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Special | Indien | LkSG | Umsetzungshilfe Risikoanalyse

Menschenrechtliche Risiken, Präventions- und Abhilfemaßnahmen

Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Indien unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

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Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) wurde am 11. Juni 2021 vom Deutschen Bundestag beschlossen und am 22. Juli 2021 im Bundesgesetzblatt verkündet. Es ist am 1. Januar 2023 in Kraft getreten. Im Rahmen dieser Publikation erfolgen Ausführungen zu den menschenrechtlichen Risiken, Präventions- und Abhilfemaßnahmen im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1-8 LkSG. Umweltbezogene Risiken, widerrechtlicher Entzug von Land und Lebensgrundlagen sowie menschenrechtliche Risiken durch private oder staatliche Sicherheitskräfte im Dienste von Unternehmen i.S.d. § 2 Abs. 2 Nr. 9-12, Abs. 3 LkSG werden nicht betrachtet.

Das Angebot unterstützt bei der abstrakten Risikobetrachtung im Rahmen der Durchführung von Risikoanalysen, siehe Handreichung zur Umsetzung von Risikoanalysen nach den Vorgaben des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes vom Bundesamt für Ausfuhrkontrolle (BAFA). 

Die hier zur Verfügung gestellten Informationen stellen Erstinformationen dar und ersetzen keine individuelle rechtliche Beratung. Ein Anspruch auf Vollständigkeit und Ausschließlichkeit der Inhalte wird nicht erhoben.

Herausgeber: Germany Trade & Invest (GTAI), Auswärtiges Amt (AA) und Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK); Redaktionsschluss: 31. Juli 2023

  • Anforderungen des LkSG und Auswirkungen auf Unternehmen

    Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Indien unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

    Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ist am 1. Januar 2023 in Kraft getreten. In den Anwendungsbereich fallen Unternehmen ab 3.000 Arbeitnehmern. Für Unternehmen mit mindestens 1.000 Arbeitnehmern gilt das Gesetz ab dem 1. Januar 2024.

    Mit dem LkSG werden die Unternehmen verpflichtet, in ihren Lieferketten menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in angemessener Weise zu beachten. Der gesetzliche Sorgfaltspflichtenkatalog umfasst dabei folgende Elemente:

    Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) bietet in Fragen und Antworten zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz weiterführende Informationen.

    Grundsätzlich sollen auch Unternehmen, die nicht in den Anwendungsbereich des LkSG fallen, Verantwortung zur Achtung der Menschenrechte übernehmen. Bereits seit 2016 gilt der Nationale Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte (NAP), der entsprechende Erwartungen an alle in Deutschland ansässigen Unternehmen formuliert. Das LkSG orientiert sich weitgehend an den Sorgfaltsvorgaben der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte.

    Kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die zwar nicht den gesetzlichen Sorgfaltspflichten des LkSG unterliegen, können trotzdem mit den Anforderungen des Gesetzes in Berührung kommen. Dies ist dann der Fall, wenn ein KMU als Zulieferer von Waren und Dienstleistungen für ein anderes Unternehmen fungiert, das wiederum den LkSG-Pflichten unterliegt. Das KMU gilt dann als unmittelbarer Zulieferer. Unmittelbare Zulieferer, bei denen ein Risiko vermutet wird, müssen von dem verpflichteten Unternehmen in seine konkrete Risikoanalyse und gegebenenfalls in Präventions- und Abhilfemaßnahmen sowie in die Einrichtung seines Beschwerdeverfahrens einbezogen werden.

    Die Handreichung des Bundesamtes für Ausfuhrkontrolle Zusammenarbeit in der Lieferkette zwischen verpflichteten Unternehmen und ihren Zulieferern bietet KMU eine Hilfestellung, die mit den Anforderungen des LkSG konfrontiert werden. 

    Am 24. Februar 2022 hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine EU-Richtlinie zu unternehmerischen Sorgfaltspflichten vorgelegt, der teilweise über das deutsche LkSG hinausgeht. Am 1. Dezember 2022 der Rat der EU seine Verhandlungsposition (allgemeine Ausrichtung) zur Richtlinie festgelegt. Am 1. Juni 2023 hat das EU-Parlament seine Position beschlossen (Parlamentsentwurf). Derzeit laufen nun die sogenannten Trilog-Verhandlungen zwischen den drei Institutionen über die finale Version der Richtlinie.

    Das Bundesamt für Ausfuhrkontrolle (BAFA) kontrolliert als zuständige Prüfbehörde, ob die betroffenen Unternehmen die gesetzlichen Sorgfaltspflichten angemessen erfüllen.

    Zu den konkreten Aufgaben gehören:

    • zu überprüfen, ob Unternehmen ihrer Berichtspflicht nachkommen
    • die Durchführung von Kontrollen
    • Verstöße festzustellen, zu beseitigen und zu verhindern
    • die Verhängung von Zwangs- und Bußgeldern

    Auswirkungen des LkSG auf Handels- und Investitionstätigkeiten deutscher Unternehmen in Bezug auf Indien

    Unternehmen sind verpflichtet, im Rahmen des Risikomanagements eine Risikoanalyse zur Ermittlung der entsprechenden Risiken im eigenen Geschäftsbereich sowie beim unmittelbaren Zulieferer (sogenannte regelmäßige Risikoanalyse) und in bestimmten Fällen auch beim mittelbaren Zulieferer (sogenannte anlassbezogene Risikoanalyse) zu ermitteln. Der eigene Geschäftsbereich umfasst dabei jede Tätigkeit zur Herstellung und Verwertung von Produkten und zur Erbringung von Dienstleistungen, unabhängig davon, ob sie an einem Standort im In- oder Ausland vorgenommen wird. Insofern sind die weltweiten Tätigkeiten in sämtlichen Betriebsstätten, Fabriken, Lagern und Büros zu betrachten. Auch bei konzernangehörigen Unternehmen kann der Geschäftsbereich des Tochterunternehmens unter bestimmten Voraussetzungen zum Geschäftsbereich des Mutterunternehmens gehören (vgl. § 2 Abs. 6 LkSG).

    Zur (anlassbezogenen) Risikoanalyse und Prävention in der gesamten Lieferkette, also auch bei mittelbaren Zulieferern (mit denen keine Vertragsbeziehung besteht), sind Unternehmen nur dann verpflichtet, wenn sie substantiierte Kenntnis über mögliche Menschenrechtsverletzungen in der Lieferkette haben. Diese besteht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, die eine Verletzung einer menschenrechtlichen oder umweltbezogenen Pflicht möglich erscheinen lassen. Tatsächliche Anhaltspunkte sind zum Beispiel Medienberichte, Beschwerden, Vorfälle in der Vergangenheit, Zugehörigkeit eines mittelbaren Zulieferers zu einer besonders risikobehafteten Branche etc.

    Insbesondere globale Lieferketten bestehen oft aus einer Vielzahl von mittelbaren Zulieferern, die zudem häufig in Entwicklungs- und Schwellenländern ansässig sind. Hier kann es sich anbieten, entsprechende Teile der Lieferkette bereits in die jährliche Risikoanalyse zu integrieren.

    Risiken bestehen in Indien überwiegend im Dienstleistungsbereich und weniger bei der Produktion von Gütern. Zudem ist Indiens Wirtschaft stark von einer Unterteilung in den formellen und den informellen Sektor geprägt. Zwischen 80 und 90 Prozent der Beschäftigten arbeiten im informellen Sektor und mehr als die Hälfte der Wertschöpfung findet dort statt. Die Wahrscheinlichkeit von Verstößen ist im informellen Sektor größer. Gleichzeitig spielt dieser Sektor für die offiziellen Wirtschaftsbeziehungen zwischen deutschen und indischen Unternehmen eine vergleichsweise geringe Rolle. 

    Etwa 1.800 deutsche Unternehmen waren 2021 in Indien ansässig, die rund 500.000 direkte und indirekte Arbeitsplätze stellten. Die Firmen produzierten oder erbrachten dabei Dienstleistungen überwiegend für den lokalen oder regionalen Markt. Die Anzahl von Unternehmen, die für den Export produzieren oder Rohstoffe nach Deutschland exportieren, ist nicht sehr hoch.

    Das Handelsvolumen von Deutschland und Indien betrug 2022 rund 29,9 Milliarden Euro (31,4 Milliarden US-Dollar; US$) und erreichte damit ein Rekordniveau. Deutschland importiert vor allem chemische Erzeugnisse (SITC 5), Bekleidung (SITC 84) und Maschinen (SITC 71 bis 74). Die Gesamtimporte Deutschlands aus Indien beliefen sich 2022 auf 15,6 Milliarden US$.

