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Markttrends
Deutsche Landwirtschaftsausrüster und Agrarlieferanten haben in Italien eine starke Marktstellung.
15.04.2025
Von Torsten Pauly | Mailand
Die italienische Agrarerzeugung ist 2024 preisbereinigt um 1,4 Prozent gestiegen und erreichte ein Volumen von 74,6 Milliarden Euro. Sorgen wegen des Klimawandels und oft auch der Hofnachfolge lassen viele Landwirte jedoch verhalten in die Zukunft blicken. Die vom Institut ISMEA erfragte Einschätzung zur Betriebsentwicklung in den kommenden zwei bis drei Jahren war Ende 2024 zwar insgesamt positiv, jedoch schlechter als in allen Quartalen seit Herbst 2022. Dabei schätzen Landwirte in Norditalien ihre Aussichten am zurückhaltendsten ein. Dort haben sich Überschwemmungen in den letzten Jahren gehäuft, zudem gibt es besonders viele kleine Höfe im Nebenerwerb.
betrug die landwirtschaftliche Bruttowertschöpfung 2024 in Italien.
Besonders stark wächst der Markt für Bioprodukte. Im Jahr 2023 gab es einen Anstieg um 5,2 Prozent auf ein Volumen von 3,9 Milliarden Euro und gegenüber 2019 eine Ausweitung um 20,1 Prozent. Früchte machten 2023 circa 24,4 Prozent des Biomarktes aus. Es folgten Milchprodukte mit 22,7 Prozent, Gemüse mit 19,1 Prozent und Getreideprodukte mit 11,4 Prozent. Der Markt für vegane Erzeugnisse ist 2023 laut gfi Europe um 8 Prozent auf 641 Millionen Euro gewachsen.
Immer mehr Landwirte führen ihre Höfe nachhaltig
Gute Absatzchancen bestehen für nachhaltige Agrartechnik. Im Jahr 2022 lag Italien beim Anteil der ökologisch bewirtschafteten an der gesamten Agrarfläche des Landes mit 18,1 Prozent EU-weit an vierter Stelle nach Estland, Schweden und Portugal. Dies geht aus den neuesten verfügbaren Zahlen von Eurostat hervor. Im Jahr 2023 gab es laut dem Institut ISPRA eine weitere Ausweitung auf einen Flächenanteil von 19,8 Prozent.
Auch die in Italien sehr bedeutenden EU-Agrarhilfen fördern den ökologischen Landbau. Im Zuge der Gemeinsamen Agrarpolitik erhalten die italienischen Landwirte von 2023 bis 2027 Förderungen von 36,6 Milliarden Euro. Diese werden zu 76,7 Prozent aus dem EU-Budget und zu 23,3 Prozent vom italienischen Haushalt finanziert. Von den EU-Geldern wiederum sind 25,9 Prozent an eine ökologische und klimaschonende Bewirtschaftung geknüpft. Italien hat 2023 auch einen Nationalen Plan zur Förderung der biologischen Vielfalt im Interesse der Landwirtschaft aufgelegt.
Nachhaltige Agrarinvestitionen fördert in Italien auch die EU-Aufbau- und Resilienzfazilität mit 2,8 Milliarden Euro. Davon stehen 1,5 Milliarden Euro für Agrofotovoltaikprojekte zur Verfügung. Die in der italienischen Landwirtschaft installierten Kapazitäten an erneuerbarer Energienutzung sollen von 2023 bis 2030 von 4,7 Gigawatt auf 8,9 Gigawatt steigen, so der Verband Confagricoltura. Die Aufbau- und Resilienzfazilität wurde 2021 von der EU zur Überwindung der Coronakrise insbesondere durch nachhaltige und digitale Investitionen ins Leben gerufen und läuft bis 2027.
Deutschland ist führender ausländischer Lieferant
Italien ist ein bedeutender Markt für Traktoren und andere Landmaschinen. Das Land hat 2024 Ausrüstrungen der SITC-Positionen 721 und 722 im Wert von 1,8 Milliarden Euro eingeführt. Davon kamen 30,7 Prozent aus Deutschland als führendem Lieferland. Es folgte Frankreich mit einem Importanteil von 13,4 Prozent. Allerdings gibt es auch in Italien sehr wettbewerbsfähige und exportstarke Hersteller von Agrartechnik. Das Land hat 2024 mit Ausrüstungen der SITC-Positionen 721 und 722 einen weltweiten Ausfuhrüberschuss von 3,3 Milliarden Euro generiert. Im Handel mit Deutschland gab es jedoch 2024 ein Importdefizit von 65 Millionen Euro.
