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Branchen | Äthiopien | Bergbau und Rohstoffe

Äthiopiens Bergbau soll endlich liefern

Gold, Kali, seltene Metalle - unter Äthiopiens Erde liegt, was die Welt braucht. Große Investoren halten sich aber zurück. Sie stören sich nicht nur an den Konflikten im Land.

Von Ulrich Binkert | Bonn

Äthiopiens Regierung hat mit dem Bergbau Großes im Sinne. In zehn Jahren soll der Sektor 17 Prozent zur Wirtschaftsleistung des Landes beitragen, sagte der zuständige Minister Ende 2022. Seit 2016 gibt die Regierung solche Pläne bekannt, tatsächlich dümpelt der Anteil nach den letzten Zahlen der Zentralbank weiter bei einem halben Prozent.

Reiche Vorkommen und große Pläne

Unter der äthiopischen Erde lagert eine Vielzahl von Rohstoffen. Neben reichen, teils leicht abbaubaren Goldvorkommen nennt das Bergbauministerium weitere rund 30 Mineralien wie Platin, Nickel, Lithium und Kali sowie eine Reihe von Edelsteinen. Zudem sollen endlich die vermuteten Lagerstätten von Kohle, Öl und Gas ausgebeutet werden. Jenseits von Biomasse und Wasserkraft muss Äthiopien bisher praktisch seine gesamte benötigte Energie importieren.

Die Wertschöpfung des Bergbaus kommt offiziellen Zahlen zufolge zu etwa 90 Prozent von dem einem Produkt Gold. Wichtig ist auch der Abbau von Industrie- und Baumineralien für den Eigengebrauch, sagt Jürgen Vasters. Der Experte der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe untersuchte kürzlich die Möglichkeiten der Produktion begehrter Rohstoffe wie Zinn und Tantal durch den äthiopischen Kleinbergbau, dem "Artisanal Mining". Mehr oder weniger informell produzierende Kleinbetriebe oder gar Einzelpersonen bestimmen den gesamten Bergbausektor. Entsprechend diffus ist die Datenlage, einen Branchenverband wissen Behörden nicht zu nennen.

Es gibt bisher kaum industriellen Bergbau, entsprechend kurz ist die Liste großer Minen. Etliche, auch große Projekte bleiben regelmäßig in der Planung stecken. Der Sektor ist weder auf dem Schirm einheimischer Firmen noch ausländischer Investoren. So spielte Äthiopien im Jahr 2021 beim Auslandsengagement der Bergbau-Großmacht Kanada mit einem Anlagevermögen von 21 Millionen kanadischen Dollar nur eine kleine Rolle (Tansania: 2,4 Milliarden).

Größere bestehende Bergwerke

Bergwerk

Anmerkungen

Goldmine Lega Dembi

Midroc Gold Mine; größte Goldmine im Land; Kritiker bemängeln 2023 Weiterbetrieb inkl. Ausbau trotz Umweltverschmutzung

Goldmine Sakaro

Midroc Gold Mine; neben Lega Dembi gelegen

Kenticha

Abyssinian Metals; Tantalproduktion bis 2017 (Betrieb eingestellt); seither Fokus auf Lithiumvorkommen, aber ohne Produktion

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2023


Förderung ausgewählter Bergbauerzeugnisse

Rohstoff

2011

2021

Anteil an Weltproduktion (2021; in %)

Weltrang (2021)

Gold (kg)

10.891

7.5001)

0,24

47

Platin (kg)

1

4

<0,01

13

Tantal (t)

30

32

2,43

11

Niob (t)

25

12

0,01

9

Weichbraunkohle (Mio. t)

<0,05

<0,05

<0,005

37

Bims (1.000 t)

254

510

3,28

11

Diatomit (t)

4.100

5.000

0,2

20

Soda (natürlich, 1.000 t)

3,7

1,5

0,032)

202)

1 nach Behördenangaben gehen jährlich 13-14 t in den formellen Markt; 2 Angaben für das Jahr 2019.Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe 2023


Regularien für den Bergbau (Auswahl)

Bereich

Bestimmungen

Abgaben (Royalties)

7% für Gold und Edelsteine, 5% für andere metallische Mineralien, 3-4% für Industrie- und Baumineralien

Zölle, Abgaben

Befreiung bei Ausrüstungen für den Bergbau

Steuern

25% Körperschaftssteuersatz und 10 Jahre Verlustvortrag möglich

Quelle: Minstry of Mines, Investor Guide 2020


Kaum Projekte in der Pipeline

Das seit langem vorbereitete Goldprojekt Tulu Kapi ist nach Investorenangaben Äthiopiens einziges "startbereites" industrielles Bergbauprojekt. Dies sei seit 30 Jahren die erste neue, groß angelegte Mine. Zweifel sind angebracht bei Meldungen wie jener von Ende 2022 über die Time General Business Group. Die einheimische Firmengruppe will demnach 2 Milliarden US-Dollar (US$) in eine Goldmine in der südlichen Region Guji investieren.

