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Hochbau: Marktchancen für deutsche Produkte und Dienstleistungen
Elektronik und Baumaterialien, die die Energieeffizienz von Gebäuden fördern, werden auch in Mexiko immer stärker nachgefragt. Der LEED-Standard gewinnt weiter an Bedeutung.
Von Edwin Schuh | Mexiko-Stadt
Baustoffe müssen an klimatische Bedingungen angepasst werden
Deutsche Unternehmen berichten davon, dass es wichtig sei, die Produkte an den mexikanischen Markt anzupassen. Dies betrifft zum einen den Preis, der gerade im Massenmarkt eine wichtige Rolle spielt. Aber auch andere Faktoren müssen berücksichtigt werden. Dazu gehören die Klimaeigenschaften: Baumaterialien und -komponenten müssen im vergleichsweise warmen Mexiko weniger gegen Kälte schützen, dafür aber resistenter gegen UV-Strahlung und Hitze sein. So werden im Sommer in Nordmexiko Temperaturen von bis zu 50 Grad erreicht. Auch eine möglichst einfache Montage ist von Vorteil, da Handwerker teilweise nicht gut ausgebildet sind.
Käufer und Mieter im Premiumsegment sind in Mexiko durchaus an Energieeffizienz und Komfortangeboten wie einen guten Lärmschutz durch Doppel- oder Dreifachverglasung interessiert. Für die preisbewusste Kundschaft entwerfen die Projektentwickler hingegen nach wie vor Wohnangebote, die nahezu ohne Dämmmaterialien und Elektronik auskommen. Allerdings vergibt die nationale Wohnbaukomission Conavi (Comisión Nacional de Vivienda) inzwischen auch spezielle Kredite für Sozialwohnungen, um deren Energieverbrauch zu senken.
Nicht nur bei der Hardware gibt es Chancen auf dem mexikanischen Markt. Auch Architektur-, Installations- und Beratungsleistungen werden nachgefragt. Laut Branchenexperten fehlt es an gut ausgebildeten Handwerkern, die die Ausstattung entsprechend internationaler Standards installieren und warten können. So wird berichtet, dass Monteure teilweise Probleme bei der korrekten Installation von Solarpaneelen hätten. Darüber hinaus besteht in der mexikanischen Bauindustrie ein wachsendes Interesse an Software zur Gebäudedatenmodellierung (Building Information Modeling).
Nachfrage nach energieeffizienter Ausrüstung steigt
Der Gewerbebau wird ein immer wichtigerer Abnehmer von energieeffizienter Ausrüstung. Hotelgäste bevorzugen immer häufiger Ketten, die in die Nachhaltigkeit ihrer Unterkünfte investieren. Auch die Industrieparks achten nach Aussage des Branchenverbandes AMPIP (Asociación Mexicana de Parques Industriales Privados) verstärkt auf Nachhaltigkeit. So investieren verschiedene Immobilienentwickler, die in Mexiko unter der Rechtsform der FIBRA (Fideicomiso de Infraestructura y Bienes Raíces) agieren, in nachhaltige Gebäude. So will Fibra Monterrey bis 2025 mindestens 13 Gebäude nach dem LEED- oder EDGE-Standard zertifizieren lassen. Fibra Uno, mit 600 Immobilien der größte Entwickler Lateinamerikas, will bis 2030 den Stromverbrauch seiner Gebäude um 80 Prozent und den Wasserverbrauch um 60 Prozent senken.
Im Rahmen des grünen Bauens steigt die Nachfrage nach folgenden Produkten: Türen, Fenster, Parkettböden aus nachhaltigem Holz, umweltfreundliche Farben und Lacke, Energiesparlampen, energieeffiziente Haushaltsgeräte wie Kühlschränke, Klimaanlagen, Induktionsherde und Durchlauferhitzer, hocheffiziente Klimatechnik für Hotels, Krankenhäuser etc., natürliche Dämm- und Brandschutzmaterialien und ökologische Trinkwasseraufbereitungsanlagen. Generell sei das Angebot an energieeffizienter Ausrüstung in Mexiko von Produkt zu Produkt sehr unterschiedlich, berichtet ein Brancheninsider. So seien solarthermische Anlagen in allen Preis- und Qualitätsklassen verfügbar, während es bei Induktionsherden nur wenige Anbieter gebe.
Technisch anspruchsvolle Ausrüstung zur Steigerung der Energieeffizienz wird meist importiert, während nationale Hersteller häufig einfache Produkte wie Solarpaneele fertigen. Im Bereich der Automatisierungs- und Kontrolltechnik haben US-amerikanische Hersteller eine starke Stellung. Anbieter von Klimatechnik kommen häufig aus Asien (LG, Samsung, Toshiba, Mitsubishi, Midea), aber auch aus Europa (Johnson Controls, Electrolux, Güntner) und den USA (Carrier). Dämmstoffe sowie Ausgangsmaterialien für Fenster und Türen kommen vor allem von den Unternehmen Construfoam, Dow, Grupo Bari und Termofoam sowie den deutschen Firmen BASF und Rehau. Bei Solarpaneelen sind die Firmen Alfa Solar, Solarever, Captasol, Sunway und Tecnosol führend.
Mexiko weltweit auf Rang 7 bei LEED-Zertifikaten
Mexiko belegte im Jahr 2022 im internationalen Vergleich den 7. Platz bei der Anzahl der ausgestellten LEED-Zertifikate (Leadership in Energy and Environmental Design). Demzufolge wurden landesweit 92 Bauprojekte zertifiziert, ähnlich viele wie in Italien. Im Vorjahr wurden in Mexiko nur 47 Projekte zertifiziert, so die Organisation USGBC (U.S. Green Building Council), die den LEED-Standard entwickelt. Unter anderem wurde das höchste Gebäude Mexikos und gleichzeitig Lateinamerikas, der Torre Obispado 1 in der nördlichen Industriemetropole Monterrey mit dem LEED-Gold-Standard ausgezeichnet. Auch einige Industriegebäude sind LEED-zertifiziert, darunter die Fabrik von Beiersdorf in Guanajuato, die dank einer Fotovoltaikanlage auf dem Dach ihre Energiekosten um 62 Prozent senken konnte. Neben LEED sind in Mexiko auch die Standards EDGE (Excellence in Design for Greater Efficiencies), GRI (Global Reporting Initiative) und GRESB (Global Estate Sustainability Benchmark) verbreitet.