Rechtsbericht Vereinigtes Königreich Umsatzsteuer
Die Jaffa Cakes und die Umsatzsteuer
Nicht nur in Deutschland gibt es verschiedene Umsatzsteuersätze. Häufig wird zwischen vollem und ermäßigtem Satz unterschieden. Das Vereinigte Königreich kennt zudem einen Nullsatz.
04.03.2025
Von Karl Martin Fischer | Bonn
Selten war die Abgrenzung zwischen verschiedenen Umsatzsteuersätzen so öffentlichkeitswirksam wie in dem britischen Jaffa-Cake-Fall. Jaffa Cakes gibt es seit 1927, und entsprechend ihrem Namen wurden sie für die Zwecke der 1973 eingeführten britischen Mehrwertsteuer (Value Added Tax – VAT) von der britischen Steuerverwaltung als „Cakes“ (Kuchen) eingestuft. Der Fall begann mit einer Neu-Einstufung der Jaffa Cakes durch die britische Steuerverwaltung auf der Grundlage der Vorschriften des (mittlerweile aufgehobenen) Value Added Tax Act 1983 (siehe vor allem Schedule 5 ebendort). Bis dahin war akzeptiert, dass Jaffa Cakes „Cakes“ sind. Der Mehrwertsteuersatz für Cakes liegt bei 0 Prozent. Der Satz für Biscuits (Kekse) liegt ebenfalls bei 0 Prozent, es sei denn, die Biscuits sind ganz oder teilweise mit Schokolade überzogen, dann gilt der normale Satz (seinerzeit 17,5 Prozent, heute sogar 20 Prozent). Und Jaffa Cakes sind teilweise mit Schokolade überzogen.
Somit musste ermittelt werden, ob Jaffa Cakes Biscuits oder Cakes sind. Die britische Steuerverwaltung hat dabei eine Reihe von Abgrenzungskriterien genutzt: der Name spielt nicht die entscheidende Rolle, mindestens ebenso wichtig sind die Verpackung, der übliche Verkaufsort in Supermärkten – neben Kuchen oder Keksen? – und die Frage, ob mit den Fingern (Keks) oder mit einer Gabel (Kuchen) gegessen wird. Die britische Steuerverwaltung hat ihre Sicht der Sach- und Rechtslage ausführlich geschildert und kam seinerzeit zu dem Ergebnis, ein Jaffa Cake sei kein Kuchen, sondern ein Keks. Die Gegenseite argumentierte, dass die Konsistenz der Jaffa Cakes eher weich und damit wie ein Kuchen sei. Wenn sie ihr Haltbarkeitsdatum übersteigen, werden sie hingegen – kuchentypisch – härter, während Kekse weicher werden.
Im Ergebnis entschied das Gericht, dass Jaffa Cakes als Kuchen weiterhin dem Nullsatz Umsatzsteuer unterliegen. Aber auch nach dieser Entscheidung wurde die Frage Kuchen oder Keks in der Gesellschaft lebhaft diskutiert. Vor einigen Jahren entschloss sich der Hersteller der Jaffa Cakes dazu, die öffentliche Aufmerksamkeit zu nutzen und rief eine Anzeigenkampagne ins Leben, die mit Slogans wie zum Beispiel "We're a cake, you biscuit" wirbt und so den Sieg über die Steuerverwaltung feiert.
Zum Thema:
- GTAI-Publikation Gesetze im Vereinigten Königreich