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Branche kompakt | Tschechische Republik | Maschinenbau

Markttrends

Tschechiens Maschinenbau hat eine lange Tradition. Seine Stärken sind Ausrüstungen für die Energie- und Transportwirtschaft sowie Werkzeug- und Umformmaschinen.

Von Gerit Schulze | Prag

Aktuell kriselt Tschechiens Maschinenbau vor allem wegen ausbleibender Bestellungen aus Deutschland. Außerdem sind die Unternehmen durch den zunehmenden Wettbewerbsdruck aus Asien herausgefordert, erklärt Oldřich Paclík, Geschäftsführer des tschechischen Maschinenbauverbands Svaz strojírenské technologie (SST). Nach seinen Angaben leidet die Branche unter den gestiegenen Energie- und Rohstoffpreisen sowie unter dem Verlust wichtiger Absatzmärkte. 

Vor Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine gingen 3 bis 4 Prozent der tschechischen Maschinenexporte nach Russland. Vor allem bei Ausrüstungen für die Energiewirtschaft und bei Metallbearbeitungsmaschinen waren russische Kunden wichtig. Das Liefervolumen an Maschinenbauprodukten erreichte zu Spitzenzeiten über 700 Millionen Euro. Nach Russlands Einmarsch in der Ukraine sank der Wert 2023 auf 130 Millionen Euro, und der Anteil des Landes an Tschechiens Maschinenexporten schrumpfte auf 0,5 Prozent. 

Fachkräfte fehlen und Personalkosten steigen

Eine weitere Herausforderung für die Branche sind der Fachkräftemangel und die steigenden Personalkosten. Das Arbeitsministerium meldete im 1. Quartal 2024 über 1.000 offene Stellen für Maschinenbauingenieure und Maschinenbautechniker. Außerdem fehlten landesweit über 76.000 Anlagen- und Maschinenbediener. So viele Fachkräfte wurden in keiner anderen Berufsgruppe gesucht. Dadurch steigt der Druck auf die Löhne. Im 1. Quartal 2024 betrug der Bruttomonatslohn im Maschinenbau 44.500 Kronen (Kč, 1.800 Euro) und lag damit leicht über dem Landesdurchschnitt. Der Lohnzuwachs gegenüber der Vorjahresperiode betrug nominal 7,5 Prozent. Die Zahl der Beschäftigten schrumpfte im selben Zeitraum um über 3 Prozent auf knapp 111.000 Vollzeitstellen.

"Das zwingt die Maschinenbauunternehmen, in Automatisierung, Robotik und Digitalisierung zu investieren", sagte Verbandschef Paclík auf Nachfrage von Germany Trade & Invest. Digitalisierung und die Verbesserung der Energieeffizienz seien die Haupttreiber, um die Wettbewerbsfähigkeit der Branche zu erhöhen.

30.000 Roboter

sind derzeit laut Schätzungen in Tschechiens Industrie im Einsatz.

Wichtiger Absatzmarkt für Industrieroboter

Beim Einsatz von Industrierobotern liegt Tschechien bereits über dem europäischen Durchschnitt. Laut Publikation "World Robotics 2023 - Industrial Robots" des deutschen Maschinenbauverbands VDMA wurden in Tschechien 2022 knapp 2.800 Industrieroboter installiert. Damit lag das Land weltweit auf Platz 17, noch vor dem Vereinigten Königreich, Österreich und den Niederlanden. In Mittelosteuropa ist Tschechien nach Polen der zweitwichtigste Absatzmarkt. Insgesamt sind inzwischen schätzungsweise knapp 30.000 Roboter im Einsatz, die meisten in der Automobilindustrie, der Metallverarbeitung und Kunststoffproduktion. Sie dienen überwiegend zur Materialbearbeitung, zum Schweißen und für Montagezwecke. Die Roboterdichte im verarbeitenden Gewerbe Tschechiens liegt bei rund 190 je 10.000 Beschäftigten, in der Autoproduktion bei 640 Robotern je 10.000 Beschäftigten. Der VDMA erwartet für die nächsten Jahre einstellige Wachstumsraten bei der Neuanschaffung von Industrierobotern in Tschechien.

Auch bei der Entwicklung neuer Industrieroboter spielt Tschechien eine wichtige Rolle. Das Czech Institute of Informatics, Robotics and Cybernetics (CIIRC) forscht zum Beispiel an Robotern für die Demontage und Wiederverwendung von Batterien aus Elektroautos sowie an Robotern für Maurertätigkeiten in der Bauwirtschaft.

