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Energieeinsparung bei Gebäuden schreitet voran
Die Vereinigten Arabische Emirate wollen nachhaltiger bauen. Die Entwicklung ist in den einzelnen Emiraten unterschiedlich.
02.02.2022
Von Heena Nazir | Dubai
Der Bausektor verbraucht einen Großteil vorhandener Ressourcen, stößt einen beträchtlichen Anteil an Treibhausgasen aus und ist für ein hohes Abfallaufkommen verantwortlich. Bei den hohen Temperaturen (bis zu 50 Grad Celsius im Sommer) müssen in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) die Gebäude fast das ganze Jahr über gekühlt und mit Frischluft versorgt werden. Das erfordert eine aufwendige Anlagentechnik und viel Energie. Um seine Klimaziele zu erreichen (klimaneutral bis 2050), muss der Wüstenstaat auf Energieeffizienz in Gebäuden setzen. Dafür wurden mehrere Initiativen umgesetzt.
Der Gebäudebestand in den Emiraten ist relativ jung und lag in Dubai im Jahr 2020 offiziellen Angaben zufolge bei 171.291. Die meisten dürften in den letzten 20 bis 25 Jahren entstanden sein. Ältere Bauten werden tendenziell eher abgerissen, als saniert. Dubai setzt jedoch stärker als die anderen Emirate auf Renovierungen.
Die Finanzmetropole möchte bis 2030 bis zu 30.000 Gebäude sanieren und deren Energieeffizienz je nach Alter und Design um 10 bis 40 Prozent verbessern. Für die Umsetzung des sogenannten Building-Retrofits-Programms im Rahmen der Demand Side Management Strategy 2030 (DSM) wurde 2013 die Etihad Energy Services Company (Etihad ES) geschaffen. 2019 nahm das Programm Fahrt auf und 8.000 Gebäude (2016: 1.968) wurden saniert.
Hierbei muss allerdings beachtet werden, dass sich die Regelungen in den VAE zum Bau energiesparender Gebäude, grundsätzlich auf Basisvorgaben zur Einhaltung absoluter Mindestkriterien beschränken. Darüber hinausgehende Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz sind weithin freiwillig und werden durch Zertifikate belohnt. Die Entwicklung eines Cleantech-Sektors in den VAE wird stark von der Implementierung verpflichtender, strikterer Maßnahmen abhängen.
Fortschritt bei öffentlichen Gebäuden ist langsam
Die Sanierung von Bauten privater Eigentümer ist weitgehend freiwillig. Bei öffentlichen Gebäuden mit über 1.000 Quadratmetern Fläche hat der Energierat Dubai Supreme Council of Energy (DSCE) 2015 per Richtlinie Energieaudits angeordnet. Gebäudesanierungen sollen dort erfolgen, wo hohes Einsparpotenzial, verbunden mit einer kurzen Amortisationszeit, zu erwarten sei (DSCE Directive No. 1 2015).
Von den insgesamt 61 staatlichen Organisationen, die von der Directive No.1 erfasst sind, hatten bis Ende 2020 nur 10,8 Prozent Gebäudesanierungen abgeschlossen. Nahezu die Hälfte der Organisationen hatte kein Gebäudeaudit durchführen lassen. Der Privatsektor hat an ESCO nur wenige Aufträge vergeben. Etihad Energy Services erklärt dies vor allem mit den langen Amortisierungszeiten, die sich aufgrund zwar gestiegener, aber weiterhin relativ niedriger Wasser- und Strompreise ergeben. Dass sich energetische Investitionen nicht oder nur gering auf den Immobilienwert auswirken, dürfte ein weiterer Grund sein.
Eine LEED-Zertifizierung (Leadership in Energy and Environmental Design) des US Green Building Council (USGBC) hatten in den VAE im April 2020 rund 386 Projekte. Von den zertifizierten Projekten hatten 21 Prozent die höchste Zertifizierung (Platinum), 52 Prozent Gold und weitere 20 Prozent Silber.
Vorschriften zum grünen Bau bereits umgesetzt
Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Verabschiedung der Richtlinien für den nachhaltigen Bau von Gebäuden in Dubai im Jahr 2011 (Green Building Regulations and Specifications), die seit März 2014 nicht mehr nur für öffentliche Projekte gelten, sondern auch bei allen privaten Objekten berücksichtigt werden müssen. Geregelt sind vor allem der Energie- und Wasserverbrauch, das Baumaterial und die Abfälle. Gültig sind die Regeln im gesamten Emirat, einschließlich der Freihandelszonen. Die Anwendung der Vorschriften auf bestehende Gebäude ist beschränkt. Bei Aus- oder Umbauten müssen sie nur berücksichtigt werden, wenn diese einer Baugenehmigung der Dubai Municipality bedürfen.
Strikter geworden ist die Umsetzung der Vorgaben der Dubai Municipality zum Brandschutz, nachdem es mehrere Brände in Hochhäusern der Stadt gegeben hatte. Bei Neu-, Aus- oder Umbauten müssen sie ohnehin berücksichtigt werden, wenn diese einer Baugenehmigung der Dubai Municipality bedürfen. Für Anbieter von Produkten, die die Auflagen erfüllen, können sich gute Geschäftschancen ergeben. Die Stadtverwaltung veröffentlicht Informationen unter den „Circulars of Constructions“, allerdings nur in arabischer Sprache.
Nachhaltiges Bauen wird auch in anderen Emiraten vorangetrieben
Auch in den übrigen Emiraten gibt es Regularien zum energieeffizienten Bauen. Die Abu Dhabi Demand Side Management and Energy Rationization Strategy 2030 hat das Ziel, 3.000 Regierungsgebäude bis 2030 zu sanieren. Im Mai 2010 wurde das „Pearl Building Rating System“ (Estidama, arabisch für Nachhaltigkeit) verabschiedet. Neubauten müssen Richtlinien erfüllen und werden nach einem Ratingsystem mit Perlen bewertet. Grundsätzlich müssen diese mindestens eine von fünf möglichen Perlen erreichen, für öffentliche Gebäude werden zwei verlangt. Es ist damit zu rechnen, dass Bauherrn verstärkt mit entsprechenden Vorschriften konfrontiert werden.
Im Jahr 2020 wurde die Abu Dhabi Energy Services Company (ADES) gegründet, die das Wachstum des Retrofit-Marktes in der Hauptstadt fördern und die lokalen Energiedienstleistungsunternehmen unterstützen soll, ihre Ziele zu erreichen.
Im Jahr 2019 hat Ras Al Khaimah die Vorschriften „Barjeel“ ins Leben gerufen, die Mindeststandards für die Nachhaltigkeit von Neubauten festlegen und seit 2020 verpflichtend sind. Von den nach Barjeel zugelassenen Gebäuden wird erwartet, dass sie 30 Prozent weniger Energie und Wasser verbrauchen als gängige Bauten.
Die Sharjah Electricity and Water Authority startete 2018 ihr Retrofit-Programm, das sich auf die „Top 100 Verbraucher“ konzentriert und darauf abzielt, den Energieverbrauch um durchschnittlich 30 Prozent zu senken. Bisher wurden 18 Gebäude im Rahmen des Retrofit-Programms des Emirats klimafreundlich saniert.