Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Interview | Portugal | Bau

"Wir sind mittlerweile auf 17 Auslandsmärkten vertreten"

Der Geschäftsführer des Bauunternehmens Grupo Casais, António Carlos Rodrigues, berichtet über die Aktivitäten im Ausland und die Zusammenarbeit mit deutschen Partnern.

Von Oliver Idem | Bonn

Wie haben sich die Aktivitäten von Casais entwickelt?

Casais wurde 1958 als Unternehmen des Ingenieurwesens und Baugewerbes gegründet. Heute existieren drei Hauptgeschäftszweige: Ingenieur- und Bauwesen, vertikal integrierte Spezial- und Industrieunternehmen sowie die Entwicklung und Verwaltung von Immobilien. Wir sind mittlerweile auf 17 Auslandsmärkten vertreten. Von unseren knapp 6.000 Mitarbeitern arbeiten rund 3.500 im Ausland.

Nach 36 Jahren des Wachstums in Portugal haben wir 1994 unsere Internationalisierung eingeleitet. Unser erster Zielmarkt war Deutschland. Zunächst haben wir uns auf Dienstleistungen für Stahlbetonkonstruktionen, vorgefertigte Elemente und Mauerwerk konzentriert. 

Heute befindet sich unsere Deutschlandzentrale in München. Eines der herausragenden Projekte, die wir entwickelt haben, ist das 2001 eingeweihte Bundeskanzleramt in Berlin.

Welche weiteren Märkte wurden danach erschlossen?

Unser zweiter internationaler Markt war Angola. Dort sind wir seit 25 Jahren vertreten. Unsere Schwerpunkte bilden Bau, Immobilien, Umwelt, Landwirtschaft sowie Erdöl- und Erdgasdienstleistungen. Auf einige Projekte sind wir besonders stolz. Dazu gehören das Mutter-Kind-Krankenhaus Camama in Luanda und das Spezialzentrum für Epidemien und Pandemien.

Ich möchte auch gerne unsere Präsenz in Gibraltar hervorheben, wo wir seit fast 20 Jahren vertreten sind. Derzeit stellen wir den Wohnkomplex Hassan Centenary Terraces fertig. Dieser gehört zum sozialen Wohnungsbauprogramm der Regierung mit einem Fokus auf kostensparendem Bauen und Nachhaltigkeit.

Welche Vorhaben möchten Sie noch besonders herausheben?

Auf unserem wichtigsten Markt Portugal haben wir ein umfangreiches Portfolio von Projekten. Herausheben möchte ich die Sanierung des Decks der Brücke Luis I. in Porto, ebenso das Hotelprojekt The First in Guimarães. Letzteres ist ein lebender Beweis für das Potenzial der Hybridbauweise. Auch die pädiatrische Abteilung des Krankenhauses São João und das Portugiesische Institut für Onkologie in Porto hatten spezifische Eigenschaften.

Wie gehen Sie denn bei der Markterschließung vor? 

Jeder Markt hat seine eigenen Merkmale und Besonderheiten. Wir analysieren neue Markteintritte sorgfältig und prüfen, ob eine lokale Partnerschaft Sinn ergibt. Unser Hauptziel ist es, zur Entwicklung des Landes und der Gesellschaft beizutragen.

Wie fördert die portugiesische Regierung die Internationalisierung von Unternehmen?

Sie stellt einige Maßnahmen zur Verfügung, um Unternehmen im Auslandsgeschäft zu unterstützen. Die Entwicklungsbank BPF bietet Lösungen zur Förderung nationaler und internationaler Projekte an. Im Rahmen des Aufbau- und Resilienzplans erhielt die BPF auch die Aufgabe, Fördermittel zu verteilen. Dabei geht es um die Komponente C5 mit der Zielrichtung Unternehmenskapitalisierung und Innovationen. Zudem stehen für Unternehmen Fördergelder zur Verfügung, die direkt von der EU und der Europäischen Investitionsbank verwaltet werden. Für Investitionsprojekte in Entwicklungsländern können sich portugiesische Unternehmen zum Beispiel auf die Finanzierungsinstitution SOFID stützen.

Welche Finanzierungsmöglichkeiten nutzt Casais?

In manchen Fällen prüfen wir, ob Förderinstrumente der portugiesischen Regierung für Auslandsprojekte genutzt werden können. Je nachdem können auch traditionellere Finanzierungsmöglichkeiten relevant sein. In manchen Fällen kommen Banken als wichtige Partner für ein Vorhaben in Frage.

Welche Bedeutung haben das Inlands- und Auslandsgeschäft für Casais?

Die Aufmerksamkeit gilt gleichermaßen den Chancen in Portugal und auf unseren 17 Auslandsmärkten. Unsere Ergebnisse von 2023 unterstreichen das: Von einem Gesamtumsatz in Höhe von 712 Millionen Euro stammten 370 Millionen aus Verträgen in Portugal und die übrigen 342 Millionen Euro aus dem Ausland.

Casais investiert seit Langem in Innovationen. Herausfordernde Projekte zu finden, an denen wir wachsen können - das war auch ein Treiber für unsere Internationalisierung. Wir haben Gesundheitseinrichtungen in Angola, Algerien und Portugal gebaut. Für den Tourismussektor haben wir Gebäude in Marokko, Brasilien und Dubai errichtet. Zudem setzen wir in Portugal und darüber hinaus Hydraulikprojekte um. Erfahrungen damit haben wir in Ländern wie Marokko, Deutschland und den Niederlanden gesammelt.

Wie kommt Casais an die Projekte?

Wir verfolgen einen systematischen Ansatz, um unsere internationale Präsenz auszubauen und dabei die Qualität und Effizienz unserer Dienstleistungen sicherzustellen. Besonders wichtig für uns ist die Ausrichtung der Wertschöpfungskette. Dazu gehört es, die entscheidenden Partner, Kunden, und Lieferanten an jedem Ort ausfindig zu machen, an dem wir arbeiten. Wir glauben, dass die Integration dieser externen Faktoren entscheidend ist, damit wir erfolgreich arbeiten können. So wollen wir uns auch an die speziellen Bedürfnisse jedes Marktes anpassen.

Arbeitet Casais mit deutschen Unternehmen zusammen?

Wir sind seit 30 Jahren in Deutschland vertreten. Unser erstes Projekt war eine Stadtteilsanierung in Halle an der Saale. Seitdem haben wir eine breite Palette von Vorhaben umgesetzt, zum Beispiel öffentliche Wohn- und Gewerbeprojekte, Büros und Sporteinrichtungen. Industrieprojekte und hydraulische Infrastruktur sowie Ingenieurleistungen gehören ebenfalls dazu.

Und wie klappt die Zusammenarbeit? 

Als Unternehmen haben wir unsere eigene Kultur, aber auf Auslandsmärkten passen wir uns so weit wie möglich an die lokale Kultur an.

Wir glauben, dass die akribische Vorbereitung eines Projekts, die Qualität des Designs und die Nutzung anspruchsvoller Ausrüstung und Materialien die wesentlichen Faktoren in der Bauindustrie sind. Verbunden mit der Pünktlichkeit und für die deutsche Kultur typischen Organisation können hochkomplexe Vorhaben umgesetzt werden. Die Zusammenarbeit ist uns sehr wichtig, und insbesondere in Deutschland hatten wir das Privileg, mit einigen der größten Bau- und Ingenieurunternehmen zu kooperieren.

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