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Wirtschaftsumfeld | Schweden | Personal

Personalsuche und Personalmanagement

Auch Schweden entwickelt sich immer mehr zu einem Arbeitnehmermarkt. Die anspruchsvollen Rahmenbedingungen erschweren mitunter das Anwerben neuer Mitarbeiter.

In dem hochdigitalisierten Land ist es nicht überraschend, dass ein Großteil der Stellensuche über inzwischen gängige Online-Plattformen stattfindet - ähnlich wie in Deutschland. Auch die staatliche Jobvermittlung wird gern genutzt, zum Beispiel die Website der Staatlichen Arbeitsmarktbehörde Arbetsförmedlingen

Es gibt aber durchaus Unterschiede zu Deutschland, beispielsweise während des Bewerbungsprozesses. Mehrstufige Auswahlverfahren, bei denen Bewerber für drei oder mehr Bewerbungsrunden vorstellig werden, sind eher die Regel als die Ausnahme. Arbeitgeberseitig ist das Einholen von Referenzen aus vorhergegangenen Arbeitsverhältnissen potenzieller Mitarbeiter üblich.

In Schweden erhalten alle im Bevölkerungsregister eingetragenen Einwohner von der schwedischen Steuerbehörde, dem Skatteverket, eine persönliche Identifikationsnummer als eindeutige Kennung auf Lebenszeit (Personnummer). Es ist gesetzlich geregelt, dass viele vertrauliche, mit dieser Nummer verknüpften Daten öffentlich einsehbar sind. Das verhilft Arbeitgebern mitunter zu einem Vorteil. Sie haben die Möglichkeit, sich Auskünfte beim Skatteverket einzuholen. Dadurch können sie recht genau auf das letzte zu versteuernde Einkommen schließen - was allerdings nicht immer dem zuletzt gezahlten Gehalt entsprechen muss. Diese Transparenz gilt interessanterweise auch für Arbeitnehmer, die sich wiederum informieren können, was potenzielle Kolleginnen und Kollegen verdienen.

Wohnungsmarkt ist eine echte Erschwernis

Die hochangespannte Lage am Wohnungsmarkt wird als große Hürde wahrgenommen, nicht nur von ausländischen Fachkräften. Der Mietmarkt ist klein, und die Mieten sind hoch. Der staatlich geregelte sogenannte "Mietmarkt aus erster Hand", ist nur über eine Warteliste zugänglich, mit Wartezeiten von teils mehreren Jahren. Die weitaus gängigere Methode, Wohnungen anzumieten, ist die "aus zweiter Hand". Hierbei handelt es sich um Untermietverträge, die nicht selten eine kürzere Vertragsdauer und höhere Miete bedeuten.

Zwar sind die Einheimischen eine flexible Handhabung von Immobilienkäufen und -verkäufen gewohnt. Aber auch dafür hat sich die Lage verschlechtert. Vor einigen Jahren haben die Banken ihre Kreditvergaberegeln verschärft, sodass nun in der Regel 15 Prozent des Kaufpreises als Eigenkapital eingebracht werden müssen, deutlich mehr als die noch vor wenigen Jahren üblichen 0 bis 10 Prozent.

Dass Arbeitgeber bei der Wohnungsvermittlung unterstützen, kommt durchaus vor. Aber noch ist dies längst kein Standard und muss entsprechend nicht zwangsläufig einkalkuliert werden.

Minglen ist Netzwerken auf Schwedisch

Netzwerke spielen nicht nur im schwedische Privatumfeld eine große Rolle - Freundschaften bestehen beispielsweise häufig schon seit Schulzeiten. Auch die schwedische Wirtschaftswelt baut auf Netzwerken auf. Das bedeutet zum einen, dass Kandidaten Arbeitgeber bevorzugen, die bereits über ein gewisses Standing verfügen und mit dem Bekannte bereits Erfahrungen gesammelt haben. Andererseits ist es üblich, dass potenzielle zukünftige Mitarbeiter aktiv abgeworben werden. Dies passiert insbesondere dann, wenn die entsprechende Person über Spezialwissen und jobrelevante Erfahrungen verfügt. 

Schweden ist ein vergleichsweise kleiner Markt, auf dem sich Neuigkeiten schnell verbreiten und persönliche Empfehlungen mehr Gewicht haben. Die Schweden selbst sind Meister darin, über zunächst informell wirkende Zusammenkünfte professionelle Absprachen zu treffen. Dies geschieht klassischerweise bei einem so genannten Mingle, zu Deutsch: sich unter Leute mischen. Deutschen Unternehmen sei also geraten, sich einerseits vom informellen Anschein solcher Netzwerktreffen nicht täuschen zu lassen und andererseits bestehende Kontakte aktiv zu nutzen. 

