E-Mobilität in den Emiraten boomt

Die Regierung verfolgt das Ziel, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) mit Strategien wie VAE Vision 2021 und der Initiative Net Zero 2050 auf Nachhaltigkeit auszurichten. Dafür sollen schätzungsweise 163 Milliarden US-Dollar (US$) investiert werden, um bis 2050 klimaneutral zu werden. Die E-Mobilität soll dabei eine Schlüsselrolle spielen.

Branche rechnet mit dreifachem Umsatz bis 2027

In dem Golfstaat befindet sich der Markt der Elektrofahrzeuge (Autos mit Elektro- oder Hybridantrieb) noch in einer frühen Entwicklungsphase. Experten der Datenbank Statista rechneten für die Branche in den VAE für das Jahr 2022 mit einem Umsatz in Höhe von 251,7 Millionen US$. Weltweit wurden im selben Jahr rund 7,1 Millionen E-Autos im Wert von 370 Milliarden US$ verkauft.

Das Potenzial in den Emiraten ist groß. Die Branche erwartet von 2022 bis 2027 ein durchschnittliches jährliches Wachstum von 27,1 Prozent. Im Jahr 2027 soll der jährliche Umsatz 843,5 Millionen US$ erreichen.

Die Bevölkerung ist jung, dynamisch, umweltbewusst und offen für neue Technologien sowie Mobilitätskonzepte, erklärte Markus Brandt, Senior Consultant bei der Deutsch-Emiratischen Industrie- und Handelskammer (AHK), in einem Interview mit Germany Trade & Invest (GTAI). Eine Umfrage von Audi Abu Dhabi ergab, dass der Umstieg auf Autos mit Elektro- oder Hybridantrieb für 52,5 Prozent der Teilnehmer in Frage kommen würde.

Das zeigt, dass der emiratische Markt für Hersteller von E-Fahrzeugen weiterhin ein großes Potenzial aufweist. Zahlreiche Unternehmen wie Tesla, BMW, Audi, die Mercedes-Benz Group und Renault bieten bereits elektrisch betriebene Fahrzeuge in der Golfmonarchie an. Dabei sind luxuriöse ebenso beliebt wie kompaktere Modelle, erklären Branchenkenner.

Regierung will Kauf von E-Autos attraktiver gestalten

Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Arthur D. Little liegt der Wüstenstaat im Ranking unter den Top-Ten der Länder mit starker strategischer Ausrichtung auf E-Mobilität. Auf föderaler Ebene gibt es bislang jedoch keine einheitlichen Anreize. Diese unterscheiden sich in den einzelnen Emiraten. Die Finanzmetropole Dubai und die Hauptstadt Abu Dhabi sind besonders engagiert und versuchen, mit gebührenfreien Lademöglichkeiten, reduzierten Zulassungsgebühren, Zuschüssen und kostenlosen Parkplätzen Kunden zum Kauf von Elektroautos zu motivieren.

Vor allem wäre ein dichtes Netzwerk aus Ladestationen für Kunden eine wichtige Voraussetzung, um auf Elektrofahrzeuge umzusteigen. Laut dem Wirtschaftsverband Dubai Chamber of Commerce gab es in dem Wüstenstaat im Jahr 2021 insgesamt jedoch nur 530 öffentliche Ladestationen für E-Autos. Im internationalen Vergleich liegen die VAE damit noch weit hinter China und den USA zurück.

VAE investieren in lokale Fertigung von Elektrofahrzeugen

Die M Glory Holding eröffnete im Industriezentrum Dubai Industrial City eine Fertigungsstätte für E-Autos. Das Unternehmen investierte bereits in der Vergangenheit in bedeutende Zukunftstechnologien. Auf einer Gesamtfläche von 93.000 Quadratmetern sollen jährlich 55.000 Einheiten entstehen. Mit der neuen Fabrik sollen bis zu 1.000 Arbeitsplätze geschaffen werden.

Mit dem Al Damani DMV 300 liefert das Werk ab voraussichtlich 2024 das erste vollelektrische Auto. Auch in Abu Dhabi soll im Industriepark Khalifa Industrial Zone Abi Dhabi (KIZAD) ein Montagewerk für E-Fahrzeuge entstehen. Dort ist eine Kapazität von 50.000 Einheiten jährlich vorgesehen.

Neben der Produktion liegt der Schwerpunkt auf Forschung und Entwicklung. Beispielsweise plant die Regierung von Abu Dhabi in Zusammenarbeit mit dem Start-up NWTN nachhaltige und innovative Mobilitätskonzepte auf Basis künstlicher Intelligenz. Verantwortliche der staatlichen Aktiengesellschaft Mubadala Investment Company und der französische Energieversorger Engie kündigten die Entwicklung einer digitalen Plattform für flexible und anbieterübergreifende Lademöglichkeiten an. Sie unterzeichneten im Mai 2022 eine entsprechende Vereinbarung.

Deutschland auf Platz 3 der Lieferländer

Elektroautos mit dem HS-Code 870380 haben mit 1,4 Prozent aller eingeführten Personenfahrzeuge (HS-Code 8703, Wert für 2021) in den VAE bislang einen geringen Anteil an den Fahrzeugimporten.

Im Jahr 2021 wurden der Datenbank UN Comtrade zufolge E-Fahrzeuge (Autos mit Elektro- oder Hybridantrieb) im Wert von 213 Millionen US$ in die VAE importiert und damit 115 Prozent mehr als in der Vorjahresperiode. Jeweils knapp 40 Prozent der Gesamteinfuhren von E-Autos stammten aus China und den USA.

Aus Deutschland importierten die VAE 2021 elektrische Fahrzeuge im Wert von 32 Millionen US$. Dies ist mehr als eine Verdreifachung im Vergleich zum Jahr 2020 und entspricht einem Anteil von 16 Prozent an den Gesamtimporten. Die Bundesrepublik ist mit einigem Abstand nach China und den USA das drittwichtigste Herkunftsland beim Import von E-Fahrzeugen.

Über die Handelsdrehscheibe Dubai wurden E-Autos im Wert von 25 Millionen US$ beziehungsweise knapp 12 Prozent der Importe in Drittländer reexportiert. Zu den größten Abnehmern zählen die Märkte innerhalb der MENA-Region Saudi-Arabien (4,9 Millionen US$), Kuwait (2,3 Millionen US$), Oman (1,4 Millionen US$) und Jordanien (2,4 Millionen US$). Im Jahr 2021 wurden außerdem  E-Fahrzeuge im Wert von 5 Millionen US$ in die Niederlande und 4,8 Millionen US$ nach Deutschland reexportiert.