Rechtsbericht | Ukraine | Zahlungsverkehr
Überblick über rechtliche Entwicklungen in der Ukraine
Kraft der Geltung des Kriegsrechts ist mit Einschränkungen bei Geschäften mit ukrainischen Geschäftspartnern zu rechnen. Teil 1 der Beitragsreihe beleuchtet den Zahlungsverkehr und das Steuerrecht.
21.11.2022
Von Yevgeniya Rozhyna | Bonn
Die ukrainische Regierung (Werchowna Rada) verlängerte die Geltung des Kriegsrechts und damit die allgemeine Mobilisierung bis zum 19. Februar 2023. Da die aktuelle Lage sich jederzeit ändern kann, ist es besonders wichtig, einen Überblick über die bereits erfolgten und anstehenden Änderungen zu behalten. In unserer dreiteiligen Beitragsreihe werden unter anderem Fragen der Einschränkungen im Zahlungsverkehr, vertragsrechtliche Fragen und die Frage nach dem Arbeitsmodus der staatlichen Stellen behandelt.
Geltung des Kriegsrechts
Das Kriegsrecht wird durch das Gesetz Nr. 389-VII "Zur rechtlichen Regelung des Kriegsrechts“ geregelt und etabliert einen besonderen Rechtsstatus in der Ukraine. Es verleiht der Regierung erweiterte Rechte. Während der Geltung des Kriegsrechtes können Grundrechte wie das Recht auf Eigentum oder das Recht auf Arbeit eingeschränkt werden.
Einschränkungen im Zahlungsverkehr
Für Zahlungen aus dem Ausland bestehen keine Beschränkungen. Daher können alle erbrachten Leistungen ohne weiteres vergütet werden. Für Zahlungen aus der Ukraine ins Ausland in Fremdwährung bestehen jedoch Einschränkungen.
Mit dem Beginn des Krieges in der Ukraine beschloss die ukrainische Nationalbank ("Ukrayinsʹkyy natsionalʹnyy bank"; im Folgenden: NBU) die Durchführung von Operationen mit Fremdwährungen einzuschränken. Der Erlass der NBU Nr. 18 vom 24. Februar 2022 "Über die Arbeit des Banksystems während des Kriegsrechts“ führte Beschränkungen und Änderungen der Fristen für die Abwicklung von Aus- und Einfuhrgeschäften im Zahlungsverkehr mit Fremdwährungen ein. Bis zum 1. Juli 2022 konnten ukrainische Unternehmen nur solche Waren bezahlen, die auf der Liste der kritischen Importgüter standen.
Im Verlauf des Krieges lockerte die NBU die Beschränkungen, um das Wirtschaftsleben aufrecht zu erhalten und Zahlungen ins Ausland zu ermöglichen. Ab dem 9. Juli 2022 ist es Unternehmen wieder möglich, ohne Einschränkungen für Waren in Fremdwährungen zu bezahlen. Einige der Einschränkungen gelten nach wie vor, um die Stabilität des Fremdwährungsmarktes nicht zu gefährden. So ist die Bezahlung von Dienstleistungen nur eingeschränkt möglich.
Unternehmen sollten beachten, dass Export-Import-Transaktionen innerhalb einer bestimmten Frist erfolgen müssen. Das umfasst sowohl die Bezahlung der Ware als auch die Lieferung der Ware. Vor Beginn des Krieges galt eine Frist von 365 Tagen. Zu Beginn des Krieges beschränkte die NBU die Frist zunächst auf 90 Tage. Am 7. Juni 2022 wurde die Frist zunächst auf 120 Tage und per Erlass vom 9. Juli 2022 auf 180 Tage verlängert. Gleichzeitig mussten Export-Import-Transaktionen, die nicht vor dem 5. April 2022 abgewickelt wurden, innerhalb von 365 Tagen ab dem Datum der Abwicklung beendet werden. Für ausgesuchte Transaktionen bestimmte die NBU Ausnahmen von den kürzeren Fristen:
- Wenn der Wert der Export-Import-Transaktionen (Waren oder Dienstleistungen) zum Zeitpunkt der Transkationen 400.000 Hrywnja (ca. 10.986 Euro) nicht überschreitet;
- Wenn der Saldo für Import-Export-Transaktionen zum Zeitpunkt des Ablaufs der Abrechnungsfrist ca. 400.000 Hrywnja (ca. 10.986 Euro) nicht überschreitet;
Weitere Ausnahmen werden mit dem Erlass Nr. 67 der NBU vom 14. September 2019 geregelt für unter anderem:
- Waren, die für die Zwecke der Produktionsvereinbarung exportiert und/oder importiert werden und in einer solchen Vereinbarung vorgesehen sind;
- beschaffungspflichtige Waren und Dienstleistungen wie Arzneimittel, Medizinprodukte;
- Export von Dienstleistungen, Bauleistungen, geistige Eigentumsrechte und Nicht-Eigentumsrechte;
Zudem kann die 180-Tage-Frist für bestimmte Transaktionen verlängert werden. Diese werden durch die NBU Richtlinie Nr. 104-2017 festgelegt. So zum Beispiel, wenn der Fall der "höheren Gewalt" vorliegt und dies durch ein Zertifikat bestätigt ist.
Zum Thema:
GTAI- Beitrag vom 9. Juni 2022 | |
GTAI- Beitrag vom 30. Juni 2022 | |
GTAI-Beitrag vom 14. Juli 2022 | Ukraine: Erneute Änderungen im Zahlungsverkehr mit Fremdwährungen |
GTAI-Beitrag vom 22. September 2022 |
Aktuelle Entwicklungen des Steuerrechts
Im Bereich des Steuerrechts hat die ukrainische Regierung eine Reihe an Gesetzen verabschiedet. Diese sollen Unternehmen während der Geltung des Kriegsrechts entlasten. Die Gesetze Nr. 2120-IX vom 15. März 2022 “Über die Änderung des Steuergesetzbuches der Ukraine und anderer Gesetze der Ukraine für die Zeit des Kriegsrechts“ und Nr. 2142-IX vom 24. März 2022 ”Zur Änderung des Steuergesetzbuches der Ukraine und anderer gesetzlicher Akte der Ukraine zur Verbesserung der Gesetzgebung während des Kriegszustandes” haben eine Reihe von Entlastungen eingeführt wie unter anderem eine Umsatzsteuer in Höhe von 2 Prozent, die anstelle der Einkommens- und Mehrwertsteuer zu zahlen war.
Mit dem Gesetz Nr.-2260-IX vom 27. Mai 2022 "Gesetz zur Änderung des ukrainischen Steuergesetzbuches und anderer ukrainischer Gesetze in Bezug auf Besonderheiten der steuerrechtlichen Verwaltung von Steuern, Abgaben und einheitlichen Gebühren während des Kriegszustandes“ wurden einige Erleichterungen zum Teil wieder abgeschafft. Die Bestimmungen traten beziehungsweise treten zeitlich gestaffelt in Kraft. Durch das Gesetz wurden die ausgesetzten steuerlichen Fristen wieder teilweise eingeführt. Dazu gehören unter anderem Fristen wie die Eintragung von Steuerrechnungen und Durchführung von internen steuerbehördlichen Prüfungen. Einige der Erleichterungen blieben erhalten: Kann ein Unternehmen die Fristen zur Zahlungen oder damit verbundenen Erleichterungen nicht nachkommen, so muss es innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung des Kriegszustandes diese nachholen.
Zum Thema:
GTAI-Meldung vom 6. Mai 2022 | |
GTAI-Meldung vom 20. Juli 2022 | Ukraine schafft Steuervergünstigungen für Unternehmen wieder ab |