Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Südafrika unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.
(Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 5 LkSG)
Kurzbeschreibung: Maßgeblich ist das Recht des Beschäftigtenortes. Verstöße gegen das national anwendbare Arbeitsschutzrecht sind verboten, wenn dadurch die Gefahr von Unfällen bei der Arbeit oder arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren entstehen. Dies kann durch ungenügende Sicherheitsstandards, Fehlen geeigneter Schutzmaßnahmen und ungenügende Ausbildung und Unterweisung verursacht werden.
Gesetzliche Grundlagen
Südafrika ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO) und hat neun von zehn Kernübereinkommen ratifiziert. Dazu gehört das hier relevante Übereinkommen über Arbeitsschutz und Arbeitsumwelt (ILO-Übereinkommen Nr. 155). Das Kernübereinkommen über den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz (ILO-Übereinkommen Nr. 187) hat Südafrika bisher nicht ratifiziert (Stand: Juli 2023). Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country.
Südafrika hat in der post-Apartheid-Ära eine – auch gemessen an fortgeschrittenen Industriestaaten – progressive Arbeitsgesetzgebung hervorgebracht. Mit dem "Occupational Health and Safety Act“ (englische Übersetzung) hat das Land bereits im Jahr 1993 ein eigenes Arbeitsschutzgesetz verabschiedet. Ziel des Gesetzes ist es, für die Gesundheit und Sicherheit von Menschen bei der Arbeit oder im Zusammenhang mit der Nutzung von Anlagen und Maschinen zu sorgen. Außerdem regelt es den Schutz von anderen Personen als Arbeitnehmern vor Gefahren, die sich aus der Tätigkeit von Arbeitnehmern oder im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit ergeben.
Das Gesetz verpflichtet Arbeitgeber für eine sichere Arbeitsumgebung ohne Gefahr für die Gesundheit von Arbeitnehmern zu sorgen. Dafür muss der Arbeitgeber alle Arbeitsmittel in einem Zustand bereitstellen, der die Gesundheit und Sicherheit der Beschäftigten nicht beeinträchtigt. Dazu kann der Arbeitgeber auch persönliche Schutzausrüstungen zur Verfügung stellen. Zuvor sollte der Arbeitgeber aber versuchen, jede Gefahr für die Gesundheit und Sicherheit seiner Arbeitnehmer zu beseitigen oder zu verringern.
Um diese Pflichten zu erfüllen, muss ein Arbeitgeber potenzielle Gefahren ermitteln, die bei der Herstellung, Verarbeitung, Verwendung, Lagerung oder Beförderung von Gegenständen auftreten können. In einem nächsten Schritt hat er diejenigen Vorsichtsmaßnahmen festzulegen, die erforderlich sind, um seine Arbeitnehmer vor den ermittelten Gefahren zu schützen. Zudem muss ein Arbeitgeber dafür sorgen, dass jeder Beschäftigte über die Gesundheits- und Sicherheitsrisiken informiert ist und diese auch klar versteht.
Das Gesetz kennt auch verschiedene Pflichten des Arbeitnehmers. Dieser hat zunächst für seine eigene Gesundheit und Sicherheit sowie für die Gesundheit anderer Personen zu sorgen, die durch seine Handlungen oder Unterlassungen beeinträchtigt werden können. Weiter muss er mit dem Arbeitgeber zusammenarbeiten, damit dieser seine gesetzlichen Pflichten einhalten kann. Dazu zählt beispielsweise das Tragen der vorgeschriebenen Sicherheitskleidung, wenn dies erforderlich ist. Ebenso ist der Arbeitnehmer verpflichtet, unsichere oder gesundheitsschädliche Zustände dem Arbeitgeber oder dem Beauftragten für Sicherheit und Gesundheitsschutz so bald wie möglich zu melden.
Eine weitere wesentliche Vorschrift des Gesetzes ist die verpflichtende Einrichtung eines oder mehrere Beauftragte für Sicherheit und Gesundheitsschutz. Dabei handelt es sich in der Regel um vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer, die vom Arbeitgeber benannt oder gewählt und schriftlich bestimmt werden. Sie müssen zumindest mit den Umständen und Bedingungen in dem Teil des Betriebs vertraut sein, für den sie benannt werden.
Für jede Arbeitsstätte mit mehr als 20 Beschäftigten muss ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzbeauftragter benannt werden. Bis zu einer Anzahl von 19 Arbeitnehmern ist die Benennung eines solchen Vertreters nicht erforderlich. Es muss laut Arbeitsschutzgesetz immer für jeweils 100 Beschäftige ein Vertreter benannt werden.
