Wirtschaftsumfeld | Taiwan | Außenhandel
Warenhandel auf Rekordkurs
Die taiwanischen Ex- und Importe erklimmen weiter neue Höhen. Auch deutsche Lieferungen können vom dynamischen Außenhandel profitieren und ziehen zweistellig an.
21.02.2022
Von Alexander Hirschle | Taipei
Bereits mitten in der Coronakrise 2020 konnten taiwanische Firmen ihre Exporte immerhin um 5 Prozent ausbauen. Dieser Aufwärtstrend hat sich 2021 mit deutlich verstärkter Geschwindigkeit fortgesetzt: Die Ausfuhren zogen nach Angaben des taiwanischen Finanzministeriums wertmäßig um 26,2 Prozent auf 446,5 Milliarden US-Dollar (US$) an. Die Importe legten um 33,2 Prozent auf 381,2 Milliarden US$ und damit sogar noch deutlicher zu. Der Handelsüberschuss belief sich auf 65,3 Milliarden US$ und weitete sich um 10,7 Prozent aus.
Am stärksten konnte Taiwan seine Ausfuhren in die folgenden Länder steigern: nach Indien um 74 Prozent, gefolgt von Italien um 60 Prozent und Australien um 49 Prozent. Aber auch die Exporte nach Deutschland stiegen um 35 Prozent und damit überproportional. Der wichtigste Abnehmer taiwanischer Waren war 2021 wie bereits in den Vorjahren China, in das inklusive der Sonderverwaltungsregion (SVR) Hongkong 42 Prozent der exportierten Waren gingen. Auf den weiteren Plätzen folgten die USA mit knapp 15 Prozent, Japan mit fast 7 Prozent, Singapur mit knapp 6 Prozent und Südkorea mit rund 5 Prozent. Deutschland liegt mit einem Anteil von fast 2 Prozent auf Rang 8, fast gleichauf mit den Niederlanden.
Taiwans Elektronik weltweit gefragt
Die wichtigste Produktgruppe unter den taiwanischen Ausfuhren ist die Elektronik, auf die im vergangenen Jahr 172 Milliarden US$ beziehungsweise 39,9 Prozent der gesamten Exporte entfielen. Zusammen mit der Kategorie IKT (Informations- und Kommunikationstechnologie) zeichnet sie für deutlich mehr als 50 Prozent der taiwanischen Ausfuhren verantwortlich. Der globale Digitalisierungstrend im Zuge der Coronakrise hat die Nachfrage nach diesen Erzeugnissen noch einmal deutlich angefacht.
Angesichts weiterer Megatrends wie 5G-Kommunikation, autonomes Fahren oder künstliche Intelligenz (KI) wird der internationale Bedarf an Elektronikerzeugnissen und insbesondere Halbleitern auch künftig hoch bleiben und die taiwanischen Ausfuhren weiter ankurbeln. Bereits 2021 belief sich die Steigerung bei Elektronikausfuhren auf knapp 27 Prozent. Noch höhere Zuwachsraten konnten 2021 unter anderem die Lieferungen von organischen Chemikalien (+65 Prozent) und Kunststoffen (+59 Prozent) erzielen.
Rohstoffe heizen Einfuhren an
Importseitig legten 2021 Rohstoffe besonders stark zu. So verzeichneten Eisen und Stahl sowie Produkte daraus einen wertmäßigen Zuwachs bei der Einfuhr von knapp 64 Prozent, Erdöl zog um knapp 59 Prozent und organische Chemikalien um 47 Prozent an. Ein nicht unbedeutender Teil der Steigerungen dürfte auf Preiseffekte zurückzuführen sein. Aber auch die Importe von Maschinen zeigten sich mit einem Plus von 33 Prozent sehr dynamisch. Die Bezüge von Elektronikerzeugnissen legten um 31 Prozent zu.
