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Kasachstan meldet Fund eines großen Vorkommens an Seltenen Erden
In Kasachstans Boden schlummert nicht nur Öl. Das Land will zukünftig sein Potenzial bei kritischen Rohstoffen heben. Die EU bietet sich als strategischer Partner an.
17.04.2025
Von Viktor Ebel | Almaty
Anfang April 2025 fand im usbekischen Samarkand der erste EU-Zentralasien-Gipfel statt, auf dem eine neue strategische Partnerschaft ins Leben gerufen wurde. Neben Verkehr und Klimaschutz wollen die Partner auch beim Thema kritische Rohstoffe enger zusammenarbeiten. Die Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen stellte 2,5 Milliarden Euro an Investitionen für Projekte in diesem Bereich in Aussicht, die im Rahmen von Global Gateway, der Konnektivitätsinitiative der EU, fließen sollen.
Pünktlich dazu bestätigte die kasachische Regierung im Vorfeld des Gipfels den Fund eines vielversprechenden Vorkommens an Seltenen Erden in der Region Karaganda. Vorläufige Schätzungen beziffern die Reserven am Standort Kuyrektykol auf 20 Millionen Tonnen, bei einer Tiefe von bis zu 300 Metern. Die durchschnittliche Konzentration von Seltenen Erden, darunter Cer, Lanthan, Yttrium und Neodym, soll 700 Gramm pro Tonne betragen. Sollten sich die Ergebnisse bestätigen, könnte Kasachstan zu einem globalen Schwergewicht bei Seltenen Erden aufsteigen.
China stoppt im Zollstreit mit den USA Export Seltener Erden
Als Reaktion auf US-Zölle hat China Anfang April 2025 einen Ausfuhrstopp für eine Reihe von Seltenen Erden in die USA angekündigt. Um zu verhindern, dass die Mineralien über Umwege in die USA gelangen, entwirft China neue Genehmigungsverfahren. Bis diese ausgearbeitet sind, können keine Seltenen Erden mehr geliefert werden. Hightech-, Automobil- und Rüstungsindustrien weltweit sind von Lieferungen aus China abhängig.
Seltene Erden waren bis vor kurzem noch kein Thema
Kasachstan fördert und exportiert im großen Stil zahlreiche Rohstoffe, Seltene Erden gehörten bislang aber noch nicht dazu. Spätestens seit der Coronapandemie ist in der EU jedoch die Diversifizierung von Lieferketten bei kritischen Rohstoffen in den Vordergrund gerückt. Das veranlasste die kasachische Regierung dazu, in die geologische Erkundung zu investieren und Kooperationen mit ausländischen Unternehmen und Regierungen einzugehen, um die Förderung Seltener Erden anzustoßen.
Die Erkundungen der Lagerstätte Kuyrektykol begannen im Jahr 2022. Laut Experten werden die geologischen Studien noch einige Jahre in Anspruch nehmen. Danach soll geprüft werden, ob das Vorhaben wirtschaftlich rentabel ist. Sollte dies der Fall sein, könnte eine Förderung frühestens in etwa zehn Jahren beginnen. Sowohl bei der Extraktion als auch bei einer möglichen Verarbeitung wird Kasachstan auf ausländische Investoren und Technologie angewiesen sein.
"Europa möchte ein faires Angebot machen, ein besonderes Angebot. Als Partner wollen wir lokale Wertschöpfungsketten für die kritischen Rohstoffe schaffen. Das bedeutet, dass der Wert, der hier in der Region entsteht, auch hier in der Region bleibt, und dass gute Arbeitsplätze geschaffen werden",
wird Ursula von der Leyen zitiert in einem Pressestatement im Anschluss an den EU-Zentralasien-Gipfel am 4. April 2025 in Samarkand, Usbekistan.
EU setzt große Hoffnungen auf Kasachstan
Die EU hat ihr Angebot in Samarkand auf den Tisch gelegt. Darüber hinaus will auch die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung bis 2027 etwa 8 Milliarden Euro in verschiedene Projekte in Zentralasien investieren. Das gestiegene Interesse an der Region, und speziell an Kasachstan, hat mehrere Gründe.
