Branche kompakt | Vietnam | Medizintechnik
Branchenstruktur
Die Krankenhauskapazitäten in Vietnam sind überwiegend staatlich. Aber der Privatsektor spielt eine wachsende Rolle. Der überwiegende Teil der Medizintechnik wird importiert.
14.01.2025
Von Peter Buerstedde | Hanoi
Mit rund 5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen die gesamten Gesundheitsausgaben etwa im Durchschnitt der Region Asien-Pazifik und etwas unter dem globalen Schnitt von 6 Prozent. Der Staat hat die öffentlichen Ausgaben für Gesundheit in den letzten Jahren bis auf die Coronakrisenjahre stetig erhöht. Trotzdem sind die privaten Zuzahlungen sehr hoch.
Etwa 51 Prozent der Ausgaben werden privat bezahlt und 49 Prozent kommen aus öffentlichen Quellen. Die Sozialversicherung trägt etwa ein Drittel der gesamten Gesundheitsausgaben. Die privaten Zuzahlungen der Haushalte betragen etwa 45 Prozent aller Ausgaben. Privatversicherungen und Wohltätigkeitsorganisationen tragen den Rest auf privater Seite.
Indikator | Wert |
---|---|
Einwohnerzahl (2023 in Mio.) | 100,3 |
Bevölkerungswachstum (2023 in % p.a.) | 0,9 |
Altersstruktur der Bevölkerung (2023) |
|
Anteil der unter 14-Jährigen (in %) | 21,1 |
Anteil der über 65-Jährigen (in %) | 8,1 |
Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt (2023 in Jahren) | 74,5 |
Durchschnittseinkommen für Beschäftigte pro Jahr (2023 in US$) | 3.582 |
Gesundheitsausgaben pro Kopf (2022 in US$) | 185 |
Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP (2022 in %) | 4,6 |
Ärzte/100.000 Einwohner (2022) | 100 |
Zahnarztpraxen/100.000 Einwohner (2023) | 2 |
Krankenhausbetten/100.000 Einwohner (2022), davon | 317 |
privat | 22 |
öffentlich | 295 |
Staatlicher Sektor ist mit Abstand der wichtigste Abnehmer
Die Krankenhausinfrastruktur ist überwiegend staatlich mit etwa 85 Prozent der Einrichtungen und sogar 94 Prozent der Betten, da private Einrichtungen vielfach kleiner sind. Staatliche Krankenhäuser sind deutlich schlechter ausgerüstet mit teilweise stark veralteter Technik. Auf staatlicher Seite gibt es vier Ebenen mit zentralen Krankenhäusern, die direkt dem Gesundheits-, Verteidigungs- oder auch anderen Ministerien unterstehen. Einrichtungen auf Provinz-, Distrikt- und Kommunalebene unterstehen den Provinzregierungen.
Auf privater Seite gibt es immer mehr hochmoderne Kliniken aber auch einfachere Einrichtungen. Nach Informationen des Beratungsunternehmens Viettonkin entfallen nur etwa 6 Prozent der stationären Gesundheitsdienste auf den Privatsektor. Allerdings sind die meisten Zahnarztpraxen und diagnostischen Labore privat. Damit entfallen 32 Prozent der ambulanten Dienste auf den Privatsektor.
Patienten müssen für bessere Leistungen zuzahlen
Die Sozialversicherung deckt Ende 2024 rund 94 Prozent der Bevölkerung ab und übernimmt in weiten Bereichen Kosten für die Abdeckung des grundlegenden Behandlungsbedarfs. Benötigen Patienten zusätzliche medizintechnische Hilfsmittel oder wünschen eine über die Grundversorgung hinausgehende Behandlung, müssen sie teils hohe Zuzahlungen leisten oder sogar den vollständigen Betrag zahlen.
Gerade im Bereich Orthopädie übernimmt der Sozialversicherungsträger lediglich Sockelbeträge, die - so Branchenunternehmen - bei weitem nicht ausreichen, die tatsächlichen Produktkosten abzudecken. Wenn es der Geldbeutel zulässt, sind Patienten bereit, für hochwertige Produkte und Behandlungen höhere Eigenanteile zu übernehmen und sind an Zuzahlungen gewöhnt. Für Notfälle gehen Patienten in staatliche Kliniken. Wer es sich leisten kann, nutzt für planbare Behandlungen private Einrichtungen.
Chinesische Anbieter dürften weiter an Anteilen gewinnen
Der Medizintechnikmarkt wird zu etwa 80 bis 90 Prozent durch Importe abgedeckt. Deutschland ist weiter stark positioniert, aber hat in den vergangenen Jahren Importanteile abgeben müssen. In den in der Tabelle aufgeführten Produktgruppen insgesamt hielten deutsche Einfuhren 2017 rund 15 Prozent, 2022 waren es 11 Prozent. Damit ist Deutschland als Lieferland von der zweiten auf die dritte Stelle hinter China und den USA aber vor Südkorea und Japan zurückgefallen.