    Deutschlands Importe aus Indien

    Produkt

    2022 (Anteil in Prozent)

    Chemische Erzeugnisse (SITC 5)

    24,1 

       Industriechemikalien (SITC 51 und 52)

    12,0

       Arzneimittel (SITC 54)

    7,3

    Bekleidung (SITC 84)

    11,8

    Maschinen (SITC 71 bis 74)

    11,0

    Elektrotechnik (SITC 77 minus 776)

    4,7

    Textilien (SITC 65)

    4,3

    Elektronik (SITC 75, 76 und 776)

    4,3

    Sonstige

    39,8

    Werte vorläufig.Quelle: Statistisches Bundesamt 2023

    Die nachfolgende Tabelle zeigt den Import von Produkten, die deutsche Unternehmen aus Indien beziehen, die mit einem Risiko eines Verstoßes gegen einen oder mehrere der in § 2 Abs. 2 Nr. 1-8 LkSG aufgeführten Verbotstatbestände behaftet sein können: Kinderarbeitsverbot, Verbot der schlimmsten Formen von Kinderarbeit, Verbot von Zwangsarbeit, Verbot aller Formen von Sklaverei, Verbot der Missachtung von Arbeitsschutz, Verbot der Missachtung der Koalitionsfreiheit, Verbot der Ungleichbehandlung in Beschäftigung, Verbot des Vorenthaltens eines angemessenen Lohns. 

    Deutsche Importe möglicher risikobehafteter Produkte aus Indien

    Produktgruppe

    Produkt (HS-Kennung)

    2022 (in Millionen US$)

    Nahrungsmittel

    Tee (0902)

    50,5

    Reis (1006)

    38,3

    Cashewnüsse (0801.30; 0801.21; 0801.32)

    12,2

    Zucker aus Zuckerrohr (1701)

    0,7

    Rohstoffe

    Mica (2525)

    5,2

    Baumwolle (5201, 5203)

    4,1

    Steinkohle (2701)

    0,3

    Textilien/Bekleidung

    Stickereien (5810)

    2,3

    Rohseide und Gewebe aus Seide (5002; 5007)

    2,0

    Seidengarn (5004; 5005; 5006)

    0,06

    Baumwollgarn (5204; 5205; 5206; 5207)

    64,7

    Schuhe (6401; 6402; 6403; 6404; 6405)

    454,8

    Lederwaren (Gepäck wie Koffer, aber auch Artikel wie Geldbörsen und Bekleidung, 4202.11; 4202.31; 4202.91; 4203.10; 4203.29; 4203.30; 4203.40)

    228,3

    Bearbeitete Waren

    Teppiche (57)

    157,4

    Räucherstäbchen (Agarbatti, 3307.41)

    2,2

    Haushaltsartikel aus Kupfer und Legierungen (7418)

    1,9

    Aufblasbare Bälle (9506.62)

    1,6

    Pyrotechnische Waren

    Feuerwerk (3604.10)

    0,07

    Streichhölzer (3605)

    2,0

    Baustoffe

    Ziegelsteine (6902 und 6904.10)

    3,4

    Sandstein (2516.20; 2516.21; 2516.22)

    1,8

    Granit (2516.11; 2516.12)

    0,6

    Schmuck

    Diamanten (7102)

    98,8

    Edelsteine (7103)

    11,5

    Glasarmreifen (7117.90; 7018.10)

    2,8

    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2023; Statistisches Bundesamt; UN Comtrade 2023

  • Verstoß gegen das Verbot von Kinderarbeit

    Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Indien unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

    (Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 u. 2 LkSG)

    Verbot der Beschäftigung eines Kindes unter dem zulässigen Mindestalter. Das zulässige Mindestalter richtet sich grundsätzlich nach dem Recht des Beschäftigtenortes und darf ein Alter von 15 Jahren nicht unterschreiten. Ausnahmen sind unter bestimmten Voraussetzungen möglich (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 LkSG). Darüber hinaus sind schlimmste Formen der Kinderarbeit verboten. Hier sind vor allem Sklaverei und sklavereiähnliche Praktiken sowie Arbeiten gemeint, die für die Gesundheit, Sicherheit oder Sittlichkeit des Kindes schädlich sind.

    Gesetzliche Grundlagen

    Indien ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO) und hat sechs von zehn Kernübereinkommen ratifiziert. Dazu gehören die hier relevanten Übereinkommen über das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung (ILO-Übereinkommen Nr. 138) und über das Verbot und unverzügliche Maßnahmen zur Beseitigung der schlimmsten Formen von Kinderarbeit (ILO-Übereinkommen Nr. 182). Die jeweiligen nationalen gesetzlichen Vorgaben für das Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung der Mitgliedstaaten des ILO-Übereinkommens Nr. 138 sind in der Datenbank NORMLEX abrufbar: Übersicht. Das gesetzlich festgelegte Mindestalter für die Zulassung zur Beschäftigung liegt in Indien bei 14 Jahren. Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country.

    In Indien existieren eine Reihe von Policies and Gesetzen zum Schutz von Kindern. Dazu gehört neben der National Policy on Child Labour (1987) unter anderen der The Child and Adolescent Labour (Prohibition and Regulation) Act, 1986 und seine Novellen, der Juvenile Justice (Care and Protection of Children) Act 2015, der The Right of Children to Free and Compulsory Education Act (2009), der Apprentices Act  (1961), der Mines Act (1952) und der Plantation Labour Act (1951). Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.

    Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich des Verbots von Kinderarbeit bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.

    Risiken

    Indien belegt nach dem Children's Rights Atlas von 2018 den Workplace Index 4,9/10 Punkten. Bewertet werden rechtliche Rahmenbedingungen, deren administrative Durchsetzung und Ergebnisindikatoren, darunter Anteil und Prävalenz von Kinderarbeit. Der Children's Rights and Business Atlas orientiert sich an den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte. Je höher der Länder-Score ausfällt, desto höhere Anforderungen sind an die gebotene Sorgfalt von Unternehmen zu stellen, um die Rechte der Kinder zu respektieren und zu unterstützen. Unternehmen wird für Indien ein erhöhtes Maß (Kategorie: "enhanced") an Sorgfalt empfohlen, um mögliche nachteilige Auswirkungen des eigenen Engagements auf die Rechte von Kindern zu identifizieren und zu vermeiden.

    Der Bewertung liegt unter anderem eine erhebliche Anzahl von Kinderarbeit, mangelnde Durchsetzung beim Mindestalter sowie ein geringes Familieneinkommen zugrunde. Indien wird anhand des Workplace Index ähnlich eingeschätzt wie die regionalen Vergleichsländer Indonesien (4,9/10), Malaysia (4,6/10) und Nepal (5,5/10). Der Subkontinent schneidet jedoch besser als China ab, das einen Wert von 5,6/10 Punkten erreicht.

    Im Bereich rechtliche Rahmenbedingungen erzielt Indien eine Bewertung von 2,8/10 Punkten und schneidet damit erheblich besser ab, als der weltweite Durchschnitt (3,5/10). Grund für die vergleichsweise gute Bewertung sind unter anderem nationale Regelungen und Gesetze, die ein Mindestalter für leichte Arbeit oder auch ein Recht auf Schulbildung verankern. So führten Gesetzesänderungen in den Jahren 2016/2017 ein grundsätzliches Beschäfti­gungsverbot für Kinder unter 14 Jahren ein. Negativ wirkt sich beispielsweise der geringe Schutz von Wanderarbeitern und ihren Familien aus.

    Bei der administrativen Durchsetzung und auch den Ergebnisindikatoren (Outcomes) schneidet der Subkontinent jedoch schlechter als der Rest der Welt im Durchschnitt ab. Hier erreicht das Land Werte von 6,3/10 Punkten (weltweiter Durchschnitt 5,5/10) beziehungsweise 5,2/10 Punkten (4,3/10). Gründe für das schlechte Abschneiden bei der administrativen Durchsetzung sehen die Experten beispielsweise in Ausnahmeregelungen und mangelhafter Umsetzung  des Beschäfti­gungsverbotes für Kinder unter 14 Jahren und in den geringen Sozialausgaben (insbesondere für Kinder). Einen besseren Wert erreicht Indien beispielsweise im Hinblick auf gefährliche Arbeitsbedingungen von Heranwachsenden.  

    In Indien sind 29 Prozent der Bevölkerung (360 Millionen) unter 15 Jahren. Laut indischem Zensus von 2011 gab es im Land 10,1 Millionen Kinder im Alter zwischen 5 und 14, die arbeiteten (circa 5,6 Millionen Jungen und 4,5 Millionen Mädchen). Das waren 3,9 Prozent der gesamten Bevölkerung in dieser Altersgruppe. Im Vergleich mit dem Zensus aus dem Jahr 2001 sank die Anzahl von Kindern, die einer Arbeit nachgingen, um 2,6 Millionen. Die Lage von Kindern hat sich jedoch während der Coronapandemie noch einmal verschärft. Nach dem UNDP Report 2022 und Angaben des Global Multidimensional Poverty Index gibt es in Indien beim Thema Schulabstinenz (Out-of-School Children) einen deutlichen Unterschied zwischen Stadt und Land. Demnach lebten in urbanen Regionen lediglich 2 Prozent (8,2 Millionen) der Menschen mit einem nicht zur Schule gehenden Kind, während auf dem Land der prozentuale Anteil bei 4,8 Prozent (46,3 Millionen) lag.

