Arbeitsmarkt. Im September 2024 gab es über 18.000 offene Stellen für qualifizierte Handwerker wie Maurer, Fliesenleger oder Tischler. Dem standen nur 7.000 Erwerbslose aus diesen Berufsgruppen gegenüber.
Die Nominallöhne in der Bauwirtschaft waren 2022 und 2023 jeweils zweistellig gewachsen. Auch 2024 legen sie weiter zu und erreichten zur Jahresmitte einen Durchschnittswert von 1.040 Euro pro Monat. Insgesamt zählte die Branche 2023 rund 270.000 Beschäftigte.
Baustoffhersteller leiden unter hohen Energiepreisen
Die Produktion von Baumaterialien war 2023 in vielen Sparten zurückgegangen. Das hing neben der Nachfrageschwäche auch mit den hohen Energiepreisen zusammen, die eine Herstellung unrentabel machte. Wichtige Hersteller wie Saint-Gobain mit drei Werken in der Slowakei oder der Fensterprofilhersteller Slovaktual verzeichneten zweistellige Umsatzrückgänge. Beim Ziegelhersteller Wienerberger in Zlaté Moravce sind die Umsätze laut Wirtschaftszeitschrift Trend sogar um 47 Prozent und der Reingewinn um 83 Prozent eingebrochen. Dagegen konnte sich der größte Zementhersteller Danucem (gehört zur irischen CRH Holding) gut behaupten und seine Umsätze sogar steigern.
PRODSLOV-Kategorie *) | 2023 | Veränderung 2023/2022 |
---|---|---|
08.11 Gewinnung von Naturwerksteinen und Natursteinen, Kalk- und Gipsstein, Kreide und Schiefer | 64,6 | -7,1 |
08.12 Gewinnung von Kies, Sand, Ton und Kaolin | 116,1 | 0,8 |
16.10 Säge-, Hobel- und Holzimprägnierwerke | 252,9 | -32,6 |
22.23 Herstellung von Baubedarfsartikeln aus Kunststoffen | 369,4 | -13,2 |
23 Herstellung von Glas und Glaswaren, Keramik, Verarbeitung von Steinen und Erden | 2.047,5 | -2,3 |
23.51.12.10.00 Herstellung von Portlandzement | 391,8 | 41,0 |
23.52 Herstellung von Kalk und gebranntem Gips | 151,5 | 25,3 |
23.61.11 Fliesen, Kacheln, Ziegelsteine | 138,2 | -20,8 |
23.63 Herstellung von Frischbeton (Transportbeton) | 163,2 | -14,9 |
23.64 Herstellung von Mörtel und anderem Beton (Trockenbeton) | 56,9 | -11,7 |
24.10 Erzeugung von Roheisen, Stahl und Ferrolegierungen | 6.639,6 | -19,2 |
24.42 Erzeugung und erste Bearbeitung von Aluminium | 474,8 | -42,9 |
24.44 Erzeugung und erste Bearbeitung von Kupfer | 29,1 | 7,0 |
25 Herstellung von Metallerzeugnissen | 4.791,7 | 1,5 |
25.12 Herstellung von Ausbauelementen aus Metall | 103,7 | -11,3 |
25.21 Herstellung von Heizkörpern und –kesseln für Zentralheizungen | 945,6 | -14,2 |
25.72 Herstellung von Schlössern und Beschlägen aus unedlen Metallen | 155,2 | -1,6 |