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Branchen | USA | Wasserstoff

Kalifornien investiert viel Geld in die Wasserstoffinfrastruktur

Bei Wasserstoff richtet sich in den USA der Blick vor allem auf die Westküste: Der Klimaschutzpionier Kalifornien hat bereits viele Erfahrungen bei Pilotprojekten gesammelt.

Von Heiko Steinacher | San Francisco

Dass weltweit immer mehr Wasserstoff mit Ökostrom produziert wird, ist kein Zufall. Je weiter der Ausbau der erneuerbaren Energien voranschreitet, desto preiswerter lässt sich grüner Wasserstoff herstellen. Zudem hat sich grauer Wasserstoff aus fossilen Brennstoffen in den letzten Monaten stark verteuert. In den USA macht sich das indessen nicht so stark bemerkbar wie in Europa, das seine Energieimporte wegen des Ukrainekriegs umstrukturieren muss. Denn die US-Schieferöl- und -gasindustrie nahm bereits 2021 viele Großprojekte wieder auf, die sie in der ersten Phase der Coronakrise 2020 gestoppt hatte.

Die USA wollen grünen Wasserstoff wettbewerbsfähig machen

Dennoch setzen auch die USA auf grünen Wasserstoff. Um ihn wettbewerbsfähiger zu machen, müssen die Produktionskosten deutlich sinken. Dazu beitragen soll das Programm "Hydrogen Shot" des US-Energieministeriums (DOE). Ziel der Regierung ist es, die Herstellungskosten von grünem Wasserstoff innerhalb von zehn Jahren auf 1 US-Dollar (US$) pro Kilogramm zu senken. Als die Initiative im Juni 2021 startete, lagen sie noch bei rund 5 US$ pro Kilogramm. Hydrogen Shot ist Teil der Energy Earthshots Initiative des Energieministeriums.

Weitere Unterstützung kommt durch den im November 2021 beschlossenen Infrastrukturplan der USA. Dieser sieht fast 10 Milliarden US$ an Finanzmitteln für Forschungs-, Entwicklungs- und Demonstrationsprojekte zu grünem Wasserstoff von 2022 bis 2026 vor. Von den Anreizen der Regierung will zum Beispiel PowerTap Hydrogen Capital profitieren: Die Gesellschaft möchte 2022 ihre ersten Wasserstofftankstellen in Kalifornien installieren, wobei der Wasserstoff direkt an den Tankstellen aus erneuerbarem Gas erzeugt werden soll.

Auch deutsche Unternehmen sind im Geschäft. So kooperiert Siemens mit kalifornischen Branchenakteuren. Die Wasserstofftochter Nucera von Thyssenkrupp liefert nach eigenen Angaben zahlreiche Anlagen zur Produktion von grünem Wasserstoff nach Nordamerika, darunter für Air Products & Chemicals (Arizona) und CF Industries (Louisiana). Der Industriegasekonzern Linde nahm im Juli 2021 seinen fünften Wasserstoffverflüssiger in den USA in Texas in Betrieb - nach Kalifornien, Alabama, Indiana und New York.

Kalifornien zielt vor allem auf Anwendungen im Verkehrssektor ab

Bei Wasserstoff richten sich die Blicke vor allem nach Kalifornien und nicht in die Hauptstadt Washington, DC. Der Golden State gilt als Vorreiter in der Klimapolitik und hat bereits Erfahrungen bei Pilotprojekten gesammelt. Während der Bund Wasserstoff breiter einsetzen will zur Dekarbonisierung der gesamten Wirtschaft, fokussiert sich die kalifornische Politik auf Anwendungen im Verkehrsbereich. Schließlich ist der Transportsektor dort der mit Abstand größte Emittent von Treibhausgasen.

Gerade für schwere Lkw gilt Wasserstoff als Zukunftstechnologie. Symbio, Michelin, Faurecia und GTI entwickeln zurzeit mit weiteren Industriepartnern einen mit Wasserstoff betriebenen Lkw für den regionalen Verteilerverkehr. Die California Energy Commission (CEC) fördert das Projekt mit 2 Millionen US$. Im Februar hat das Gasversorgungsunternehmen SoCalGas ein riesiges Projekt namens Angeles Link vorgeschlagen: Dadurch würde im Großraum Los Angeles das landesweit größte regional vernetzte Infrastruktursystem für grünen Wasserstoff entstehen.