EU ist bei kritischen Rohstoffen von Importen abhängig
Die meisten der in Kasachstan als strategisch bedeutsam klassifizierten Metalle finden sich auch auf einer Liste der EU zu kritischen Rohstoffen wieder. Sie sind besonders wichtig für den angestrebten grünen und digitalen Wandel. Die aktuelle Fassung der Liste umfasst 34 Positionen. Bei den betreffenden Rohstoffen, unter denen Metalle dominieren, ist die EU fast ausschließlich auf Einfuhren angewiesen. Als Lieferanten kommt nur eine kleine Zahl von Drittländern infrage. Diese bestimmen sowohl die Förderung als auch die Verarbeitung der Rohstoffe.
Der Rohstoffreichtum wird abgerundet durch politische Stabilität, dem Interesse an internationaler Kooperation und alternativen Transportrouten. So investiert die EU auch in den Mittleren Korridor, ein internationales Verkehrsnetz zwischen Europa und Zentralasien. Dadurch könnte Kasachstan europäische Märkte unabhängig von Russland, China und vielbefahrenen Seestraßen beliefern.
Es sind noch viele Hürden zu überwinden
So vielversprechend die Pläne klingen, so groß sind auch die Herausforderungen für den Abbau von Seltenerdenmetallen in Kasachstan. Die Exploration ist zeit- und kostenintensiv. Es braucht Großinvestoren, die ein wirtschaftliches Risiko eingehen, oder einen institutionellen Akteur mit genügend politischer Rückendeckung. Ob Brüssel dieser große Player sein wird, ist unklar. In Samarkand verwies Ursula von der Leyen auf erfolgreiche Global-Gateway-Projekte in Zentralasien und kündigte zugleich ein Investorenforum noch in diesem Jahr an, bei dem auch private Mittel für den Rohstoffabbau eingeworben werden sollen.
Fest steht jedoch: Auch andere Akteure schlafen nicht. Gesprächsformate zu kritischen Rohstoffen bestehen ebenso mit den USA, Südkorea oder Singapur. Für Kasachstan dürfte auch China als größter Produzent und Verarbeiter Seltener Erden sowie wichtiger Handelspartner und Investor eine Rolle spielen. Die Kuyrektykol-Lagerstätte wird Beobachtern zufolge zunächst vom staatlichen Bergbaukonzern Tau-Ken Samruk weiter untersucht. Ein möglicher Mechanismus für die Vergabe der Betriebsrechte steht noch nicht fest.
Kasachstan versteigert 50 Bergbaulizenzen
Eine Möglichkeit sind elektronische Auktionen. Das Industrieministerium hat kürzlich angekündigt, 50 Lizenzen für die Erkundung und Entwicklung verschiedener Lagerstätten im Juni 2025 zu versteigern. Neben Seltenen Erden sollen auch Gold- und Kohlevorkommen unter den Hammer kommen.
Interessierte Unternehmen können sich auf der Unified Platform Subsoil Use registrieren, um ihre Unterlagen einzureichen und mitzubieten. Förderlizenzen sind 25 Jahre gültig. Zwischen 2023 und 2024 hat Kasachstan bereits 117 Genehmigungen für knapp 56 Millionen US-Dollar versteigert. Ein deutsches Unternehmen sondiert die Lage vor Ort.
Datenlage bei kritischen Rohstoffen verbesserungswürdig
Um mehr Investoren anzulocken, will die kasachische Regierung die Rahmenbedingungen für den Abbau kritischer Rohstoffe verbessern. In einem Strategiepapier identifiziert sie zwei Hauptprobleme, die hemmend auf die Entwicklung der Branche wirken. Zum einen fehlt es an Zahlen zu den Reserven von Seltenerdmetallen, da diese der Geheimhaltung unterliegen. Zum anderen sind die geologischen Daten veraltet.
In beiden Fällen hat das Industrieministerium Verbesserungen auf den Weg gebracht. Um Lagerstätten besser zu identifizieren, soll der Kartenmaßstab für geologische Untersuchungen von 1:200.000 auf 1:25.000 erhöht werden. Außerdem ist geplant, die für geologische Untersuchungen freigegebene Landesfläche um 10 Prozent auszuweiten. Für 2025 wurden zudem Lockerungen der Geheimhaltungsregeln für eine Reihe von Seltenerdmetallen angekündigt.