Bergbauprojekte

Projekt

Anmerkungen

Unternehmen

Goldmine Tulu Kapi

Investitionsplan: 320 Mio. US$ plus Fahrzeugkosten; April 2023: Rahmenvereinbarung zur Finanzierung; Baubeginn für Oktober 2023 und Produktion ab 2025 angekündigt, Ausrüstungen schon beschafft

Entwickler: Kefi Gold and Copper, EPC: Lycopodium; Teilfinanzierung: TDB; Abbau: PW Mining

Untertage-Goldmine Segele in Gambela

lt. Akobo: Abbau seit 2022 in Betrieb, Ankunft der Verarbeitungsanlagen für Ende März 2023 erwartet; Produktionsziel: 68.000 Unzen in den ersten 2 Jahren; Investitionen bislang 30 Mio. US$; "seltener Bonanza-Goldgehalt von 40 Gramm pro Tonne, Break-even-Kosten von 250 US$ pro Unze"

Entwicklung/Exploration: Akobo Minerals

LNG aus Gasfeld bei Calub/Hilala (nahe Somalia): Produktion, Pipeline nach Dschibuti, Verflüssigungsanlage und Terminal dort

gut 4 Mrd. US$ Kosten; Äthiopiens Regierung entzog aber Poly-GCL im September 2022 die Konzession

Regierung nennt Interesse von Chevron, Baker Hughes, Sinopec und China Petro, "wir sprechen auch mit russischen, emiratischen und türkischen Firmen"

4 Verarbeitungsbetriebe für Gold in den Regionen Gambela, Oromiya, Benishangal Gumuz, SNNP

EMPC, März 2023: Gesamtinvestition: 15 Mio. US$, staatlich finanziert; kein Investor gesucht, aber Interesse an Lease Finance bei Maschinenbeschaffung; Betriebe sollen relativ ortsnah Gold des Kleinbergbaus aufkaufen und verarbeiten; Machbarkeitsstudie vorhanden

Ethiopian Mineral, Petroleum and Biofuel Corporation (EMPC, staatlich)

Kaliabbau in der Danakil-Senke

Ethiopotash (früher Yara Dallol Potash Project)

geplante Jahresproduktion 600.000 t, Investition 452 Mio. US$; "weltweit niedrigste Kali-Produktionskosten"; geplante Wassernutzung mit Bohrlöchern und Verdampfungsbecken in einer der trockensten Gegenden der Welt gilt als problematisch

Projektanteile gingen lt. Ankündigungen 2022 von Yara an XLR Enterprises und 2023 an Futura Capital

Circum Danakil Potash Project

letzte Firmeninfo vom Juni 2022: Investitionsbedarf: 745 Mio. US$, Behörden investierten bereits 400 Mio. US$ in die Infrastruktur

Circum Minerals u.a.; K-UTEC (an Voruntersuchungen beteiligt)

Colluli Potash Project (in Eritrea)

für 2 Phasen waren geplant: Investitionen 504 Mio. US$, Jahresproduktion 944.000 t; "mit die weltweit niedrigsten Produktionskosten"

Firma Danakali (früher: South Boulder) verkaufte seinen 50%-Anteil 2023 an Sichuan Road and Bridge; Partner: Eritrean National Mining Corporation

Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2023


Für die Kohleförderung vergab die Regierung Anfang 2022 Lizenzen an acht Unternehmen. Diese Firmen bringen laut Presse ein registriertes Kapital von immerhin gut 100 Millionen US$ zusammen. Äthiopien musste bislang einen Großteil der – etwa für die Zement- oder Stahlherstellung – benötigten Kohle importieren. Inzwischen decke man den Bedarf weitgehend selbst, sagte der Bergbauminister Anfang 2023. Man habe Wege gefunden, die Qualität der relativ feuchten und schwefelhaltigen einheimischen Kohle zu verbessern.

Kaliprojekte im Wartestand

In der Danakil-Senke gibt es seit Jahren Großvorhaben für den Abbau von Kali im Tagebau beziehungsweise im Bohrlochbergbau. Die Vorkommen an der Grenze zu Eritrea gehören laut Machbarkeitsstudien zu den größten der Welt und haben sehr niedrige Abbaukosten. Nach teils umfangreichen Vorinvestitionen wurden die Projekte verkleinert, und ein Abbau ist angesichts des schwierigen Umfelds noch nicht entstanden.


