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Branchen | Spanien | Landwirtschaft

Guter Nährboden für digitale Anwendungen in Spanien

Wassermangel und der demografische Wandel setzen der Landwirtschaft zu. Agrarbetriebe halten mit Automationslösungen, Drohnen und Sensoren dagegen. Das bietet Absatzchancen.

Von Oliver Idem | Madrid

Spaniens Landwirtschaft muss perspektivisch mit weniger Wasser und weniger Personal auskommen. Um seine wirtschaftliche Bedeutung zu behalten, benötigt der Sektor vor allem ressourcenschonende und Effizienz steigernde Technologien.

Zudem ist bei hochpreisigen Agrarerzeugnissen auch Qualitätssicherung geboten. Immer wieder treten Fälle von gefälschtem Schinken oder Olivenöl der höheren Preisklassen auf. Hier ist die Rückverfolgung in der Lieferkette zum Beispiel mittels Blockchain-Technologie eine Option. Die notwendigen Investitionen bedeuten Absatzchancen für unterschiedlichste Technologieanbieter. Aus Deutschland sind beispielsweise Bayer und Bosch Rexroth in Spanien vertreten.

Start-ups und Weltkonzerne entwickeln technische Innovationen

Circa 750 Unternehmen existieren im Agrotechbereich in Spanien. Viele davon wurden erst vor wenigen Jahren gegründet. Die große Mehrheit stammt aus Regionen mit Wasserproblemen wie Andalusien und Katalonien.  

  • Agrow Analytics aus Málaga ermöglicht durch Echtzeitüberwachung und Prognosen ein präzises Wassermanagement im Pflanzenanbau.
  • FoodXain verwendet Blockchain-Technologie für Zertifizierungen und die Nachverfolgbarkeit von Produkten.
  • Batura macht es möglich, das Fressverhalten und die Gesundheit jedes einzelnen Tieres in der Viehzucht zu überwachen.

Auch etablierte Unternehmen aus dem In- und Ausland bearbeiten den spanischen Markt. So setzt der Energiekonzern Iberdrola auf Agrar-Fotovoltaik, um Strom zu erzeugen und auch den Schatten unter den Solaranlagen zu nutzen. In diesem Bereich wurde laut der Wirtschaftszeitung Expansión bislang erst ein Prozent der möglichen Fläche erschlossen.

Der Telekommunikationskonzern Telefónica bietet eine breite Palette von digitalen Anwendungen für smarte Landwirtschaft an. Bosch Rexroth vermarktet schwerpunktmäßig land- und forstwirtschaftliche Maschinen und Fahrzeuge, die mit digitalen Technologien ausgerüstet sind. Bayer investiert die Hälfte des Forschungsbudgets in Spanien in den landwirtschaftlichen Bereich, um Feldfrüchte an veränderte klimatische Bedingungen anzupassen. 

Landwirte mit überdurchschnittlichen digitalen Kenntnissen

Die Bedingungen auf der Nachfrageseite sind günstig. Laut der Gartenbauplattform Hortidaily verfügen 98 Prozent von 3.700 befragten Branchenbetrieben über Internetzugang. Einige bemängeln jedoch, dass die Netzabdeckung nicht für das gesamte bewirtschaftete Gebiet ausreicht.

Automatisierungslösungen sind bei den Agrarbetrieben weit verbreitet. Sie kommen vor allem bei der Futterverteilung und bei Umweltkontrollen zum Einsatz. Zudem unterstützen sie bei der Bewässerung, der Beobachtung von Krankheiten sowie dem Umgang mit Düngemitteln.

Vier von fünf Befragten schätzen ihre Software- und Problemlösungskompetenzen besser ein als Grundwissen. Damit liegen ihre digitalen Fähigkeiten über dem Durchschnitt der spanischen Bevölkerung. Rund 80 Prozent erfassen Daten aus ihrer Produktion. Aus dem Datenmaterial könnten jedoch noch wesentlich mehr Erkenntnisse gewonnen werden.

