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Special | Tunesien | Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz | Umsetzungshilfe Risikoanalyse

Verstoß gegen das Verbot der Ungleichbehandlung in Beschäftigung

Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Tunesien unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

(Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 7 LkSG)

Kurzbeschreibung: Verboten ist die Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz aufgrund von nationaler und ethnischer Abstammung, sozialer Herkunft, Gesundheitsstatus, Behinderung, sexueller Orientierung, Alter, Geschlecht, politischer Meinung, Religion oder Weltanschauung, sofern diese nicht in den Erfordernissen der Beschäftigung begründet ist.

Gesetzliche Grundlagen

Tunesien ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO) und hat neun von zehn Kernübereinkommen ratifiziert (Stand: September 2024). Dazu gehören die hier relevanten Übereinkommen über Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf (ILO-Übereinkommen Nr. 111) und das Übereinkommen über die Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit (ILO-Übereinkommen Nr. 100). Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country.

Die tunesische Verfassung sieht in Art. 23 einen allgemeinen Gleichheitssatz vor, Art. 27 garantiert die Religionsfreiheit, Art. 51 die Chancengleichheit zwischen Mann und Frau, Art. 54 soll die Diskriminierung auf Grund einer Behinderung ausschließen. Tunesien ist der UN-Behindertenrechtskonvention beigetreten. Seit 2018 verbietet ein Gesetz die Diskriminierung aufgrund der Rasse. 

Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.

Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.

Risiken

Im Länderranking The Global Gender Gap 2024 des Weltwirtschaftsforums liegt Tunesien beim Subindex Economic Participation and Opportunity auf Rang 131 unter insgesamt 146 Ländern weltweit. Die eingangs genannten Programmsätze finden in der Realität nur einen geringen Niederschlag. Die Entgelte von Frauen in der Privatwirtschaft sind 20 bis 30 Prozent niedriger als die von Männern. 

Die Produktion von Kabelbäumen und die Bekleidungsproduktion sind sehr handarbeitsintensiv, die Arbeiten werden zum Gros von Frauen verrichtet. Einer Studie des Forums Ibn Khaldoun vom Mai 2021 zufolge sind 70 Prozent der Arbeitnehmenden in der Landwirtschaft Frauen. Laut ILO sind in Tunesien Frauen stärker gefährdet im informellen Sektor zu arbeiten als Männer. Auch sind sie laut Angaben des nationalen Statistikamts stärker von Arbeitslosigkeit betroffen. Die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen sind in der Landwirtschaft höher als in der exportorientierten Fertigungsindustrie. 

Von Arbeiterinnen in der Textilindustrie wird beklagt, dass es teilweise keine schriftlichen Arbeitsverträge gibt oder dass die Arbeitsverträge gesetzliche Vorschriften missachten. Dies gibt eine Studie der Avocats Sans Frontières, des Forum Tunisien des Droits Economiques et Sociaux und der Organisation I Watch vom Mai 2023 wieder. Des Weiteren seien die Verträge häufig nur auf Französisch, was für die größtenteils arabofonen Beschäftigten problematisch ist. Die Frauen erhalten häufig befristete Verträge, die ohne wirklichen Sachgrund immer wieder verlängert werden. 

LGBTIQ-Personen werden in Tunesien erheblich diskriminiert. Auf homosexuelle Handlungen steht gemäß Artikel 230 des tunesischen Strafgesetzbuchs Haft von bis zu drei Jahren. Nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen kam es 2022 trotz Protesten immer noch zu entsprechenden Verurteilungen von Gefängnisstrafen. Zudem berichten Betroffene von Diskriminierung am Arbeitsplatz und durch Polizeikräfte.

In Hinblick auf die für deutsche Unternehmen relevanten Industriesektoren könnten Beschwerden über Diskriminierung im Zusammenhang mit Nachtarbeit beziehungsweise Nachtarbeitszuschlägen relevant werden. Artikel 66 des code du travail verbietet die Nachtarbeit von Frauen. Das Verbot ist tarifdispositiv beziehungsweise kann durch die Arbeitsinspektion aufgehoben werden. 

Um mögliche Risiken bei der Ungleichbehandlung in Beschäftigung in Tunesien zu ermitteln, können Unternehmen auf den CSR Risiko-Check zurückgreifen.

Präventions- und Abhilfemaßnahmen

Die AHK Tunesien ist Teil des weltweiten Netzwerkes der deutschen Auslandshandelskammern (AHK) zur Förderung der deutschen Außenwirtschaftsbeziehungen. Sie bietet praxisbezogene Marktinformationen, konkrete Geschäftspartnervermittlungen, umfassende Investitionsberatung sowie Fachveranstaltungen. 

Am 23. April 2024 wurde der Responsible Business Helpdesk (RBH) in Tunesien offiziell eingerichtet. Der Helpdesk wird vom tunesischen Arbeitgeberverband Union Tunisienne de l'Industrie, du Commerce et de l'Artisanat (UTICA) in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) betrieben. 

Das Netzwerk wird von der Initiative für globale Solidarität (IGS) im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unterstützt. Für Beratungen kann die Koordinatorin des Zentralbüros des RBH und Verantwortliche in der Zentraldirektion für soziale Angelegenheiten bei der UTICA, Manel Zawali, kontaktiert werden: +216 98 692 604 beziehungsweise zawalimanel@yahoo.fr.

Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots der Ungleichbehandlung in Beschäftigung können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter Diskriminierung im Sorgfaltsprozess adressieren, Gleichstellung der Geschlechter im Sorgfaltsprozess adressieren, Rechte indigener Völker im Sorgfaltsprozess adressieren eingesehen werden.

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