Wirtschaftsumfeld | Thailand | Wirtschaftsstruktur
Deutschland und Thailand passen gut zusammen
Thailand und Deutschland sind stark industrialisiert. Wobei Thailand immer noch viele Technologien aus dem Ausland benötigt und deutsche Technik gut gebrauchen kann.
23.05.2024
Von Thomas Hundt | Bangkok
In Thailand leben rund 72 Millionen Menschen und damit fast so viele wie in Deutschland. Die Wirtschaftsleistung entspricht allerdings nur einem Achtel des Bruttoinlandsproduktes (BIP) der Bundesrepublik. Die wirtschaftlichen Niveaus sind also unterschiedlich, Herausforderungen wie Klimawandel und Energiewende aber ähnlich. Deutschland unterstützt Thailand beim wirtschaftlichen Aufholprozesse und deutsches Know-how ist sehr willkommen.
Andere asiatische Schwellenländer sind in den vergangenen Jahren aber schneller als Thailand gewachsen. Vietnam zieht mehr ausländische Investoren an, die Philippinen punkten in Dienstleitungssektoren. Die Einwohnerzahlen in diesen beiden Ländern sind zudem größer und ihre Menschen im Durchschnitt Mittel deutlich jünger.
Dennoch, für deutsche Firmen bleibt das thailändische Königreich unter den zehn Staaten des Verbands Südostasiatischer Nationen ASEAN ein wichtiger Markt. Thailand erzielt nach Indonesien immerhin die zweitgrößte Wirtschaftsleistung in der Region.
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Zu wenige Innovationen und Fachkräfte
Die Wirtschaft läuft Gefahr, auf ihrem mittleren Entwicklungsniveau zu verharren. Reformen und mehr Unternehmertum könnten aus dieser Falle, der sogenannten Middle Income Trap, führen.
Der Staat will gegensteuern und unterbreitet viele Vorschläge, um den Standort moderner und innovativer zu gestalten. Die Regierung will das Land auch als regionale Drehscheibe positionieren. Das heißt, ausländische Unternehmen sollen Hub-Funktionen und hochwertige Aktivitäten nach Thailand verlagern. Die Politik setzt die notwenigen Vorhaben aber nur zögerlich oder wenig durchdacht um.
Mehr Bildung, weniger Bürokratie
Geforscht und entwickelt wird ebenfalls zu wenig. Das Bildungswesen verharrt auf einem mittleren Niveau und stellt zu wenige Fachkräfte für anspruchsvolle Jobs bereit.
Kleine und mittelständische Firmen kämpfen zudem gegen die Bürokratie. Junge Reformkräfte wollen nun tradierte Systeme und Märkte reformieren. Das heißt die Dominanz von wenigen Konzernen aufbrechen, die politisch gut vernetzt sind und sich über Markteintrittsbarrieren gegen Konkurrenz aus dem In- und Ausland schützen.
Arbeitsangebot schrumpft
Der Reformdruck steigt auch, weil das alte Wirtschaftsmodell, das massenhaft günstige Arbeitskräfte einsetzt, nicht mehr funktioniert. Die Lage auf dem Arbeitsmarkt verschärft sich schon länger. Arbeitskräfte werden immer knapper, teurer und älter. Das Medianalter der Bevölkerung liegt bereits bei 39 Jahren. Die Erwerbsbevölkerung im Alter zwischen 15 und 59 Jahren dürfte wegen der geringen Geburtenrate bis 2060 um knapp ein Drittel schrumpfen.
Ausländische Gastarbeiter, die hauptsächlich aus Myanmar kommen, füllen noch den Niedriglohsektor auf, aber dies ist keine Dauerlösung. Industrie, Bau- und Landwirtschaft müssen die Lücken schließen, indem sie effizienter werden und stärker automatisieren.
Thailand steht also vor demografischen Herausforderungen und in einem sich verschärfenden Standortwettbewerb. Dieser Druck sollte zu mehr Investitionen in Infrastruktur und moderne Technologien führen. Davon können deutsche Anbieter, zum Beispiel von Maschinen und Ausrüstungen, profitieren.
