Portal 21 Spanien
Allgemeines Vertragsrecht
Ist weder deutsches Sachrecht noch das UN-Kaufrecht anwendbar oder einschlägig, sind im nationalen Recht Spaniens unter anderem die Regeln des spanischen Zivilgesetzbuches (Código Civil) zu beachten.
Auch das spanische Recht kennt das Grundprinzip der Vertragsfreiheit, solange der Vertrag nicht gegen Gesetze, die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstößt (Artikel 1255 Zivilgesetzbuch).Verträge werden entsprechend den Artikeln 1281 ff. Zivilgesetzbuch ausgelegt.
Verträge werden durch Angebot und Annahme geschlossen (Artikel 1262 Zivilgesetzbuch). Auch in Spanien sind Verträge grundsätzlich formfrei abschließbar (Artikel 1278 Zivilgesetzbuch). Ausnahmen bestehen etwa bei Grundstückskauf- oder langfristigen Grundstücksmietverträgen, die notarieller Beurkundung bedürfen (Artikel 1280 Absatz 1 Zivilgesetzbuch). Die zumindest schriftliche Fixierung der Vereinbarung ist aus Beweisgründen jedoch immer ratsam. Regelungen zu unwirksamen Willenserklärungen (zum Beispiel bei Täuschung oder Irrtümern) finden sich in den Artikeln 1265 ff.--folgende Zivilgesetzbuch.
In Folge der Umsetzung der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie (Richtlinie 2006/123/EG--Europäische Gemeinschaft) müssen Dienstleister in Spanien bestimmte Informationspflichten gegenüber Dienstleistungsempfängern erfüllen. Hierzu gehört auch, dass sie Dienstleistungsempfänger über ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen und nachvertraglichen Garantien informieren. Die gesetzliche Grundlage hierfür bildet Artikel 22 des spanischen Gesetzes Nr. 17/2009 vom 23.11.2009 über den freien Zugang zu Dienstleistungstätigkeiten und ihre Ausübung (Ley sobre el libre acceso a las actividades de servicios y su ejercicio). Weiterführende Ausführungen zu den Informationspflichten enthält etwa der Abschnitt "Informationen zur Qualifikation des Dienstleisters" dieses Länderberichts.
Wo der Schuldner die Leistung erbringen soll, können die Vertragsparteien frei vereinbaren. Ist ein Leistungsort nicht bestimmt und handelt es sich um die Übergabe einer bestimmten Sache, so muss die Leistung an dem Ort bewirkt werden, an dem sich die Sache zum Zeitpunkt der Begründung der Verbindlichkeit befand. In jedem anderen Fall ist der Leistungsort der Wohnsitz des Schuldners (Artikel 1171 Zivilgesetzbuch). Die Frage, wo die Leistung erbracht werden muss, ist für die Beurteilung, ob eine Leistung ordnungsgemäß erfüllt wurde, wichtig. Auch im IPR (vergleiche Abschnitt "Internationales Privatrecht" dieses Länderberichts) und für Bestimmung der gerichtlichen Zuständigkeit bei Rechtsstreitigkeiten (vgl. Abschnitt "Zuständige Gerichte" dieses Länderberichts) spielt die Frage eine Rolle.
Wer verpflichtet ist, etwas zu übergeben oder zu tun, gerät in Verzug (mora), sobald der Gläubiger gerichtlich oder außergerichtlich die Erfüllung der Verbindlichkeit verlangt (Artikel 1100 Absatz 1 Zivilgesetzbuch). Eine Mahnung für den Verzugseintritt ist nur dann nicht erforderlich (Artikel 1100 Absatz 2 Zivilgesetzbuch), wenn
die Verbindlichkeit oder das Gesetz ausdrücklich bestimmen, dass eine Mahnung entbehrlich ist oder
aus der Natur der Verbindlichkeit oder aus ihren Umständen hervorgeht, dass die Bestimmung des Zeitraums, in dem die Sache übergeben oder der Dienst geleistet werden musste, der bestimmende Grund für die Eingehung der Verbindlichkeit war.
Bei gegenseitigen Verbindlichkeiten kommt keiner der Verpflichteten in Verzug, wenn der andere nicht erfüllt. Sobald einer der Verpflichteten seine Verbindlichkeit erfüllt, beginnt für den anderen der Verzug (Artikel 1100 Absatz 3 Zivilgesetzbuch).
Beim Zahlungsverzug in Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen sowie zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen finden die Sonderregelungen des Gesetzes Nr. 3/2004 vom 29.12.2004 (Ley 3/2004 por la que se estabelecen medidas de lucha contra la morosidad en las operaciones comerciales), welches die Richtlinie 2011/7/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16.2.2011 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr umsetzt, Anwendung. Insofern gilt Folgendes:
- Grundsätzlich muss die Ware oder Dienstleistung – sofern vertraglich kein Zahlungstermin oder keine -frist vereinbart wurde – innerhalb von 30 Kalendertagen bezahlt werden (Artikel 4 Absatz 1 Satz 1 Gesetz Nr. 3/2004). Die Rechnung muss der Lieferant innerhalb von 15 Tagen nach Lieferung der Ware oder Erbringung der Dienstleistung seinem Geschäftspartner zukommen lassen (Artikel 4 Absatz 1 Satz 2 Gesetz Nr. 3/2004). Haben die Vertragsparteien ein Abnahme- / Überprüfungsverfahren vereinbart, so darf dieses nicht länger als 30 Tage ab Erhalt der Ware oder Dienstleistung dauern (Artikel 4 Absatz 2 Satz 1 Gesetz Nr. 3/2004). In dem Fall muss der Käufer binnen 30 Tage ab Abnahme zahlen (Artikel 4 Absatz 2 Satz 2 Gesetz Nr. 3/2004). Die Vertragsparteien dürfen längere Fristen (maximal 60 Tage) vereinbaren (Artikel 4 Absatz 3 Gesetz Nr. 3/2004).