Die höchsten Importzuwächse nach Ländern entfielen 2021 auf Lieferanten von Rohstoffen wie Australien (83,3 Prozent), Indonesien (75,2 Prozent), Vereinigte Arabische Emirate (74,2 Prozent), Saudi-Arabien (62,2 Prozent) und Russland (54,2 Prozent). Aber auch wichtige Produzenten von Elektronik- oder IKT-Erzeugnissen erfreuten sich enormer Steigerungsraten wie Südkorea (48,6 Prozent) oder die Philippinen (41,0 Prozent).
| 2021 | Anteil 2021 | Veränderung 2021/20 |
---|---|---|---|
China*) | 188,9 | 42,3 | 24,8 |
USA | 65,7 | 14,7 | 30,0 |
Japan | 29,2 | 6,5 | 24,8 |
Singapur | 25,7 | 5,8 | 34,8 |
Südkorea | 20,1 | 4,5 | 33,0 |
Vietnam | 14,0 | 3,1 | 32,8 |
Malaysia | 13,3 | 3,0 | 40,9 |
Deutschland | 8,2 | 1,8 | 35,4 |
Niederlande | 8,1 | 1,8 | 33,6 |
Summe | 446,4 | 100,0 | 29,4 |
Importe aus Deutschland steigen zweistellig
Die Importe aus Deutschland konnten 2021 um beachtliche 22,8 Prozent auf 12,5 Milliarden US$ anziehen, lagen damit aber auch deutlich unter der durchschnittlichen Steigerung der Gesamteinfuhren. Unter dem Strich verlor Deutschland damit Anteile am „Importkuchen“ Taiwans und landete bei 3,3 Prozent. Noch im Vorjahr konnten die deutschen Lieferungen einen Anteil von 3,6 Prozent erzielen.
Deutschland rutschte somit einen Rang in der Importstatistik nach unten auf Platz 6, Australien rückte auf den 5. Platz vor. Das größte Lieferland China inklusive Hongkong mit einem Anteil von 22 Prozent an den Gesamteinfuhren konnte eine Steigerung von fast 30 Prozent erreichen. Die Zweit- und Drittplatzierten Japan und USA erzielten ein Wachstum in der Größenordnung der deutschen Lieferungen.
Industriewaren "made in Germany" im Aufwind
Bei den Einfuhren aus Deutschland entwickelten sich vor allem die Kategorien Medizintechnik, optische und Präzisionsinstrumente (+37 Prozent), Chemikalien (+35 Prozent) und Maschinen inklusive elektrischer Maschinen (+26 Prozent) positiv. Die Exporte von Taiwan nach Deutschland stiegen im vergangenen Jahr auf 8,2 Milliarden US$. Deutschland konnte gemäß der taiwanischen Statistik aber dennoch einen deutlichen Handelsüberschuss im Wert von 4,3 Milliarden US$ erzielen. Der Außenhandel zwischen den beiden Märkten überschritt damit 2021 erstmalig die Schwelle von 20 Milliarden US$.
| 2021 | Anteil 2021 | Veränderung 2021/20 |
---|---|---|---|
China*) | 84,2 | 22,1 | 29,9 |
Japan | 56,1 | 14,7 | 22,3 |
USA | 39,1 | 10,3 | 20,2 |
Südkorea | 30,6 | 8,0 | 48,6 |
Australien | 14,8 | 3,9 | 83,3 |
Deutschland | 12,5 | 3,3 | 22,8 |
Singapur | 12,1 | 3,2 | 34,3 |
Malaysia | 11,8 | 3,1 | 19,2 |
Niederlande | 10,2 | 2,7 | 55,8 |
Summe | 381,2 | 100,0 | 33,2 |
Dynamik lässt 2022 nach
Die Prognosen für den taiwanischen Außenhandel im Jahr 2022 gestalten sich etwas moderater. Die Regierungsbehörde DGBAS (Directorate-General of Budget, Accouting and Statistics) geht von einem Anziehen der Exporte um 4,2 Prozent aus, die Importe sollen um 3,3 Prozent zulegen. Vorhersagen privater Finanzinstitute liegen etwas darüber, aber immer noch im einstelligen Bereich. Die rückläufige Dynamik wird von Experten mit den hohen Basiseffekten aus dem Vorjahr und einer etwas weniger rasanten globalen Nachfrage im Halbleiterbereich begründet.
Taiwan weist bei seinen Exporten immer noch eine hohe regionale und sektorale Abhängigkeit auf. Die Ausfuhren fließen zu jeweils mehr als die Hälfte in zwei Länder – nach China und in die USA. Elektronik- und IKT-Produkte wiederum determinieren zu über 50 Prozent die Ausfuhrdynamik. In den vergangenen Jahren profitierte Taiwan von der hohen Nachfrage in diesen Bereichen und Regionen, allerdings birgt diese Konstellation auch Risiken. Die Regierung bemüht sich daher, die Ausfuhren im Rahmen der New Southbound Policy stärker nach Südostasien und Indien auszurichten und damit Exportstruktur zu diversifizieren.