Auch für den Transitverkehr gibt es interessante Projekte, wie etwa einen wasserstoffbetriebenen Zug an der Küste Südkaliforniens, der ab 2024 verkehren soll. Darüber hinaus will die Eisenbahngesellschaft Sierra Northern Railway eine Dieselrangierlokomotive mit einer Brennstoffzelle umrüsten. Die CEC unterstützt das Projekt mit 4 Millionen US$.

Neue Wasserstofftankstellen erhöhen die Nachfrage nach Elektrolyseuren

Im Vergleich zur E-Mobilität ist die Abdeckung Kaliforniens mit Wasserstofftankstellen zwar noch sehr lückenhaft. Dennoch wurden dort in den letzten Jahren viele errichtet – für Autos, Busse und Lkw. Von den insgesamt knapp 90 Tankstellen in den USA befinden sich zwei Drittel allein in dem US-Westküstenstaat. Circa 100 weitere sind in der Entwicklungspipeline; bis 2026 soll es in Kalifornien über 200 solcher Tankstellen geben. Das beflügelt die Nachfrage nach Elektrolyseuren, weshalb deutsche Anbieter das Geschehen vor Ort genau beobachten.

Auch wenn sich die Nachfrage nach grünem Wasserstoff für Brennstoffzellenfahrzeuge noch eine Weile in engen Grenzen halten dürfte, hat der Golden State eine langfristige Vision: Das Ziel der Regierung ist es, 1,5 Millionen Nullemissionsfahrzeuge bis 2025 und 5 Millionen bis 2030 auf den Straßen zu haben.

Öffentlich-private Partnerschaften wie die Western Green Hydrogen Initiative unterstützen interessierte US-Bundesstaaten und zwei kanadische Provinzen beim Aufbau einer umweltfreundlichen Wasserstoffinfrastruktur. Eine weitere Initiative ist die California Fuel Cell Partnership (CaFCP), zu deren Vollmitgliedern auch Volkswagen und Daimler Trucks gehören.

Fossilkrise bleibt große Herausforderung für die transatlantische Zusammenarbeit

Die klimapolitischen Ambitionen von US-Präsident Joe Biden verleihen den Wasserstofftechnologien zusätzlichen Auftrieb. Das dürfte auch andere US-Bundesstaaten dazu ermuntern, dem kalifornischen Beispiel zu folgen. Zudem biete sich grüner Wasserstoff als Vehikel für einen klimapolitisch tragfähigen Diskurs über den transatlantischen Energiehandel an, sagt Raffaele Piria vom Forschungs- und Beratungsinstitut adelphi. Das Institut unterstützt den energiepolitischen Dialog des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) mit den USA.

Der Ukrainekrieg zwang die Akteure kurzfristig indes zum Umdenken: So stehen für die Europäische Union nun erst einmal Flüssiggaslieferungen aus den USA im Fokus, um unabhängiger von russischen Energieimporten zu werden.

Meilensteine einer Wasserstoff-Roadmap für die USA

2022

2025 1)

2030 1)

Nachfrage nach Wasserstoff für Brennstoffzellenfahrzeuge (in Millionen Tonnen)

12

13

17

Brennstoffzellenfahrzeuge (ohne Lagerlogistik; Absatz in 1.000 Stück)

30

150

1.200

Brennstoffzellenfahrzeuge für die Lagerlogistik (Absatz in 1.000 Stück)

50

125

300

Wasserstofftankstellen (ohne Lagerlogistik) 2)

165 3)

1.000 3)

4.300 4)

Wasserstofftankstellen für die Lagerlogistik 5)

300

600

1.500

Jährliche Investitionen (in Milliarden US$)

1

2

8

1) Prognose; 2) sowohl in Betrieb als auch in der Entwicklung; 3) bis 500 Kilogramm pro Tag; 4) bis 1.000 Kilogramm pro Tag; 5) Daten von Plug PowerQuelle: Fuel Cell and Hydrogen Energy Association (FCHEA), 2022

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