    Kinderarbeit ist zwar in vielen Wirtschaftsbereichen zu finden, aber die folgenden Sektoren weisen in Indien ein besonders hohes Risiko auf: Textil- und  Bekleidungsindustrie, Landwirtschaft, Bergbau.

    Mit nationalen Programmen geht Indien ebenfalls gegen das Problem vor. So gibt es beispielsweise seit 1988 auf Ebene der Zentralregierung das National Child Labour Project (NCLP) Scheme. Es soll Kinderarbeit eingrenzen und die Folgen abmildern. Weiterhin unterzeichnete Indien im Dezember 2022 das Decent Work Country Programme (DWCP) for India 2023-27 der ILO. Bis 2025 möchte Indien die nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDG) erreichen. Darunter fällt das Ziel 8.7, welches die Abschaffung von Kinderarbeit, Zwangsarbeit und Menschenhandel vorsieht. Allerdings ist Indien weder Pathfinder Country, noch offizieller Partner der Alliance 8.7. Stattdessen versucht das Land, das Ziel mithilfe des NCLP und der Platform for Effective Enforcement for No Child Labour (PENCIL) zu erreichen.

    Risiken in ausgewählten Branchen 

    Kinder arbeiten in unterschiedlichen Bereichen. Dazu gehört zum Beispiel die Landwirtschaft. Insbesondere bei der Ernte von Zuckerrohr und der Produktion hybrider Baumwollsamen sollen Kinder tätig sein. 

    Bei der Rohstoffgewinnung kann Kinderarbeit ebenfalls eine Rolle spielen, speziell beim Abbau von Sandstein und Granit sowie der Förderung von Kohle und Mica (Glimmer). Vor allem die Kosmetikindustrie nutzt Mica, aber auch die Elektro- und Haushaltsgeräteindustrie hat Bedarf an dem Mineral. In der Herstellung von speziellen Farben und Lacken kommt Mica ebenfalls zum Einsatz. Indien war laut US Geological Survey 2022 mit einer Fördermenge von 16.000 Tonnen der sechstgrößte Produzent dieses wertvollen Rohstoffes, gleichauf mit Kanada.

    Branchen mit einem großen Teil an Heimarbeit haben ebenfalls ein erhöhtes Risiko für Kinderarbeit. Dazu zählt beispielsweise die Textilindustrie oder die Produktion von Räucherstäbchen. Die Kinder werden bei Auftragsspitzen schlicht als zusätzliche Arbeitskräfte in den Haushalten herangezogen. Bei Filigranarbeiten wie beispielsweise Stickereien kann es ebenfalls zu Kinderarbeit kommen.

    Um mögliche Kinderarbeitsrisiken in anderen Branchen in Indien zu ermitteln, können Unternehmen auf den CSR Risiko-Check zurückgreifen.

    Präventions- und Abhilfemaßnahmen

    Die Deutsch-Indische Handelskammer (AHK Indien) befasst sich mit ihrem Geschäftsbereich SustainMarkets auch mit dem Thema Lieferketten. Darüber hinaus besteht beispielsweise die Möglichkeit, gezielt Schulungen für Zulieferer in Auftrag zu geben.

    Die Handelsorganisation amfori ist ein weiterer möglicher Ansprechpartner vor Ort und berät Unternehmen. Außerdem ist der TÜV mit einer lokalen Niederlassung in Indien vertreten und bietet die Möglichkeit, dass Unternehmen sich nach dem Sozialstandard SA 8000 zertifizieren. Die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) kann ebenfalls angesprochen werden. Auch das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) engagiert sich zum Thema Kinderarbeit. Hinzu kommen zahlreiche wichtige Nichtregierungsorganisation (NGO). Dazu zählen unter anderem Save the Children, PLAN India oder auch die vom Nobelpreisträger Kailash Satyarthi gegründete Kailash Satyarthi Children’s Foundation (KSCF).

    Für Präventions- und Abhilfemaßnahmen im Bereich Kinderarbeit in Unternehmen steht die Eliminating and Preventing Child Labour: Checkpoints app der ILO zur Verfügung. Für den Austausch von Unternehmen in Lieferketten und dem Aufsetzen gemeinsamer Programme bietet sich die Child Labour Plattform an. Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots von Kinderarbeit können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter "Kinderarbeit im Sorgfaltsprozess adressieren" eingesehen werden.

  • Verstoß gegen das Verbot von Zwangsarbeit und aller Formen der Sklaverei

    Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Indien unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

    (Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 3 u. 4 LkSG)

    Indikatoren für Zwangsarbeit sind das Einbehalten von Löhnen, die Einschränkung der Bewegungsfreiheit des Beschäftigten, das Einbehalten von Ausweisdokumenten, die Schaffung unzumutbarer Arbeits- und Lebensverhältnisse durch Arbeit unter gefährlichen Bedingungen, unzumutbare Unterkünfte, exzessives Maß an Überstunden sowie die Anwendung von Drohungen und/oder Gewalt. Beispiele für Zwangsarbeit sind insbesondere Menschenhandel und Schuldknechtschaft. Das Verbot von Sklaverei umfasst sämtliche Formen von Herrschaftsausübung oder Unterdrückung im Umfeld der Arbeitsstätte, wie die extreme wirtschaftliche Ausbeutung und Erniedrigung.

    Gesetzliche Grundlagen

    Indien ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO) und hat sechs von zehn Kernübereinkommen ratifiziert. Dazu gehören die hier relevanten Übereinkommen über Zwangs- oder Pflichtarbeit (ILO-Übereinkommen Nr. 29) und über die Abschaffung von Zwangsarbeit (ILO-Übereinkommen Nr. 105). Das ILO-Protokoll von 2014 zum Übereinkommen Nr. 29 über Zwangsarbeit hat Indien noch nicht ratifiziert (Stand: Juli 2023). Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country.

    Das Verbot von Zwangs- oder Pflichtarbeit ist in zahlreichen nationalen Gesetzen verankert. Dazu gehört unter anderen der Bonded Labour System (Abolition) Act (1976). Die indische Regierung veröffentliche 2021 zudem einen Gesetzentwurf zum besseren Schutz gegen Menschenhandel. Allerdings ist die Trafficking in Persons (Prevention, Care and Rehabilitation) Billbislang nicht verabschiedet worden (Stand: Juni 2023). Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.

    Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich des Verbots von Zwangsarbeit und Sklaverei bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.

    Risiken

    Indien erreicht nach dem Global Slavery Index von 2023, der unter anderem die Verbreitung von Zwangsarbeit und Menschenhandel weltweit bewertet, in der Kategorie "Vulnerability to Modern Slavery"  56/100 Punkten. Je höher der Wert, desto höher fällt das Risiko in Bezug auf Anfälligkeit für Zwangsarbeit aus. Das Land wird ähnlich eingeschätzt wie die regionalen Vergleichsländer China (46/100), Indonesien (49/100), Bangladesch (58/100) oder auch Sri Lanka (56/100). Hauptsächlich negative Effekte von Konflikten und eine vergleichsweise hohe Anzahl von Gruppen mit verringerten Rechten wirken sich negativ auf das Ranking aus. Angehörige marginalisierter Gruppen wie Dalits und Adivasi sind besonders gefährdet. In Indien sind nach dem Index je 1.000 Personen 8 von Zwangsarbeit betroffen; 11 Millionen insgesamt. Im Index aus dem Jahr 2016 waren es noch 18,3 Millionen. 

    Zwangsarbeit ist zwar in einigen Wirtschaftsbereichen zu finden, aber in den folgenden Branchen weist Indien ein besonders hohes Risiko auf: Landwirtschaft, Textilherstellung (insbesondere Weben und Sticken), in Steinbrüchen und beim Kohleabbau. Die Ziegelherstellung sowie die Produktion von Glasarmreifen und Teppichen weisen ebenfalls ein erhöhtes Risiko auf.

    Bis zum Jahr 2025 möchte Indien die nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, SDG) erreichen, darunter auch das Ziel 8.7. Selbiges sieht die Abschaffung von Kinderarbeit, Zwangsarbeit und Menschenhandel vor. Allerdings ist Indien weder Pathfinder Country, noch offizieller Partner der Alliance 8.7. Indiens Regierung bekämpft Zwangsarbeit mit einer Reihe eigener Maßnahmen. Ein seit 2016 bestehendes Programm zur Rehabilitation von Zwangsarbeitern wurde erst 2022 aktualisiert. Das Central Sector Scheme for Rehabilitation of Bonded Labourers hilft dabei, Zwangsarbeiter wieder in ein normales Arbeitsleben zu integrieren.  Weiterhin unterzeichnete Indien im Dezember 2022 das Decent Work Country Programme (DWCP) for India 2023-27 der ILO. 

