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Wirtschaftsumfeld | Usbekistan | Arbeitskräfte

Fachkräfte

Gut ausgebildete Fachkräfte sind in Usbekistan rar. Aber in der Aus- und Weiterbildung tut sich viel. Bewegung kommt in die Entsendung von im Ausland nachgefragten Arbeitskräften.

Von Uwe Strohbach | Taschkent

Usbekistans Wirtschaft boomt. Neue Industrie- und Dienstleistungsbetriebe entstehen. Die Baubranche und Agrocluster expandieren. Viele Branchen werden technologisch gänzlich neu ausgerichtet. Doch die Unternehmen stehen vor einer großen Herausforderung: Es ist ausgesprochen schwierig, gut qualifiziertes Personal zu finden. Dies gilt vor allem für Manager aller Ebenen, Ingenieure und Technologen.

Großes Reservoir an jungen Menschen mit Bildungsabschluss

Dabei hat das Land einige Trümpfe in der Hand. Jahr für Jahr drängen etwa 700.000 Schul- und Hochschulabsolventen auf den Arbeitsmarkt. Bis 2030 steigt deren Zahl auf 1 Million. 

Der Hochschulsektor entwickelt sich dynamisch. Ende 2024 gab es 213 Hochschulen inklusive Filialen ausländischer Hochschuleinrichtungen mit 1,3 Millionen eingeschriebenen Studierenden. Zum Vergleich: Im Studienjahr 2017/18 gab es lediglich 72 Hochschulen mit 298.000 Studierenden. Für Bachelorstudiengänge in den MINT-Fächern waren Ende 2024 rund 270.000 junge Menschen eingeschrieben. Außerdem existierten 333 Berufsschulen, wo rund 200.000 Auszubildende lernten. Darunter durchliefen etwa 50.000 eine duale Ausbildung.

Zu wenig sichere reguläre Arbeitsplätze

Dem usbekischen Arbeitsmarkt gelingt es aber nach wie vor nicht, allen an einer Beschäftigung interessierten Menschen einen regulären Arbeitsplatz anzubieten noch den jährlichen Zustrom von Schulabgehenden abzufangen. Dies hat die Beschäftigung im zumeist schlecht bezahlten informellen Sektor in den letzten Jahren immer weiter anschwellen lassen.

Von den landesweit rund 12,3 Millionen beschäftigen Personen waren Mitte 2024 nach offiziellen Angaben 45 Prozent weitestgehend ohne Zugang zu sozialer Absicherung und Beschäftigungsschutz tätig. Etwa 70 Prozent dieser Personen arbeiten in der Landwirtschaft. Die übrigen 30 Prozent führen saisonale Tätigkeiten aus, treiben Handel, arbeiten auf dem Bau oder in Transportunternehmen.

Die Regierung will die informelle Beschäftigung bis 2026 auf 30 Prozent zurückdrängen. Erste Maßnahmen zielen unter anderem darauf ab, einigen dieser Tätigkeiten den Status als selbstständig Beschäftigte zuzuerkennen oder den privaten Nebenerwerb durch den Anbau von Obst und Gemüse zu legalisieren.

Fachleute beurteilen die Regierungspläne als ambitioniert. Sie befürchten vielmehr, dass sich das Heer der informell Beschäftigten durch viele früher in Russland tätige Arbeitsmigranten, die nach Usbekistan zurückgekehrt sind, sogar noch ausweiten dürfte.

Offiziellen Angaben zufolge verdienten Mitte 2024 etwa 2 Millionen Personen ihr Geld als Arbeitsmigranten im Ausland, hauptsächlich unorganisiert und in kaum anspruchsvollen Berufsfeldern. Die Regierung macht sich jedoch stark dafür, um ein organisiertes Entsenden in entwickelte Länder mit einem hohen Arbeitskräftebedarf zu ermöglichen.

Trendwende zu mehr Qualität in der Bildung eingeleitet 

Die starke Zunahme bei weiterführenden Bildungseinrichtungen hat Fachleuten zufolge in den letzten Jahren mehr Masse als Klasse erzeugt. Auch der deutliche Trend zur Kommerzialisierung des Sektors ging stark zu Lasten der Bildungsqualität. Usbekische Abschlüsse sind in der Regel nicht mit denen in Deutschland vergleichbar. Fachliche und praxisnahe Lerninhalte kommen in den Studien- und Lehrprogrammen oft zu kurz.

Führende lokale Personalagenturen schätzen ein, dass viele neu eingestellte Hochschulabsolventen häufig nur unzureichend auf das reale Arbeitsleben vorbereitet sind. Sie mindestens ein Jahr im Unternehmen weiterzubilden und an ihre Aufgabengebiete heranzuführen, ist daher üblich.

Diesem negativen Trend will die Regierung entgegenwirken, beispielsweise mit bedarfsgerechten Lehrpläne. Auch sollen neue Bildungsstandards nach westeuropäischem Vorbild an usbekischen Hochschulen eingeführt werden. Zu den neuen Instrumenten zählen zudem praxisorientierte Partnerschaften zwischen Bildungseinrichtungen und Unternehmen sowie ein neuer Ansatz, um Weiterbildungsprogramme für das Lehrpersonal gezielter als bisher zu gestalten. 

Die Hochschulen wollen bis 2030 ausländische Partner für bis zu 50 binationale Doppeldiplom-Studienprogramme gewinnen. An Mittelschulen ist die Einführung von Berufsausbildungskursen geplant. Die duale Berufsausbildung soll ausgebaut werden.   

Deutschland engagiert sich bei der Verbreitung der dualen Ausbildung

Die Delegation der Deutschen Wirtschaft für Zentralasien unterstützt deutsche Firmen beim Aufbau der dualen Berufsausbildung in Usbekistan. Das öffentlich geförderte Programm Skills Experts ermöglicht den Unternehmen, eigene qualifizierte Fachkräfte vor Ort nach deutschen Standards auszubilden. Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH fördert den Reformprozesse in der beruflichen Bildung, darunter auch die duale Ausbildung in der Textil- und Lederindustrie.

Usbekistan treibt geordnete Entsendung von Fachkräften voran

Die Regierung hat eine Kehrtwende in der Arbeitsmigration eingeleitet. Sie setzt auf eine geordnete und sozial abgefederte Entsendung von Fachkräften. Offiziell entsandte Arbeitskräfte werden bereits vorab im In- und/oder Ausland weitergebildet. Das Programm berücksichtigt den Bedarf der ausländischen Arbeitgeber. Vor der Entsendung sind zudem Sprachkurse mit einer Abschlussprüfung vorgesehen. Allein zwischen Januar und August 2024 bereiteten sich so rund 42.000 Personen für Auslandsjobs vor.

Usbekistan im weltweiten Vergleich

Folgende Karte ermöglicht den Vergleich zwischen zahlreichen Ländern weltweit. Bitte beachten Sie, dass die Werte in der Karte aus international standardisierten Quellen stammen und somit ggf. von Angaben aus nationalen Quellen im Text abweichen können.

 

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