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Branche kompakt | Italien | Nahrungsmittel

Zurück zum Essenziellen

Der Preisanstieg verändert Konsummuster und Angebote von Lebensmitteln in Italien. Auch ohne viel Dynamik bleibt das Land ein aufnahmefähiger Markt.  

Von Oliver Döhne | Mailand

  • Markttrends

    Preisbewusstere Haushalte sowie mehr Fokus auf Herkunft und Inhalt der Produkte sind einige der aktuellen Trends aus Italiens Nahrungsmittelwirtschaft.  

    Inflation wirkt sich aus

    Italiens Lebensmittelwirtschaft leidet zunehmend unter den Kostensteigerungen für Vorprodukte, Energie, Verpackungen und Logistik, die sich in höheren Konsumentenpreisen niederschlagen und den Absatz drücken. Zwischen Januar und Oktober 2022 nahm der Umsatz im Lebensmittelhandel gegenüber der entsprechenden Vorjahresperiode wertmäßig zwar um 4,3 Prozent zu, ging aber mengenmäßig gleichzeitig um 3,8 Prozent zurück. Im Oktober 2022 lag der mengenmäßig Absatz gar um 7,9 Prozent unter dem Vorjahresmonat. Auch wenn sich die Konsumentenzuversicht Ende 2022 und Anfang 2023 wieder verbesserte, ist die Branche doch weiterhin beunruhigt. 

    Eine Studie der Supermarktkette COOP rechnet damit, dass sich die Inflation bei Lebensmitteln im Jahresdurchschnitt 2023 bei hohen 6,7 Prozent halten könnte, ab Jahresmitte aber tendenziell sinkt. Für den Lebensmitteleinzelhandel 2023 geht die Studie von einem Umsatzrückgang von 0,9 Prozent aus. Im Jahr 2024 wird der Privatkonsum sich laut derzeitiger Prognosen noch schwächer entwickeln als 2023. Die Lebensmittelproduktion sank zwischen September und November gegenüber dem Vorquartal um 1,4 Prozent und damit stärker als die der Konsumgüter insgesamt.

    Essenzielle Käufe im Vordergrund

    Konsumenten kaufen verstärkt im Discounter ein, suchen nach Sonderangeboten und reduzieren Menge und Vielfalt der Einkäufe. Ausgaben für Restaurants und Foodservice sinken tendenziell. Rund 80 Prozent der Verbraucher wollen laut der COOP-Studie ihr Einkaufsverhalten bei Lebensmitteln anpassen und sich auf essenzielle Waren konzentrieren. Neben dem Preis spielt aber nach Umfragen auch die Funktionalität, ein möglichst niedriger Umweltimpact sowie Herkunfts- und Inhaltsinformationen eine Rolle.  

    Die Nachfrage nach Rindfleischprodukten sank mengenmäßig zwischen Januar und September 2022 um 7 Prozent. Eine zunehmende Zahl von Konsumenten streicht Rindfleisch auch aus gesundheitlichen Gründen von der Speisekarte. Schweinefleisch und seine Produkte hingegen legten trotz der höheren Preise im genannten Zeitraum mengenmäßig um 4,4 Prozent zu. Fleischalternativen kommen stärker auf (siehe unten). 

    Molkereiprodukte verzeichneten 2022 hohe Preissteigerungen, während die Milchproduktion weitgehend auf Vorjahresniveau stagnierte. Der Konsum nahm zwischen Januar und September wertmäßig zwar um 4,1 Prozent zu, allerdings lagen die Preissteigerungen im Durchschnitt zwischen 6 und 10 Prozent. Eine ähnliche Entwicklung ist bei Backwaren im Gang, wo der Brotpreis zwischen Januar und September um 17 Prozent stieg, was zu einem mengenmäßigen Absatzrückgang von 7,7 Prozent führte. Auch Teigwaren nahmen preislich stark zu, blieben aber bei der Absatzmenge stabil. Laut COOP-Studie zeichnet sich bei Konsumenten ein zunehmendes Interesse an Hülsenfrüchte-Pasta ab. 