    Nicht alle Wirtschaftsbereiche sind gleichermaßen von Zwangsarbeit betroffen. Immer wieder werden jedoch Fälle von Schuldknechtschaft (Bonded Labour) öffentlich. Dabei verschulden sich Arbeitnehmer bei ihrem Arbeitgeber. Aufgrund fehlender finanzieller Mittel tragen sie die Schuld anschließend durch Arbeit ab. Diese Verhältnisse sind deutlich zum Nachteil der Arbeitnehmer. Besonders häufig ist diese Form der Zwangsarbeit in Ziegelbrennereien in Indien zu finden. Weitere Branchen, in denen diese Praxis zum Einsatz kommt, sind Steinbrüche und der Kohlebergbau. In der Landwirtschaft kann es ebenfalls vermehrt zu Fällen von Schuldknechtschaft kommen. Vor allem die Zuckerindustrie gilt hier als Schwerpunkt. Allgemein steigt das Risiko von Zwangsarbeit mit dem Grad, in dem eine Branche weniger formell ist. Zwischen 80 und 90 Prozent der Arbeitnehmer sind im informellen Sektor beschäftigt und mehr als die Hälfte der Wertschöpfung findet dort statt. 

    Um mögliche Zwangsarbeitsrisiken in anderen Branchen in Indien zu ermitteln, können Unternehmen auf den CSR Risiko-Check zurückgreifen.

    Präventions- und Abhilfemaßnahmen

    Die Deutsch-Indische Handelskammer (AHK Indien) befasst sich mit ihrem Geschäftsbereich SustainMarkets auch mit dem Thema Lieferketten. Darüber hinaus besteht beispielsweise die Möglichkeit, gezielt Schulungen für Zulieferer in Auftrag zu geben.

    Die Handelsorganisation amfori ist ein weiterer möglicher Ansprechpartner vor Ort und berät Unternehmen. Außerdem ist der TÜV mit einer lokalen Niederlassung in Indien vertreten und bietet die Möglichkeit, dass Unternehmen sich nach dem Sozialstandard SA 8000 zertifizieren. Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) kann ebenfalls kontaktiert werden. Die National Human Rights Commission (NHRC) ist gleichfalls eine geeignete Anlaufstelle. Unter Umständen können auch Nichtregierungsorganisationen weiterhelfen. 

    Für die Identifizierung von Zwangsarbeit vor Ort steht die Eliminating and Preventing Forced Labour: Checkpoints app der ILO zur Verfügung. Für den Austausch von Unternehmen in Lieferketten zur Eliminierung von Zwangsarbeit bietet sich das Global Business Network on Forced Labour an. Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots der Beschäftigung von Personen in Zwangsarbeit und Sklaverei können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter Zwangsarbeit im Sorgfaltsprozess adressieren und Arbeitszeiten im Sorgfaltsprozess adressieren eingesehen werden.

  • Missachtung von Arbeitsschutz und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren

    Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Indien unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

    (Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 5 LkSG)

    Maßgeblich ist das Recht des Beschäftigtenortes. Verstöße gegen das national anwendbare Arbeitsschutzrecht sind verboten, wenn dadurch die Gefahr von Unfällen bei der Arbeit oder arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren entstehen. Dies kann durch ungenügende Sicherheitsstandards, Fehlen geeigneter Schutzmaßnahmen und ungenügende Ausbildung und Unterweisung verursacht werden.

    Gesetzliche Grundlagen

    Indien ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO), hat aber die hier relevanten Übereinkommen über Arbeitsschutz und Arbeitsumwelt (ILO-Übereinkommen Nr. 155) und über den Förderungsrahmen für den Arbeitsschutz (ILO-Übereinkommen Nr. 187) nicht ratifiziert (Stand: Juli 2023). Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country.

    In Indien gibt es derzeit im Bereich des Arbeitsrechts und insbesondere auch des Arbeitsschutzes eine Vielzahl von Gesetzen, auf zentraler und lokaler Ebene. Daneben bestehen zahlreiche Spezialregelungen für bestimmte Branchen. Aktuell erfolgt eine Reform des Arbeitsrechts: Vier neue Gesetzbücher, die insgesamt 29 Einzelgesetze aufheben sollen, wurden bereits in den Jahren 2019 und 2020 verabschiedet. Dazu gehört auch der den Arbeitsschutz betreffende Occupational Safety, Health and Working Conditions Code, 2020 (OSH Code) vom 28. September 2020. Diese Kodifikation wird, wenn sie in Kraft tritt, 13 bisher bestehende Einzelgesetze in diesem Bereich ersetzen. Welche das im Einzelnen sind, kann man der Auflistung in Sec. 143 des neuen Gesetzbuches entnehmen. Dazu zählen unter anderem ältere Gesetze wie der Factories Act, 1948, der den Bergbausektor betreffende Mines Act, 1952 oder auch der Dock Workers (Safety, Health and Welfare) Act, 1986 hinsichtlich der Arbeitssicherheit von Hafenarbeitern.

    Wann die neuen Codes in Kraft treten, ist noch nicht bekannt (Stand: April 2023). Die Bundesstaaten erstellen derzeit die notwendigen Implementierungsregelungen. Nachfolgend wird sowohl beispielhaft auf einige bislang bestehende Bestimmungen eingegangen, als auch mit Blick in die Zukunft der neue OSH Code kurz beleuchtet.

    Arbeitszeitregelungen variieren je nach Bundesstaat und/oder Tätigkeit. Nach dem Factories Act, 1948 zum Beispiel beträgt die tägliche Arbeitszeit für erwachsene Arbeiter in Fabriken grundsätzlich nicht mehr als neun Stunden und die wöchentliche Regelarbeitszeit 48 Stunden. Einschließlich Überstunden sind maximal 60 Arbeitsstunden pro Woche gestattet, in einem Quartal höchstens 50 Überstunden. Grundsätzlich besteht ein Anspruch auf eine Pause von mindestens einer halben Stunde nach je fünf Stunden Arbeitszeit. Frauen dürfen keinesfalls nachts zwischen 22 Uhr und 5 Uhr in Fabriken arbeiten; auch lokale Shops and Establishment Acts enthalten aus Sicherheitsgründen Vorgaben zu nächtlichen Arbeitszeiten von Frauen.

    Das Fabrikgesetz enthält jeweils eigene Kapitel bezüglich Gesundheit (Sec. 11 ff.) und Sicherheit (Sec. 21 ff.). Darin sind beispielsweise Vorschriften zur Bereitstellung von Trinkwasser und zur Einrichtung sanitärer Anlagen enthalten, ferner insbesondere Vorgaben zum Betrieb von Maschinen, etwa bei der Bedienung von gefährlichen Anlagen durch junge Angestellte, oder auch zu Anforderungen an Böden, Treppen etc. in den Fabriken. Angestellte dürfen keine so schweren Lasten heben, dass sie sich wahrscheinlich verletzen; entsprechende Maximalgewichte geben die Bundesstaaten vor. Bei Produktionsprozessen, die das Risiko einer Augenverletzung durch Partikel oder Licht beinhalten, können die Bundesstaaten Vorgaben bezüglich Ausstattung zum Schutz der Augen aufstellen. Zudem gibt es Bestimmungen hinsichtlich Vorbeugemaßnahmen bei gefährlichen Gasen oder auch entzündlichen oder explosiven Gasen, die bei Herstellungsprozessen in Fabriken entstehen. Ferner sind Brandschutzvorschriften und Inspektionen der Gebäudesicherheit gesetzlich vorgeschrieben. Je nach Fabrikgröße oder Produktionsprozessen sind Sicherheitsbeauftragte anzustellen. In Bezug auf gefährliche Prozesse sind weitere Vorschriften im Fabrikgesetz enthalten, eine Liste betroffener Industrien findet sich im Anhang des Gesetzes. Jede Fabrik hat Erste-Hilfe-Kästen (mindestens einen pro 150 Angestellte) bereitzuhalten, die während der Arbeitszeit leicht zugänglich sind, und bei über 500 Angestellten ein ausgestattetes Krankenzimmer. Auch sind unter anderem ab einer bestimmten Mitarbeiterzahl Rückzugs- oder Ruheräume und Räume für das Mittagessen vorzusehen.

