Die weltweiten Überkapazitäten verschärfen auch in Thailand den Wettbewerbsdruck. Die Nachfrage und Produktion gehen in vielen Bereichen zurück.
Der Produktionsumsatz der thailändischen Chemieindustrie lag nach Angaben des Deutschen Verbandes der Chemischen Industrie 2022 bei rund 27 Milliarden Euro und wuchs um 5 Prozent gegenüber 2021. Innerhalb Südostasiens liegt der Wert unter den Umsätzen in Indonesien (56 Milliarden Euro), Singapur (46 Milliarden Euro) und Malaysia (41 Milliarden Euro). Somit ist Thailand auf Platz 4 der größten Chemiemärkte in der Region.
35 Mio.
Tonnen pro Jahr
beträgt die Kapazität der Petrochemie in Thailand.
Importe waren beachtlich
Die Importe von chemischen Erzeugnissen betrugen 2023 rund 33 Milliarden US-Dollar (US$). Allerdings gingen sowohl die gesamten Einfuhren als auch die deutschen Lieferungen 2023 stark zurück. Deutschland kam auf einen Anteil von 4,2 Prozent an den gesamten Importen.
Einfuhren chemischer Erzeugnisse nach Thailand (in Millionen US-Dollar; Veränderung in Prozent)Bezeichnung (HS-Kapitel) | 2023 | Veränderung 2023/2022 | 2023 aus Deutschland |
---|
Industriechemikalien (28, 29) | 7.158 | -19,9 | 194 |
Arzneimittel (30) | 3.135 | -10,9 | 486 |
Düngemittel (31) | 2.263 | -27,5 | 43 |
Farben und Lacke (32) | 1.459 | -12,5 | 81 |
Kosmetika (33) | 1.839 | 10,1 | 19 |
Reinigungsmittel (34) | 828 | -8,8 | 54 |
Verschiedene chemische Erzeugnisse (38) | 5.860 | -12,5 | 226 |
Kunststoffe und Waren daraus (39) | 9.808 | -9,9 | 262 |
Sonstige (35, 36, 37) | 619 | -5,9 | 29 |
Chemie insgesamt (28 bis 39) | 32.969 | -13,4 | 1.394 |
Quelle: Ministry of Commerce 2024
Petrochemie ist wichtig für das Land
Thailand ist der größte Petrochemiestandort in Südostasien und liegt weltweit auf dem 16. Platz. Die Petrochemie ist sehr breit aufgestellt, gut integriert und deckt die gesamte Produktionskette ab.
Der Branchenverband Petrochemical Industry Club berichtet, dass 2024 Herausforderungen wie Preisdruck durch die weltweiten Überkapazitäten und hohe Kosten für Rohstoffe bestehen bleiben. Erst 2025 dürfte die Branchenkonjunktur wieder nach oben zeigen.
Das Petroleum Institute of Thailand erfasst die genauen Lieferketten und Akteure in der thailändischen Petrochemie. Die meisten Kapazitäten werden für Downstream- und Upstream-Produkte benötigt.
Die Raffinerien des Landes müssen drei Viertel ihrer Öl-, Erdgas- und Kondensat-Bedarfe importieren. Die Gesellschaft PTT Exploration and Production will 2024 die Fördermengen im größten Feld Erawan hochfahren und so die Versorgung stabilisieren. In den nächsten Jahrzehnten werden die Lagerstätten im Golf von Thailand allerdings versiegen und müssen durch Importe ersetzt werden.
Die thailändischen Raffinerien erzeugen unter anderem Naphta (Rohbenzin), das in der Upstream-Industrie 70 Prozent des eingesetzten Rohstoffs ausmacht. Die Upstream-Hersteller erzeugen daraus Grundchemikalien, die wiederum zu 80 Prozent an lokale Hersteller von Zwischen- und Downstream-Produkten geliefert werden. Deren Erzeugnisse gehen anschließend zu mehr als 50 Prozent ins Ausland. Hauptabnehmer sind China und Länder der südostasiatischen Staatengemeinschaft Association of Southeast Asian Nations (ASEAN).
Die wichtigsten inländischen Endabnehmer von petrochemischen Erzeugnissen sind zu 38 Prozent Firmen aus dem Verpackungssektor sowie aus der Textil- (18 Prozent), Kfz- (12 Prozent) und Elektro-Industrie (11 Prozent).
Größtes Petrochemiecluster befindet sich in Map Ta Phut
Thailands Industriebranchen, einschließlich der Chemie, sind im wichtigsten Wirtschaftskorridor des Landes zu finden, dem 13.260 Quadratkilometer großen Eastern Economic Corridor (EEC). Das Zentrum der Petrochemie befindet sich innerhalb des EEC in der Region Map Ta Phut.