    Süßwaren, Schokolade- und Kakaoprodukte erfreuen sich ungebrochener Beliebtheit. Nach dem Ende des beschränkten Zugangs während der Pandemie sind die Konditoreien wieder voll. Auch beim Supermarkteinkauf wird laut Branchenexperten nicht zuerst bei Süßwaren gespart, selbst wenn auch hier deutliche Preissteigerungen zu beobachten waren. Der Umsatz des Branchenriesen Ferrero stieg in Italien 2022 um 6,6 Prozent auf rund 1,6 Milliarden Euro. Fertiggerichte und Snacks fallen laut Branchenexperten verstärkt dem Sparkurs vieler Haushalte zum Opfer. Neben dem Preis spielt hier auch ein steigendes Bewusstsein für gesunde Ernährung eine Rolle. Obst und Gemüse verzeichneten aufgrund hoher Preissteigerungen zwischen Januar und September 2022 dennoch einen Rückgang bei der abgesetzten Menge. 

    Einfuhr von Nahrungsmitteln nach Italien (in Millionen Euro)

    SITC

    Produktgruppe

    2020

    2021

    davon aus Deutschland 2021

    01

    Fleisch und Fleischprodukte

    4.386

    4.515

    954

    02

    Milch und Milchprodukte

    3.529

    3.750

    1.295

    03

    Fische, andere Wassertiere und Zubereitungen

    5.243

    6.435

    212

    04

    Getreide und Getreideprodukte, Teig- und Backwaren

    4.523

    5.054

    464

    05

    Gemüse, Früchte und Zubereitungen 

    6.428

    6.749

    480

    06

    Zucker, Zuckerwaren, Honig

    1.001

    1.076

    326

    07

    Kaffee, Tee, Kakao, Gewürze und Waren daraus

    2.797

    3.083

    461

    09

    verschiedene Lebensmittel und Zubereitungen

    1.244

    1.468

    359

    11

    Getränke

    1.557

    1.923

    321

    Summe

    30.708

    34.053

    4.872

    Quelle: ISTAT -Januar 2023


    Deutsche Produkte sind gefragt

    Erzeugnisse aus Deutschland bleiben gefragt. Deutschland liefert unter anderem Milch und Milchpulver, Joghurt, Butter, Käse, Kleingebäck, Backwaren, Schokoladenzubereitungen, Kakaopulver und -paste, Zucker, Schweinefleisch, Geflügelzubereitungen, Wurstwaren, Fischfilets, Tiernahrung, Kartoffeln und Kartoffelzubereitungen, Nüsse, Soßen, Suppen, Würzmittel, Erdbeeren, Himbeeren und Blaubeeren, Fruchtsäfte, Bier, Liköre und Gin. Bei zahlreichen Produktgruppen ist Deutschland Italiens wichtigster Lebensmittellieferant. Bei Abzug lebender Tiere ist Deutschland auch statistisch insgesamt die Nummer eins vor Spanien und Frankreich. Im Jahr 2022 ist der italienische Import deutscher Lebensmittel sowohl wert- wie auch mengenmäßig gestiegen.  

    Gesund, sicher und nachhaltig

    Gesundheit und verantwortlicher Konsum sind zunehmende Ernährungstrends. Ganz vorne liegen laut COOP-Studie funktionale Lebensmittel, Free from (frei von) und Vegetarisch/Flexitarisch (gelegentlicher Fleischkonsum). Produkte zum Ersatz tierischer Proteine nahmen 2022 um geschätzte 7,2 Prozent zu. Nach einer Umfrage des Informationsdienstes Doxa wollen rund 16 Prozent der Befragten italienischen Konsumenten in den kommenden 12 Monaten solche Produkte testen, 33 Prozent kaufen sie bereits gelegentlich, 21 Prozent regelmäßig. Gemäß der COOP-Studie bevorzugen 36 Prozent derjenigen, die Fleisch gegen pflanzliche Stoffe eintauschen würden, solche mit Fleischgeschmack, 23 Prozent plant based (pflanzenbasiert) ohne Fleischgeschmack, 22 Prozent Insektenbasiertes Meatless (fleischlos) und 19 Prozent lab-meat (In-vitro-Fleisch).

