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Die Nachfrage nach Kosmetik wächst etwas langsamer
In den USA bleibt die Anziehungskraft von Schönheitsprodukten auch in Zeiten hoher Inflation ungebrochen. Insbesondere für Premiumprodukte sind die Geschäftsaussichten rosig.
24.07.2024
Von Heiko Stumpf | San Francisco
Für die Kosmetik- und Körperpflegebranche war 2023 ein gutes Jahr. Laut dem Marktforschungsinstitut Circana gab es mit 11 Prozent ein zweistelliges nominales Umsatzwachstum. Die Tendenz der Menschen, in wirtschaftlich unsicheren Zeiten mit hoher Inflation mehr für Schönheitsprodukte auszugeben, wird dabei nicht zum ersten Mal beobachtet. Einmal mehr kommt hier der sogenannte Lippenstift-Effekt zum Tragen.
Schönheitsartikel ermöglichen einen bezahlbaren Hauch von Luxus und bedienen das Verlangen nach einer Belohnung. Durch dieses Phänomen steht die Kosmetikbranche auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten häufig als Gewinner dar. Für 2024 erwartet die amerikanische Notenbank Federal Reserve (FED) eine Stabilisierung der Wirtschaft. Die Inflationsrate dürfte auf etwa 2,4 Prozent abflauen – bei einer gleichzeitig soliden Wachstumsrate von etwa 2,1 Prozent. In diesem Zug normalisiert sich auch die Konjunktur in der Kosmetikbranche.
"In den vergangenen drei Jahren verzeichnete die Schönheitsindustrie ein beispielloses Wachstum. Im Jahr 2024 dürften sich die Zuwachsraten jedoch auf einen mittleren einstelligen Bereich abschwächen", sagte Dave Kimbell, CEO von Ulta Beauty bei der Vorstellung von Unternehmensergebnissen im März 2024. Mit knapp 1.400 Filialen ist Ulta Beauty der größte Kosmetikhändler in den USA.
Trend zur "Premiumization"
Weiterhin gut sind die Aussichten für qualitativ hochwertige Artikel. Schon 2023 legte das Prestige-Schönheitssegment (Make-up, Parfüm, Haut- und Haarpflege) mit 14 Prozent deutlich stärker zu als der Massenmarkt mit nur 6 Prozent. Laut Prognosen von Circana dürften die Geschäfte im Prestigebereich mit einem Plus von 10 Prozent auch im Jahr 2024 gut laufen. Für die Folgejahre fallen die Erwartungen mit 8 Prozent im Jahr 2025 und 7 Prozent in 2026 ebenfalls besser als der Durchschnitt aus.
Grund ist ein Trend zur "Premiumization", den Branchenkenner in allen Segmenten beobachten. Teurere, hochwertige Produkte mit einem vermeintlich höheren Nutzen gewinnen Marktanteile. Dies spürt bereits der Einzelhandel. Bislang wurden Premiummarken vor allem in Nobelkaufhäusern wie Neiman Marcus oder Kosmetikfachgeschäften wie Sephora verkauft. Drogerien oder Megastores wie Ulta Beauty konzentrierten sich auf das Massengeschäft.
Da die Nachfrage nach höherwertigen Produkten steigt, werden Premium- und Massenmarken verstärkt in den gleichen Geschäften angeboten. Sephora kooperiert mit der Warenhauskette Kohl's, um breitere Kundenschichten zu erreichen. Bis 2025 will Sephora in allen rund 1.200 Kohl's-Filialen mit einem Inhouse-Store vertreten sein. Walmart nimmt als Massenhändler teure Luxusmarken wie "Skinceuticals" für Hautpflege oder "Color Wow" für Haarpflege ins Sortiment. Auch die Warenhauskette Target bietet in Kooperation mit Ulta Beauty verstärkt Prestigeprodukte an.
Gen Z verändert den Parfümmarkt
Lukrativ ist auch der Markt für Parfüm und Duftwasser. Laut Circana wuchs das Prestigesegment 2023 um rund 12 Prozent. Hersteller wie Coty verzeichnen hohe Gewinne im US-Geschäft. Ein wichtiger Wachstumstreiber ist das Konsumverhalten der jungen Generation, der Gen Z. Sie nutzt Parfüm nicht nur häufiger, sondern auch vielfältiger.
Ältere halten meist an einem klaren Lieblingsduft fest. Die Gen Z hingegen besitzt ein ganzes Sortiment an Duftnoten, welche sie je nach Stimmung oder Anlass aufträgt. Wichtiger Einflussfaktor sind dabei Social-Media-Kanäle wie TikTok und Instagram. Schönheitsprodukte werden dort hoch und runter beworben. Da diese Altersgruppe quasi mit dem Smartphone aufgewachsen ist, kommt sie vielfach in Kontakt mit den entsprechenden Kanälen von Influencern und Prominenten. Der Absatz von "Celebrity Beauty Brands" stieg im Jahr 2023 um fast 60 Prozent und durchbrach segmentübergreifend die Schallmauer von einer 1 Milliarde US-Dollar (US$).
Laut Marktforschern ist das Wissen über Schönheitsprodukte bei der Gen Z sowie der nachfolgenden Generation Alpha durch Social Media ausgeprägter als bei den Alterskohorten davor. Ein Trend, der auch für andere Segmente wie Hautpflege oder Make-up zu beobachten ist und der neue Chancen bietet.
"Clean Beauty" steht hoch im Kurs
Junge Menschen sind auch eine treibende Kraft für die zunehmende Beliebtheit von "Clean Beauty"-Produkten. Der Trend zu "Clean Beauty" ist noch relativ neu: Es geht dabei um den bewussten Verzicht auf umstrittene Chemikalien wie Parabene, Phthalate, Sulfate und synthetische Duftstoffe. Laut Umfragen achtet mehr als die Hälfte der Gen Z vor dem Kauf von Schönheits- und Körperpflegeprodukten sehr genau auf die Inhaltsstoffe.
Allerdings gibt es für die Verwendung der Bezeichnung "Clean Beauty" bislang keine gesetzlichen Vorgaben. Kosmetikketten wie Sephora, Ulta Beauty oder Credo haben bereits eigene Produktlinien mit dem "Clean Beauty"-Label eingeführt. Einen Anfang für strengere regulatorische Vorgaben bildet der Ende 2023 in Kraft getretene "Modernization of Cosmetics Regulation Act of 2022" (MoCRA).
Hersteller müssen Kosmetikprodukte und deren Inhaltsstoffe fortan bei der US-Regulierungsbehörde Food and Drug Administration (FDA) registrieren. Auch Produktionsstätten müssen der FDA gemeldet werden. In Kalifornien treten ab dem Jahr 2025 schrittweise die Bestimmungen des Toxic-Free-Cosmetics-Act in Kraft. Er verbietet bestimmte Inhaltsstoffe.
Zuwanderung treibt Umsatz bei Körperpflegeprodukten
Im Gegensatz zur Schönheitsbranche ist der Markt für Körperpflege deutlich weniger von kommenden und wieder abflauenden Trends beeinflusst. Langfristig dürfte hier vor allem das hohe Bevölkerungswachstum zu einem positiven Geschäftsumfeld beitragen. Nach neuen Prognosen des Congressional Budget Office (CBO) soll die Einwohnerzahl in den USA bis 2030 auf rund 357 Millionen ansteigen, das sind fast 20 Millionen Menschen mehr als im Jahr 2023. Insbesondere eine hohe Zuwanderung treibt dieses Bevölkerungswachstum.