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Wirtschaftsumfeld | Ungarn | Personal

Personalsuche und Personalmanagement

Der Wettbewerb um qualifiziertes Personal wird härter. Zur Besetzung höherer Positionen ist professionelle Unterstützung ratsam. Mitarbeiterbindung rückt stärker in den Fokus.

Von Kirsten Grieß | Budapest

Für deutsche Unternehmen ist die Suche nach qualifizierten Arbeitskräften inzwischen eine der größten Herausforderungen im Ungarngeschäft. Insbesondere die Suche nach Spezialisten und die Besetzung mittlerer und höherer Managementpositionen wird immer schwieriger. Große deutsche und internationale Unternehmen greifen in Ungarn daher zunehmend auf Personalvermittler, Zeitarbeitsfirmen und Headhunter zurück.

Unterschiede im Recruitingprozess

Im Rekrutierungsprozess sollten sich deutsche Personaler auf einige ungarische Besonderheiten einstellen. Das beginnt schon bei den Stellenausschreibungen. Diese sind deutlich kürzer als in Deutschland und skizzieren nur stichpunktartig die Stellenanforderungen und das Unternehmensangebot. Auch die Bewerbungsunterlagen - selbst bei anspruchsvollen Positionen - unterscheiden sich: Lebensläufe sind meist ohne Foto, Angaben wie Alter oder Wohnsitz fehlen. Motivationsschreiben sind nicht üblich und sind - wenn angefordert - wenig aussagekräftig. Zertifikate und Referenzen werden nicht automatisch Bewerbungen beigelegt.

Direkte Ansprache wird immer wichtiger

Anzeigen auf Stellenportalen und Firmenwebseiten sind in Ungarn nach wie vor zentrale Rekrutierungskanäle, werden heute aber oft nur flankierend zu direkten Formen der Ansprache eingesetzt. In Ungarn unangefochtene Nummer 1 ist das Jobportal Profession.hu. Danach reiht sich gleich die Social-Media-Plattform LinkedIn ein. Besonders effektiv ist es laut András Sághy, Country Manager der ungarischen Niederlassung von Kienbaum, Anzeigen über ein Recruiter-Konto zu schalten. 

Mit Anzeigen wird allerdings nur der kleinen Teil aktiv suchender Kandidaten erreicht. Inaktive potenzielle Kandidaten müssen direkt angesprochen werden. Ein guter Weg sind soziale Medien, vor allem LinkedIn oder Facebook. Recruitment-Veranstaltungen und Messen lohnen sich ebenfalls. Die aktive Personalsuche und Personalansprache ist allerdings sehr zeitaufwendig. Personalabteilungen von Unternehmen können das in der Regel nicht leisten.

Personalvermittlung: Masse statt Klasse

Personalabteilungen stehen in Ungarn eine ganze Reihe professioneller Personalvermittler - meist in Kombination mit einer Zeitarbeitsvermittlung - zur Verfügung. Große internationale Agenturen bieten in der Regel Full-Service-Pakete an. Allerdings wird bei den meisten eher auf klassische Vermittlung über Anzeigen, eigene Datenbanken oder Stellenportale gesetzt, die möglichst viele potenzielle Bewerber erreichen. Die Anbieter eignen sich deshalb eher für Besetzungen im mittleren Management oder bei der Suche nach Facharbeitern.

Bei Stellenbesetzungen im höheren Management und von Schlüsselpositionen empfiehlt es sich, frühzeitig auf Headhunter zurückzugreifen. Mit Blick auf professionelle Headhuntingagenturen ist Ungarn breit und international aufgestellt. Unter den Top-10 der Agenturen finden sich auch die deutsch geführten Anbieter PSP International und Kienbaum. 