    Nach dem neuen OSH Code (Sec. 6) haben Arbeitgeber unter anderem sicherzustellen, dass der Arbeitsplatz keine Gefahren bereithält, die Verletzungen oder Berufskrankheiten der Arbeitnehmer verursachen können. Sie haben – soweit möglich – ein sicheres Arbeitsumfeld ohne Gesundheitsrisiken zu schaffen und bestimmten Angestellten jährliche Gesundheitsuntersuchungen kostenfrei anzubieten. In Bezug auf beispielsweise Fabriken oder Bauarbeiten müssen Arbeitgeber unter anderem Arbeitssicherheitsmaßnahmen gewährleisten und durch entsprechende notwendige Information, Unterweisungen, Schulungen und Überwachungen für die Sicherheit und Gesundheit aller Angestellten bei der Arbeit sorgen. Arbeitnehmer sollen sich nach Sec. 13 OSH Code insbesondere an die Sicherheitsvorschriften halten, mit angemessener Sorgfalt auf die eigene Gesundheit und Sicherheit sowie die anderer Personen, die von ihren Handlungen am Arbeitsplatz betroffen sein könnten, achten und unsichere Situationen, die sie bemerken, dem Arbeitgeber melden. Grundsätzlich soll die maximale Arbeitszeit sechs Tage pro Woche betragen. Das neue Gesetzbuch sieht ferner vor, dass Frauen nunmehr in allen Bereichen und auch – ihr Einverständnis vorausgesetzt – in der Nacht arbeiten dürfen. Außerdem ist auf nationaler sowie auf Ebene der Bundesstaaten die Einrichtung eines Occupational Safety and Health Advisory Board zur Beratung der Regierungen in Bezug auf die Umsetzung des OSH Code vorgesehen. Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.

    Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.

    Risiken

    Laut Regierungsangaben aus dem Jahr 2021 starben in den fünf vorangegangenen Jahren mindestens 6.500 Arbeiterinnen und Arbeiter an ihrem Arbeitsplatz, die meisten von ihnen in Fabriken. Für Minen, Häfen und Baustellen wurden ebenfalls tödliche Unfälle verzeichnet. Allerdings handelt es sich hierbei um Angaben, die nur offiziell registrierte Fabriken und ähnliche Anlagen umfassen. Zwischen 80 und 90 Prozent der Arbeitskräfte sind jedoch im informellen Sektor beschäftigt, sodass die eigentliche Fallzahl höher liegen dürfte. Genaue Daten liegen nur sporadisch vor und sind oft veraltet. Als Beispiel können jedoch Angaben des Directorate General, Factory Advice and Labour Institutes zu Vorfällen in Fabriken für die Jahre 2017 und 2018 dienen. Aus diesen ist ersichtlich, dass die Anzahl der nichttödlichen Arbeitsunfälle pro Jahr rund viermal so hoch ist, wie die Anzahl der tödlichen Unfälle. Auch wird ersichtlich, dass stärker industrialisierte Bundesstaaten wie beispielsweise Gujarat, Maharashtra oder auch Tamil Nadu mehr Arbeitsunfälle ausweisen. Das liegt zu einem Großteil daran, dass es in diesen Bundesstaaten mehr formelle Fabriken gibt. Weiterhin zeigen die Unterlagen ein grundsätzliches Problem: Es fehlt an Personal, um Unternehmen zu prüfen. Nur ein Bruchteil an zuständigen Inspektorenstellen ist besetzt. Diese haben kaum genügend Kapazitäten, um neue Untersuchungen vorzunehmen oder die Masse an alten Fällen abzuarbeiten. Ebenfalls aus dem Jahr 2017 stammt eine Analyse des British Safety Councils. Experten stellten darin fest, dass jedes Jahr rund 48.000 Personen aufgrund von Arbeitsunfällen und arbeitsbezogenen Erkrankungen im Land sterben.

    Indiens Regierung versucht, die Lage zu verbessern. Seit 2009 existiert eine eigene nationale Policy on Safety, Health and Environment. Dadurch sollen Unfälle am Arbeitsplatz verringert und das Wohlergehen von Arbeitnehmern erhöht werden. In 2014 stellte das zuständige Ministerium außerdem ein Onlineportal rund um das Thema Arbeitsgesetze in Dienst. Hinzu kommen Unterstützungsleistungen wie beispielsweise das 2008 eingeführte Rashtriya Swashtya Bima Yijna. Das Programm soll armen Menschen den Zugang zur Gesundheitsversorgung erleichtern. Zudem existiert seit 2015 das Pradhan Mantri Suraksha Bima Yojana, ein staatlich unterstütztes Unfallversicherungsprogramm. Weiterhin unterzeichnete Indien im Dezember 2022 das Decent Work Country Programme (DWCP) for India 2023-27 der ILO. Zudem wird die Vision Zero Kampagne der International Social Security Association regelmäßig vor Ort beworben. Die Kampagne soll dabei helfen, bessere Arbeitsbedingungen zu schaffen und zu einer Vermeidung von Arbeitsunfällen beizutragen.

    Risiken in ausgewählten Branchen

    Allgemein gilt, dass der Arbeitsschutz im informellen Sektor geringer ist als im formellen. Allerdings sind zwischen 80 und 90 Prozent der Arbeitnehmer im informellen Sektor tätig und mehr als die Hälfte der Wertschöpfung findet dort statt. Dementsprechend sind der Dienstleistungssektor und die Landwirtschaft stark betroffen. Das betrifft beispielsweise die Arbeit auf Feldern oder die Baubranche. Allerdings ist der Arbeitsschutz auch in stärker formalisierten Sektoren wie der Industrie nicht immer ausreichend gewährleistet. Es ist kompliziert, hier einzelne Branchen herauszustellen, denn die Risiken sind oft allgemeiner Art. Zu ihnen zählen unter anderem unzureichende Ausbildung im Umgang mit Maschinen oder Substanzen, fehlende oder ungenügende Schutzkleidung oder auch ungenügend eingerichtete Arbeitsplätze, in denen es beispielsweise an ausreichender Beleuchtung oder passender Belüftung fehlt. 

    Um mögliche Risiken bei der Missachtung von Arbeitsschutz und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren in Indien zu ermitteln, können Unternehmen auf den CSR Risiko-Check zurückgreifen.

    Präventions- und Abhilfemaßnahmen 

    Die Deutsch-Indische Handelskammer (AHK Indien) befasst sich mit ihrem Geschäftsbereich SustainMarkets auch mit dem Thema Lieferketten. Darüber hinaus besteht beispielsweise die Möglichkeit, gezielt Schulungen für Zulieferer in Auftrag zu geben.

    Die Handelsorganisation amfori ist ein weiterer möglicher Ansprechpartner vor Ort und berät Unternehmen. Außerdem ist der TÜV mit einer lokalen Niederlassung in Indien vertreten und bietet die Möglichkeit, dass Unternehmen sich nach dem Sozialstandard SA 8000 zertifizieren. Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) kann ebenfalls kontaktiert werden. Indo-German Focal Point India stellt einen weiteren relevanten Kontakt dar. Die Initiative geht auf die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung zurück und fördert das Thema Sicherheit am Arbeitsplatz in Indien. Zudem gibt es die Nichtregierungsorganisation Safe in India. Sie ist eine von vielen, die sich mit dem Thema Arbeitssicherheit befasst.

    Ebenfalls kann es sinnvoll sein, sich zum Thema eines angemessenen Lohns mit dem Büro der ILO in Indien in Verbindung zu setzen. Auch Arbeitgeberorganisationen wie die Handelsvertretung Federation of Indian Chambers of Commerce & Industry (FICCI) oder der Industriedachverband Confederation of Indian Industry sind mögliche Ansprechpartner. Gleiches gilt für unterschiedliche Gewerkschaftsverbände und Arbeitnehmerrechtsvertretungen.

    Der Vision Zero Fund ist eine Multi-Stakeholder-Plattform, die gemeinsam mit Experten Trainings für Arbeitsschutz und Arbeitssicherheit in verschiedenen Lieferketten anbietet. Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots der Missachtung des Arbeitsschutzes können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz eingesehen werden.

  • Missachtung der Koalitionsfreiheit, Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen

    Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Indien unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

    (Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 6 LkSG)

    Koalitionsfreiheit umfasst das Recht von Arbeitnehmern, sich frei zu Gewerkschaften zusammenschließen zu dürfen. Koalitionsfreiheit umfasst zudem in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht des Beschäftigtenortes das Recht von Gewerkschaften, sich zu betätigen, was ein Streikrecht und ein Recht auf Kollektivverhandlungen beinhaltet.

    Gesetzliche Grundlagen 

    Indien ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO), hat aber die hier relevanten Übereinkommen über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechtes (ILO-Übereinkommen Nr. 87) sowie über die Anwendung der Grundsätze des Vereinigungsrechtes und des Rechtes zur Kollektivverhandlungen (ILO-Übereinkommen Nr. 98) nicht ratifiziert (Stand: Juli 2023). Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country. Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.

    Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich Vereinigungsfreiheit bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.

    Risiken

    Indien belegt nach dem Global Rights Index 2023 vom Internationalen Globalen Gewerkschaftsbund (IGB), der jährlich die relevanten Rahmenbedingungen zur Respektierung kollektiver Arbeitnehmerrechte durch das jeweilige Land bewertet, das Rating 5 (1 bis 5+). Dies bedeutet, dass die Rechte der Arbeitnehmer nicht garantiert sind. Gründe für das schlechte Abschneiden sind beispielsweise repressive Gesetze im Bereich von Tarifverhandlungen, die Strafverfolgung von führenden Gewerkschaftsvertretern wegen Streikbeteiligungen, Entlassungen wegen Streikbeteiligungen und eine allgemeine Gewerkschaftsfeindlichkeit. Indien wird damit ähnlich schlecht bewertet wie seine Nachbarländer Pakistan und Bangladesch.