Die "Map Ta Phut Industrial Estate" wurde 1990 speziell für die Petrochemie gegründet und wird von der staatlichen Industrial Estate Authority of Thailand verwaltet. Der Map Ta Phut-Industriepark umfasst 16 Quadratkilometer. Dort haben sich 57 petrochemische Großbetriebe angesiedelt. Der Park verfügt darüber hinaus über Raffinerien, Kraft- und Stahlwerke sowie einen Chemiehafen. Der Tiefseehafen Map Ta Phut Port wird derzeit in einer dritten Stufe ausgebaut und erhält zusätzliche Terminals und Lager für Gas und Flüssigstoffe.
Hersteller von chemischen Erzeugnissen sind zudem in anderen Teilen des EEC zu finden, zum Beispiel im Industriegebiet Bangpoo. Thailand produziert auch Körperpflegemittel, Harze, Chemiefasern sowie Farben und Lacke.
Schönheit ist ein Wachstumsmarkt
Der Markt für Körperpflegemittel und Kosmetika, der 2022 ein Volumen von 5,3 Milliarden US$ erreichte, entwickelt sich sehr positiv und wird im unteren und mittleren Segment von heimischen Herstellern bedient. Diese sind auch als Auftragsfertiger für internationale Konzerne tätig. Das Werk von Beiersdorf beispielsweise ist eines der größten unter den 4.000 Herstellern von Schönheitsprodukten.
Die thailändische Pharmaindustrie produziert hauptsächlich Generika. Der gesamte Produktionswert lag 2021 nach Angaben des Verbands der Chemischen Industrie bei 2,2 Milliarden Euro. Die Zulassungsstelle Food and Drug Administration zählte 2021 insgesamt 151 pharmazeutische Betriebe, die den Standards der "Guten Herstellungspraxis der Pharmaindustrie (PIC/S GMP)" entsprachen. Von diesen können jedoch nur zwölf Betriebe Wirkstoffe herstellen.
Nachhaltigkeit wird wichtiger
Die 2,8 Millionen Tonnen Plastikabfall der rund 2.500 Kunststoff verarbeitenden Betriebe werden bislang nur selten gesammelt und wiederverwertet. Die Kunststoffindustrie steigt nun ins Recycling ein. Das thailändisch-österreichische Gemeinschaftsunternehmen ENVICCO hat 2022 eines der größten Recyclingwerke in Asien für Polyethylenterephthalat und Hart-Polyethylen mit einer Kapazität von 45.000 Jahrestonnen eröffnet.
Auch bio-basierte Kunststoffe werden produziert. Pflanzliche Rohstoffe wie Zuckerrohr, Maniok, Mais oder Holz stehen in großen Mengen bereit. Das niederländische Unternehmen Total Corbion PLA nutzt Zuckerrohr und stellt Bioplastik (Polylactide; PLA) her. Auch NatureWorks aus den USA will 2025 eine PLA-Anlage eröffnen, die Zuckerrohr einsetzt. Der Konzern Lenzing aus Österreich eröffnete 2022 das weltgrößte Lyocell-Werk mit einer Jahreskapazität von 100.000 Tonnen. Die Holzfasern gehen hauptsächlich an Textilfirmen.
Investitionen werden gefördert
Das Thailand Board of Investment (BOI) fördert Investitionen in Fertigungen von genau definierten Produktgruppen, auch für Projekte in der Chemieindustrie. Investoren erhalten vom BOI auf Antrag Steuerbefreiungen von drei bis acht Jahren und andere Privilegien. Das BOI genehmigte von 2021 bis 2023 insgesamt 306 Investitionsprojekte im Chemiesektor, die zusammen einen Wert von 3,6 Milliarden US$ auswiesen.
Ausgewählte Investitionsprojekte der chemischen Industrie in ThailandAkteur; Projekt | Investitionssumme (in Mo. US$) | Projektstand | Anmerkungen |
---|
AGC (Japan); Ausbau Chlor-Alkali Prozess | 680 | Inbetriebnahme 2025 | Ausbau der Kapazitäten für Natronlauge, Vinylchloridmonomer und Polyvinylchlorid, in Rayong. |
NatureWorks; Herstellung von Biopolymer-Polymilchsäure | 600 | Inbetriebnahme 2025 | Kapazität 75.000 Jahrestonnen, Rohstoff Zuckerrohr, in der Provinz Nakhon Sawan. |
Denka SCGC Advanced Materials; Herstellung von Acetylene Black | 400 | Inbetriebnahme 2026 | Kapazität 11.000 Jahrestonnen, Joint Venture aus Denka (Japan) und SCG Chemicals, in Rayong. |
Thai MMA; Fertigung von Methacrylsäure | 9 | Fertigstellung August 2024 | Kapazität 10.000 Jahrestonnen, in Rayong. |
Birla Carbon; Fertigung von Carbon Black (Industrieruß) | k. A. | Ankündigung | Kapazität 120.000 Jahrestonnen im Jahr 2025, danach Ausbau auf 240.000 Tonnen, in Rayong. |
Quelle: Unternehmensangaben 2024
Stand: März 2024
Von Thomas Hundt
|
Bangkok