Italien hat 2024 aus Deutschland auch Nahrungsmittel und Getränke der SITC-Positionen 0 und 11 im Wert von 7,4 Milliarden Euro eingeführt. Dies kommt 13,7 Prozent des italienischen Gesamtimports gleich, womit Deutschland ebenfalls größter Lieferant war. Es folgten Frankreich und Spanien mit Quoten von 13,4 Prozent beziehungsweise 11,2 Prozent. Besonders hoch waren die deutschen Lieferungen 2024 bei Milcherzeugnissen mit 1,8 Milliarden Euro, Fleischwaren mit 1,4 Milliarden Euro, Obst und Gemüse mit 683 Millionen Euro sowie Getreide beziehungsweise Erzeugnissen daraus mit 619 Millionen Euro.
Wasserknappheit erfordert Investitionen
Die italienische Landwirtschaft hat 2023 etwa 17 Milliarden Kubikmeter Wasser und damit so viel wie Haushalte und alle anderen Wirtschaftszweige zusammen verbraucht. Verstärkt auftretende Dürren, Überschwemmungen und Bodenerosionen bergen große Risiken. Im Jahr 2024 haben sich die durch den Klimawandel hervorgerufenen landwirtschaftlichen Schäden laut Branchenverband Coldiretti auf 9 Milliarden Euro summiert.
Nötig sind daher starke Verbesserungen in der Wasserversorgung des Agrarsektors. Die Aufbau- und Resilienzfazilität der EU stellt hierfür von 2021 bis 2027 Fördergelder von 880 Millionen Euro zur Verfügung. Unter anderem laufen 60 große Meliorations- und Wasserleitungsprojekte. In der Emilia Romagna sollen geklärte Abwässer bis zu 70 Prozent des landwirtschaftlichen Frischwasserbedarfs decken können. Dieses Ziel verfolgt das Projejt VALUE CE IN. Weitere Forschungsprogramme sind unter anderem Water4AgriFood und Carbon Farming Med vom Agrarinstitut CREA.
Smart Farming entwickelt sich dynamisch
Der Markt für Smart Farming ist von 2017 bis 2024 von 100 Millionen Euro auf 2,3 Milliarden Euro gestiegen. Bereits 67 Prozent der Agrarfläche wurden 2023 damit bewirtschaftet. Digitale Investitionen der Höfe unterstützen auch die Förderprogramme Agricoltura 5.0 und Credito d’Imposta 4.0.
Es gibt eine starke Technologieentwicklung und laut dem Portal Traxcn allein 164 Smart-Farming-Startups. Besonders künstliche Intelligenz ist ein Wachstumsmotor. Hierfür sind 2024 laut Politecnico Milano 22 Prozent mehr Startups entstanden.
Unter anderem läuft für die Kreislaufwirtschaft das Forschungsprogramm Agri Island Smart Circular Farming. Italiens Raumagentur ASI nutzt im Programm I4DP_Sience Satellitenbilder, um die Wasserverteilung zu verbessern und Überschwemmungen vorzubeugen. Der Energiekonzern Eni unterhält das Programm Agrivanda zur Effizienzsteigerung durch Biomonitoring.
Akteur/Projekt | Investitionssumme | Projektstand | Anmerkungen |
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Melioration und Bewässerung (Bewässerungskonsortium Etsch-Po) | 825 | Planung | Insgesamt 44 Maßnahmen zwischen den Flüssen Etsch und Po bis 2027 geplant |
Melioration und Bewässerung in Kampanien (10 Bewässerungskonsortien) | 442 | Planung, tw. Bau | Insgesamt 81 Maßnahmen bis 2026 geplant |
Futtermittelerzeugung in Mantua (Nestlé) | 427 | Planung | Inbetriebnahme 2027 geplant |
Förderprogramm für kleine und mittlere Agrarbetriebe in Kalabrien | 306 | Planung | Investitionen in die Biodiversität durch Ausweitung der ökologischen Anbaufläche und in die Infrastruktur des ländlichen Raums; Kofinanzierung der Europäischen Investitionsbank |
Produktionsausweitung von Milchprodukten (Gruppo Granarolo) | 300 | Planung, tw. Bau | Realisierung bis 2027; auch Anwendung von Landwirtschart 4.0 und Industrie 4.0 |
Wassergewinnung in Sizilien zur Dürrebekämpfung (Provinzialagenturen Agrigent, Caltanissetta, Palermo, Trapani) | 290 | Planung | Unter anderem 5 große Entsalzungsanlagen; Förderung durch den EU-Kohäsionsfond |
Projekt Agrifood in Trient (Fondazione Bruno Kessler) | 60 | Von 2022 bis 2027 | Entwicklung neuer Smart-Farming-Produkte und Dienstleistungen auf Grundlage von künstlicher Intelligenz und Robotik |