    Zu den Problemen, die der IGB in seiner Bewertung anprangert, gehören beispielsweise exzessive Mindestmitgliederzahlen als Voraussetzung für die Gründung von Gewerkschaften. So muss laut den Experten eine Gewerkschaft mindestens 100 Beschäftigte oder 10 Prozent der Belegschaft vertreten, je nachdem, welche Zahl geringer ist. Außerdem moniert der IGB, dass Unternehmen nicht gesetzlich verpflichtet sind, Gewerkschaften anzuerkennen oder Tarifverhandlungen zu führen. 

    Nur ein Bruchteil der Arbeitnehmer in Indien ist durch Gewerkschaften repräsentiert. Laut ILO waren es 19,8 Prozent, allerdings bezieht sich dieser Wert auf das Jahr 2017. Seit 2015 hat keine Indian Labour Conference mehr stattgefunden. In diesem Forum konnten Arbeitgeber zuvor regelmäßig ihren Anliegen Gehör verschaffen. Allerdings unterzeichnete das Land im Dezember 2022 das Decent Work Country Programme (DWCP) for India 2023-27 der ILO. 

    Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern sind in Indien meist durch ein ungleiches Machtgefüge zugunsten erstgenannter Gruppe gekennzeichnet. Das zeigt sich auch an einem aktuellen Beispiel: So änderte ein Bundesstaat Regelungen zur Arbeitszeit zugunsten des Zulieferers eines international tätigen Unternehmens. Damit kann das Unternehmen nun auch Frauen in der Nachtschicht einsetzen und Schichten unter Bedingungen von neun auf zwölf Stunden verlängern. Lediglich in Branchen, in denen es auch in Indien einen Fachkräftemangel gibt (zum Beispiel im Bereich der Künstlichen Intelligenz), haben die Arbeitnehmer große Verhandlungsmacht. 

    Unterschiede zwischen formellem und informellem Sektor sind beim Thema Koalitions-, Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen ebenfalls zu beachten. Zwischen 80 und 90 Prozent der Beschäftigten arbeiten im informellen Sektor und mehr als die Hälfte der Wertschöpfung findet dort statt. Insbesondere in Bereichen mit einem hohen Anteil an informell Beschäftigen sind die Risiken daher erhöht. Dazu gehören besonders die Landwirtschaft und der Dienstleistungssektor.

    Das Verbot der Missachtung der Koalitionsfreiheit ist in vielen Wirtschaftsbereichen zu finden. Unternehmen können auf den CSR Risiko-Check zurückgreifen.

    Präventions- und Abhilfemaßnahmen

    Die Deutsch-Indische Handelskammer (AHK Indien) befasst sich mit ihrem Geschäftsbereich SustainMarkets auch mit dem Thema Lieferketten. Darüber hinaus besteht beispielsweise die Möglichkeit, gezielt Schulungen für Zulieferer in Auftrag zu geben.

    Die Handelsorganisation amfori ist ebenfalls ein möglicher Ansprechpartner vor Ort und berät Unternehmen. Außerdem ist der TÜV mit einer lokalen Niederlassung in Indien vertreten und bietet die Möglichkeit, dass Unternehmen sich nach dem Sozialstandard SA 8000 zertifizieren. Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) kann ebenfalls kontaktiert werden. Zudem kann es sinnvoll sein, sich zum Thema Koalitionsfreiheit mit dem Büro der ILO in Indien in Verbindung zu setzen. Auch Arbeitgeberorganisationen wie die Handelsvertretung Federation of Indian Chambers of Commerce & Industry (FICCI) oder der Industriedachverband Confederation of Indian Industry sind mögliche Ansprechpartner. Gleiches gilt für unterschiedliche Gewerkschaftsverbände und Arbeitnehmerrechtsvertretungen.

    Das Freedom of Association Committee (Ausschuss für Vereinigungsfreiheit) überprüft gesondert Verstöße gegen das Recht auf Vereinigungsfreiheit und Kollektivverhandlungen. Informationen über ILO-Verfahren der Normenkontrolle sind frei verfügbar. Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots der Missachtung der Koalitionsfreiheit können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter Vereinigungsfreiheit im Sorgfaltsprozess adressieren eingesehen werden.

  • Verstoß gegen das Verbot der Ungleichbehandlung in Beschäftigung

    Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Indien unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

    (Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 7 LkSG)

    Verboten ist die Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz aufgrund von nationaler und ethnischer Abstammung, sozialer Herkunft, Gesundheitsstatus, Behinderung, sexueller Orientierung, Alter, Geschlecht, Religion, etc. (Diskriminierungsverbot).

    Gesetzliche Grundlagen

    Indien ist Mitglied der Internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO) und hat sechs von zehn Kernübereinkommen ratifiziert. Dazu gehören die hier relevanten Übereinkommen über Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf (ILO-Übereinkommen Nr. 111) und über die Gleichheit des Entgelts männlicher und weiblicher Arbeitskräfte für gleichwertige Arbeit (ILO-Übereinkommen Nr. 100). Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country.

    Das Verbot von Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Rasse, Religion, Kaste oder Geburtsort ist in der indischen Verfassung verankert. Zudem existieren einige Gesetze, die eine Diskriminierung am Arbeitsplatz zum Beispiel bei der Entlohnung verbieten. Dazu gehören der Equal Remuneration Act (1976) und der Code on Wages (2019). Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.

    Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.

    Risiken

    Eine Diskriminierung von Beschäftigten kann in Indien in vielerlei Form auftauchen. Häufige Gründe sind die regionale Herkunft, das Alter, das Geschlecht, die Religion oder die soziale Stellung. Zu letzterer kann die Kastenzugehörigkeit gezählt werden. Daneben gibt es zahlreiche weitere Gründe für Ungleichbehandlung, wie die sexuelle Orientierung. Ende 2022 hat die Nichtregierungsorganisation Oxfam einen Diskriminierungsbericht vorgestellt. Die Experten zeigen, dass Diskriminierung nicht nur bei der Arbeitsplatzvergabe, sondern auch in Bezug auf Lohnunterschiede vorhanden ist. Insbesondere Frauen und Gruppen auf unteren Stufen der sozialen Hierarchie werden benachteiligt. 

    Noch immer werden in Indien, trotz des verfassungsmäßigen Verbots der Benachteiligung Angehöriger niederer Kasten und Kastenlose, sogenannte Dalits (16,6 Prozent der Bevölkerung), diskriminiert. Indigene Stammesgemeinschaften, sogenannte "Scheduled Tribes" (8,6 Prozent der Bevölkerung nach dem letzten Zensus von 2011) be­richten seit Jahren von oft entschädigungslosem Landesentzug durch Bergbauunternehmen und Industriepro­jekte. Der Forest Rights Act aus dem Jahr 2006 soll traditionelle Landrechte von Indigenen stärken und Wald­­gebiete vor Maßnahmen industrieller Erschließung und Forstpolitik bewahren. Problematisch er­weist sich jedoch der Eigentumsnachweis und oft komplizierte Verfahren. Offiziellen Statistiken zufolge gab es seit Inkrafttreten des Forest Rights Act über 4 Millionen Klagen von Angehörigen indigener Stämme, von denen weniger als 2 Millionen Erfolg hatten. 

    Im Länderranking The Global Gender Gap von 2023 des Weltwirtschaftsforums liegt Indien beim Subindex Economic Participation and Opportunity auf Rang 142 unter insgesamt 146 Ländern weltweit. Bezüglich der genderspezifischen Ungleichbehandlung in Beschäftigung verdeutlichen Angaben der ILO einige der Unterschiede auf dem Arbeitsmarkt: So lag die Erwerbsquote für Männer in 2022 bei 76,1 Prozent. Für Frauen betrug der Wert hingegen nur 28,3 Prozent. Seit Jahren nehmen immer weniger Frauen offiziell am Erwerbsleben teil. Ihr Einkommen liegt außerdem unter demjenigen von Männern. Das World Inequality Lab gibt im World Inequality Report 2022 an, dass Frauen in Indien nur 18 Prozent des gesamten Erwerbseinkommens erzielten. Im internationalen Vergleich ist das ein sehr niedriger Wert. Zudem erhielten laut ILO in 2020 nur 5,6 Prozent der Personen mit einer starken Behinderung Sozialschutzleistungen. Laut letztem Zensus aus dem Jahr 2011 lebten mindestens 27 Millionen Menschen mit Behinderungen in Indien; die tatsächliche Anzahl dürfte wesentlich höher ausfallen.

    Aufgrund der mannigfachen Dimensionen von Diskriminierung ist es schwer, einzelne Branchen heranzuziehen. Die Analyse von Oxfam deutet ebenfalls darauf hin, dass Ungleichbehandlung ein grundlegendes und kein branchenspezifisches Problem ist.

