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Markttrends

Viele Investoren stehen bereit, um eine neue Investitionswelle in Gang zu setzen. Es fehlen aber noch wichtige regulatorische Weichenstellungen.

Von Peter Buerstedde | Hanoi

Der Energiesektor in Vietnam steht stark unter Druck, die Stromerzeugung auszuweiten. Der Stromverbrauch und die Spitzenlast steigen stetig an, während sich große Kraftwerksprojekte und der Ausbau der Stromnetze in den vergangenen Jahren verzögert haben. Nach massiven Stromausfällen 2023 hat die Regierung große Anstrengungen unternommen, um eine Wiederholung 2024 zu vermeiden. Aber das Blackout-Risiko bleibt.

Gleichzeitig hat sich die Regierung das Ziel gesetzt, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen und ausländische Investoren fordern den Zugang zu garantiert erneuerbarer Energie. Mit dem Power development plan 8 (PDP 8) hat die Regierung Ziele für Ausbau und Energiemix vorgegeben. Viele Investoren stehen in den Startlöchern.

Neue Investitionswelle muss erst in Gang kommen

Noch müssen aber wichtige regulatorische Weichen gestellt werden, damit nach starken Investitionen in Kohlekraftwerke in den 2010er Jahren und zwischen 2018 und 2020 in Wind- und Solarparks eine neue Investitionswelle in Gang kommen kann. Neue Regularien betreffen vor allem "neue" Bereiche wie Flüssiggas (LNG) und Offshore-Windkraft, aber auch Wind- und Solarkraft an Land. Als wichtigen ersten Schritt hat die Regierung Anfang Juli 2024 ein Dekret für direkte Abnahmeverträge (DPPA) für erneuerbaren Strom erlassen. 

Fehlende neue Regularien bedeuten nicht, dass alle Energievorhaben derzeit stillstehen, aber gerade Projekte der erneuerbaren Energien stehen unter strengeren Regularien. Weiter werden Kohle- und Gaskraftwerksprojekte (sowie Terminals zum Flüssiggasimport) umgesetzt. Die Kohlekraft soll 2030 mit 30,1 Gigawatt ihren Höchststand erreichen gegenüber 26,8 Gigawatt 2023. Eine Reihe von Projekten hatte zuletzt allerdings Schwierigkeiten bei der Finanzierung, weil viele Banken der Kohlekraft den Rücken kehren. 

LNG-Kraftwerke verzögern sich

Bei anderen drängt die Regierung auf eine schnellere Realisierung, um drohende Versorgungslücken in den kommenden Jahren zu schließen und den Rückstand bei LNG-Projekten zu überbrücken. Bei Gaskraftvorhaben sind deutsche Ingenieurbüros in der Planung aktiv und könnten weiter vom Ausbau profitieren. Der Start vieler LNG-Projekte hat sich verzögert, weil Investoren höhere Abnahmegarantien fordern.

Von 2030 bis 2050 sollen alle Kohlekraftwerke umgerüstet oder stillgelegt werden. Dafür gibt es derzeit keinen Zeitplan. Zunächst sollen Anlagen, die älter als 40 Jahre sind und wo keine Umrüstung möglich ist, stillgelegt werden. Anlagen über 20 Jahre sollen auf Biomasse und Ammoniak umsteigen. 

Solardächer vor Ausbauboom

Der Ausbau erneuerbarer Energien und vor allem die Entwicklung neuer Projekte hat sich stark verlangsamt. Günstige Einspeisetarife hatten ab 2018 einen Ausbauboom in der Solar- und Windkraft befeuert. Mit dem Auslaufen der Tarife ist er 2021 zu Ende gegangen. So überstieg der Ausbau bei weitem die Pläne der Regierung und die Aufnahmefähigkeit der unterentwickelten Netze. 

Die Regierung will eine Wiederholung dieses unkontrollierten Ausbaus vermeiden. Daher gibt es keine neuen Einspeisetarife und in der Planung bis 2030 zunächst keine neuen Solarparks. Der PDP 8 sieht aber wohl einen kräftigen Zubau bei Onshore-Windkraft, ein ambitioniertes Ziel für Off-Shore-Windparks und mindestens 2,6 Gigawatt für neue Solaraufdachanlagen vor. 

Eine Ausnahme sind Aufdachsolaranlagen für die Industrie, wo weiter Vorhaben umgesetzt werden, allerdings mit erheblichen Schwierigkeiten, wie Entwickler berichten. Das neue DPPA-Dekret wird diesem Segment neuen Schwung verleihen. Die Nachfrage gilt als gewaltig.

Allerdings kommen die verbauten Solarpanele weitgehend von chinesischen Herstellern, die auch zum Teil im Land Panele zusammenbauen. Bei Wechselrichtern halten Huawei und Sungrow etwa 70 Prozent des Marktes und gewinnen weiter Anteile hinzu. ESCO-Firmen (siehe Branchenstruktur) sind auch interessante Abnehmer für deutsche Ausrüstungen, weil sie als Investoren und Betreiber auf Langlebigkeit und Verlässlichkeit setzen. 

Große Unsicherheit in der Windkraft

Für die Windkraft fehlen neue Regularien, vor allem für den für Vietnam völlig neuen Bereich der Offshore-Windkraft. Dem Vernehmen nach will die Regierung das Ziel von 6 Gigawatt an Offshore-Windkraft bis 2030 durch Pilotprojekte unter Beteiligung von Staatsunternehmen aus dem Ölsektor erreichen. Das Ziel gilt als sehr ambitioniert. Bei Onshore-Windparks ist derzeit unklar, wie Vorhaben künftig ausgewählt werden sollen. Auktionen gelten als wahrscheinlich. 

6 Gigawatt

neue Offshore-Windparks will Vietnam bis 2030 errichten. 

Deutsche Entwickler wie Bay Wa, Enertrag, WPD und PNE bereiten weiter Projekte vor (etwa mit Windmessungen). Nach dem chaotischen Ausbau der Vergangenheit rechnen sich die Entwickler gute Chancen aus. Um noch in den Genuss günstiger Einspeisetarife zu kommen, waren Vorhaben überhastet und schlecht umgesetzt worden. Dadurch haben viele Investoren derzeit Probleme, Windparks weiterzuverkaufen. Nach Erwartung von Experten dürften chinesische Anbieter der Konkurrenz aus dem Westen, die bisher den Ausbau dominiert hatte, in der nächsten Phase den Rang ablaufen. 

 

Gute Geschäftschancen im Netzausbau

Der Netzausbau stockte in den letzten Jahren. Die Netzentgelte sind im internationalen Vergleich gering und Kredite ausländischer Entwicklungsbanken kommen seit 2020 aufgrund bürokratischer Hürden nicht mehr zum Einsatz. Seit 2022 versucht die Regierung, den Bau einiger Trassen im Eiltempo umzusetzen, um die Stromversorgung im Norden des Landes zu verbessern. 

Die Geschäftsmöglichkeiten sind gut, auch für deutsche Firmen wie Siemens oder Maschinenfabrik Reinhausen, die bereits seit vielen Jahren im Netzausbau in Vietnam aktiv sind. Nach Regierungsplänen sollen bis 2030 etwa 1,5 Milliarden US$ pro Jahr investiert werden gegenüber 0,8 Milliarden US$ vor der Coronakrise. 

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