    Zunehmend wichtig ist Konsumenten eine genaue Informationen über Inhalt und Herkunft von Produkten. Darüber hinaus achten sie verstärkt auf eine umweltverträgliche Verpackung. Nach einer Studie des Informationsdienstes Nomisma wünschen sich 76 Prozent der italienischen Konsumenten Informationen über die Nachhaltigkeit von Produktion und Verpackung auf dem Etikett. Ein Trend ist daher, gesunden Inhalt mit einer recycelbaren /Öko/Bio-Verpackung zu kombinieren. 

    Von Oliver Döhne | Mailand

  • Branchenstruktur

    Die Firmenlandschaft ist weiterhin stark fragmentiert. Die großen Gruppen stärken sich durch Übernahmen. 

    Mehrheitlich kleine Produzenten

    Die Ernährungswirtschaft ist eine von Italiens wichtigsten Wirtschaftszweigen. Die gesamte Wertschöpfungskette, von der Landwirtschaft bis zum Lebensmitteleinzelhandel, steuert rund 15 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei. Als Lebensmittelproduzent liegt Italien beim Output hinter Deutschland und Frankreich auf Platz drei in Europa, bei der Wertschöpfung sogar auf dem ersten Platz. Die Wertschöpfung der Lebensmittelproduktion im engeren (industriell-weiterverarbeitenden) Sinne erreichte 2021 rund 67,9 Milliarden Euro. Laut Branchenverband Federalimentare waren 2021 in der industriellen Nahrungsmittelproduktion 6.850 Unternehmen mit mehr als 9 Mitarbeitern aktiv. Die Zahl der Beschäftigten betrug 385.000. Die Produktion Italiens lag laut Nationalem Statistikamt 2021 wertmäßig bei 110,5 Milliarden Euro an Nahrungsmitteln und 19,2 Milliarden Euro an Getränken. Der Umsatz der italienischen Lebensmittelhersteller lag laut Federalimentare 2021 bei rund 155 Milliarden Euro und der gesamte Konsum von Lebensmitteln, inklusive Gastronomie, bei 236 Milliarden Euro.  


    Produktion der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie in Italien (in Milliarden Euro)