    Indien unterzeichnete im Dezember 2022 das Decent Work Country Programme (DWCP) for India 2023-27 der ILO. Durch diverse Programme versucht Indien Diskriminierung vorzubeugen. Dazu zählen beispielsweise das Beti Bachao Beti Padhao Scheme genauso wie das Swadhar Greh Scheme, beide zur Verbesserung der Lage von Frauen in Indien. Mit Programmen wie dem 2015 eingeführten Pradhan Mantri Kaushal Vikas Yojana (PMKVY) hofft die Regierung, das Ausbildungsniveau zu stärken und die Berufschancen aller Personen anzugleichen.

    Um mögliche Risiken bei der Ungleichbehandlung in Beschäftigung in Indien zu ermitteln, können Unternehmen auf den CSR Risiko-Check zurückgreifen.

    Präventions- und Abhilfemaßnahmen

    Die Deutsch-Indische Handelskammer (AHK Indien) befasst sich mit ihrem Geschäftsbereich SustainMarkets auch mit dem Thema Lieferketten. Darüber hinaus besteht beispielsweise die Möglichkeit, gezielt Schulungen für Zulieferer in Auftrag zu geben.

    Die Handelsorganisation amfori ist ein weiterer möglicher Ansprechpartner vor Ort und berät Unternehmen. Außerdem ist der TÜV mit einer lokalen Niederlassung in Indien vertreten und bietet die Möglichkeit, dass Unternehmen sich nach dem Sozialstandard SA 8000 zertifizieren. Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) kann ebenfalls kontaktiert werden. Zudem kann es sinnvoll sein, sich zum Thema einer Ungleichbehandlung in Beschäftigung mit dem Büro der ILO in Indien in Verbindung zu setzen. Auch Arbeitgeberorganisationen wie die Handelsvertretung Federation of Indian Chambers of Commerce & Industry (FICCI) oder der Industriedachverband Confederation of Indian Industry können Ansprechpartner sein. Gleiches gilt für unterschiedliche Gewerkschaftsverbände und Arbeitnehmerrechtsvertretungen.

    Darüber hinaus engagieren sich zahlreiche Nichtregierungsorganisationen zu unterschiedlichen Ausprägungen von Ungleichheit. Zu ihnen zählt etwa Oxfam India, die Self Employed Women Organisation (SEWA) oder auch das International Dalit Solidarity Network.

    Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots der Ungleichbehandlung in Beschäftigung können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter Diskriminierung im Sorgfaltsprozess adressieren, Gleichstellung der Geschlechter im Sorgfaltsprozess adressieren und Rechte indigener Völker im Sorgfaltsprozess adressieren eingesehen werden.

  • Verstoß gegen das Verbot des Vorenthaltens eines angemessenen Lohns

    Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Indien unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

    (Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 8 LkSG)

    Der angemessene Lohn ist mindestens der nach dem anwendbaren Recht festgelegte Mindestlohn und bemisst sich ansonsten nach dem Recht des Beschäftigtenortes. Die örtlichen Lebenshaltungskosten des Arbeitnehmers und der Familienangehörigen sowie die örtlichen Leistungen der sozialen Sicherheit sind dabei zu berücksichtigen.

    Gesetzliche Grundlagen

    Indien hat das Übereinkommen der internationalen Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO) über die Einrichtung von Verfahren zur Festsetzung von Mindestlöhnen (ILO-Übereinkommen Nr. 26) ratifiziert. Bislang existieren keine internationalen Übereinkommen über existenzsichernde Löhne oder die Berechnung existenzsichernder Löhne. Informationen zu Mitgliedschaften in internationalen Abkommen sind in der Datenbank NORMLEX (Information System on International Labour Standards) der ILO verfügbar: Ratifications by country.

    Rechtsgrundlage für gesetzliche Mindestlöhne in Indien ist der Code on Wages (2019). Informationen zu einschlägigen nationalen Policies und zum anwendbaren nationalen Recht sind in der Datenbank NATLEX (Database on national labour, social security and related human rights legislation) der ILO verfügbar: Browse by country.

    Weiterführende Informationen zu Definition und rechtlichen Instrumenten bezüglich Ungleichbehandlung am Arbeitsplatz bietet der Praxislotse Wirtschaft & Menschenrechte.

    Risiken

    Aktuell gibt es keinen landesweit einheitlich gültigen, gesetzlichen Mindestlohn, sondern nach Qualifikation, Industrie, Tätigkeit und Region gestaffelte Tarife. Auf der Homepage des Chief Labour Commissioner sind diverse Übersichten dazu zu finden. Im Zuge von Arbeitsmarktreformen soll künftig landesweit eine Lohnuntergrenze gelten, die sich an den Lebenshaltungskosten orientiert und durch die öffentliche Hand festgelegt wird. Der 2019 vorgeschlagene Wert dieser auch als floor wage bezeichneten Lohnuntergrenze liegt bei 178 indische Rupien pro Tag (iR., entspricht rund 1,97 Euro nach dem Wechselkurs der Bundesbank Ende Juli: 1 Euro = 90,22 iR.). Die Bundesstaaten können anschließend frei entscheiden, ob sie einen separaten Mindestlohn festlegen, der dem zentralstaatlichen entspricht oder darüber liegt. Viele Experten erachten das vorgeschlagene Niveau als deutlich zu niedrig, um den entsprechenden Lohnempfängern ein Leben oberhalb der Armutsgrenze zu ermöglichen. Allerdings ist es unwahrscheinlich, dass die entsprechenden Reformen vor 2024 in Kraft treten. Derzeit mangelt es insbesondere an Unterstützung aus einzelnen Bundesstaaten (Stand: Juli 2023). 

    Unterschiede zwischen dem formellen und dem informellen Sektor sind beim Thema Lohn ebenfalls zu beachten. Zwischen 80 und 90 Prozent der Beschäftigten arbeiten im informellen Sektor und mehr als die Hälfte der Wertschöpfung findet dort statt. Die Löhne sind im informellen Sektor im Vergleich zu einer formellen Anstellung meist deutlich geringer. Oft werden sie auf Tagesbasis ausgezahlt. Die Arbeitnehmer haben nur geringe Möglichkeiten, einen angemessenen Lohn durchzusetzen. Im informellen Sektor besteht außerdem kaum Rechtsanspruch auf die Zahlung des Lohnes, weil es an einem Arbeitsvertrag mangelt.

    Die Löhne richten sich zum Großteil nach dem vorhandenen Arbeitskräfteangebot. Gut ausgebildete Fachkräfte und Spezialisten haben dadurch auch in Indien die Möglichkeit, angemessene Gehaltskonditionen durchzusetzen. Ab dem mittleren Management entscheiden ohnehin mehrheitlich individuelle Gehaltsverhandlungen über die Entlohnung. Bei einfacheren Tätigkeiten gibt es jedoch tendenziell ein Überangebot an Arbeitskräften, beziehungsweise nicht ausreichend Stellen. Dadurch besteht auch hier das Risiko, dass Arbeitnehmern ein angemessener Lohn vorenthalten wird. Nur ein Bruchteil der Arbeitnehmer in Indien ist durch Gewerkschaften repräsentiert. Laut ILO waren es 19,8 Prozent, allerdings bezieht sich dieser Wert auf das Jahr 2017. Dadurch besteht auch der Weg über Gewerkschaften einem angemessenen Lohn oder höhere Löhne durchzusetzen nur eingeschränkt.

    Weiterführende Informationen zum Thema existenzsichernde Löhne können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter "Existenzsichernde Löhne" eingesehen werden.

    Präventions- und Abhilfemaßnahmen

    Die Deutsch-Indische Handelskammer (AHK Indien) befasst sich mit ihrem Geschäftsbereich SustainMarkets auch mit dem Thema Lieferketten. Darüber besteht beispielsweise die Möglichkeit, gezielt Schulungen für Zulieferer in Auftrag zu geben.

    Die Handelsorganisation amfori ist ein weiterer möglicher Ansprechpartner vor Ort und berät Unternehmen. Außerdem ist der TÜV mit einer lokalen Niederlassung in Indien vertreten und bietet die Möglichkeit, dass Unternehmen sich nach dem Sozialstandard SA 8000 zertifizieren. Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) kann ebenfalls kontaktiert werden. Zudem kann es sinnvoll sein, sich zum Thema eines angemessenen Lohns mit dem Büro der ILO in Indien in Verbindung zu setzen. Auch Arbeitgeberorganisationen wie die Handelsvertretung Federation of Indian Chambers of Commerce & Industry (FICCI) oder der Industriedachverband Confederation of Indian Industry sind mögliche Ansprechpartner. Gleiches gilt für unterschiedliche Gewerkschaftsverbände und Arbeitnehmerrechtsvertretungen.

