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Sicherheitstechnik in Südafrika immer gefragter
Mit dem wachsenden Sicherheitsbedürfnis der Südafrikaner steigt die Nachfrage nach entsprechenden Produkten. Landesspezifische Lösungen sind gefragt. Wo punkten deutsche Anbieter?
02.05.2024
Von Jenny Tala | Johannesburg
Überwachungskameras, Alarmanlagen, Gesichtserkennungssoftware: In Südafrika steigt die Nachfrage nach Sicherheitstechnik und -technologien. Für den Zeitraum 2022 bis 2028 rechnet die Branche mit einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von 8,6 Prozent, so der "South African Physical Security Outlook", den das Marktforschungsinstituts BMi Research im Auftrag der Elvey Group erstellt hat. Aktuell liegt das Marktvolumen bei knapp über 300 Millionen US-Dollar (US$).
Staatsversagen beim Kampf gegen Kriminalität treibt private Investitionen an
Mit solchen Wachstumsprognosen bildet der Sektor eine Ausnahme: Die meisten Branchen in Südafrika zeigen sich aktuell weniger dynamisch. Der Internationale Währungsfonds korrigierte jüngst seine gesamtwirtschaftliche Wachstumsprognose für 2024 auf 0,9 Prozent nach unten. Verwunderlich ist die Entwicklung in der Sicherheitsbranche aber nicht: Die ohnehin hohe Kriminalitätsrate – und damit das Sicherheitsbedürfnis vieler Südafrikaner – steigt. Die Weltbank schreibt in ihrem Bericht "Safety First: The Economic Cost of Crime in South Africa" (erschienen 2023), dass die Auswirkungen der Kriminalität Südafrika jährlich mindestens 10 Prozent des Bruttoinlandsprodukts kosten.
Nach Angaben des nationalen Statistikamts wurden im Zeitraum 2022/23 schätzungsweise 1,6 Millionen Wohnungseinbrüche verübt, was 5,7 Prozent aller Haushalte des Landes entspricht. Es überrascht daher nicht, dass Videoüberwachung laut BMi der größte Wachstumstreiber im Sicherheitssektor ist, gefolgt von Zugangskontroll- und Einbrucherkennungssystemen.
soll der Markt für Sicherheitstechnik bis 2028 jährlich wachsen.
Die fehlenden öffentlichen Mittel für Sicherheit begünstigen private Investitionen – sowohl von Unternehmen als auch von Privatpersonen. In Südafrika stehen einer Bevölkerung von rund 62 Millionen Menschen weniger als 150.000 Polizeibeamte gegenüber. Dem stehen mehr als viermal so viele private Sicherheitskräfte gegenüber, die von den 9.440 Sicherheitsfirmen des Landes beschäftigt werden. Laut einem Bericht der nationalen Sicherheitsbehörde PSiRA (Private Security Industry Regulatory Authority) ist die Zahl der privaten Sicherheitsfirmen in den letzten zehn Jahren um 43 Prozent gestiegen. Damit ist die private Sicherheitsindustrie in Südafrika eine der größten der Welt.
Cloud-Lösungen und solarbetriebene Systeme im Kommen
Um Einbrechern zuvorzukommen, investieren viele Südafrikaner in Smart-Home-Lösungen. Schon heute sind in Südafrika einige der modernsten Sicherheitssysteme auf dem Markt zu finden. Auch Themen wie künstliche Intelligenz und Blockchain gewinnen in diesem Zusammenhang an Bedeutung. Die Experten des BMi prognostizieren, dass in den kommenden Jahren vor allem biometrische Lesegeräte und Schlösser sowie drahtlose, integrierte und cloudbasierte Systeme stärker nachgefragt werden. Die unkomplizierte Steuerung der smarten Systeme über Apps und die zunehmende Verfügbarkeit von Glasfaserleitungen in Südafrika dürften diesen Trend beschleunigen.
