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Usbekische Autoindustrie entwickelt sich dynamisch
Die Kfz-Industrie Usbekistans prägen heute drei Trends: Neuordnung, Marktöffnung und Aufbruchsstimmung. Ein Blick auf die Geschäftschancen in der Branche lohnt sich.
26.01.2023
Von Uwe Strohbach | Taschkent
Stärken | Schwächen |
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Glänzende Aussichten auf kräftiges Wachstum | Schwaches Reformtempo in den staatlichen und halbstaatlichen Kfz-Unternehmen |
Zunehmende internationale Ausrichtung der einheimischen Fahrzeugbauer | Kfz-Holding Uzavtosanoat hängt noch am Subventionstopf (Steuervergünstigungen) |
Marktchancen für ausländische Kfz-Hersteller (Produktion und Lieferungen) | Teils unnötige hohe Kosten durch eine ineffiziente Importablösung |
Förderung der Montage und des Absatzes von Elektrofahrzeugen beschlossen | Mögliche Lieferketten-/Logistikprobleme infolge hohen Abhängigkeit von Zulieferungen aus Korea und China (UzAutoMotors) |
Einstiegschancen in die Kfz-Zulieferindustrie | Relativ geringe Kaufkraft in der Bevölkerung |
Marktentwicklungen und Trends
Staatliches Kfz-Monopol ist Geschichte
Die Autobranche im bevölkerungsreichsten Land Zentralasiens befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Einst galt die Kfz-Industrie als intransparentes, korruptionsanfälliges und hoch subventioniertes staatliches Monopol. Seit den großen Wirtschaftsreformen 2017/2018 ist das aber Geschichte. Das gilt auch für die Abschottung vor Kfz-Importen aus westlichen Ländern durch extrem hohe Einfuhrzölle.
Jährlich sollen bis zu 1 Million Autos vom Band rollen
In den Fabriken und Tochterfirmen der Pkw-Schmiede UzAutoMotors sollen ab 2027/2028 jährlich bis zu 1 Million Wagen vom Band rollen. Das Etappenziel für 2023 sind 500.000 Neuwagen, wobei 400.000 realistischer sind. Die Fahrzeuge basieren auf der Automobilplattform Global Emerging Market (GEM) von General Motors (GM).
Andere Unternehmen planen, in bestehenden und neuen Fabriken ausländische Pkw-Modelle zu produzieren. Auch der Ausstoß von Lkw und Bussen soll in Usbekistans steigen.
Erste E-Auto-Projekte (inklusive Hybridfahrzeugen) werfen ihre Schatten voraus. Regierungsangaben zufolge sollen innerhalb der nächsten zwei Jahre bis zu 2.000 Ladestationen durch private Unternehmen errichtet werden. Investor und Betreiber der ersten Ladepunkte im Land ist die usbekische Gesellschaft Tok Bor.
Der usbekische Branchenriese UzAutoMotors expandiert auch ins Ausland. In Kasachstan und Aserbaidschan baut das Unternehmen seine Montagehallen aus. Ende 2022 vereinbarte das Pkw-Werk mit seinem kasachischen Partner Allur, die Exporte von Komplettierungsteilen auf ein Volumen von 500 Millionen US$ auszuweiten. Projekte in Kirgisistan und Turkmenistan könnten bald folgen.
Ausbauprojekte und neue Markteintritte versprechen Geschäftschancen
Neue Ausbauvorhaben in der Kfz-Zulieferindustrie bieten Kooperations- und Lieferchancen. Allein im Rahmen der Importablösung werden im Schnitt etwa 20 solcher Projekte pro Jahr realisiert. Die Lokalisierungsquote bei UzAutoMotors betrug Anfang 2023 rund 56 Prozent.
Die guten Wachstumsaussichten der Kfz-Industrie in Usbekistan fußen auf vier Säulen:
- einer in letzter Zeit sprunghaft steigenden und noch lange nicht gesättigten Inlandsnachfrage nach Kraftfahrzeugen,
- einem wachsenden Interesse der Nachbarländer an Fahrzeugen aus usbekischer Produktion (die jährlichen wertmäßigen Pkw-Ausfuhren dürften sich von knapp 500 Millionen US$ im Jahr 2019/20 auf 1 Milliarde US$ bis 2026 verdoppeln),
- der von der Regierung geförderten Produktion von Elektrofahrzeugen,
- der gestarteten Transformation des Industriezweiges (unter anderem Privatisierung von Zulieferern und weitere Marktliberalisierung).
