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Branchen | Vereinigtes Königreich | Stromübertragung, -verteilung, Netze

Neue Interkonnektoren verbessern britischen Stromhandel

Mit "Tarchon" ist bereits die zweite deutsch-britischen Stromverbindung auf dem Weg. Weitere britische Interkonnektorprojekte mit Europa sind in der Pipeline.

Von Marc Lehnfeld | London

Über Interkonnektoren will das Vereinigte Königreich bis 2030 mindestens 18 Gigawatt Austauschkapazitäten für Strom schaffen und damit den Wettbewerb um günstige Preise befeuern. Aktuell verfügt Großbritannien über neun Interkonnektoren mit einer Gesamtkapazität von rund 10 Gigawatt. Die noch fehlenden 8 Gigawatt sind erreichbar, weil bereits vier Projekte mit einer Kapazität von circa 4,4 Gigawatt eine Förderzusage haben und bereits in Planung oder gar Bau sind. 

Zweiter deutsch-britischer Interkonnektor in Planung

Als Nächstes soll die britisch-irische Greenlink-Verbindung noch bis zum Ende dieses Jahres ans Netz gehen, gefolgt vom ersten deutsch-britischen Interkonnektor "NeuConnect" im Jahr 2028. Das Kabel von NeuConnect verbindet beide Länder zwischen dem Großraum London und Wilhelmshaven und gehört mit etwa 1,4 Gigawatt zu den größeren britischen Interkonnektorprojekten. 

Ein zweiter deutsch-britischer Interkonnektor ist bereits in Planung. Unter dem Projektnamen Tarchon plant die Investmentgesellschaft Copenhagen Infrastructure Partners mit Volta Partners eine ebenfalls 1,4 Gigawatt starke Verbindung, die im Jahr 2030 in Betrieb genommen werden soll. Die Interkonnektorlizenz hat das Projekt bereits im Februar 2023 von der britischen Regulierungsbehörde Ofgem erhalten. Der Tarchon-Interkonnektor steht außerdem vor einer Zulassung in Deutschland. Die Bundesnetzagentur bestätigte die Maßnahme bereits im Netzentwicklungsplan 2037/2045. Das Projekt ist zudem auf der EU-Liste der Vorhaben von gemeinsamem Interesse und Vorhaben von gegenseitigem Interesse gelistet und profitiert dadurch von beschleunigten Genehmigungsverfahren, regulatorischer Unterstützung und ist für eine EU-Förderung aus der Connecting Europe Facility (CEF) berechtigt.

Gute Chancen auf britische "Cap and Floor"-Förderung

Die finale Investitionsentscheidung bei Tarchon ist noch nicht gefallen. Es steht noch die britische Förderzusage unter dem "Cap and Floor"-Mechanismus der Regulierungsbehörde Ofgem aus. In einer Ersteinschätzung erteilt die Behörde dem Projekt bereits ein "vorläufiges grünes Licht". Mit einer finalen Entscheidung ist im Herbst 2024 zu rechnen. Die Ofgem-Ersteinschätzung deutet aber eine gute Ausgangslage von Tarchon.

Die Förderung ist ein wichtiges Element im Geschäftsplan der Interkonnektoren. Schließlich sichert sie dem Betreiber ein Gewinnfenster zu. Der "Cap and Floor"-Mechanismus garantiert über einen Zeitraum von 25 Jahren einerseits einen Minimalgewinn (Floor) bei der Stromübertragung, verpflichtet andererseits den Betreiber aber auch zur Abführung von Überschussgewinnen, falls ein festgelegter Gewinndeckel (Cap) überschritten wird. 

Interkonnektoren sind nicht nur ein gutes Geschäft für ihre Betreiber, sondern auch für den Energiemarkt. Denn sie fördern den Preiswettbewerb, indem sie Preisunterschiede zwischen Strommärkten ausgleichen. Attraktive Geschäfte winken auch in der Planungs- und Bauphase, zum Beispiel beim Bau der Konverterstationen oder bei der Kabelverlegung. Die Kosten von NeuConnect betragen etwa 1,1 Milliarden Euro, der Tarchon-Interkonnektor wird auf 2,8 Milliarden Euro geschätzt.

Neue Interkonnektor-Typen geplant

Bisher verbinden Interkonnektoren in erster Linie Energiemärkte durch direkte Kabelverbindungen für den bilateralen Stromaustausch. Mit "Offshore Hybrid Assets" (OHA) sind hingegen neue Interkonnektor-Typen denkbar, die Kraftwerke direkt an die Netze anschließen. So wird die ursprüngliche Funktion von Interkonnektoren erweitert, sodass beispielsweise Offshore-Windparks ihren erzeugten Strom direkt in mehrere Abnehmerländer liefern können und nicht - wie bisher - in nur ein Land. Das spart Geld und Ressourcen, weil die Stromerzeuger direkt an einen Interkonnektor angeschlossen werden und so unter anderem Kabellänge sparen. Angesichts des rasanten Ausbaus von Offshore-Windanlagen in der Nordsee wird die Energieinfrastruktur außerdem effizienter eingesetzt.

Ofgem prüft bereits die Genehmigung von zwei OHA-Projekten im Pilotprojekt Offshore Hybrid Asset Pilot. So plant zum Beispiel das Konsortium des britischen Netzbetreibers National Grid zusammen mit dem niederländischen Partner TenneT den 2 Gigawatt starken "LionLink"-Interkonnektor, an den zusätzlich ein niederländisches Offshore-Windkraftwerk mit gleicher Leistung angeschlossen wird und damit beide Länder versorgen kann.

300 Gigawatt

Erzeugungskapazitäten von Offshore-Windstrom wollen die Nordseeanrainer bis 2050 schaffen. Darauf haben sie sich 2023 in der "Ostende Erklärung" verständigt.

Das zweite National Grid-Projekt, Nautilus, wird Teil der weltweit ersten Energieinsel, der "Prinses Elisabeth Eiland". Darin plant der belgische Übertragungsnetzbetreiber Elia seinen Offshore-Windpark mit einer Kapazität von 3,5 Gigawatt über Nautilus nicht nur an den Heimatmarkt Belgien, sondern auch Großbritannien und Dänemark anzuschließen. Auf der dazu künstlich geschaffenen Betoninsel wird eine Netzinfrastruktur aufgebaut, die in einer Hub-Funktion nicht nur als Interkonnektor für die drei Länder dient, sondern zusätzlich den Offshore-Windstrom einspeist. Die Projektkostenschätzung wurde im letzten Jahr von 2,2 Milliarden auf 3,6 Milliarden Euro angehoben. Das belgisch-niederländische HSI Joint Venture beginnt mit dem Bau der Umspannwerke im Mai 2025. Im Jahr 2030 soll die Energieinsel betriebsbereit sein.

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