Südkorea erhält Bauaufträge in Milliardenhöhe aus dem Ausland

Südkoreanische Baufirmen erhielten 2021 Aufträge im Wert von 30,6 Milliarden US-Dollar (US$) im Ausland. Das sind nach Angaben des Ministry of Land, Infrastructure and Transport (MOLIT) und der International Contractors Association of Korea (ICAK) rund 12,8 Prozent weniger als im Vorjahr.

Rückgängen im traditionellen Geschäft mit Entwicklungs- und Schwellenländern, im Nahen Osten und in Asien standen dabei mehr Vorhaben mit westlichen Partnern gegenüber. So stieg der Auftragseingang aus Europa, Nordamerika und Australien deutlich. Mit dem Wert von 4,6 Milliarden US$ aus Europa erzielten südkoreanische Bauunternehmen 2021 ihr bisher zweitbestes Ergebnis in dieser Region. Nur im Jahr 2014 war das Neugeschäft mit 6,8 Milliarden US$ höher ausgefallen.

Angesichts der höheren Öl- und Gaspreise stehen die Chancen gut, dass Südkorea 2022 wieder mehr Bauvorhaben aus dem Nahen Osten erhält. Damit ist beim Auslandsbau 2022 ein Auftragseingang von mehr als 30 Milliarden US$ realistisch. Außerdem kommt südkoreanischen Unternehmen staatliche Förderung der eigenen Regierung bei Projekten auf Auslandsmärkten zugute.

Das mit Abstand größte Geschäftsfeld 2021 blieb der Bau von Industrieanlagen und Kraftwerken. Fast halbiert hat sich hingegen das Neugeschäft im Hoch- sowie im Tiefbau. Besonders kräftig stiegen die Aufträge für Stromnetze.

Bedeutende südkoreanische Firmen im Auslandsbau sind unter anderem:

• Samsung C&T
• Samsung Engineering
• Hyundai E&C
• Hyundai Engineering
• GS E&C
• Doosan Heavy Industries & Construction
• DL E&C
• SK Ecoplant
• POSCO E&C
• Daewoo E&C
• HanmiGlobal (Projektmanagementfirma, die auch Vorhaben südkoreanischer Firmen im Ausland betreut)

Baufirmen des Landes sind trotz der Rückgänge im Jahr 2021 vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern aktiv. Sie bevorzugen die Kooperation mit südkoreanischen Zulieferern. Wenn diese aber nicht liefern können oder nicht die vom Kunden gewünschte Qualität bieten, können auch deutsche Anbieter zum Zuge kommen. Für deutsche Unternehmen bietet eine solche Zusammenarbeit die Möglichkeit, ihre Produkte und Dienstleistungen in weiteren Ländern zu positionieren, ohne das Gesamtrisiko von Bauvorhaben in Entwicklungsländern tragen zu müssen. Bei einer Reihe von Projekten arbeiten südkoreanische Firmen im Konsortium mit Unternehmen aus Europa zusammen.

Von Frank Robaschik | Seoul

Das Jahr 2022 begann in Südkoreas Chemieindustrie mit der Ankündigung eines Großvorhabens im Ausland. Lotte Chemical will ab 2022 einen großen Chemiekomplex in Indonesien errichten. Die Investitionssumme liegt bei 3,9 Milliarden US-Dollar (US$). Große Teile des Baus werden Lotte E&C und Hyundai Engineering vornehmen.

Die Errichtung von Chemiewerken und Raffinerien war 2021 erneut das größte Segment bei den Auftragseingängen im südkoreanischen Auslandsbau. So bauten Samsung Engineering, Hyundai Engineering und Hyundai E&C für zusammengerechnet etwa 2,9 Milliarden US$ große Anlagen für Saudi-Arabiens erstes Schiefergasprojekt. Samsung C&T errichtet für rund 1,6 Milliarden US$ Anlagen für Flüssiggas in Katar. Des Weiteren wird DL E&C ein Petrochemiewerk in Russland für 1,4 Milliarden US$ aufstellen. Hyundai Engineering ist mit einem Teilauftrag in Höhe von 1,3 Milliarden US$ an der Erweiterung eines Petrochemiekomplexes in Polen beteiligt.

Südkoreanische Schiffbauer fertigen außerdem Offshore-Plattformen für die Öl- und Gasförderung, allen voran sogenannte schwimmende Produktions- und Lagereinheiten (Floating Production Storage and Offloading Unit; FPSO). In diesem Bereich sind insbesondere Korea Shipbuilding & Offshore Engineering und Daewoo Shipbuilding & Marine Engineering beteiligt.