Kontrolliert wird die Einhaltung des Arbeitsschutzgesetzes in Südafrika von den Inspektoren für Sicherheit und Gesundheitsschutz des Arbeitsministeriums. Beauftragte für Sicherheit und Gesundheitsschutz haben das Recht diese Inspektoren bei einer Inspektion des Arbeitsplatzes zu begleiten und mögliche Fragen zu beantworten. Darüber hinaus haben sie das Recht auf Kommentare und Stellungnahmen zu Rechtsvorschriften mit Bezug zum Arbeitsschutz. Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.
Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.
Risiken
Nach Angaben der ILO wurden landesweit im Jahr der letzten Erhebung (2018) knapp 219.000 Inspektionen von Arbeitsplätzen durchgeführt. Gegenüber dem Stand fünf Jahre zuvor (2013) hat sich die Zahl der Kontrollen damit mehr als verdoppelt. Leider werden Arbeitsunfälle in Südafrika weder durch die ILO noch durch die nationale Statistikbehörde systematisch erfasst. Eine wissenschaftliche Arbeit zum Thema hat die Jahresberichte des Kompensationsfonds beim Arbeitsministerium für die Jahre 2001 bis 2019 ausgewertet. Demnach liegt die durchschnittliche Zahl der gemeldeten Arbeitsunfälle bei etwa 200.000 im Jahr mit leicht abnehmender Tendenz in den letzten Jahren.
Südafrika verfügt über bedeutende Vorkommen zahlreicher mineralischer Rohstoffe. Neben den bekannteren Produkten wie Gold, Platin, Diamanten und Kohle gehören dazu auch Chrom, Titan oder Vanadium. Je nach Art der Lagerstätten werden diese im Tagebau oder im Untertagebergbau gefördert. In Südafrika befinden sich einige der tiefsten Bergwerke der Welt. In extremen Fällen befinden sich die abgebauten Gesteinsschichten in Tiefen von 3.000 bis 4.000 Metern unter der Erde. Hieraus ergeben sich zum Teil kritische Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten.
Risiken und Gesundheitsgefahren entstehen beim Betrieb von Maschinen und Ausrüstungen, im Zuge bergbaulicher Maßnahmen wie Sprengungen sowie durch die Umweltbedingungen in den Bergwerken, insbesondere unter Tage. Gefahrenbereiche stellen im einzelnen elektrischer Strom, Sprengstoffe, Brand- und Explosionsrisiken sowie generell bewegliche Geräte dar. Ein Gesundheitsrisiko ist vor allem der Staub sowie unter Tage auch eine unzureichende Sauerstoffversorgung.
Um mögliche Risiken bei der Missachtung von Arbeitsschutz und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren in Südafrika zu ermitteln, können Unternehmen auf den CSR Risiko-Check zurückgreifen.
Präventions- und Abhilfemaßnahmen
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer für das südliche Afrika bietet Trainings für südafrikanische Unternehmen zum Thema CSR an. Federführend ist dabei das bei der Kammer angesiedelte Kompetenzzentrum Sourcing. Ziel ist es vor allem, die internen Prozesse von Lieferunternehmen anzupassen. Über Webinare soll die Reichweite der Trainings noch erhöht werden.
Die Sorgfaltspflichten für Bergwerksbetreiber regelt in Südafrika der Mine Health and Safety Act 29 von 1996 (MHSA). Das Gesetz etabliert offizielle Stellen zur Kontrolle der Bedingungen in den Bergwerken (Chief Inspector of Mines), zur Weiterentwicklung der Sicherheitsstandards (Mine Health and Safety Council) sowie zur Schulung und Qualifizierung von Mitarbeitern (Mining Qualification Authority).
Konkrete Pflichten für Unternehmen bestehen erstens in der Identifikation und Evaluierung von Risiken im Betrieb. Im zweiten Schritt müssen Maßnahmen zur Kontrolle der identifizierten Risiken entwickelt werden. Für jedes individuelle Risiko und die ergriffenen Maßnahmen zur Linderung bestehen Dokumentationspflichten. Diese Informationen müssen zudem offengelegt werden und regelmäßig (alle 12 bis 24 Monate) aktualisiert werden, insbesondere dann, wenn neue Geräte oder Verfahren eingesetzt werden.
Auch die Beschäftigten verpflichtet das MHSA zur Beachtung relevanter Sicherheitsstandards, etwa zur Einhaltung von Verhaltensregeln und zum Tragen von geeigneter Schutzkleidung. Etwaige Gesundheits- oder Sicherheitsrisiken müssen den Vorgesetzten gemeldet werden. Das Gesetz betont weiterhin die Pflicht, Anweisungen der Sicherheitsbeauftragten zu befolgen.
Der Vision Zero Fund ist eine Multi-Stakeholder-Plattform, die gemeinsam mit Experten Trainings für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit in verschiedenen Lieferketten anbietet. Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots der Missachtung des Arbeitsschutzes können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz eingesehen werden.