Fördermittel fließen spärlich und sind oft unbekannt

Fördermittel für die Landwirtschaft sind eher selten. Eine Ausnahme bildet PERTE, ein Strategieplan zur Digitalisierung des Wasserkreislaufs. Seine Mittel dienen zum Beispiel dazu, mehr Zähler an landwirtschaftlichen Wasser-Entnahmestellen einzurichten. Bessere Kontrollsysteme für die Bodenfeuchtigkeit und die Automatisierung von Bewässerungsanlagen können ebenfalls unterstützt werden. 

Die Ausschreibungen des PERTE-Programms erfolgen in mehreren Tranchen. Das Gesamtbudget liegt bei 80 Millionen Euro. Die Förderanträge bewegten sich in den ersten beiden Runden im Oktober 2023 zwischen 0,1 Millionen und 4 Millionen Euro.

Nur wenig bekannt sind manche staatliche Initiativen wie der Kit Digital für Selbstständige. Dabei könnte das breit angelegte Programm mit der Zielgruppe Klein- und Kleinstunternehmen auch für die Landwirtschaft interessant sein. Der Sektor wird in Spanien von Kleinbetrieben dominiert und auch Agrargenossenschaften sind meistens kleiner als in anderen EU-Ländern. Dadurch können weniger Synergien genutzt werden und die Verhandlungsmacht bei den Preisen ist eher gering.

Klima und Demografie stellen die größten Herausforderungen dar

Aufgrund von unregelmäßigen und regional sehr unterschiedlich verteilten Niederschlägen nimmt der Bewässerungsbedarf in Spanien zu, während bereits überwiegend Wasserstress herrscht. Dieses Problem wird durch steigende Temperaturen noch verschärft. In kleinen Gemeinden werden zudem Abwässer nicht immer ausreichend behandelt.

Landwirtschaftlich geprägte Regionen leiden besonders stark unter den demografischen Herausforderungen Spaniens. Das Phänomen "España vaciada" bezeichnet dünn besiedelte Gebiete mit zumeist überdurchschnittlich alter Bevölkerung, während Jüngere wegziehen. Besonders betroffen sind die beiden kastilischen Regionen, aber auch Teile von Andalusien und Galicien.

Viele Agrarunternehmen stehen außerdem vor großen Schwierigkeiten bei Betriebsübergängen. Der Dachverband der Selbstständigen UPTA berichtet von einem Rückgang um 75.000 Personen innerhalb von drei Jahren im Agrarsektor und sieht keine Anzeichen für eine Trendwende. 

Landwirtschaftliche Produktion legte zuletzt zweistellig zu

In der Summe erreichten die Agrarbetriebe 2002 einen Produktionswert von 63,2 Milliarden Euro. Dabei spielten auch Preiseffekte eine Rolle. Material, Personal und Kraftstoffe verteuerten sich für die Landwirte. Diese gaben Preissteigerungen zum Teil weiter. Die wichtigsten Agrarerzeugnisse in Spanien sind Obst, Gemüse, Schweinefleisch und Olivenöl. 

Wichtige Kennzahlen zur Landwirtschaft in Spanien
Kennziffer

Wert für 2022

Veränderung zu 2021 in Prozent

Landwirtschaftliche Produktion

63,2 Mrd. Euro

10,6

Bruttowertschöpfung

28,3 Mrd. Euro

-5,6

Landwirtschaftliche Nutzfläche

23,9 Mio. Hektar

-

Produktion von Getreide inklusive Reis

18,6 Mio. Tonnen

-24,3

Produktion von Gemüse

13,6 Mio. Tonnen

-14,7

Erzeugung von Obst außer Zitrusfrüchten

3,3 Mio. Tonnen

-17,1

Erzeugung von Schweinefleisch

5,1 Mio. Tonnen

-2,2

Erzeugung von Rindfleisch

0,73 Mio. Tonnen

1,9

Quelle: Spanisches Ministerium für Landwirtschaft, Fischerei und Ernährung 2022

Neben dem Binnenmarkt mit 48 Millionen Menschen spielt auch der Export eine relevante Rolle. In die Außenhandelsstatistik gehen Agrarerzeugnisse und teils auch verarbeitete Produkte ein. Diese Ausfuhren summierten sich 2022 auf 51,9 Milliarden Euro, eine Zunahme von knapp 12 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Nach Deutschland wurden schwerpunktmäßig Zitrusfrüchte, Gemüse und Beeren geliefert.

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