Designaufträge für Petrochemieanlagen in Indonesien

Um weitere Aufträge zu gewinnen, übernehmen Firmen des Landes auch Designaufträge. So erhielt Samsung Engineering Mitte Dezember 2021 gemeinsam mit Technip aus Frankreich und dem indonesischen Unternehmen Tripatra einen Vertrag für das Grunddesign (Front End Engineering Design; FEED) des Trans Pacific Petrochemical Indotama Olefin Complex Project (TPPI Olefin Compex Project) in Indonesien. Laut Samsung soll dies der größte Petrochemiekomplex Indonesiens werden und in Tuban auf Java entstehen. Vorgesehen ist ein Naphtha-Cracker für jährlich 1 Million Tonnen Polyethylen (700.000 Tonnen HDPE und 300.000 Tonnen LDPE). Daneben sollen 600.000 Tonnen Polypropylen pro Jahr hergestellt werden können. Auftraggeber ist Kilang Pertamina Internasional, eine Tochtergesellschaft der indonesischen staatlichen Ölgesellschaft PT Pertamina.

Hyundai Engineering erhielt ebenfalls Mitte Dezember 2021 einen Auftrag über das Grunddesign des genannten TPPI-Petrochemiekomplexes in Indonesien. Dabei arbeitet das Unternehmen in einem Konsortium mit der italienischen Firma Saipem und einer indonesischen Firma als Konsortialführer zusammen. Damit gibt es für dieses Vorhaben zwei Konsortien, an denen südkoreanische Unternehmen bei der Erstellung des Grunddesigns beteiligt sind. Das Projektvolumen des späteren Bauvorhabens für den TPPI-Komplex dürfte laut Samsung und Hyundai bei etwa 4 Milliarden US$ liegen.

Des Weiteren erhielt Hyundai E&C Mitte Dezember 2021 einen Auftrag für das Grunddesign einer Petrochemieanlage (CAP2) in der Region Cilegon, etwa 100 Kilometer von Jakarta entfernt. Der Auftraggeber ist das private indonesische Petrochemieunternehmen Chandra Asri.

Auch im Bereich Wasserstoff plant Südkorea bei verschiedenen Vorhaben eine Zusammenarbeit mit dem Ausland.

Von Frank Robaschik | Seoul

Im November 2021 erhielt Samsung C&T gemeinsam mit der belgischen Firma Jan de Nul einen Großauftrag über 3 Milliarden US-Dollar (US$) aus Abu Dhabi. Die beiden Unternehmen werden in den kommenden Jahren ein Unterwasser-Hochspannungsstromnetz errichten. Der Löwenanteil des Auftrags ging an Samsung. Auch Hyundai Electric bekam 2021 Aufträge für Hochspannungsgeräte im Wert von etwa 172 Millionen US$ aus dem den Nahen Osten. Wichtigstes Produkt sind dabei Transformatoren.

Ebenso sind weitere südkoreanische Unternehmen im Ausland aktiv: Samsung C&T und POSCO E&C bauen Gas- und Dampfkraftwerke in Saudi-Arabien, Panama und Vietnam. Hyundai E&C errichtet außerdem ein Kohlekraftwerk in Vietnam. Es dürfte das letzte Kohlekraftwerk werden, das eine südkoreanische Firma im Ausland verantwortet.

Hanhwa-Gruppe in der Solarenergie aktiv

174 Power Global, ein Tochterunternehmen von Hanwha Energy in den USA, gründete Anfang 2021 ein Joint Venture mit dem französischen Unternehmen Total. Der Zusammenschluss soll zwölf Vorhaben für Photovoltaikanlagen und Energiespeichersysteme in den Vereinigten Staaten vorantreiben. Die Projekte haben zusammengerechnet eine Kapazität von 1,6 Gigawatt. Hanwha Solutions schloss im Oktober 2021 des Weiteren die Übernahme von RES Mediterranee in Frankreich ab. Das Unternehmen ist ein Projektentwickler bei erneuerbaren Energien. Zur Hanwha-Gruppe gehört auch Hanwha Q Cells.

Kabelhersteller erhalten neue Auslandsaufträge

Neben den großen Baufirmen liefern Kabelhersteller auch Kabel für Vorhaben im Ausland. LS Cable & Systems wurde im Oktober 2021 als präferierter Anbieter für einen von CSBC-DEME Wind Engineering betriebenen Windpark in Taiwan ausgewählt. Der Projektwert liegt bei etwa 175 Millionen US$.