Schwedische Arbeitskräfte sind einige Benefits gewohnt

Auch wenn jüngere Bewerber zumeist über wenig Praxiserfahrung verfügen, erwarten sie grundlegende "Benefits", also berufliche Vorteile, vom Arbeitgeber. Neben gesetzlich vorgeschriebenen Bestandteilen wie Urlaubsanspruch, großzügigen Regelungen bei Elterngeld und Elternzeit oder Sozialversicherungsbeiträgen sind bei Bewerbern darüber hinausgehende Leistungen gefragt. Hierzu zählen beispielsweise flexible Arbeitszeiten, zeitgemäße technische Ausstattung, zusätzlicher Jahresurlaub oder Unterstützungsleistungen für die Pflege der mentalen Gesundheit.

Einer Sache kann man sich als Arbeitgeber sicher sein: Bewerber verfügen fast immer über gute bis sehr gute Englischkenntnisse - auch in Tätigkeitsbereichen mit geringen Ausbildungsqualifikationen. Entsprechend darf die Ansprache während der Bewerbungsphase auch auf Englisch geschehen. Im Alltag ist die Sprache allgegenwärtig - vom Fernsehen über das Kino bis zur Werbung. Eine weitere Fremdsprache sprechen dagegen deutlich weniger Menschen. 

Insgesamt gelten schwedische Arbeitskräfte als kompetent und leistungsfähig. Der praktisch ausgerichtete Unterricht ab der zehnten Klasse versorgt die Wirtschaft mit gut ausgebildeten und qualifizierten Absolventen. Allerdings fehlt noch ein duales Ausbildungssystem. Entsprechend bemängeln sowohl einheimische als auch internationale Arbeitgeber, dass es jungen Kandidaten oft an Praxiserfahrung fehlt.

Hohe Fluktuation unter den Beschäftigten

Personalfluktuation ist fester Bestandteil der schwedischen Arbeitswelt: Schwedische Arbeitnehmer wechseln häufiger als ihre deutschen Pendants den Job. Lebensläufe mit einem neuen Arbeitgeber alle zwei bis drei Jahre sind eher die Norm als die Ausnahme. Motivation für einen Jobwechsel ist neben neuen Herausforderungen häufig die Aussicht auf ein höheres Gehalt. Die Angst vor Arbeitslosigkeit ist gering - eine Arbeitslosenversicherung ist freiwillig und wird in der Regel vom Arbeitnehmer selbst abgeschlossen, Wechselangst besteht selten. All dies verteuert die Personalsuche und verlangt auch von Unternehmen hohe Flexibilität bei Personalsuche und -management.

Interview: "Als Arbeitgeber erfährt das Employer Branding immer mehr Gewicht"

Laura Weberchen ist People Operations Manager bei der Deutsch-Schwedischen Handelskammer (AHK Schweden) in Stockholm. Als Hauptverantwortliche für den Personalbereich hat sie einen guten Einblick, worauf Bewerber in Schweden heute Wert legen und wie Recruitingprozesse dort gestaltet werden.

Worauf sollten sich deutsche Unternehmen, die in Schweden auf Mitarbeitersuche sind, aktuell einstellen?

Der schwedische Arbeitsmarkt hat sich, wie man es auch aus vielen anderen europäischen Ländern kennt, zu einem Arbeitnehmermarkt entwickelt. Das Employer Branding, die Markenbildung als Arbeitgeber mit positivem Wiedererkennungswert, erhält immer mehr Gewicht. Und es ist aus meiner Sicht wichtig, schnelle Recruitingprozesse zu haben. Nicht selten finden sich Bewerber mit zwei oder drei Angeboten gleichzeitig konfrontiert und wählen natürlich dann das Beste aus.

Und woran wird "das Beste" ausgemacht?

Das ist zum Teil natürlich branchenabhängig. Aber was vermutlich für alle Schweden neben dem Gehalt wichtig ist, sind die darüber hinausgehenden Benefits wie technische Ausstattung, die Möglichkeit, mobil zu arbeiten, der individuelle Gesundheitsbeitrag und auch Möglichkeiten der Weiterentwicklung.

So ähnlich kennt man das ja auch aus Deutschland. Aber was hat es mit dem Gesundheitsbeitrag auf sich?

Bei dem sogenannten "friskvårdsbidrag" (zu Deutsch: Wellnesspauschale) handelt es sich um einen für den Arbeitnehmer steuerfreien Zuschlag, der für gesundheitsfördernde Aktivitäten genutzt werden kann. Wichtig dabei ist, dass der Betrag 5.000 SEK pro Jahr nicht übersteigt. Das entspricht aktuell etwa 450 Euro. Bietet ein Arbeitgeber aber lediglich 2.000 SEK, könnte das schon negativ in die Entscheidungsfindung eines zukünftigen Mitarbeiters einfließen. 

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