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Impfstoffproduktion fördert Biotechnologie in Südafrika

Eigene Forschungskapazitäten lassen Südafrika auf dem Feld der Biotechnologie vorne mitspielen. Das hat Konsequenzen für die Entwicklung von Impfstoffen für den Kontinent.

Von Marcus Knupp | Berlin

Neue Technologien schaffen neue Möglichkeiten. Als Forscher im südlichen Afrika 2021 eine bis dahin unbekannte Variante des Coviderregers identifizierten, horchte die Welt auf. Südafrika kündigte an, unabhängig einen eigenen mRNA-Impfstoff gegen Coronaviren zu entwickeln und über ein von der Weltgesundheitsorganisation WHO unterstütztes mRNA Vaccine Technology Transfer Hub anderen afrikanischen Ländern zur Verfügung zu stellen. Das sorgte 2022 für zusätzliche Aufmerksamkeit.

Eigene Impfstoffentwicklung beginnt

Die Afrikanische Union (AU) und die Africa Centres for Disease Control and Prevention (Africa CDC) haben 2021 die Initiative Partnerships for African Vaccine Manufacturing (PAVM) ins Leben gerufen. Bereits im darauffolgenden Jahr legte PAVM eine Strategie zur Entwicklung der Impfstoffproduktion auf dem afrikanischen Kontinent vor. Ziel ist es, bis 2040 einen Selbstversorgungsgrad von 60 Prozent zu erreichen. Derzeit wird nur 1 Prozent der in Afrika verwendeten Impfstoffe auch dort produziert.

Südafrika als bei Weitem wichtigster Standort der Pharmaindustrie in Subsahara-Afrika wird dabei eine zentrale Rolle spielen. Laut einer gemeinsamen Studie der Londoner Stiftung Wellcome, dem staatlich geförderten südafrikanischen Hersteller Biovac und der Boston Consulting Group aus dem Jahr 2023 gibt es derzeit 13 Impfstoffproduzenten in Afrika. Zusammen führen sie die Endproduktion (Fill and Finish) von 11 Impfstoffen durch und stellen vier Wirkstoffe her. Die Studie hat weitere 30 Projekte in 14 Ländern identifiziert, die sich zurzeit in Planung befinden. Sie hält eine kontinentale Koordination der Projekte für wichtig.

Impfstoffhersteller in Afrika
LandHerstellerGründungsjahr
Ägypten
  • Egy Vac (Vacera)
  • Minapharm
  • 1897
  • 1958
Algerien
  • Institut Pasteur d'Algérie
  • Saidal
  • 1894
  • 1982
Äthiopien
  • Ethiopian Public Health Institute (EPHI)
  • 1995
Marokko
  • Institut Pasteur du Maroc
  • 1967
Nigeria
  • Biovaccines
  • Innovative Biotec
  • 2005
  • 2005
Senegal
  • Institut Pasteur de Dakar
  • 1923
Südafrika
  • Aspen Pharmacare
  • Biovac
  • Afrigen
  • 1997
  • 2003
  • 2014
Tunesien
  • Institut Pasteur de Tunis
  • 1893
Quelle: Wellcome, Biovac, BCG: Scaling up African Vaccine Manufacturing Capacity, 2023

Eine innerafrikanische Arbeitsteilung erscheint hier sehr sinnvoll. Wettbewerber wie Indien verfügen über einen ungleich größeren Binnenmarkt als die zum großen Teil bevölkerungsarmen Länder Afrikas. Indische oder chinesische Hersteller können so Skaleneffekte nutzen und die Präparate preisgünstiger anbieten. Um eine entsprechend große Anlage rentabel betreiben zu können, müsste sie laut der zitierten Studie zufolge zu mindestens 60 Prozent ausgelastet sein. Mit Blick auf den gesamtafrikanischen Markt erscheint das machbar.