Daneben erhielt Taihan Cable & Solutions im November 2021 den Auftrag für ein Stromnetzvorhaben in Kalifornien in den USA im Wert von etwa 50 Millionen US$. Im September 2021 hatte das Unternehmen einen Auftrag von rund 35 Millionen US$ ebenfalls aus Kaliforniern bekommen. Dabei ging es um den Bau eines unterirdischen Stromnetzes mit einer Spannung von 275 Kilovolt bei Los Angeles. Insgesamt gingen bei Taihan 2021 Neuaufträge aus den Vereinigten Staaten von mehr als 220 Millionen US$ ein.

Doosan Heavy Industries & Construction gab im Dezember 2021 bekannt, gemeinsam mit seiner Tochterfirma Doosan GridTech in den USA bis März 2023 Energiespeichersysteme mit einer Kapazität von 200 Megawattstunden aufzubauen. Die Anlagen sollen im Gebiet Jerrabomberra nahe der australischen Hauptstadt Canberra für etwa 95 Millionen US$ entstehen und 20 Jahre lang betrieben werden.

Doosan errichtet Müllheizkraftwerke in Europa

Doosan Lentjes, ein Tochterunternehmen von Doosan in Deutschland, erhielt im September 2021 im Konsortium mit Arikon einen Auftrag zum Bau eines Müllheizkraftwerks in Wiesbaden. Das Vorhaben soll 2024 fertiggestellt werden. Im Jahr 2021 erhielt Doosan Lentjes des Weiteren gemeinsam mit POSCO E&C einen Auftrag zur Errichtung eines Müllheizkraftwerks in Warschau.

Von Frank Robaschik | Seoul

Südkorea baut seit Jahren an vier Kernreaktoren in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Das Vorhaben summiert sich auf mehr als 20 Milliarden US-Dollar (US$). Der erste Reaktor wird seit April 2021 kommerziell betrieben, der zweite wurde im März 2021 erstmals mit Brennstoff beladen.

Unter dem Präsidenten Moon hat die südkoreanische Regierung den Ausstieg aus der Kernenergie im eigenen Land angekündigt. Gleichzeitig diskutierte sie zuletzt im Dezember 2021 Pläne zur Ausweitung der Auslandsaktivitäten auf den gesamten Zyklus des Baus, Betriebs und der Wartung von Kernkraftwerken. Dazu zählt einerseits die Stilllegung von Kernkraftwerken und andererseits der Bau kleiner modularer Reaktoren (Small Modular Reactors; SMR).

Außerdem versucht Südkorea zurzeit, Aufträge zur Errichtung von Kernkraftwerken unter anderem in Polen, Tschechien und Saudi-Arabien zu erhalten. So will Korea Hydro & Nuclear Power (KHNP) bis Juni 2022 ein Angebot zum Bau eines weiteren Kernreaktors in Dukovany in Tschechien abgeben. In Polen plant KHNP ebenfalls noch im 1. Halbjahr 2022, einen Projektplan für die Beteiligung südkoreanischer Firmen am Bau von Kernkraftwerken in Polen einzureichen. Südkoreas Regierung erhofft sich, dass Unternehmen des Landes bei den polnischen Vorhaben zum Bau von sechs Kernreaktoren im Wert von etwa 35 Milliarden US$ bis 2043 Aufträge an Land ziehen.

Neben KHNP gehören zum in Tschechien und Polen bietenden "Team Korea" auch KEPCO E&C, KEPCO Nuclear Fuel, KEPCO KPS, Doosan Heavy Industries & Construction sowie Daewoo E&C. Des Weiteren will sich KHNP am Bau des Kernkraftwerks El-Dabaa in Ägypten beteiligen. Während die Reaktoren von Russland gebaut werden, könnte KHNP Gebäude unter anderem für Turbinen errichten.

Opposition will Ausbau der Kernenergie auch im Inland

Die Zukunft der Atomenergie in Südkorea selbst ist noch offen. Während die amtierende Regierung nur Projekte im Ausland vorantreibt, möchte der Präsidentschaftskandidat Yoon Suk-yeol von der oppositionellen People's Power Party auch an der Kernenergie im Inland festhalten. Sollte er im März 2022 gewählt werden, will er den Bau der Kernreaktoren Shin Hanul 3 und Shin Hanul 4 wiederaufnehmen und den Anteil der Kernenergie an der Stromerzeugung bei etwa 30 Prozent halten.