Stark eingebüßt haben auch die USA und Japan, während Südkorea leicht zulegen konnte. China ist vom vierten Platz (11 Prozent) auf den ersten Platz vorgerückt (25 Prozent). Die Anteile dürften sich weiter zu Gunsten Chinas verschieben. Chinesische Anbieter können seit 2023 leichter an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen (siehe Rahmenbedingungen).
SITC | Import (2022) | Anteil Import aus Deutschland | |
---|---|---|---|
741.83 | Sterilisierapparate | 12,1 | 2,7 |
774.1 | Elektrodiagnoseapparate und -geräte | 88,5 | 11,9 |
774.2 | Röntgenapparate etc. | 109,2 | 16,5 |
872.1 | Zahnmedizinische Instrumente; a.n.g. | 36,4 | 5,7 |
872.21 | Spritzen, Nadeln, Katheter, Kanülen etc. | 122,5 | 5,8 |
872.25 | Ophthalmologische Instrumente | 26,0 | 28,3 |
872.29 | Andere Instrumente, Apparate und Geräte | 193,7 | 14,6 |
872.3 | Therapiegeräte, Atmungsgeräte etc. | 198,9 | 1,0 |
872.4 | Medizinmöbel etc. | 20,4 | 4,6 |
899.6 | Orthopädietechnik, Prothesen etc. | 371,4 | 12,6 |
Der Anteil inländischer Produktion am Marktabsatz ist nach Einschätzung von Branchenvertretern in den letzten Jahren angestiegen. Dazu trägt etwa bei, dass bei öffentlichen Ausschreibungen Produkte mit lokaler Produktion vorgezogen werden. Die Coronakrise hat der lokalen Produktion Schub gegeben. In den letzten Jahren expandiert die lokale Industrie weiter vor allem durch ausländische Investitionen.
Inlandsproduktion geht überwiegend in den Export
Laut Gesundheitsministerium verfügt das Land über rund 50 vollständig vietnamesisch investierte Produktions- und Forschungseinrichtungen, die Medizintechnikprodukte vor Ort fertigen und verkaufen. Ein Großteil dieser Unternehmen steht im Eigentum des Gesundheitsministeriums und engagiert sich neben der Produktion auch im Import und Vertrieb.
Rein vietnamesische Unternehmen wie Minh Tâm (Mitalab), Bông Bạch Tuyết (Vietnam Medical Cotton), Thời Thanh Bình (Peace Age), Vina Mask und Vinamed fokussieren sich auf die Produktion von Klein- und Verbrauchsmaterialien wie Einwegspritzen, Kanülen und Handschuhen oder Krankenhausmöbeln. Vereinzelt dringen aber auch vietnamesische Unternehmen in technologisch anspruchsvollere medizintechnische Bereiche vor. So stellt beispielsweise USM Healthcare Apparaturen für minimalinvasive Eingriffe am Herzen her. Vikomed produziert Röntgengeräte und Medep Kontaktlinsen.
Ausländische Firmen weiten Produktion in Vietnam aus
Ausländische, vor allem japanische Unternehmen, verlagern die Produktion nach Vietnam und stellen Grund- und Verbrauchsmaterialien, aber auch zunehmend technisch anspruchsvolle Produkte für den Weltmarkt her. Bedeutend ist die Produktion von Hörgeräten, Spritzen und Kathetern. Wichtigstes deutsches Medizintechnikunternehmen im Land ist B.Braun, das in Hanoi Infusionsbedarf produziert.
Die Regierung strebt eine Aufwertung des vietnamesischen Medizintechniksektors an, unter anderem um die Abhängigkeit von Importen abzumildern. Die Strategie zur Entwicklung der Medizintechnikindustrie bis 2025 mit einer Vision bis 2030 vom Februar 2021, sieht neben einer Steigerung der Produktionskapazität in eher einfacheren medizintechnischen Geräten wie Sterilisationsapparaten, auch die Entwicklung technisch anspruchsvoller Technologie wie bildgebender Verfahren vor.
Unternehmen | Produkte |
---|---|
Asahi Intecc (Japan) | Medizinische Ausrüstungen |
B.Braun (Deutschland) | Infusionsüberleitungssysteme und -lösungen |
Becton Dickinson (USA) | Medizinische Ausrüstungen |
Medtronic (USA) | Kardiologie |
Minh Tâm (Mitalab, Vietnam) | Infusionsschläuche, Kanülen, Katheter |
GE Healthcare (USA) | Elektrodiagnostische Geräte |
Siemens Healthineers (Deutschland) | Elektrodiagnostische Geräte |
Vina Medical (Vinamed, Vietnam) | Krankenhausbetten |
Vietnam-Korea Medical Corporation (Vikomed, Vietnam) | Röntgen- und Lasergeräte |
USM Healthcare (Vietnam) | Medizinische Ausrüstungen für minimalinvasive Verfahren |