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Polen stellt Investitionen für das Straßen- und Schienennetz vor
Bauunternehmen in Polen beklagen, dass die öffentliche Hand zu wenige Infrastrukturprojekte ausschreibt. Jetzt kündigen die zuständigen Behörden neue Großvorhaben an.
16.01.2025
Von Christopher Fuß | Warschau
Die Betreiber des Straßen- und Schienennetzes in Polen planen 2025 Ausschreibungen im Gesamtwert von 6,6 Milliarden Euro. Davon fließt etwas mehr als die Hälfte, nämlich 52,6 Prozent, in die Bahninfrastruktur. Grenznahe Regionen könnten von den Maßnahmen besonders profitieren. Ein umfangreiches Projekt im Nordosten an der Landesgrenze zu Litauen läuft bereits an.
Ausschreibung von historischer Dimension
Polens staatlicher Betreiber des Schienennetzes PKP PLK veröffentlichte Anfang Januar 2025 eine Ausschreibung für Modernisierungsarbeiten zwischen den Städten Białystok und Ełk. Gegenüber der Nachrichtenagentur PAP spricht PKP PLK von der größten Ausschreibung in der eigenen Geschichte. Der Umfang liegt geschätzt bei rund 1,4 Milliarden Euro. Ein Teil der Gelder stammt aus EU-Förderprogrammen. Die Ausschreibung läuft noch bis zum 6. März 2025.
Dank der Maßnahme verdoppelt sich die Spitzengeschwindigkeit entlang der 100 Kilometer langen Strecke auf bis zu 200 Kilometer je Stunde. Der Abschnitt gehört zum Bahngroßprojekt Rail Baltica. Es wird die baltischen Staaten mit Polen verbinden. Die Zukunft des letzten Abschnitts der Rail Baltica auf polnischer Seite - von Ełk bis zur litauischen Grenze - bleibt hingegen offen. PKP PLK schätzt die Baukosten hier auf rund 1,8 Milliarden Euro. Doch das Geld fehlt. Der Schienennetzbetreiber hofft auf neue EU-Mittel.
Eingeschränkter Zugang für Unternehmen aus Drittstaaten
Nicht an der laufenden Ausschreibung teilnehmen dürfen Firmen mit einem Sitz außerhalb der EU beziehungsweise des Europäischen Wirtschaftsraums oder Anbieter aus Staaten, die nicht Partei des GPA-Vertrags der Welthandelsorganisation (WTO) sind. So will es Polens Infrastrukturministerium. "Das ist unsere Reaktion auf eine jüngste Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes", erklärte Polens Infrastrukturminister Dariusz Klimczak im Rahmen einer Pressekonferenz. Laut dem Urteil (Aktenzeichen C-652/22) haben Unternehmen aus verschiedenen Drittstaaten nicht automatisch das Recht, an EU-Ausschreibungen teilzunehmen.
Die Entscheidung des polnischen Infrastrukturministeriums betrifft vor allem Unternehmen aus der Türkei und China. Sie erfüllen keine der genannten Bedingungen. Zwischen Januar und September 2024 hatten Auftragnehmer aus der Türkei einen Marktanteil von 72 Prozent an allen öffentlichen Aufträgen in Polen, die an Unternehmen mit Sitz im Ausland gingen. Der Wert kommt vor allem durch einige Großaufträge zustande. Das geht aus Zahlen des Amtes für öffentliche Bestellungen UZP hervor. Die mögliche Lücke könnten Unternehmen aus Polen oder anderen EU-Staaten füllen.
Neue Strecken im Süden und ein moderner Bahnhof für die Hauptstadt
Zu den wichtigsten Vorhaben von PKP PLK gehört darüber hinaus ein Projekt im Süden Polens. Hier modernisiert das Staatsunternehmen eine Strecke von Krakau in die Ortschaften Nowy Sącz und Rabka. Bereits im 1. Quartal 2025 will das Staatsunternehmen weitere Bauabschnitte ausschreiben. Konkret geht es um die Linie zwischen Podłęże und Piekiełko. Der Gegenwert der Aufträge beträgt im Jahr 2025 rund 530 Millionen Euro. Die bergige Landschaft treibt die Kosten für Schienenprojekte in dieser Region in die Höhe.
PKP PLK hebt in öffentlichen Stellungnahmen noch zwei weitere Maßnahmen hervor. Zum einen will das Unternehmen Sanierungsarbeiten entlang der Strecke von Bydgoszcz zur Hafenstadt Gdynia im Norden Polens ausschreiben. Zum anderen plant die Betreibergesellschaft, ab dem 4. Quartal 2025 Angebote für Arbeiten am Warschauer Ostbahnhof einzuholen. Das letztgenannte Projekt soll über 760 Millionen Euro kosten.
Mehr Autobahnen entlang der Nord-Süd-Achse
Auch das Autobahnnetz steht vor einem weiteren Wachstumsschub. Die Straßenbehörde GDDKiA (Generalna Dyrekcja Dróg Krajowych i Autostrad) verkündet, sie wolle im Jahr 2025 den Bau von Autobahnen und Umgehungsstraßen mit einer Länge von insgesamt 330 Kilometern ausschreiben. Laut einer Presserklärung liegt der Gegenwert aller Arbeiten bei rund 3,1 Milliarden Euro.
Zu den Kernvorhaben zählt ein neuer Abschnitt der S19 in Ostpolen. Die Strecke soll einmal Teil der Via Carpatia sein – einer Autobahn, die vom Baltikum über Polen, die Slowakei und Ungarn bis nach Griechenland führen wird. GDDKiA schreibt im Jahr 2025 laut eigener Auskunft auf dieser Strecke den Bau von 32 Kilometern aus.
GDDKiA veröffentlicht Ausschreibungen ab einem Auftragswert über 30.000 Euro über eine eigene Ausschreibungsplattform.
PKP PLK veröffentlicht alle Ausschreibungen über sein Ausschreibungsportal.
Ein weiteres Vorhaben betrifft den geplanten Großflughafen CPK zwischen Warschau und der zentralpolnischen Stadt Łódź. Die Autobahn A2 verbindet beide Städte. Wenn der Flughafen planmäßig ab 2032 seinen Betrieb aufnehmen sollte, dann gerät die zweispurige Strecke laut Prognosen an ihre Belastungsgrenze. Die Straßenbehörde will darum 2025 den Bau einer dritten Fahrspur ausschreiben.
Perspektivisch soll die A2 ab Warschau auch bis zur Grenze mit Belarus führen. Der Bau von 16 Straßenkilometern auf dieser Strecke geht 2025 ebenfalls in eine Ausschreibung.