Neues mittelfristiges Investitionsprogramm in Sicht
Noch mangelt es an der konsequenten Umsetzung der Reformen. Doch die Fortschritte in der Neuausrichtung und Marktöffnung der Branche sind nicht zu übersehen. In- und ausländische Fahrzeugbauer kündigen laufend Ausbauprojekte und Markteintritte an. Damit sorgen sie für einen bedeutenden Kapitalzufluss in die Automobilindustrie.
Die Investitionen in laufende und geplante Projekte belaufen sich im Zeitraum 2023 bis 2024/2025 auf bis zu 500 Millionen US$. Zudem ist in naher Zukunft damit zu rechnen, dass die Regierung ein neues mittelfristiges Investitionsprogramm für den Fahrzeugbau verabschiedet.
Vorhaben | Investitionen (Mio. US$) | Projektstand/Anmerkungen | Investor/Ansprechpartner |
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Erneuerung der Pkw-Modellreihe und Motorenproduktion, Kapazitätsausbau in Unternehmen von Uzavtosanoat | 230 | Realisierung: 2023 bis 2024 (Abschlussphase eines mittelfristigen Investitionsprogramms) | O´zavtosanoat AJ (Pkw-Schmiede UzAuto Motors AJ, Motorenwerk GM Powertrain Uzbekistan) |
Ausbau der Pkw-Montage-Kapazität (Marken Kia, Renault und Lada) von 25.0000 auf 100.000 Einheiten/Jahr, Produktion von Pressteilen (300 t/Jahr) | 120 | Realisierung: 2022 bis 2023 | |
Produktion von Elektromobilen im Geschäftsbereich von Uzavtosanoat, Jizzakh (30.000 Einheiten/Jahr) 1) | 80 | Realisierung: 2023 bis 2025 | |
Produktion von 10.000 Elektromobilen/Jahr (Marke Exeed, Konzern Chery, China), Fergana | 50 | Produktionsstart voraussichtlich Frühjahr/Mitte 2023 | Central Asia Motors, Hauptinvestor: Great Wall Ceramic Industries Ltd, Bangladesch |
Montage von Pkw (Marke DongFeng), Lkw und Kleinbussen (Marke Changan); insgesamt 27.000 Einheiten/Jahr, Jizzakh | 16 | Realisierung: 2023 bis 2024 | Auto Motors Asia LLC (Partner: Dongfeng Motor Industry Imp. & Exp. Co, Ltd; Hebei Changan Automobile Co., Ltd., beide China) |
Montage von Elektro-Limousinen (Marke BYD HEV, China) 1) | 10 | Realisierung: ab 2023 | BYD, UzAuto Motors (O´zavtosanoat AJ) |
Produktion von Elektrorollern,-mopeds- und -kraftädern, Provinz Buchara | k.A. | Projekt im Frühstadium | Buxara Real Moto MChJ (Usbekistan), AIM Co. Ltd. (Korea) |
Branchenstruktur
Automobilindustrie genießt hohen Stellenwert
Die Kfz-Industrie hat sich zu einer tragenden Säule der usbekischen Industrie entwickelt. Der Ausstoß der Branche steht für etwa 12 Prozent der verarbeitenden Industrie Usbekistans (Durchschnittsangabe für 2018 bis 2022). Davon profitiert vor allem die nationale Holding für Automobilbau Uzavtosanoat. Ihr gehören fast alle inländischen Produzenten an.