- Im Falle des Zahlungsverzugs hat der Gläubiger einen Anspruch auf Verzugszinsen, ohne dass er vorab eine Mahnung aussprechen muss, sofern er seine Dienstleistung erbracht hat und die Gegenleistung nicht erhalten hat, es sei denn der Schuldner kann nachweisen, dass er den Verzug nicht zu verantworten hat (Artikel 6 Gesetz Absatz 1 Nr. 3/2004). Gleichzeitig hat der Gläubiger gegenüber dem Schuldner ohne vorherige Mahnung Anspruch auf eine pauschale Entschädigung in Höhe von 40 Euro für die Beitreibung. Darüber hinaus kann er angemessenen Ersatz aller durch den Zahlungsverzug bedingten Beitreibungskosten verlangen (Artikel 8 Absatz 1 Gesetz Nr. 3/2004). Gegenteilige Klauseln sind nicht zulässig (Artikel 9 Absatz 1 Gesetz Nr. 3/2004).
Wer bei der Erfüllung seiner Verbindlichkeit vorsätzlich, fahrlässig oder verspätet handelt, haftet für dadurch verursachte Schäden. Das Gleiche gilt für denjenigen, der dem Inhalt der Verbindlichkeit zuwiderhandelt und dadurch Schäden verursacht (Artikel 1101 Zivilgesetzbuch). Die Haftung für Vorsatz kann immer geltend gemacht werden; der Verzicht auf die Vorsatzhaftung ist unwirksam (Artikel 1102 Zivilgesetzbuch). Die Haftung für Fahrlässigkeit kann auch immer geltend gemacht werden; sie kann jedoch von den Gerichten je nach Sachlage gemildert werden (Artikel 1103 Zivilgesetzbuch). Niemand haftet für Ereignisse, die nicht vorhersehbar oder aber zumindest nicht vermeidbar waren, es sei denn das Gesetz sieht es ausdrücklich vor (Artikel 1105 Zivilgesetzbuch).
Schadensersatz umfasst grundsätzlich den Wert des erlittenen Verlusts und des entgangenen Gewinns (Artikel 1106 Zivilgesetzbuch). Besteht die Verbindlichkeit in der Zahlung eines Geldbetrages und gerät der Schuldner in Verzug, so umfasst der Schadensersatz, soweit es keine gegenteilige Vereinbarung gibt, die Zahlung der vereinbarten Zinsen und bei Fehlen einer solchen Vereinbarung die Zahlung des gesetzlichen Zinses (Artikel 1108 Zivilgesetzbuch). Der gesetzliche Zinssatz (interés legal del dinero) wird gemäß Artikel 1 Gesetz Nr. 24/1984 vom 29.6.1984 (Ley sobre modificación del tipo de interés legal del dinero) durch das jährliche Haushaltsgesetz (Ley de Presupuestos Generales del Estado) festgelegt. Informationen zu den jeweils geltenden Zinssätzen in Spanien enthält zum Beispiel das e-Justice Portal der Europäischen Union. Die fälligen Zinsen erbringen den gesetzlichen Zins von dem Augenblick an, in dem sie gerichtlich geltend gemacht werden, auch wenn die Verbindlichkeit hierzu schweigt (Artikel 1109 Absatz 1 Zivilgesetzbuch). Bei Handelsgeschäften gelten die Vorschriften des Handelsgesetzbuches (Artikel 1109 Absatz 2). Zwischen Unternehmen sowie zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen gelten für die Höhe des gesetzlichen Zinssatzes bei Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr die Sonderregelungen des Gesetzes Nr. 3/2004. Dieser beläuft sich auf 8 Prozentpunkte über dem Bezugszinssatz. Der Bezugszinssatz ist grundsätzlich der von der Europäischen Zentralbank auf ihre jüngsten Hauptrefinanzierungsoperationen angewendete Zinssatz (Artikel 7 Absatz 2 Gesetz Nr. 3/2004). Er kann auf der Internetseite der Europäischen Zentralbank abgerufen werden. Außerdem veröffentlicht das spanische Ministerium für Wirtschaft und Unternehmen (Ministerio de Economía y Empresa) alle halbe Jahre den Zinssatz im spanischen Gesetzblatt (Boletín Oficial del Estado) (Artikel 7 Absatz 3 Gesetz Nr. 3/2004 - seit Juli 2023: 3,12%).
Die Verjährung (prescripción) ist insbesondere in den Artikeln 1961 ff. Zivilgesetzbuch geregelt. Persönliche Ansprüche verjähren grundsätzlich nach fünf Jahren (Artikel 1964 Nr. 2 Zivilgesetzbuch), sofern nichts anderes vorgesehen ist. Darüber hinaus gibt es einige besondere Verjährungsfristen. So verjähren beispielsweise Ansprüche von Dienstleistern auf Bezahlung ihrer Dienste bereits nach drei Jahren (Artikel 1967 Zivilgesetzbuch). Für die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen gelten ebenfalls kürzere Fristen (vgl. Abschnitt Gewährleistungsrecht dieses Länderberichts).
Die Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr wurde in Spanien durch das Gesetz Nr. 34/2002 vom 11.7.2002 (Ley de servicios de la sociedad de la informacion y de comercio electronico) ins nationale Recht umgesetzt.