Immer noch ein bemerkenswerter Industriestandort
Die wirtschaftliche Substanz, die ab Mitte der 1980er Jahre aufgebaut wurde, ist beachtlich. Das verarbeitende Gewerbe machte 2023 rund ein Viertel der gesamten Wirtschaftsleistung aus – der höchste Anteil in Südostasien.
Sektoren | Anteil Bruttowertschöpfung am BIP 2023 | Anteil an den Beschäftigten 2023* |
---|---|---|
Land- und Forstwirtschaft, Fischerei | 8,6 | 30,6 |
Bergbau (inklusive Öl- und Gasförderung) | 1,9 | 0,1 |
Verarbeitendes Gewerbe | 24,9 | 15,5 |
Energieversorgung | 3,2 | 0,3 |
Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen | 0,4 | 0,2 |
Baugewerbe | 2,5 | 5,5 |
Dienstleistungen | 54,9 | 47,8 |
Die größten Industriebranchen sind die Nahrungsmittel-, Kfz-, Elektro- und Chemieindustrie. Rund um diese Kernindustrien haben sich auch interessante Zulieferbranchen entwickelt. Und zahlreiche Dienstleister wie Logistik und Rechtsberatung kümmern sich um effektive Abläufe. In allen Branchen sind auch deutsche Firmen zu finden.
Auch Produktionstechnik stammt häufig aus Deutschland. Die deutschen Exporte nach Thailand legen seit dem Jahr 2013 aber nur noch in kleinen Schritten zu. Die thailändischen Importe an Investitionsgütern sind zwar kräftig gestiegen, gehen seit der Jahrtausendwende aber hauptsächlich auf das Konto von Lieferanten aus China. Die inländischen Firmen achten sehr auf die Preise.
Standort mit hoher Resilienz
Deutsche Unternehmen sind mit ihren Geschäften und den Standortbedingungen jedoch überwiegend zufrieden. Sie schätzen die gute Infrastruktur und zentrale Lage in Südostasien, die steuerlichen Anreize und Verlässlichkeit der Rahmenbedingungen. Auch die Lebensqualität im Land des Lächelns wird gelobt.
Japanische Firmen sind mit Abstand die größte Gruppe unter den ausländischen Investoren und sie stufen die zahlreichen Industriecluster als positiv ein. Schließlich waren japanische Konzerne maßgeblich am Aufbau dieser Cluster beteiligt und haben sich dort eng mit ihren Zulieferern verflochten.
Für Firmen, die widerstandsfähige Lieferketten suchen, lohnt sich daher ein Blick auf den breit aufgestellten Standort. Seine Resilienz zeigte sich auch während der Coronapandemie. Die meisten Fabriken blieben geöffnet, weil Bevölkerung und Politik umsichtig reagierten und angemessen handelten.
Eine zentrale Wirtschaftsregion bietet Vorteile
Die Dienstleistungsmetropole Bangkok erwirtschaftet knapp die Hälfte des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Die meisten Industriebetriebe sind nebenan in einem besonderen Korridor, dem 13.260 Quadratkilometer großen Eastern Economic Corridor (EEC) zu finden. Die Fläche des EEC ist zwar kleiner als die von Schleswig-Holstein. Die Region Ost mit dem EEC erzielt aber ein weiteres Fünftel des BIP Thailands.
Der EEC liegt südöstlich von Bangkok und ist zudem sehr gut an die Metropole angebunden. Auch seine internationalen Seehäfen Laem Chabang und Map Ta Phut werden stetig ausgebaut und die Flughäfen Suvarnabhumi und Don Mueang in Bangkok an kommende Bedarfe angepasst.
Gebiet | Anteil am BIP (in %) | BIP pro Kopf (in US$ *) | Bevölkerung (in Mio.) |
---|---|---|---|
Großraum Bangkok | 46,6 | 13.295 | 17,4 |
Osten | 18,9 | 14.734 | 6,4 |
Nordosten | 10,1 | 2.741 | 18,3 |
Süden | 8,0 | 4.079 | 9,7 |
Norden | 7,6 | 3.351 | 11,2 |
Zentralregion | 5,2 | 8.126 | 3,2 |
Westen | 3,7 | 4.966 | 3,7 |