    NACE-Code

    Sparte

    2021

    101

    Schlachtung und Fleischverarbeitung

    24,6

    107

    Herstellung von Back- und Teigwaren

    17,0

    105

    Milchverarbeitung

    16,6

    103

    Obst- und Gemüseverarbeitung

    12,0

    1102

    Herstellung von Traubenwein

    9,1

    106

    Herstellung pflanzlicher und tierischer Öle und Fette

    5,9

    104

    Mahl-und Schälmühlen, Herstellung von Stärke und Stärkeerzeugnissen

    4,9

    1083

    Verarbeitung von Kaffee und Tee

    4,7

    1107

    Herstellung von Erfrischungsgetränken; Gewinnung natürlicher Mineralwässer

    4,5

    1082

    Herstellung von Süßwaren

    3,5

    1085

    Herstellung von Fertiggerichten

    3,1

    1101

    Herstellung von Spirituosen

    2,0

    1105

    Herstellung von Bier

    1,5

    Quelle: Istat Januar 2023

    Branchenhoffnung Export

    Der Export ist für die italienischen Lebensmittelhersteller angesichts eines seit Jahren nicht mehr wirklich wachsenden Heimatmarktes essenziell wichtig. Aufgrund der durchschnittlich kleinen Unternehmensgröße fällt dies vielen Firmen aber noch schwer, weshalb die Regierung den Sektor mit zahlreichen Fördermitteln und einer weltweiten Made in Italy Kampagne unterstützt. Besonderes Augenmerk gilt dabei der Bekämpfung ausländischer Produkte die sich zu Unrecht als italienisch ausgeben ("Italian Sounding"). In der Regierung Meloni hat der Schutz des Made in Italy besondere Priorität. Der Export von Nahrungsmitteln und Getränken (SITC 00-11) machte im Jahr 2021 mit rund 45,6 Milliarden Euro ungefähr 8,8 Prozent des italienischen Exports aus. Wichtigste Absatzmärkte sind Europa und die USA, perspektivisch aber auch Asien. 

    Ausländische Konzerne wachsen

    Zahlreiche traditionelle italienische Nahrungsmittelhersteller und Marken werden nach und nach von ausländischen/multinationalen Konzernen übernommen, darunter schon vor längere Zeit bekannte Marken wie Parmalat, Galbani, San Pellegrino, Nova Castelli oder Ambrosi durch den französische Lactalis-Konzern. Laut Branchenverband CREA waren 2021 aber noch rund 78 Prozent der Lebensmittelwirtschaft in italienischer Hand. 

    Die wichtigsten Unternehmen der Ernährungswirtschaft in Italien (Umsatz in Millionen Euro)

    Unternehmen

    Umsatz 2021 *)

    Parmalat

    8.300

    Gruppo Cremonini

    3.981

    Barilla 

    3.964

    Veronesi

    3.355

    Luigi Lavazza

    2.308

    Gesco (Amadori)

    1.749

    Casillo Partecipazioni

    1.651

    Gruppo Lactalis Italia

    1.618

    Ferrero Commerciale

    1.544

    Nestle Italia

    1.470

    * auf dem italienischen MarktQuelle: Mediobanca 2022


    Supermärkte und Discounter dominieren

    Im Vertrieb koexistieren extragroße Hypermärkte am Stadtrand mit Supermärkten, Discountern und Tante-Emma-Läden. Die Hypermärkte verlieren seit Jahren an Boden zugunsten der Supermärkte und Discounter, die beide 2021 stark zulegten, aufgrund des Sparkurses vieler Haushalte besonders die Discounter. Supermärkte besitzen einen Marktanteil von 40 Prozent und gewannen gegenüber der Vor-Covid-Zeit um 2 Prozentpunkte dazu. Discounter halten mittlerweile 25 Prozent (+4 Prozentpunkte). Zu den umsatzstärksten Handelsunternehmen zählen Coop, Conad, Esselunga, Carrefour/PAM/VéGe (kooperieren im Einkauf), Consorzio Crai, Selex und Despar (Spar). Größte Discounter sind Lidl, MD, Todis (Conad), Lillo, Eurospin und Aldi. Der bei Lebensmitteln in Italien ohnehin noch unterentwickelte E-Commerce verlor tendenziell wieder etwas an Bedeutung und Konsumenten bevorzugen nach Ende der Pandemie wieder den persönlichen Einkauf. 

    Von Oliver Döhne | Mailand

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Italien

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Federalimentare

    Branchenverband

    Ismea

    Marktforschungsinstitut

    Federbio

    Branchenverband

    AITA- Associazione Italiana di Tecnologia Alimentare

    Italienischer Verband der Lebensmitteltechnologie

    Unione Italiana Food

    Verband der Lebensmittelindustrie 

    Tutto Food

    Branchenmesse, Mailand (08.-11. Mai 2023)

    SANA

    Branchenmesse, Bologna (07.-10. September 2023)

    CIBUS

    Internationale Nahrungsmittelausstellung, Parma (29.-30. März 2023)

    Olio Capitale

    Messe für hochwertiges extra natives Olivenöl

    Triest (10.-12. März 2023)

    Agro alimentare News

    Internetportal

    Food24

    Internetportal

    Food Hub Magazine

    Internetportal

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