Die lokale Produktion in den VAE wächst, während Kooperationen mit globalen Akteuren Innovationen vorantreiben.
Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) investieren gezielt, um ihre Pharmaindustrie auszubauen und die Abhängigkeit von Importen zu verringern. Mit neuen Gesetzen, modernen Produktionsstätten und intensiver Forschung bauen sie eine eigene Wertschöpfungskette auf und stärken den Sektor nachhaltig. Das Bundesgesetzdekret Nr. 38 von 2024, das seit Januar 2025 gilt, setzt klare Regeln für Apotheken und Hersteller. Unternehmen erleben schnellere Genehmigungen und profitieren von hohen Qualitäts- sowie Sicherheitsstandards. Dieser Fortschritt ebnet den Weg für eine wettbewerbsfähige Branche, die zugleich den internationalen Austausch fördert.
90
Prozent
der Medikamente am Pharmamarkt der VAE werden importiert.
Investitionen für eine starke Pharmaindustrie
Trotz der umfangreichen Maßnahmen importieren die VAE noch etwa 90 Prozent der Arzneimittel. Laut UN Comtrade beliefen sich die Importe 2023 auf 6,2 Milliarden US-Dollar (US$), während Exporte lediglich 1,9 Milliarden US$ erreichten. Deutschland, China und die USA zählen zu den wichtigsten Zulieferern. Da die heimische Produktion derzeit nur rund 10 Prozent des Bedarfs deckt, spielt die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern eine zentrale Rolle. Die VAE locken zudem mit finanziellen Anreizen: Projekte wie das Cheerland Bio/Sinopharm-Projekt (240 Millionen US$) zeigen den hohen Stellenwert der Branche im Land. Unternehmen wie Hayat Biotech fertigen bereits Impfstoffe im Land und sichern so die regionale Versorgung. Gleichzeitig intensivieren die VAE ihre Forschungsaktivitäten, indem sie seit Oktober 2024 mit der südkoreanischen Arzneimittelbehörde kooperieren und in Abu Dhabi mit Novartis an Genomforschung und personalisierter Medizin arbeiten.
Der Pharmamarkt der VAE wächst dynamisch. Experten schätzen das Volumen 2023 auf rund 4,4 Milliarden US$, mit einem Anstieg auf 5,3 Milliarden US$ bis 2026. Fitch Solutions verzeichnete Arzneimittelausgaben von 5,9 Milliarden US$ im Jahr 2024, und rechnet mit 7,9 Milliarden US$ bis 2029. Steigende Gesundheitsausgaben, wachsender Medizintourismus und eine höhere Nachfrage nach Medikamenten für chronische Erkrankungen treiben diese Entwicklung voran. Während rezeptpflichtige Präparate etwa 85 Prozent des Marktes beherrschen, erweitern sich Online-Vertriebskanäle für rezeptfreie Produkte, etwa über Plattformen wie Noon.com oder Amazon.
Biotechnologie als Zukunftsfeld
Biotechnologie spielt in der Strategie der VAE eine zentrale Rolle. Abu Dhabi etabliert sich als regionales Zentrum für Forschung. Das Unternehmen M42 – entstanden aus Mubadala Health und G42 Healthcare – nutzt künstliche Intelligenz, um Diagnosen zu verbessern, personalisierte Behandlungen zu entwickeln und neue Therapien voranzubringen. Der Emirates Genome Council treibt mit dem Emirates Genome Program die genetische Forschung aktiv voran und integriert personalisierte Medizin in das nationale Gesundheitssystem. Parallel dazu entstehen in Abu Dhabi hochmoderne Anlagen für Biopharmazeutika, Impfstoffe und Zelltherapien. Das Joint Venture Hayat Biotech mit Sinopharm versorgt bereits heute den regionalen Markt. Internationale Unternehmen werden von günstigen Rahmenbedingungen und strategischen Partnerschaften angezogen, was den Technologietransfer fördert.
Ein weiterer bedeutender Aspekt betrifft deutsche Unternehmen. Deutschland zählt zu den Top-Lieferanten der VAE, und der Ausbau der lokalen Pharmaindustrie schafft vielfältige Chancen. Deutsche Firmen können von strategischen Kooperationen und Joint Ventures profitieren, indem sie ihr Know-how und modernste Technologien einbringen. Gleichzeitig eröffnet der Markt der VAE Potenzial, den eigenen Absatz zu diversifizieren und innovative Projekte gemeinsam zu realisieren. Deutsche Anbieter müssen jedoch flexibel auf den wachsenden Wettbewerb reagieren, um ihre Position zu behaupten und von den neuen Investitionsvorhaben zu profitieren.
Herausforderungen und Chancen für die Zukunft
Die ehrgeizigen Pläne der VAE zeigen erste Erfolge, doch der Weg zu einer eigenständigen Pharmaindustrie bleibt herausfordernd. Neben der Erweiterung der Produktionskapazitäten benötigen die VAE gut ausgebildete Fachkräfte, moderne Forschungsinfrastrukturen und einen intensiven Austausch mit globalen Experten. Der Transfer von Wissen aus etablierten Märkten spielt dabei eine Schlüsselrolle.
Die Regierung verfolgt eine klare Strategie, investiert hohe Summen und nutzt die geografische Lage als Knotenpunkt zwischen Europa, Asien und Afrika. Der Erfolg hängt von langfristigen Partnerschaften, der konsequenten Förderung von Innovation und der Weiterentwicklung regulatorischer Rahmenbedingungen ab. Gelingt dieser Wandel, können die VAE in den kommenden Jahren zu einem führenden Pharma- und Biotechnologiestandort im Nahen Osten aufsteigen. Dabei bietet der Ausbau der lokalen Industrie deutschen Unternehmen nicht nur Herausforderungen, sondern auch Chancen, ihre Expertise einzubringen, Marktanteile zu sichern und den internationalen Wettbewerb aktiv mitzugestalten.
Ausgewählte Investitionsprojekte der pharmazeutischen Industrie in den VAEInvestitionssumme in Millionen US-DollarAkteur/Projekt | Investitionssumme | Projektstand |
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Mubadala- Biopharma Manufacturing Facility | 250 | Studie |
Cheerland Bio/ Sinopharm - Biopharmaceutical Development Manufacturing Base | 240 | im Bau |
TECOM Group - Pharmaceuticals Manufacturing Facility | 50 | im Bau |
Julphar - Glargine Manufacturing Facility | 41 | Studie |
DIEZA - Frozen & Pharmaceutical Logistics Complex | 20 | Design |
HIBA Pharma - Proposed Production Facility and Ancillary Buildings | 15 | im Bau |
Quelle: Meed Projects, 2025
Von Heena Nazir
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Dubai