Afrikanische Freihandelszone kann Prozess beschleunigen

Entscheidend für den Aufbau solcher Produktionskapazitäten für Impfstoffe ist jedoch der Marktzugang. Ein großer Schritt in diese Richtung war die Schaffung der Afrikanischen Freihandelszone AfCFTA (African Continental Free Trade Area). Mittlerweile haben fast alle Länder des Kontinents das entsprechende Abkommen unterzeichnet. Die Umsetzung im Detail, also der Abbau von Zöllen und nicht-tarifären Handelshemmnissen, wird aber wohl noch etliche Jahre in Anspruch nehmen. 

Die Pharmabranche gehört jedoch einer Analyse des World Economic Forum zufolge jedoch zu den Wirtschaftsbereichen, die am schnellsten von einer Liberalisierung des innerafrikanischen Handels profitieren können. Durch die Orientierung an internationalen Standards können Regulierungen hier relativ einfach harmonisiert werden.

Eine weitere Herausforderung sind die zumindest in der Aufbauphase höheren Herstellungskosten als bei den etablierten Wettbewerbern. Hier müsste ein Finanzierungsmechanismus gefunden werden, der diese temporären Preisaufschläge ausgleicht. Mit Blick auf die Wettbewerbssituation erscheint die Konzentration auf Impfstoffe gegen vor allem in Afrika auftretende Krankheiten wie Chikungunya oder Rift-Valley-Fieber vielversprechend. 

Partnerschaften mit internationalen Herstellern sollen den Aufbau lokaler Forschungs- und Entwicklungskapazitäten ermöglichen. Bei vielen Standardimpfstoffen hingegen sind die weltweiten Produktionskapazitäten ausreichend und die Preise entsprechend niedrig. Das erschwert den Markteintritt für Newcomer.

Vielfältige Anwendungsmöglichkeiten für die Biotechnologie

Die WHO gründete 2021 in Kapstadt das mRNA Vaccine Technology Transfer Hub for Africa gegründet, um die eigene Forschung zu mRNA-Impfstoffen in Gang zu setzen und weiteren Akteuren auf dem Kontinent zugänglich zu machen. Federführend sind das junge Unternehmen Afrigen, das South Africa Medical Research Council (SAMRC) und der halbstaatliche Impfstoffhersteller Biovac. Anlass war hier die Entwicklung von Impfstoffen gegen Covid-19.

Ziel ist aber ausdrücklich die Entwicklung weiterer mRNA-Impfstoffe gegen Krankheiten wie Malaria, Ebola, HIV oder Tuberkulose. Biovac plant den Bau neuer Produktionsanlagen für Impfstoffe in Kapstadt und will damit seine Kapazitäten von jährlich 150 Millionen auf 560 Millionen Dosen erhöhen. Finanzielle Unterstützung erhält Biovac dabei von der zur Weltbank-Gruppe gehörenden International Finance Corporation (IFC). Mit dem koreanischen Unternehmen EuBiologics hat Biovac im September 2023 eine Vereinbarung zum Technologietransfer für Meningitis-Impfungen geschlossen.

Biotechnologische Forschung steht in Südafrika seit 2001 auf der Agenda, als die Regierung eine National Biotechnology Strategy formulierte. Medizinische Anwendungen der Biotechnologie stehen daher auch seit langem auf dem Programm des zentralen südafrikanischen Forschungs- und Entwicklungsinstituts Council for Scientific and Industrial Research (CSIR) mit Sitz in Pretoria. Das Arbeitsspektrum reicht von der Entwicklung pflanzenbasierter Wirkstoffe gegen Demenz, einem RNA-Inhibitor zur Verhinderung der HIV-Vermehrung über Infektionsmarker auf Zellebene bis hin zur Genregulierung zur Unterdrückung von Krankheiten. 

Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) arbeitet mit dem CSIR im Projekt SAVax an der Ausbildung von Fachkräften für die Herstellung biotechnologischer Produkte nach den Standards der Good Manufacturing Practice (GMP) für Medizinprodukte.

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