Aufgrund der angespannten Fachkräftesituation schwenken inzwischen auch viele der großen Vermittlungsagenturen auf Headhunting-Methoden um. Die Qualität des Auswahlprozesses ist laut Experten allerdings anders als bei reinen Headhuntern. Meist seit Jahren in spezifischen Branchen vernetzt, bieten Headhunter auch umfassendere Leistungen an, etwa Eignungstests oder Dokumentenprüfungen. Die Kalkulation der Preise für Vermittlung und direkte Suche basiert in der Regel auf dem Jahresgehalt der zu besetzenden Position. Der Prozentsatz variiert von Anbieter zu Anbieter. 

Vor 20 Jahren konnten wir fast ausschließlich mit Anzeigen arbeiten. Peu à peu mussten wir mit eigenen Recherchen anfangen, und heute ist kaum ein Auftrag ohne Direktsuche vorstellbar.

Ernő Dús Partner der Personalberatungsagentur PSP Siklossy & Partner

Deutsche Arbeitgeber sind beliebt

Auch die Deutsch-Ungarische Industrie- und Handelskammer (AHK Ungarn) bietet Unterstützung bei der Personalsuche an. In der Regel sind ihre Kunden Unternehmen, die neu in den ungarischen Markt eintreten und Positionen im Vertrieb oder im technischen Bereich zu besetzen haben. Neben der Personalsuche unterstützt die AHK auch bei arbeitsrechtlichen Fragen. Laut AHK-Arbeitsmarktexpertin Zsófia Grabovszky genießen deutsche Unternehmen in Ungarn einen sehr guten Ruf als Arbeitgeber.

Seit 2017 vergibt die AHK das Prädikat "Verlässlicher Arbeitgeber". Für diese Auszeichnung müssen sich die Unternehmen bewerben und ihre innerbetrieblichen Leistungen darlegen. Auf Basis eines detaillierten Katalogs werden diese dann von einer Fachjury bewertet. Im Mai 2024 wurden 37 Unternehmen ausgezeichnet, das ist ein neuer Rekord. Für die Juryvorsitzende Dr. Ágnes Vörös, Personalleiterin bei BASF, ist das Prädikat inzwischen ein anerkanntes Instrument im Employer-Branding. 

Ausbildungsinitiativen der AHK nutzen

Großen deutschen Unternehmen ist es über die Jahre gelungen, gemeinsam mit lokalen Bildungseinrichtungen maßgeschneiderte Ausbildungsprogramme zu entwickeln. Einige Fachhochschulen bieten sogar spezielle Studiengänge an. Für kleinere und mittlere Unternehmen ist das schwieriger umzusetzen. Unterstützung finden sie bei der AHK Ungarn. Das dort angesiedelte Deutsch-Ungarische Wissenszentrum ist auf Qualifizierung spezialisiert und bietet Trainingsprogramme für die Personalentwicklung und individuelle Beratung für die Umsetzung betrieblicher Aus- und Weiterbildungskonzepte an.

Nicht-monetäre Vorteile werden wichtiger 

Im immer schärferen Wettbewerb um geeignete Arbeits- und Fachkräfte haben sich auch die Prioritäten des Personalmanagements verschoben: Nicht mehr das Recruiting neuer Talente steht im Vordergrund, sondern die Bindung der eigenen Beschäftigten. Dabei gilt in Ungarn: Egal, ob bei Neueinstellung oder Mitarbeiterbindung - der Kampf um die besten Arbeitskräfte wird an erster Stelle über das Gehalt entschieden. András Sághy erkennt bei White-Collar-Beschäftigten allerdings einen Trend zu nicht-monetären Leistungen. Mitarbeiterfreundliche Homeoffice-Regelungen sind für ihn beispielsweise nicht mehr wegzudenken. Aber auch persönliche Wertschätzung ist den Ungarn sehr wichtig. Laut Personalberater Dús zählt hier vor allem ein angemessener Jobtitel.

Es gibt seit drei bis vier Jahren einen drastisch veränderten Kurs bei der Vergütung. Der angezogene Wettbewerb um Fachkräfte macht das Gehalt zu einem der wichtigsten Motivationsmittel beim Halten der Belegschaft.

András Sághy Country Manager, Kienbaum Hungary

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