Branchen | Vietnam | Möbel
Inlandsmarkt für Möbel soll stark wachsen
Da der Export schwächelt, wenden sich vietnamesische Möbelhersteller stärker dem Heimatmarkt zu. Dieser hat großes Wachstumspotenzial, da die Zahl kaufkräftiger Verbraucher steigt.
06.09.2023
Von Peter Buerstedde | Hanoi
Angesichts der Absatzschwäche in westlichen Ländern wollen Möbelhersteller in Vietnam ihre Absatzmärkte diversifizieren – und gleichzeitig den heimischen Markt besser erschließen. Zwar kämen die Aufträge langsam wieder rein, weil die Lagerbestände in den USA, dem wichtigsten Markt, mittlerweile geschrumpft seien und die Abnehmer sich auf das Weihnachtsgeschäft vorbereiten würden, so Unternehmensvertreter. Die Importe von Holz und Holzprodukten weisen aber noch nicht auf eine Erholung hin. Sie sind ein guter Frühindikator für die Exportentwicklung, weil Holz für die Möbelindustrie etwa zur Hälfte eingeführt wird. In den ersten sieben Monaten des Jahres 2023 lagen die Importe um etwa ein Drittel unter dem Vorjahresniveau.
Zahl kaufkräftiger Konsumenten steigt
Der vietnamesische Markt ist für die Konsumgüterindustrie attraktiv, weil die Mittelschicht stark wächst. Nach Weltbankkriterien umfasste sie 2021 rund 40 Prozent der Bevölkerung. Bis 2030 soll sie um 38 Millionen Menschen auf rund 75 Prozent der Bevölkerung anwachsen. Die vermögendere Oberschicht wächst noch schneller. Fitch Solutions zufolge gehörten dieser Gruppe 2022 etwa 3,4 Millionen Menschen oder 11 Prozent der Haushalte an. Kriterium für diese Klassifizierung ist ein verfügbares Haushaltseinkommen von mindestens 11.000 US-Dollar (US$) pro Jahr. Bis 2026 soll sich diese Schicht auf 6,8 Millionen Haushalte (20 Prozent der Haushalte) verdoppeln.
Mordor Intelligence schätzt, dass der vietnamesische Möbelmarkt im Jahr 2023 ein Umsatzvolumen von 1,4 Milliarden US$ erreichen wird. Im Vorjahr waren es 1,3 Milliarden US$. Bis 2028 soll der Möbelmarkt durchschnittlich um 5,3 Prozent pro Jahr auf 1,8 Milliarden US$ anwachsen. Kurzfristig ist die Lage aber weniger rosig. Der seit 2019 kriselnde Wohnungsbau und Immobilienmarkt geben der Möbelbranche kaum Impulse. Auch bremst die derzeit verhaltene Konjunkturentwicklung die Kauflust vietnamesischer Konsumenten.
Europäische Anbieter sind in hochpreisigen Marktsegmenten aktiv
Vietnamesische Hersteller spielen zum Teil in mittleren Preissegmenten eine Rolle, darunter die Firmen Hoa Phat, An Cuong, Thien An, Kim Thanh, AA Group, AHD Company und Pho Xinh. Hinzu kommt die handwerkliche Möbelfertigung in spezialisierten Dörfern oder Vorstadtvierteln. Diese produzieren für den Heimatmarkt und fertigen zum Beispiel traditionelle holzgeschnitzte Präsentationsmöbel wie Sitzgruppen. Im Niedrigpreissegment dominieren chinesische, taiwanesische oder malaysische Anbieter, während europäische und andere westliche Unternehmen hochpreisige Marktsegmente bedienen.
Auch wenn sich in der recht jungen vietnamesischen Möbelindustrie nach Darstellung von Branchenvertretern in den letzten Jahren einige gut geführte Spezialisten hervorgetan haben, können nur wenige Hersteller etwa mit chinesischen Anbietern konkurrieren. Branchenexperten kritisieren an den vietnamesischen Herstellern, dass sie bei der Kundenakquise eher passiv seien. Sie warteten meist darauf, von den Einkäufern angesprochen zu werden. Dies erschwert den Möbelherstellern auch die Erschließung des Binnenmarktes.
Stühle: Tan Thanh, Alpha Gartenmöbel: Truong Thanh, Thien Minh Küchenschränke: Tien Dat, Savimex, An Cuong, Tekcom Bodenbeläge: Sao Nam Möbel mit gebogenem Holz: Curvetta Hochwertige Produktlinien, zum Teil mit verschiedenen Materialien: Tran Duc, AA Group, Vietcast, Fine Scandinavia |
Es gibt nur wenige große Möbelhäuser
Der Möbeleinzelhandel bildet sich erst langsam heraus. Derzeit gibt es etwa ein Dutzend Einzelhandelsmarken, darunter A Concept, Baya, Moho, Jysk, Nha Xinh, Index Living Home, Chilai, BoConcept und Sonder Living. Große Möbelhäuser gibt es etwa eine Handvoll im ganzen Land. Ende Juli 2023 hat der thailändische Einzelhandelskonzern Central Retail ein erstes Geschäft für Inneneinrichtung und Möbel unter der Marke Come Home in Ho-Chi-Minh-Stadt eröffnet. Andere Akteure sind schon weiter: Jysk aus Dänemark unterhält in Vietnam aktuell zwölf Geschäfte.
Inländische Hersteller wollen Indien und den Nahen Osten erschließen
Zu den wichtigsten Auslandsmärkten Vietnams gehören mit Abstand die USA, gefolgt von Ostasien und Europa. Wegen der schwachen Nachfrage nehmen vietnamesische Firmen bislang wenig erschlossene Märkte in den Blick, vor allem Indien und den Nahen Osten. Sie gelten als attraktiv, aber schwierig. Die Golfregion ist für größere Möbelhersteller besonders lukrativ, weil dort große Immobilienprojekte realisiert werden. Firmen wie Tran Duc und die AA Group stellen bereits auf Messen in Dubai aus.
Vietnam ist einer der weltweit größten Exporteure von Holzprodukten. Handelsketten wie Ikea und Walmart lassen dort Möbel produzieren und nutzen das Land als Beschaffungsmarkt für Holz. Wichtigster Absatzmarkt sind mit Abstand die USA. Der Handelsstreit zwischen den USA und China hat dazu beigetragen, dass Vietnam China 2020 als Hauptlieferanten abgelöst hat. Die USA hatten unter anderem Strafzölle auf chinesische Schlafzimmermöbel verhängt. Einige Firmen aus dem Reich der Mitte kauften Möbelfabriken in Vietnam, damit sie den US-amerikanischen Markt weiterhin beliefern konnten.
Seit 2022 ist die Nachfrage nach Möbeln auf den wichtigen Absatzmärkten USA, Ostasien und Europa jedoch rückläufig. Im Zeitraum Januar bis Juli 2023 lagen die Exporte von Holzprodukten (überwiegend Möbel) um 30 Prozent niedriger als im Vorjahreszeitraum. Der Exportwert von Möbeln aus anderen Materialien ging sogar um 22 Prozent zurück.
Bezeichnung | Anmerkungen |
---|---|
Außenhandelsinformationen für deutsche Exportwirtschaft, Hinweise zu Ausschreibungen und Projekten | |
Anlaufstelle für deutsche Unternehmen | |
Handicraft and Woodworking Association of Ho Chi Minh City (HAWA) | Größter Möbelverband des Landes |
Vietnam International Furniture and Home Accessories Fair (VIFA) | Möbelmesse, 26.02. bis 29.02.2024, Ho Chi Minh City |