Indikator | |
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Kompetenzbereich | Koordinierung der Geschäftstätigkeit von Kfz-Fabriken, (Produktion/Absatz) und bedeutenden Kfz-Teile-Produzenten, Unterstützung von Projekten zur Importablösung |
Organisationsform | staatliche Holding (im Besitz des Finanzministeriums Usbekistans) |
Gründungsjahr | 1994 |
Gesamtumsatz (2022) | circa 4 Mrd. US$ (vorläufige Hochrechnung) |
Produktprofil | Pkw, Nutzfahrzeuge, Busse und Kfz-Zulieferbetriebe (34 Industriebetriebe) |
Pkw | UzAuto Motors AJ (Asaka/Hauptwerk, Taschkent und Pitnak), Montagelinien in Kasachstan (SaryarkaAvtoProm) und Aserbaidschan (Azermasch) |
Lkw, Busse | Samavto MCHJ, Samarkand (usbekisch-japanische Montagefabrik) |
Lkw, Stadtbusse | Uz Truck and Bus Motors, Samarkand (usbekisch-deutsch-chinesisches Joint Venture) |
VW Caddy (Nutzfahrzeug- und Pkw-Modelle) | Jizzax avtomobil zavodi MChJ/Jizzakh Auto, Jizzakh (Montagefabrik für die geplante Produktion von jährlich bis zu 20.000 Einheiten, in Kooperation mit der Volkswagen Group Rus, Tochter der Volkswagen AG) |
Anhänger/Auflieger, Lkw-Montage (Marke Kamaz, Russland) | UzAuto Trailer MChj, Taschkent (im Dezember 2022 Verkauf an Chimgrad, Industriepark Technopolis Chimgrad, Russland) |
Ausländische Kfz-Akteure sorgen für mehr Wettbewerb
Dennoch stehen die Chancen gut, dass Usbekistans Kfz-Branche immer vielfältiger wird. Die Produktion ausländischer Pkw-Modelle und wachsende Fahrzeugimporte sorgen für mehr Konkurrenz und Auswahl auf dem Markt. Der Staat fördert den Wettbewerb, indem er Zölle für den Neuwagenimport reduziert.
Bisher bringt vor allem eine Fabrik in der Freien Wirtschaftszone Jizzakh Bewegung in den lokalen Kfz-Markt. ADM Jizzakh wird von der usbekischen Vertriebsgesellschaft Roodell betrieben und montiert Pkw der Marken Kia, Renault und Lada. Der chinesische Fahrzeugbauer Chery Commercial Vehicles (Anhui) Co., Ltd. prüft zurzeit die Möglichkeit, Elektrofahrzeuge in der Autonomen Republik Karakalpakstan zu montieren. Er rechnet mit Projektkosten von etwa 200 Millionen US$.
Aktuell profitiert die usbekische Kfz-Branche zusätzlich von der Krise der russischen Fahrzeugindustrie. Ausländische Autokonzerne ziehen sich aus Russland zurück und suchen neue Produktionsstandorte. Russische Pkw-Schmieden hingegen suchen neue Partner, da die Zulieferungen aus dem Ausland weggebrochen sind.
2019 | 2020 | 2021 | 2022 1) | |
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Pkw (in 1.000 Einheiten) | 271,1 | 280,1 | 235,8 | 294,0 2) |
Lkw und andere Nutzfahrzeuge | 5.320 | 4.163 | 4.879 | 3.482 |
Isuzu (Mittlere Laster) | 2.727 | 2.439 | 2.936 | 1.971 |
Kamaz (Schwerlaster) | 1.358 | 521 | 835 | 511 |
MAN-Sinotruck (Schwerlaster) | 1.203 | 757 | 377 | 265 |
Pick-up-Truck Isuzu D-Max | 32 | 446 | 314 | 312 |
Leichte Nutzfahrzeuge | - | - | 917 | 423 |
Busse | 1.534 | 642 | 1.002 | 851 |
Isuzu (Klein- und Stadtbusse) | 1.464 | 629 | 1.002 | 811 |
MAN (Stadtbusse) | 70 | 13 | - | 40 |
Nachfrage nach bezahlbaren Pkw ungebrochen hoch
Die Importe von Neuwagen stiegen kräftig von 8.960 Einheiten (2018) auf 27.067 Einheiten (2021). In den ersten elf Monaten 2022 übertrafen Usbekistans Importe mit 27.526 Einheiten (für 702 Millionen US$) bereits das Vorjahr. Hauptlieferanten sind China und Korea. Auch die jährlichen Einfuhren aus Deutschland steigen. Sie bewegen sich aber auf einem niedrigen Niveau von knapp 100 Einheiten. Hier besteht noch viel Luft nach oben.
Usbekistan mausert sich zur größten Kfz-Schmiede Zentralasiens. Deutsche Firmen können sich hieran beteiligen, indem sie:
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