Neue Aufträge aus dem Fahrzeugbau zu erwarten

Trotz der aktuell durchwachsenen Lage im tschechischen Maschinenbau gibt es Grund für Optimismus. Die wichtigste Abnehmerbranche - die Automobilindustrie - hat die Talsohle durchschritten und verzeichnet wieder wachsende Produktionszahlen. Ihr Ordervolumen stieg 2023 um 6 Prozent und im Zeitraum Januar bis April 2024 nochmals um 13 Prozent. Tschechiens Pkw-Produktion erzielte im 1. Quartal 2024 mit fast 400.000 Fahrzeugen einen Rekordwert. Die Branche klagt besonders stark über Personalmangel und muss daher weiter automatisieren. 

Langsamer als erhofft kommt die Umstellung auf alternative Antriebsarten voran. Nur 5 Prozent der im 1. Quartal 2024 in Tschechien montierten Autos hatten einen Batterieantrieb. Die Regierung ist seit längerem vergeblich auf der Suche nach Investoren für größere Batteriefabriken. Nach einer Absage von Volkswagen verhandelt Prag nun mit einem asiatischen Interessenten für eine Gigafactory in Mährisch-Schlesien.

Größere Investitionen plant der Lkw-Hersteller Tatra Trucks in Kopřivnice. Für das Werk werden neue Maschinen beschafft, um die Produktionsprozesse zu rationalisieren. Dafür sind Investitionen von knapp 30 Millionen Euro vorgesehen. Ziel ist es, das Produktionsvolumen auf 2.500 Fahrzeuge pro Jahr zu erhöhen. Modernisiert wird unter anderem die Motorenbearbeitung mit einer neuen CNC-Anlage. 

Die staatliche Bahngesellschaft Česke dráhy und andere Bahnbetreiber in Tschechien investieren in Ausbesserungswerke für rollendes Material. Zum Teil werden neue Reparaturdepots gebaut. 

Geplanter Bau von Atomreaktoren bringt Impulse

Das größte Investitionsvorhaben der nächsten Jahre ist der Bau neuer Atommeiler. Die Regierung will bis zu vier neue Reaktoren errichten lassen und noch in diesem Jahr über die Technologie entscheiden. Im Rennen sind die französische EDF und die südkoreanische KNHP. Südkorea hat über seine Beteiligung an Doosan Škoda Power in Plzeň bereits eine starke lokale Fertigungsbasis für Generatoren und Kraftwerksturbinen. Sollte KNHP den Zuschlag bekommen, sind weitere Investitionen für die tschechischen Werke angekündigt. 

Bedarf an Kraftwerksausrüstungen besteht auch durch ein Vorhaben des größten Stromversorgers ČEZ. Der Konzern will bis 2030 die kohlebefeuerten Wärmekraftwerke im Land auf Biomasse und Erdgas umstellen. Dafür sind Investitionen von über 3 Milliarden Euro nötig.

Ausgewählte Investitionsprojekte der Maschinenbauindustrie in der Tschechischen Republik
Akteur/ProjektInvestitionssumme (in Mio. Euro) *)ProjektstandAnmerkungen
Doosan Škoda Power / Produktion kleiner Generatoren und Entwicklung von Gas- und Wasserstoffturbinen in Plzeň

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Investition im Mai 2024 bekannt gegebenUnter anderem Produktion von Generatoren für kleine modulare Kernreaktoren (SMR) geplant
Škoda Ekova / Produktion von Straßenbahnen in Ostrava

Investitionsanreize in Höhe von 1,6 Mio. Euro bereits 2023 zugesagtKnow-how der Gruppe Škoda Transportation
Panasonic AVC Networks Czech / Erweiterung der Wärmepumpenproduktion in Plzeň

k.A. 

Plan bis Mitte 2026Erhöhung der Jahreskapazität auf 500.000 Stück, 2.000 neue Arbeitsplätze
Takenaka Europe / Werk zur Produktion von Folien aus Metall und Kunststoff im Gewerbegebiet bei Most

k.A.

Bau läuft seit 2023; volle Kapazität der Produktion ab 2027Umweltverträglichkeitsprüfung muss nicht durchgeführt werden
Suchánek & Walraven / Galvanisierungsanlage im Gebäude des Presswerks und Neubau einer Produktionshalle für Gummiteile in Borovnice

k.A.

Baubeginn verzögert sich wegen fehlender GenehmigungenUmweltverträglichkeitsprüfung steht noch aus
Stannah / Erweiterung der Produktion von Schienen für Treppenhausaufzüge in Brno 

k.A.

2023 Umzug in ein neues GebäudeFür 2024 Verlegung der kompletten Europaproduktion nach Brno geplant
* Umrechnung anhand des Wechselkurses 1 Euro = 24,725 Tschechische Kronen (Tschechische Nationalbank, 29. Mai 2024).Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2024

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