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Branche kompakt | Slowakei | Abfallwirtschaft

Markttrends

Trotz der steigenden Abfallmenge erhöht die Slowakei ihren Recyclinganteil. Dazu beitragen soll die Müllverbrennung und eine bessere Wiederverwertung. Die Deponiequote muss sinken.

Von Gerit Schulze | Bratislava

Das Abfallvolumen der Slowakei ist mit dem steigenden Wohlstand seit dem EU-Beitritt stark angewachsen. Allein die Siedlungsabfälle umfassten 2022 rund 2,6 Millionen Tonnen und damit fast doppelt so viel wie 2004. Pro Kopf fielen 478 Kilogramm Hausmüll an. Das lag leicht unter dem Durchschnitt der 27 EU-Staaten (513 Kilogramm).

Beim Recycling nur europäisches Mittelfeld

In den letzten Jahren hat die slowakische Entsorgungswirtschaft große Fortschritte bei der Abfallverwertung gemacht. Dennoch gehört das Land mit einer Recyclingquote von rund 50 Prozent nur zum Mittelfeld in Europa. Immer noch landen fast 40 Prozent des Abfallaufkommens auf den Deponien. Das soll sich ändern, denn der Recyclinganteil muss laut EU-Vorgaben bis 2035 auf 65 Prozent steigen. Nur noch 10 Prozent des Hausmülls dürfen dann auf die Deponie. Daher ist geplant, mehr Müll in Verbrennungsanlagen thermisch zu verwerten. 

65 %

soll die Recyclingquote 2035 betragen.

Laut Weißbuch zur Abfallwirtschaft der Slowakei steigt das Müllvolumen bis 2035 auf mindestens 3,1 Millionen Tonnen. Die höheren Abfallmengen und strengere EU-Vorgaben sorgen für Handlungsdruck in der Entsorgungswirtschaft. Als eines der ersten Länder in Mittelosteuropa führte die Slowakei 2022 ein Einwegpfand für Getränkeverpackungen ein. Seitdem gaben die Verbraucher über 2 Milliarden Plastikflaschen und Getränkedosen zurück. Die Rücklaufquote erreichte 2023 einen Wert von 92 Prozent, womit das Land die EU-Vorgaben für 2029 bereits erfüllt. Das große Aufkommen erzeugt Bedarf an entsprechenden Verarbeitungskapazitäten.

Bislang verbrennt die Slowakei erst 8 Prozent ihrer Siedlungsabfälle und nutzt diese zur Energiegewinnung. Sie liegt damit im unteren Drittel der EU. Nur in Bratislava und Košice gibt es jeweils eine größere Müllverbrennungsanlage (MVA). Das Werk in Bratislava betreibt der kommunale Betrieb OLO. Es hat eine Jahreskapazität von 130.000 Tonnen, die verdoppelt werden soll. In Košice verbrennt das Unternehmen Kosit, das zur Finanzgruppe Wood & Company gehört, jährlich 80.000 Tonnen Siedlungsabfälle. Es will seine Kapazitäten dort um 100.000 Tonnen erweitern.

Neue Anlagen zur Müllverbrennung geplant

Die slowakische Regierung hat sich für die laufende Legislaturperiode den Bau neuer Standorte vorgenommen. Sie schätzt das Potenzial auf sieben bis acht weitere MVA und lässt die Machbarkeit derzeit prüfen. Sollten alle diese Vorhaben verwirklicht werden, würden die Verbrennungskapazitäten im Land um mehr als 1 Million Tonnen pro Jahr steigen.

Geplante Müllverbrennungsanlagen (MVA) in der Slowakei

  • Petrochemiekonzern Slovnaft: MVA in Bratislava für 317.000 Tonnen pro Jahr
  • Entsorgungsunternehmen Ewia: fünf neue Anlagen mit Jahreskapazitäten zwischen 100.000 und 150.000 Tonnen, u.a. in Šaľa östlich von Bratislava
  • MH Teplárenský holding: MVA am Wärmekraftwerk Žilina
  • SLOR (gehört zu KOOR): MVA in Drienov bei Prešov für 95.000 Tonnen Abfall 
  • Granya: MVA in Hontianske Tesáre (Bezirk Banská Bystrica) für 130.000 Tonnen Abfall

Quelle: Tageszeitung SME, Recherchen von Germany Trade & Invest

Kritiker der Bauvorhaben monieren, dass die Slowakei schon heute ausreichend Verbrennungskapazitäten habe. Dazu gehören auch die Zementwerke, die jährlich bis zu 700.000 Tonnen Hausmüll verbrennen. Zusätzlich plant Zementhersteller Danucem in Turňa nad Bodvou im Osten des Landes die Verbrennung von 115.000 Tonnen Hausmüll pro Jahr. Außerdem könnte die Abfallmenge tendenziell durch höhere Mehrwegquoten und verändertes Konsumverhalten sinken, meinen die Gegner der Verbrennungsanlagen.

Staat zahlt Anreize für mehr Abfalltrennung

Daher bleibt auch eine effizientere Müllsortierung und anschließende Verarbeitung ein wichtiges Thema. Ab 2025 dürfen die slowakischen Kommunen gemischte Siedlungsabfälle nur noch dann auf Deponien einlagern, wenn sie in der Gemeinde eine getrennte Sammlung von Papier, Kunststoffen, Glas, Metallen und Bioabfall organisiert haben. Der Termin wurde bereits mehrmals verschoben. Ursprünglich sollte die Regelung schon ab 2021 gelten. Das Umweltministerium in Bratislava kündigte Anreize für potenzielle Investoren an, damit sich die Anlagen zur mechanisch-biologischen Abfallbehandlung schneller rentieren.