Das deutsche Tech-Start-up SEON bietet als erstes - und bislang einziges - Unternehmen auf dem südafrikanischen Markt eine cloudbasierte Betriebssoftware für Notrufleitstellen von Sicherheitsfirmen an. Das System ist unabhängig von vorhandener Hardware, verfügt über mehr Rechenleistung und spart Kosten durch einen hohen Automatisierungsgrad. "Den meisten Sicherheitsfirmen ist die Wichtigkeit, in ihre IT-Infrastruktur zu investieren, durchaus bewusst", sagt CEO Finn Plotz, "auch, weil ein geschütztes Datenzentrum weitaus besseren Schutz vor Hackerangriffen bietet als ein Server vor Ort." Dennoch würden viele Kunden in Südafrika längst veraltete Systeme noch so lange weiter nutzen, bis akuter Handlungsbedarf besteht - beispielsweise, weil ein System abstürzt. Wichtig sei es daher, so Plotz, hartnäckig zu bleiben und den Kunden die Dringlichkeit der Einführung neuer Systeme zu vermitteln.
Wie viele andere Branchen zwingt die anhaltende Energiekrise auch die Sicherheitsbranche in alternative Lösungen zu investieren. Damit die Alarmsysteme auch während der teilweise stundenlangen Lastabwürfe (load shedding) weiterlaufen, sind Off-Grid-Lösungen gefragt, die unabhängig von der staatlichen Stromversorgung sind. Besonders die Nachfrage nach solarbetriebenen Systemen steigt. Viele Sicherheitsfirmen setzen zudem verstärkt auf Drohnen. Laut einem Bericht von IndustryARC könnte der südafrikanische Markt für Drohnen bis 2025 auf über 134 Millionen US$ anwachsen.
China liefert die meiste Sicherheitstechnik
Deutschland liegt als Lieferant von Sicherheitstechnik nach Südafrika zwar auf Rang 4, die mit Abstand meisten Importe kommen jedoch aus China. Im Jahr 2022 waren es 72 Prozent. Dieser Trend wird sich voraussichtlich fortsetzen: Durch die hohe Inflation und die Währungsabwertung ist bei vielen Südafrikanern das Geld knapp, die ständigen Stromabschaltungen treiben die Produktionskosten in die Höhe. Die vergleichsweise günstigen chinesischen Geräte haben daher einen klaren Wettbewerbsvorteil.
Einen Markt für deutsche Anbieter gibt es aber durchaus, meint SEON-CEO Finn Plotz, vor allem im Bereich Automatisierung. "Wichtig ist es, eine eigene Vertretung vor Ort zu haben und mit lokalen Mitarbeitern zu arbeiten - vor allem im Vertrieb", sagt Plotz. Vorteilhaft sei zudem die starke Privatisierung der südafrikanischen Sicherheitsbranche, die - gepaart mit geringer Regulierung - günstige Markteintrittschancen schaffe.
SEON expandierte von Hamburg aus zunächst nach Kapstadt und vertreibt seine Software inzwischen in mehreren afrikanischen Ländern. Der Markteintritt in Südafrika wurde von der Deutschen Industrie- und Handelskammer für das südliche Afrika unterstützt.
Warengruppe (HS-Code) | China | USA | Deutschland | Vereinigtes Königreich |
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Geräte zum Empfangen, Konvertieren und Senden oder Regenerieren von Tönen, Bildern oder anderen Daten (HS 85176290) | 456,8 | 32,6 | 21,4 | 14,8 |
Andere Sende- oder Empfangsgeräte für Töne, Bilder oder andere Daten (HS 85176990) | 22,3 | 3,7 | 2,1 | 0,5 |
Einbruchs- oder Diebstahlalarmgeräte, Feuermelder und ähnliche Geräte (HS 85311000) | 2,8 | 1,7 | 0,5 | 4,5 |
Sendegeräte für Sprechfunk und Funktelegrafie (HS 85255010) | 4,1 | 0,1 | 0,08 | 0,5 |
Andere Übertragungsgeräte (HS 85255090) | 3,0 | 0,4 | 0,08 | 1,0 |
Sendegeräte mit eingebautem Empfangsgerät (HS 85256000) | 3,3 | 0,7 | 0,06 | 2,4 |
Anzeigetafeln mit Flüssigkristallanzeige (LCD) oder Leuchtdiodenanzeige (LED) (HS 85312000) | 4,6 | 1,9 | 1,2 | 0,8 |
Elektrische Hörsignalgeräte und Sichtsignalgeräte (HS 85318000) | 3,6 | 3,4 | 0,4 | 0,8 |