    Weiterführende Informationen zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen hinsichtlich des Verbots des Vorenthaltens eines angemessenen Lohns können über den Praxislotsen Wirtschaft & Menschenrechte unter der Unterseite "Existenzsichernde Löhne im Sorgfaltsprozess adressieren" eingesehen werden.

  • Unterstützungsangebote zu Präventions- und Abhilfemaßnahmen

    Der Länderbericht Umsetzungshilfe Risikoanalyse Indien unterstützt bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken gemäß dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

    Das Gesetz fordert bei Feststellung eines Risikos die Implementierung angemessener Präventionsmaßnahmen sowohl im eigenen Geschäftsbereich als auch gegenüber dem unmittelbaren Zulieferer (§ 6 LkSG).

    Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich

    Zu den Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich gehören die Verabschiedung einer Grundsatzerklärung sowie Maßnahmen, die auf der darin enthaltenen Menschenrechtsstrategie entsprechend aufbauen, darunter:

    • Die Formulierung interner Verhaltensvorschriften wie Richtlinien und Verhaltenskodizes (Code of Conduct) für die einzelnen, für das Risikomanagement relevanten Geschäftsfelder und -abläufe sind dabei zu empfehlen. Der Code of Conduct als strategisches Element für nachhaltige Lieferketten | AWE Blog (wirtschaft-entwicklung.de). Darin soll das Unternehmen die menschenrechts- und umweltbezogenen Erwartungen festlegen, die an die Beschäftigten, Vertragspartner und mittelbare Zulieferer gestellt werden. Zudem kann die Entwicklung von entsprechender Verhaltenskodizes für Vertragspartner und potenzielle Vertragspartner als Grundlage für Vertragsverhandlungen und zur Vertragsausgestaltung verwendet werden, so die Gesetzesbegründung zum LkSG: Drucksache 19/28649 (bundestag.de).
    • Des Weiteren gehört die Entwicklung und Verankerung geeigneter Beschaffungsstrategien und Einkaufspraktiken zu den zu verankernden Präventionsmaßnahmen. Diese sollten Richtlinien für die einzelnen Beschaffungsschritte festlegen und nachhaltig, transparent sowie risikomindernd ausgestaltet sein. Einen Leitfaden zur Ausgestaltung eines nachhaltigen Einkaufs bietet der ISO-Standard 20400 der Internationalen Organisation für Normung ISO 20400:2017 - Sustainable procurement — Guidance.
    • Die Durchführung von Mitarbeiterschulungen in den relevanten Geschäftsbereichen sieht das Gesetz ebenso vor wie die Durchführung risikobasierter Kontrollen, um die Wirksamkeit der verankerten Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich zu überprüfen.

    Präventionsmaßnahmen gegenüber unmittelbaren Zulieferern

    Neben der Implementierung angemessener Präventionsmaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich sieht das Gesetz auch eine Reihe von Maßnahmen mit Hinblick auf unmittelbare Zulieferer vor (§ 6 Abs. 4 LkSG):

    • Bereits bei Auswahl eines Lieferanten sind menschenrechts- und umweltbezogener Erwartungen zu berücksichtigen, das heißt sie sollen in die Lieferantenbewertung mit einfließen. Dies kann unter Zuhilfenahme von Eigenauskünften des jeweiligen Zulieferers, Befragungen oder eigener durchgeführter Prüfungen erfolgen.
    • Branchenspezifische Zertifizierungen oder Siegel können dabei eine wichtige Orientierung geben, sind aber als alleinige Entscheidungsgrundlage nur bedingt aussagekräftig. Im Standards-Kompass vom Helpdesk  Wirtschaft und Menschenrechte sind zertifizierungsbasierte Standards (vor-Ort-Audits) und teilnahmebasierte Standards (Multi-Akteurs-Partnerschaften, Brancheninitiativen) recherchierbar:
      • Zertifizierungsbasierte Standards (vor-Ort-Audits) überprüfen und attestieren die Einhaltung der vom Standard definierten Anforderungen an Produkte (zum Beispiel Baumwolle), Prozesse, Dienstleistungen, Standorte (zum Beispiel Fabriken), das gesamte Unternehmen oder die Lieferkette (chain-of-custody). 
      • Teilnahmebasierte Standards (Multi-Akteurs-Partnerschaften, Brancheninitiativen) fördern den Austausch, die gemeinsame Umsetzung von Projekten oder den Aufbau von Kapazitäten im Unternehmen und in der Wertschöpfungskette. Als Mitgliedsinitiativen setzen sie die aktive Beteiligung von Unternehmen und anderen Akteursgruppen voraus (zum Beispiel Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften, Regierungen und Wissenschaft). Mitglieder verpflichten sich in der Regel zur Einhaltung von bestimmten Anforderungen oder eines Verhaltenskodexes. Die konkrete Umsetzung der Anforderungen liegt weitestgehend bei den Mitgliedsunternehmen und wird nicht zwingend durch einen standardisierten Mechanismus geprüft.  
    • Als weitere Maßnahme sieht das Gesetz die vertragliche Zusicherung seitens des Zulieferers bezüglich der Einhaltung der menschenrechts- und umweltbezogenen Erwartungen dahingehend vor, dass der Zulieferer die seitens des Unternehmens verlangten menschenrechts- und umweltbezogenen Erwartungen einhält und wiederum entlang der Lieferkette angemessen adressiert. Hier bietet sich die Entwicklung eines Verhaltenskodex für Lieferanten (Lieferantenkodex) an. Bei der vertraglichen Ausgestaltung soll zudem sichergestellt werden, dass die menschenrechtsbezogenen Erwartungen auch in der weiteren Lieferkette etwa durch die Verwendung von Weitergabeklauseln sichergestellt wird. Dadurch wird der direkte Lieferant verpflichtet, den Lieferantenkodex auch gegenüber seinen Vertragspartnern durchzusetzen. Die IHK München bietet einen Mustertext für einen Verhaltenskodex für Lieferanten an: Merkblatt_Verhaltenskodex-fuer-Lieferanten_Stand-20211118.pdf (ihk-muenchen.de). Die American Bar Association (US-amerikanische Anwaltskammer) stellt zudem entsprechende Musterklauseln für Verträge zur Verfügung: Contractual Clauses Project (americanbar.org).
    • Zudem sind Schulungen und Weiterbildungen sowie regelmäßige Audits bei Lieferanten durchzuführen, um die Wirksamkeit der Maßnahmen zu überprüfen. Diese Kontrollen können dabei selber durchgeführt oder Dritte damit beauftragt werden. Dabei können auch anerkannte Zertifizierungs- oder/und Audit-Systeme in Anspruch genommen werden. Unternehmen werden dadurch laut Gesetzesbegründung jedoch nicht von ihrer Verantwortung entbunden.

    Abhilfemaßnahmen im eigenen Geschäftsbereich und gegenüber unmittelbaren Zulieferern

    Unternehmen sind gesetzlich dazu verpflichtet, unverzüglich angemessene Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, wenn die Verletzung einer menschenrechtsbezogenen oder umweltbezogenen Pflicht im eigenen Geschäftsbereich oder bei einem unmittelbaren Zulieferer eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht (§ 7 Abs. 1 LkSG). Dabei sollen die Abhilfemaßnahmen zu einer Beendigung führen, im eigenen Geschäftsbereich müssen die Maßnahmen in der Regel zu einer Beendigung führen.

    • Bei eingetretenen oder drohenden Verletzungen im Geschäftsbereich des unmittelbaren Zulieferers ist ein Konzept zur Beendigung oder Minimierung zu erstellen, das einen konkreten Zeitplan enthält. Dabei kann auch ein Zusammenschluss mit anderen Unternehmern in Rahmen von Brancheninitiativen hilfreich sein. Zudem sollte ein Aussetzen der geschäftlichen Beziehungen während der Bemühungen zur Risikominimierung in Betracht gezogen werden.
    • Der Abbruch einer Geschäftsbeziehung ist nur als letztes Mittel geboten, wenn der Verstoß oder die Verletzung sehr schwerwiegend ist, die Versuche zur Minimierung gescheitert sind, kein milderes Mittel zur Verfügung steht und eine Erhöhung des Einflussvermögens nicht aussichtsreich erscheint.
    Unterstützungsangebote von Organisationen

    Für die Erstellung der LkSG-Umsetzungshilfen Risikoanalyse wurden unter anderem folgende Informationsquellen genutzt: Studien und Rankings internationaler Organisationen (ILO, UNDP,  UN Comtrade, Internationaler Gewerkschaftsbund etc.), nationale Statistikämter,  Arbeitsministerien, Gewerkschaften, nationale Gesetzestexte, Statistisches Bundesamt, Bundesbank, US-amerikanische Behörden, CSR Risiko-Check und Pressemeldungen. Darüber hinaus beruhen die Risikoeinschätzungen auf Interviews mit lokal tätigen Stakeholdern, Nichtregierungsorganisationen und Verbänden sowie mit lokalen Branchenexperten und Consultants.

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