Auch die Kommunen werden belohnt, wenn sie den Anteil des getrennten Hausmülls erhöhen. Für 2024 wurde ein Sortiergrad von 31 Prozent angesetzt (bezogen auf das Gesamtgewicht der Siedlungsabfälle im Vorjahr). Gemeinden, die diese Quote erreichen, bekamen 2023 vom staatlichen Umweltfonds über 8 Millionen Euro für weitere Umweltschutzmaßnahmen ausgezahlt. 

Nachholbedarf bei Gefahrstoffen

Bei anderen Abfallarten als Hausmüll hat die Slowakei noch Nachholbedarf. Laut dem erwähnten Weißbuch zur Abfallwirtschaft gibt es bislang noch kein Konzept für die rund 500.000 Tonnen gefährliche Abfälle, die jährlich in der Slowakei anfallen. Dazu gehören Asbest, Farben, Lacke, Batterien, Elektrogeräte, Krankenhausmüll und gefährlicher Bauschutt. Die Entsorgungskapazitäten sind laut den Autoren vom Verband der Abfallwirtschaft (ZOP) unzureichend und Anlagen für die Endverwertung fehlen.

Abfallgesetz gibt Ziele vor 

Die Rechtsgrundlagen für die Entsorgungswirtschaft der Slowakei sind im Abfallgesetz Nr. 79/2015 geregelt. Staatliche Maßnahmen in der Branche umreißt das "Programm für die Abfallwirtschaft 2021 - 2025". Seit Anfang Februar 2024 aktualisiert die Regierung dieses Dokument. In der neuen Fassung soll vor allem die EU-Verordnung 2023/1542 über Altbatterien berücksichtigt werden. Folgende Zielvorgaben zum Recyceln von Batterien müssen die Mitgliedsstaaten bis 31. Dezember 2025 erreichen: 

  • 75 Prozent des Gewichts von Blei-Säure-Batterien
  • 65 Prozent von Lithium-Batterien
  • 80 Prozent von Nickel-Cadmium-Batterien
  • 50 Prozent bei sonstigen Altbatterien

Bis Ende 2031 werden diese Vorgaben weiter verschärft, sodass aus Batterien mindestens 90 Prozent der Kobalt-, Kupfer-, Blei- und Nickelanteile sowie 50 Prozent der Lithiumanteile stofflich verwertet werden müssen. 

Bauinvestoren müssen sich um Entsorgung kümmern

Den Umgang mit Abfällen aus der Bauwirtschaft regelt die Verordnung 344/2022 Z.z., die am 25. Oktober 2022 in Kraft trat. Nach Angaben der Europäischen Umweltagentur wurde zuvor in der Slowakei nur die Hälfte des Bauschutts recycelt, der Rest landete auf Deponien oder wurde verfüllt. Nun müssen Bauinvestoren ab einer bebauten Fläche von 300 Quadratmetern dafür sorgen, dass mindestens 70 Prozent der entstehenden Bauabfälle verwertet, recycelt oder wiederverwendet werden. 

Ausgewählte Investitionsprojekte in der Abfallwirtschaft in der SlowakeiInvestitionssumme in Millionen Euro

Projekt

Investition 

Stand

Projektträger 

Müllverbrennungsanlage in Bratislava

 200

Vorbereitung läuft; Baubeginn für 2025 und Betrieb ab 2029 geplant

Slovnaft

Anlage zur Verarbeitung gefährlicher Abfälle sowie weitere Investitionen in Banská Bystrica

50

Übernahme der beteiligten Firma Detox abgeschlossen; genauer Zeitraum der Investitionen steht noch nicht fest

Kosit

Zentrum zur energetischen und biologischen Abfallverwertung mit Biogasstation und Müllsortieranlage in Nové Zámky, später auch in Poprad, Martin und Gemer

42

Vorbereitungen laufen; EU-Förderung erteilt; Realisierung in Nové Zámky 2024 geplant, die anderen drei Zentren bis 2027

Konsortium CEBZ (Slovenský plynárenský podnik und Brantner)

Werk zur Bearbeitung gefährlicher und sonstiger Abfälle im Gewerbegebiet Banská Bystrica

10

Vorbereitung; Umweltverträglichkeitsverfahren läuft

Reliw

Abfallverwertungszentrum bei Bratislava

8,5

Vorbereitung; Baubeginn für 2024 und Betrieb ab 2025 geplant

Kosit West

Verwertungslinie für harte Kunststoffe in Nitra

1,3

Planungsphase; Baubeginn für April 2024 und Fertigstellung Mitte 2024 geplant

Eco Verde Recycling

Mobile Anlage zur Verwertung von Bauabfällen in Dunajská Streda

0,3

Umweltverträglichkeitsprüfung läuft

Ekom Plus

Wiederverwertung von PET-Flaschen und weitere Investitionen in Kolárovo und Senica

k.A.

Übernahme der Anteile von General Plastic abgeschlossen; weitere gemeinsame Investitionen in Verwertung geplant

Kofola und Mattoni

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

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