Beteiligungen an Firmen zum Bau kleiner Kernkraftwerke

Hyundai E&C vereinbarte im November 2021 eine Kooperation mit Holtech International aus den USA bei kleinen Kernreaktoren (SMR) und deren weltweiten Vertrieb. Das zur Hyundai Motor Group gehörende Hyundai Engineering beteiligte sich im Januar 2022 an der US-Firma Ultra Safe Nuclear Corporation. Das soll Hyundai Engineering den Zugang zu Bauaufträgen gewähren, die Ultra Safe bei modularen Kernreaktoren (Micro Modular Reactors; MMR) gewinnt. Im Dezember 2021 schloss Hyundai Engineering eine Absichtserklärung zur Errichtung eines natriumgekühlten schnellen Brüters (Sodium-cooled Fast Reactor; SFR) in der Provinz Alberta in Kanada bis zum Jahr 2026. Doosan Heavy Industries & Construction und Samsung C&T haben sich außerdem an NuScale Power beteiligt. Das US-Unternehmen entwickelt ebenfalls SMR.

Von Frank Robaschik | Seoul

Firmen des Landes sind im Auslandsbau in zahlreichen Bereichen aktiv: GS E&C beteiligt sich an einem Großprojekt zum Bau und Betrieb eines Tunnels in Australien. Der Auftragswert für das Konsortium unter Führung der italienischen Firma Webuild liegt bei 2,4 Milliarden US-Dollar (US$). Ein Konsortium von Webuild und SK Ecoplant wurde im September 2021 als bevorzugter Bieter für den Bau einer Autobahn in Norwegen ausgewählt. 

Das südkoreanische Unternehmen ist des Weiteren bereits in die Errichtung des Silvertown-Tunnels im Vereinigten Königreich involviert, der 2025 fertiggestellt werden soll. Außerdem ist SK Ecoplant an einem Unterwassertunnel und einem großen Brückenprojekt (Canakkale Bridge) in der Türkei beteiligt. In Kasachstan baut es mit an der Ringautobahn in Almaty. Daneben beteiligt sich Samsung C&T für mehr als 1 Milliarde US$ am Ausbau eines Flughafens in Taiwan. Die Korea Airports Corporation bemüht sich zudem um einen Auftrag zum Betrieb des Flughafens Manta in Ecuador.

Im Eisenbahnbau erhielten südkoreanische Firmen größere Aufträge zum Bau von Stadt- und U-Bahn-Strecken in Singapur und in Paraguay. Der zur Hyundai Motor Group gehörende Schienenfahrzeughersteller Hyundai Rotem gab im November 2021 den Eingang eines Auftrags im Wert von etwa 180 Millionen US$ zur Verlängerung der roten U-Bahn-Linie in Kaohsiung in Taiwan bekannt. Hyundai Rotem gewann den Auftrag im Konsortium mit ST Engineering Electronics aus Singapur und wird vor allem Fahrzeuge, Strom- und Oberleitungen liefern.

Korea Telecom (KT) und Savills Korea schlossen im Februar 2022 eine Absichtserklärung zum Bau eines 9.000 Kilometer langen Unterwasser-Telekommunikationskabels. Dieses soll Südkorea, Japan, Taiwan, Indonesien, die Philippinen und Singapur verbinden.

Neue Projekte bei Industrieanlagen und im Gebäudebau

Bei Industrieanlagen bauen LG Energy Solution, Samsung SDI und SK Innovation zahlreiche Werke für Batterien für Elektroautos im Ausland. Doosan Heavy Industries & Construction erhielt im Februar 2022 einen Auftrag über etwa 835 Millionen US$ zum Bau einer Gieß- und Schmiedeanlage in Saudi-Arabien. Nach Angaben von Doosan soll dies das größte Werk dieser Art in Saudi-Arabien werden. Auftraggeber ist ein Joint Venture von Doosan mit Saudi Arabian Industrial Investments Company (Dussur) und Saudi Aramco Development Company. Das Gemeinschaftsunternehmen unter dem Namen Tuwaiq Casting & Forging soll sich in Ras-Al-Khair nahe Jubail befinden. Die Fertigstellung der Anlage ist auf das 1. Quartal 2025 datiert.

Im Gebäudebau gingen 2021 zwei größere Aufträge aus Singapur an Hyundai E&C.

Neue Aufträge bei Meerwasserentsalzung und Umwelttechnik

Im Bereich Umwelttechnik war der Auftrag für eine Anlage zur Meerwasserentsalzung aus Saudi-Arabien das größte Neuvorhaben südkoreanischer Baufirmen im Ausland. Im Januar 2021 unterzeichnete Doosan Heavy Industries & Construction eine Absichtserklärung zur Zusammenarbeit mit Ägypten für ein Meerwasserentsalzungsvorhaben in Ismailia. In Taiwan wird KC Kotrell Luftqualitätskontrollsysteme in einem Kraftwerk modernisieren. Des Weiteren beteiligt sich Doosan Enpure am Bau einer Anlage zur Abwasserbehandlung im Vereinigten Königreich.

Von Frank Robaschik | Seoul