Preisbewusstere Haushalte sowie mehr Fokus auf Herkunft und Inhalt der Produkte sind einige der aktuellen Trends aus Italiens Nahrungsmittelwirtschaft.
Inflation wirkt sich aus
Italiens Lebensmittelwirtschaft leidet zunehmend unter den Kostensteigerungen für Vorprodukte, Energie, Verpackungen und Logistik, die sich in höheren Konsumentenpreisen niederschlagen und den Absatz drücken. Zwischen Januar und Oktober 2022 nahm der Umsatz im Lebensmittelhandel gegenüber der entsprechenden Vorjahresperiode wertmäßig zwar um 4,3 Prozent zu, ging aber mengenmäßig gleichzeitig um 3,8 Prozent zurück. Im Oktober 2022 lag der mengenmäßig Absatz gar um 7,9 Prozent unter dem Vorjahresmonat. Auch wenn sich die Konsumentenzuversicht Ende 2022 und Anfang 2023 wieder verbesserte, ist die Branche doch weiterhin beunruhigt.
Eine Studie der Supermarktkette COOP rechnet damit, dass sich die Inflation bei Lebensmitteln im Jahresdurchschnitt 2023 bei hohen 6,7 Prozent halten könnte, ab Jahresmitte aber tendenziell sinkt. Für den Lebensmitteleinzelhandel 2023 geht die Studie von einem Umsatzrückgang von 0,9 Prozent aus. Im Jahr 2024 wird der Privatkonsum sich laut derzeitiger Prognosen noch schwächer entwickeln als 2023. Die Lebensmittelproduktion sank zwischen September und November gegenüber dem Vorquartal um 1,4 Prozent und damit stärker als die der Konsumgüter insgesamt.
Essenzielle Käufe im Vordergrund
Konsumenten kaufen verstärkt im Discounter ein, suchen nach Sonderangeboten und reduzieren Menge und Vielfalt der Einkäufe. Ausgaben für Restaurants und Foodservice sinken tendenziell. Rund 80 Prozent der Verbraucher wollen laut der COOP-Studie ihr Einkaufsverhalten bei Lebensmitteln anpassen und sich auf essenzielle Waren konzentrieren. Neben dem Preis spielt aber nach Umfragen auch die Funktionalität, ein möglichst niedriger Umweltimpact sowie Herkunfts- und Inhaltsinformationen eine Rolle.
Die Nachfrage nach Rindfleischprodukten sank mengenmäßig zwischen Januar und September 2022 um 7 Prozent. Eine zunehmende Zahl von Konsumenten streicht Rindfleisch auch aus gesundheitlichen Gründen von der Speisekarte. Schweinefleisch und seine Produkte hingegen legten trotz der höheren Preise im genannten Zeitraum mengenmäßig um 4,4 Prozent zu. Fleischalternativen kommen stärker auf (siehe unten).
Molkereiprodukte verzeichneten 2022 hohe Preissteigerungen, während die Milchproduktion weitgehend auf Vorjahresniveau stagnierte. Der Konsum nahm zwischen Januar und September wertmäßig zwar um 4,1 Prozent zu, allerdings lagen die Preissteigerungen im Durchschnitt zwischen 6 und 10 Prozent. Eine ähnliche Entwicklung ist bei Backwaren im Gang, wo der Brotpreis zwischen Januar und September um 17 Prozent stieg, was zu einem mengenmäßigen Absatzrückgang von 7,7 Prozent führte. Auch Teigwaren nahmen preislich stark zu, blieben aber bei der Absatzmenge stabil. Laut COOP-Studie zeichnet sich bei Konsumenten ein zunehmendes Interesse an Hülsenfrüchte-Pasta ab.
Süßwaren, Schokolade- und Kakaoprodukte erfreuen sich ungebrochener Beliebtheit. Nach dem Ende des beschränkten Zugangs während der Pandemie sind die Konditoreien wieder voll. Auch beim Supermarkteinkauf wird laut Branchenexperten nicht zuerst bei Süßwaren gespart, selbst wenn auch hier deutliche Preissteigerungen zu beobachten waren. Der Umsatz des Branchenriesen Ferrero stieg in Italien 2022 um 6,6 Prozent auf rund 1,6 Milliarden Euro. Fertiggerichte und Snacks fallen laut Branchenexperten verstärkt dem Sparkurs vieler Haushalte zum Opfer. Neben dem Preis spielt hier auch ein steigendes Bewusstsein für gesunde Ernährung eine Rolle. Obst und Gemüse verzeichneten aufgrund hoher Preissteigerungen zwischen Januar und September 2022 dennoch einen Rückgang bei der abgesetzten Menge.