Seit 2022 gingen zwei der drei Kali-Vorhaben in neue Hände über. Neben dem Transfer des Projekts des norwegischen Düngerherstellers Yara gehört das Colluli-Vorhaben in Eritrea jetzt einer chinesischen Staatsfirma. Colluli hat relativ gute Aussichten auf eine Umsetzung, glaubt die deutsche Firma K-UTEC, die für mehre Danakil-Kaliprojekte Voruntersuchungen durchgeführt hatte. Für das Vorhaben der kanadischen Firma Circum wiederum hatte deren Gründer in einem Interview 2021 noch 1,6 Milliarden US$ Investitionsaufwand genannt, seit Mitte 2022 hat die Firma diesen Wert halbiert.


Konflikte im Land stören

Ein Hindernis für Investitionen in Äthiopiens ist die politische und soziale Instabilität mitsamt teils bewaffneten Konflikten. Der Bürgerkrieg in der Nordregion Tigray, wo seit Ende 2022 ein Friedensabkommen gilt, ist davon nur der größte.

Branchenvertreter beklagen sich auch über unvorhersehbare Änderungen in der Regulierung und ein Agieren der Politik, das als erratisch empfunden wird. So entzogen die Behörden im Jahr 2022 mit unterschiedlichen Begründungen auf einen Schlag 900 Bergbaulizenzen.

Israel Chemicals zog sich aus Kaliprojekt zurück

Israel Chemicals, nach eigenen Angaben sechstgrößter Kaliproduzent der Welt, verabschiedete sich im Jahr 2016 nach Steuerstreitigkeiten aus dem Kaliprojekt seiner Tochter Allana. Die Firma hatte bereits knapp 200 Millionen US$ investiert und plante Ausgaben in Milliardenhöhe. Der äthiopischstämmige Allana-Gründer Nejib Ababiya nannte 2021 die Unsicherheit bei Besitzrechten als das größte Problem für ausländische Investoren.

Die Regierung wiederum hält ausländischen Firmen vor, sich nicht an Abmachungen zu halten und versprochene Investitionen nicht umzusetzen. Als einzige glaubwürdige ausländische Branchenfirma im Land wisse er nur vom US-Goldunternehmen Newmont, sagte der Bergbauminister unlängst in einem Interview.

Staat kämpft gegen Illegalität an

Der Staat bekämpft die hohe Informalität im Bergbau, namentlich bei Gold. Obwohl die Förderung hauptsächlich über Kleinbergbau läuft, trug dieser im 2. Halbjahr 2022 nur 17 Prozent zu den offiziellen Goldexporten bei. Die Produzenten gehen beim illegalen Goldverkauf staatlichen Abgaben und Auflagen aus dem Weg. Vor allem nutzen sie den fast doppelt so hohen Dollarkurs, den der Devisenschwarzmarkt zur Zeit bietet.

Ausweis davon sind die stark schwankenden offiziellen Goldexporte. Das Edelmetall war in der Vergangenheit und auch 2021 immer wieder, nach Kaffee, Äthiopiens zweitwichtigster Devisenbringer. Sehr niedrige Werte einzelner Jahre zeigen weniger ein Absinken der Produktion an, sondern die vermehrte Nutzung informeller Kanäle.

Dabei bezahlt die Zentralbank, an die das Gold eigentlich abzuführen ist, deutlich mehr als die offiziellen Notierungen auf dem Weltmarkt. Sie hat diesen Zuschlag zuletzt im Mai auf bis zu 60 Prozent erhöht. Die Behörden werden diese Politik angesichts des gravierenden Devisenmangels im Land nicht ewig durchhalten, so die Meinung von Beobachtern. Als Konsequenz fürchten sie neuerliche Sanktionen, welche die Branche verunsichern würden.

Ein Hemmnis für den Sektor sind auch die Mängel in der Infrastruktur, etwa bei der Versorgung mit Energie und Wasser. Die Transportoptionen indes dürften sich wegen des umfangreichen Ausbaus der Straßen verbessern. Der Zugang zu Märkten vereinfacht sich womöglich, wenn die Ethiopia Commodity Exchange auch Bergbauprodukte mit in ihr Onlinehandelssystem aufnimmt, wie Anfang 2023 angekündigt.

Kontakte

Organisation

Funktion

Delegation of German Industry and Commerce for Eastern Africa

Zuständige regionale Auslandshandelskammer (AHK) in Nairobi/Kenia

Ethiopia Mining Cadastre Portal

Bergbauregister, mit Direktkontakten (Handy, E-Mail) zu Behördenvertretern

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