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Nachhaltiges Bauen und Energieeffizienz

Nachhaltigkeit spielt vor allem im gehobenen Bausegment eine wesentliche Rolle. Gesetzliche Vorgaben geben Impulse für Baustoffrecycling und Energieeffizienz.

Von Oliver Idem | Bonn

Ökologische Nachhaltigkeit und Energieeffizienz im Bausektor sind in Spanien aus zwei Gründen bedeutsam. Einerseits steht die Baubranche für 6,5 Prozent der Wirtschaftsleistung und gehört zu den größten Wirtschaftszweigen des Landes. Andererseits steht sie bei den Dekarbonisierungs- und Recyclingzielen besonders im Fokus. Laut der spanischen Kreislaufwirtschaftsstrategie España Circular 2030 erzeugt der Bausektor 40 Prozent der Abfälle und 30 Prozent der Treibhausgasemissionen.

EU-Ziele und eigene spanische Vorgaben weisen den Weg zu mehr Nachhaltigkeit. So verfolgt die EU-Richtlinie 2023/1791 das Hauptziel, dass der Endenergieverbrauch bis 2030 um mindestens 11,7 Prozent gegenüber den Energieverbrauchsprognosen für 2030 aus dem Jahr 2020 gesenkt wird. 

Durch einen zum großen Teil alten und wenig energieeffizienten Gebäudebestand in Spanien wird die Energieeffizienz zu einer wichtigen Stellschraube. Der Aufbauplan mit Geldern von Next Generation EU setzt einen gefragten Förderimpuls.

In Zukunft dürften nachhaltiges Bauen und zeitgemäßere Isolierung für einen besseren Werterhalt und lukrativere Verkaufschancen von Wohngebäuden sorgen. Allerdings verzeichnen gefragte Städte wie Madrid und Barcelona einen hoher Nachfrageüberhang von Miet- und Kaufinteressenten.

Recycling von Baustoffen soll weiter vorangetrieben werden

Spanien erreichte 2022 eine Recyclingquote von 29 Prozent am gesamten Abfallaufkommen des Baugewerbes. Der politische Wille ist vorhanden, die Wiederverwendung weiter voranzutreiben.

Die Kreislaufwirtschaftsstrategie España Circular 2030 rügt, dass es in den vergangenen 25 Jahren nur wenige Innovationen in der Baubranche gegeben habe. Konkret geht es um die Effizienz des Bauprozesses, die Behandlung von Abfällen und die Optimierung der verwendeten Ressourcen.

Der Fachverband Andimac erwartet Impulse durch die neue Verordnung der EU über die umweltgerechte Gestaltung nachhaltiger Produkte. Deren Anforderungen werden ab Juli 2026 umgesetzt. Ende 2024 soll die Bauprodukteverordnung erscheinen, die die Verordnung auf die Ebene der Baustoffe herunterbricht. Andimac geht davon aus, dass sich Veränderungen für die Zementproduktion sowie Heiz- und Kühlsysteme ergeben werden.

Das Städtebauvorhaben Madrid Nuevo Norte setzt bereits Maßstäbe beim nachhaltigen Bauen. Nach Angaben der Region Madrid sollen 800.000 Tonnen Bauabfälle nahezu vollständig wiederverwertet werden. Das Vorhaben gehört zu den größten Städtebauprojekten in Europa und soll etwa 2040 fertiggestellt werden.

Günstige Bedingungen für die Selbstversorgung mit erneuerbaren Energien 

Die Nutzung von Fotovoltaik zum Eigenverbrauch bietet sich in Spanien aufgrund von circa 3.000 Sonnenstunden pro Jahr und gesunkenen Modulkosten an. Dennoch schwanken die Investitionen von Industrie, Gewerbe und Privatleuten nach Beobachtung des Fachverbandes UNEF stark. Schwankende Energiepreise, Unsicherheiten über die künftige Versorgung und verfügbare Fördergelder steigern die Nachfrage. Eine Gewöhnung an ein gewisses Strompreisniveau dämpft hingegen das Interesse. 

Bei Logistikimmobilien, Datenzentren und energieintensiven Zweigen wie der chemischen Industrie wurden in der jüngeren Vergangenheit zahlreiche Projekte zur vollständigen oder teilweisen Versorgung mit Solarstrom umgesetzt. Das Chemieunternehmen Sabic in Cartagena erhält durch einen 100-Megawatt-Solarpark über einen Vertrag mit dem Energieversorger Iberdrola Fotovoltaikstrom.

Die Struktur der Wohnbebauung schränkt zum Teil die Möglichkeiten ein, private Wohnungen selbst mit Ökostrom zu versorgen. Die in den Städten verbreiteten mehrgeschossigen Wohnhäuser verfügen über kleine Dachflächen und viele Verbraucher.

Auf das gesamte Land gesehen wirkte dennoch der Ukrainekrieg als Anschub für die private Nachfrage nach Solaranlagen. Dazu trugen auch Fördermittel bei. Diese waren so gefragt, dass für die 500.000 Anträge auf Subventionen monatelange Wartezeiten entstanden.

Beste Aussichten für nachhaltige Lösungen im Hochpreissegment

Besonders gute Chancen für nachhaltige Lösungen bestehen bei anspruchsvollen Gesamtkonzepten für Neubauten und Sanierungen. Diese integrieren häufig Nachhaltigkeit, Sicherheit und Komfort. 

Führende Unternehmen setzen nachhaltige Bauprojekte im Rahmen eigener Strategien um oder reagieren damit auf Anforderungen von Anteilseignern oder Kunden. Bei Villen, gehobenen Wohnprojekten und Hotels sind die Ansprüche an zeitgemäße Lösungen zumeist ebenfalls hoch.

Hingegen spielt im Massengeschäft oft der Preis eine wesentliche Rolle. Bei öffentlichen Ausschreibungen sieht die Situation oft ähnlich aus. Teurere Lösungen mit längerfristigen Vorteilen haben einen schweren Stand gegenüber kurzfristig günstigeren. Zumindest in der Region Katalonien zeichnet sich jedoch eine Veränderung ab. Dort arbeitet die Regionalregierung daran, Umweltkriterien in verschiedenen Formen in ihre Ausschreibungen zu integrieren.

Spezialisierung ist im Wettbewerb häufig Trumpf

Inländische Unternehmen nehmen eine dominierende Rolle auf dem spanischen Baumarkt ein. Für ausländische Anbieter kann ein Bedarf an spezialisierter Technik und Expertise bei besonderen Dienstleistungen zum Türöffner werden. Fachleute zählen dazu Klima- und Heiztechnik, Gebäudeautomatik und Wohnrobotik. Auch Barrierefreiheit, Sicherheit und altersgerechtes Wohnen sind relevante Felder. Sowohl der Neubau als auch die Sanierung und der Städtebau können Einsatzfelder bieten.

Das Städtebauprojekt Madrid Nuevo Norte weist eine besondere Offenheit für Ideen auch aus dem Ausland auf. Ein Innovationslabor dient dem Überblick über zukunftsträchtige Lösungen über die circa 20 Jahre dauernden Bauschritte.

Einen Überblick über aktuelle zentralstaatliche Fördermaßnahmen im Bereich Energie gibt das Institut IDAE. Hinzu kommen eigene Programme der Autonomen Gemeinschaften. Auch manche Gemeinden fördern nachhaltige Investitionen.

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