Einfuhr von Nahrungsmitteln nach Italien (in Millionen Euro)SITC | Produktgruppe | 2020 | 2021 | davon aus Deutschland 2021 |
01 | Fleisch und Fleischprodukte | 4.386 | 4.515 | 954 |
02 | Milch und Milchprodukte | 3.529 | 3.750 | 1.295 |
03 | Fische, andere Wassertiere und Zubereitungen | 5.243 | 6.435 | 212 |
04 | Getreide und Getreideprodukte, Teig- und Backwaren | 4.523 | 5.054 | 464 |
05 | Gemüse, Früchte und Zubereitungen | 6.428 | 6.749 | 480 |
06 | Zucker, Zuckerwaren, Honig | 1.001 | 1.076 | 326 |
07 | Kaffee, Tee, Kakao, Gewürze und Waren daraus | 2.797 | 3.083 | 461 |
09 | verschiedene Lebensmittel und Zubereitungen | 1.244 | 1.468 | 359 |
11 | Getränke | 1.557 | 1.923 | 321 |
| Summe | 30.708 | 34.053 | 4.872 |
Quelle: ISTAT -Januar 2023
Deutsche Produkte sind gefragt
Erzeugnisse aus Deutschland bleiben gefragt. Deutschland liefert unter anderem Milch und Milchpulver, Joghurt, Butter, Käse, Kleingebäck, Backwaren, Schokoladenzubereitungen, Kakaopulver und -paste, Zucker, Schweinefleisch, Geflügelzubereitungen, Wurstwaren, Fischfilets, Tiernahrung, Kartoffeln und Kartoffelzubereitungen, Nüsse, Soßen, Suppen, Würzmittel, Erdbeeren, Himbeeren und Blaubeeren, Fruchtsäfte, Bier, Liköre und Gin. Bei zahlreichen Produktgruppen ist Deutschland Italiens wichtigster Lebensmittellieferant. Bei Abzug lebender Tiere ist Deutschland auch statistisch insgesamt die Nummer eins vor Spanien und Frankreich. Im Jahr 2022 ist der italienische Import deutscher Lebensmittel sowohl wert- wie auch mengenmäßig gestiegen.
Gesund, sicher und nachhaltig
Gesundheit und verantwortlicher Konsum sind zunehmende Ernährungstrends. Ganz vorne liegen laut COOP-Studie funktionale Lebensmittel, Free from (frei von) und Vegetarisch/Flexitarisch (gelegentlicher Fleischkonsum). Produkte zum Ersatz tierischer Proteine nahmen 2022 um geschätzte 7,2 Prozent zu. Nach einer Umfrage des Informationsdienstes Doxa wollen rund 16 Prozent der Befragten italienischen Konsumenten in den kommenden 12 Monaten solche Produkte testen, 33 Prozent kaufen sie bereits gelegentlich, 21 Prozent regelmäßig. Gemäß der COOP-Studie bevorzugen 36 Prozent derjenigen, die Fleisch gegen pflanzliche Stoffe eintauschen würden, solche mit Fleischgeschmack, 23 Prozent plant based (pflanzenbasiert) ohne Fleischgeschmack, 22 Prozent Insektenbasiertes Meatless (fleischlos) und 19 Prozent lab-meat (In-vitro-Fleisch).
Zunehmend wichtig ist Konsumenten eine genaue Informationen über Inhalt und Herkunft von Produkten. Darüber hinaus achten sie verstärkt auf eine umweltverträgliche Verpackung. Nach einer Studie des Informationsdienstes Nomisma wünschen sich 76 Prozent der italienischen Konsumenten Informationen über die Nachhaltigkeit von Produktion und Verpackung auf dem Etikett. Ein Trend ist daher, gesunden Inhalt mit einer recycelbaren /Öko/Bio-Verpackung zu kombinieren.
Von Oliver Döhne
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Mailand